Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, September 22, 1846, Image 1

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    Und Berks/ Momgomery und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.
raVitt g, MN!?. Gedruckt und herauögegebeu vou Aru o l d Puwe ll e, iu der Süd 6ten Straße, zwischen der Fraufltu- uud Chcsuut - Straße
Jahrg. K, ganze Rssm.
Bedingungen Der A.iber.llf Utoll.ltllttr erscheint jeden Dienstag auf einen, großen Superial - Bogen mit scheuen vettern gedruckt. Der Sudscription? - Preis ist Ein Tl)a l e r des welcher in halbjährlicher
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer in, Laufe des Jahres uicht bezahlt, dem werten Hl 5.» angerechnet. Für kürzere Zeit als «Monate wird kein Unterschreibe? angenommen, und etwaig Auskündiaungen werden nur
dann angenommen, wenn sie einen Monat vor 'Ablauf des Subseripnons-Terimns geschehn und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und' für den gewöhnlichen PreiS ein
gerückt. Unterjchreibern in hiesiger Stadt wird die Atting portofrei gespickt, n eitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Untertreiben Briefe und'dergl. müssen po st fre i eingesandt werden
Der illtagsfürst.
in Schwank, der historisch begründet
sein soll.
sHortse«.,»»^
~Monseigneur belieben immer drolliger
l werden," sagte der Hosmann mit
insendem Lächeln, „Monseigneur wis-
n, daß Dero Intendant etwas Bessers
tf die Tafel zu setzen weiß, als jene gro
ll Bauernspeisen!"
„So? rief Willem," da wird wohl!
ein Kellermeister auch etwas Stärkeres >
iben als dünnes Eoventbier! —Nu, daS !
rsöhnt mich einigermaßen mit meinem
)erzogthume von Burgund, wie Ihr
ich glauben machen wollt, denn das kann !
) Euch sagen, alter Hr., nicht das macht -
en Menschen, was er am K rage n,
)ndern vielmehr das was er im M a - i
e n hat! Wie wär's, liebes Weibsen
>er Frau Herzogin, wie Jhr's
?ber höret, wenn uns der Hr. von Mar
hall da den Weg zur Küche zeigte?"
„Er mag uns immerhin zum Spei
esaal führen!" entgegnete die Her
?gin, berichtigend, und legte mit gutem
nstande ihre Fingerspitzen in die Rech
? des Schuhflickers. „Hm!" dachte
eser, mit Seitenblicken auf den großen
stetallspiegel und auf seine Begleiterin,
wenn ich mich so einigermaßen in dem
Habit da betrachte, komm' ich mir doch
uch schier vor wie einer, der nicht eben
im Schuhflicker in der Körte Poote Gas
auf der Welt ist; und je länger ich
>ir die Herzogin da ansehe, desto uä'rri
her wird mir's doch da unter dem Gür
l." So schritt er denn, ein treuer
tachahmer des fürstlichen Anstandes sei
er Begleiterin, an deren Seite durch
iele reichgeschmückte hohe Zimmer nach
ein Speisesaale, wo daS ganze Hofper»
mal versammelt war; es erforderte —
aS fühlte er wohl, wenn ihm der Degen
wischen die Beine gerieth, oder wenn er
lch selbst auf die Schleppe seines langen
?itcn Untergewandes trat, —es erforder
l> aber doch einige Uebung, sich als Her
og zu geberden, und da wollte es ihm
enn doch bedünken, daß seine Ahnung,
r sei eigentlich ein besserer Schuhflicker
,ls Herzog, ihn nicht so ganz trügen kön
>en.
Als daS herzogliche Paar seinen Platz
>n den Häupten der Tafel eingenommen
Mte, setzten sich auch die 'Andern, Her
en und Damen, zu Tische. Ein leckeres
Nahl ward aufgetragen nebst feinen kost
ichen Weinen, aber trotz aller dieser Lok«
'ungen vergab sich der treue Herzog doch
nchtS an seiner Würde, sondern hielt sich in
klllem sehr mäßig: I) weil er noch an
)cn Nachwehen seines gestrigen Wohlle
bens litt, und 2) weil er zu tief in die
schönen Augen der Frau Herzogin blickte,
die ihm von Minute zu Minute besser ge
fiel.
Nach dem Frühmahle wollte er fich in
seinen schönen Kleidern in den Straßen
der Stadt zeigen, aber man bedeutete ihm,
daß dieS eigentlich nicht angehe, da eS die
Pflicht eines guten Regenten sei, jeden
Morgen die Messe zu besuchen; ohne sich
um die etwaigen Motive seines Verlan
gens zu bekümmern, führte man ihn in die
Kapelle des Schlosses, deren Pracht ihm
wiederum eine ganz neue Erscheinung war,
und wo er namentlich die drei herrlichen,
der Mutter Gottes, dem heiligen Andre
as uud dem heiligen Jvoy gewidmeten
Altäre bewunderte, aber auch seinen
Pflichten als frommer Ehrist und Lan
deövater gewissenhaft nachkam ; denn der
lüderliche Schuhflicker Willem hatte doch
trotz aller seiner üblen Eigenschaften sich
nie von der pünktlichen Erfüllung seiner
religiösen Obliegenheiten abbringen las
sen, und daß eigentliche HerzogSpaar war
entzückt, seine Andacht und Innigkeit beim
Gebete wahrzunehmen.
3.
Nach der Messe schied die Herzogin
von ihrem schuhflickenden Gemahl, um
sich in ihre Zimmer zu begeben, während
dieser sich fast willenlos in den Thronsaal
führen ließ, wo er einer Gerichtsversamm
lnng Vorsitzen und sein Urtheil sprechen
sollte. ES muß ein allerliebstes Lustspiel
gewesen sein, den Schuhflicker, umgeben
von seinen ersten Räthen und Lehenträ
gern, auf dem Throne zu sehm, allein da
»vir es nicht selbst gesehen haben, können
wir auch keine treue und entsprechende
Schilderung davon geben, sondern unS
mehr auf den Gang unserer Begebenheit
beschränken.
Eine der ersten Klagen, welche man
Willems Weisheit zur Entscheidung vor
legte, und wobei er eiue wunderbare ern
ste Miene behielt, nxw die eines Kneipen
wirthes an der Straße nach Schevenin
gen, der da behauptete, ein gewisser Erz
schlemmer und Trunkenbold, der Schuh
flicker Willem aus der Korte-Poote-Gas
se, schulde ihm für verschiedentlich darge
reichtes Getränke die Summe von eilf
Gulden und habe dafür seinen Sonntags -
rock verpfändet. Alle Anwesenden wa
ren gespannt, wie sich der neue Richter
wohl auS dieser Sache herauSwickeln wer
de, und flüsterten schon lächelnd mit ein
ander. Da erhob sich aber der Schuh
flicker-Herzog und sprach mit unerschüt
terlichen Aplomb zu dem Kläger: „Ich
kenne Euren Schuldner, mein Freund,
und weiß, daß er allerdings hie und da in
munterer Gesellschaft einen Becher über
Durst ladet; auch seiner Mutter schon gar
viel geschlagenes Herzeleid bereitet hat,
aber das geht ja Euch nichts an, und
Ihr braucht deshalb ihn nicht mit sol
chen Schimpfreden zu belegen, zumal er
Euch seither stets redlich und ehrlich ge
zahlt und gar manchen Gulden zu verdie
nen gegeben hat.
Wenn er Euch diesmal nicht zahlte, so
geschah es wahrscheinlich nur, weil er selbst
kein Geld hat. Da aber das Wetter so
kalt und die Zeit Unseres hiesigen Auf
enthaltes so festlich ist, so gedenk ich ihm
sein Feierkleid auS Euren Händen zu lö
sen, weil ich ihm besonders wohl will.
Ich habe auch einen Schatzmeister hier,
glaube ich?"
„Ja, Monseigneur!" sprach ein wür
diger Greis vortretend, „ich bin gespannt,
Eurer Hoheit Befehle zu vernehmen."
„Seid so gut, lieber Alter," entgegne
te der Herzog, „den kleinen Betrag da
für den armen Schuhflicker zu zahlen und .
ihm die Quittung des SchenkwirthS zu- j
zustellen, und da Ihr denn schon Einmal
am Zahlen seid," fuhr er lächelnd fort,!
„und ich gerade eine besonders gutmüthi-1
ge Laune habe, so mögt Ihr dem armen,
Teufel, meinem Freunde, noch zweihun
dert weitere Gulden zusenden, worüber
ich ebenfalls eine Bescheinigung sehen
will."
„Ew. Hoheit belieben zu scherzen, in-
dem dieselben einen Schuhflicker Dero
Freund nennen," sagte der Kanzler.
„Ei was, Ihr alter Knasterbart," ent
gegnete Willem trotzig, „ich weist gar
wohl was ich sagen will; man schicke fer
ner dem armen Willem an der Körte Poo
te Gasse noch außerdem fünf und zwan
zig Krüge von dem herrlichen weiften
Wein, den ich heute zum Frühstück ge
trunken habe, und lasse sich ebenfalls de
ren Empfang bescheinigen. Jetzt aber,
Ihr Herren! laßt uns zu Tische gehen,
denn das viele Geschwätze hat mir schon
wieder Hunger und Du» st gemacht."
Darauf machte man aber dem falschen
Herzog leider kund, daß Leute seinesStau
deö nicht schon so früh am Tage zu spei
sen pflegten, und daß vor allen Dingen
die Staatsgeschäfte zu erledigen seien.
Man schleppte ihm jetzt Stöße von Akten
her, die er sämmtlich unterschreiben sollte,
ohne je schreiben gelernt zu haben. Da
war denn freilich gnter Rath theuer, aber
Willem müßte nicht halb so psifsig gewe
sen sein, hätte ihn dies nur einigermaßen
in Verlegenheit gebracht.
- „Ei," sagte er zu dem emsigen Kanz
ler, ~ich habe heute einen Krampf in der
Hand und kann nicht schreiben; wenn die
Sache so dringend ist, so könnt Ihr ja
"IVillig zu loben und c>l,nc Furcht zu tadeln."
Dienstag den HÄ. September, SKSU-.
Euren Namen darunter kratzen; am be
sten aber Ihr verschiebet die Sache auf
morgen. Zudem, alter Fuchs, was denkt
Ihr denn, ich werde etwas unterschreiben,
was ich mir nicht erst habe vorlesen las
sen ? nein, nein mein alter Narr, da seid
Ihr falsch berichtet! Ein Fürst, denke ich,
muß eher als ein Anderer wissen, was er
thut!"
Er ließ sich nun ein paar Dekrete vor
lesen, wodurch einigen verdienten Män
nern Gnadengehalte ertheilt wurden;
ein Gedanke fuhr ihm durch den Kopf.
„Ei, seht doch!" sagte er, „da können
wir meinem Freunde, von dem ich vorhin
gesprochen, auch einen Gehalt aussehen;
ich denke, hundert Gulden werden ihm ge
nügen."
„Und welchen Freund meint Ew. Ho
heit fragte der Kanzler.
„Bah! wie Ihr doch so thöricht fra
get versetzte Willem, „wen anders als
meinen lustigen Schuhflicker an der Kor
te-Poote?"
„Der Bursche ist doch noch bescheiden,"
sagte der Herzog Philipp leise zu seinem
Schatzmeister, „er mag meinetwegen den
Gnadengehalt haben wenn er es nicht
noch weiter treibt."
Zum Glück für den hungrigen Schuh
flicker ward jetzt gemeldet, daß die Mahl
zeit aufgetragen sei, und er säumte kei
nen Augenblick, dem Winke Folge zu lei
sten. Unterwegs aber siel es ihm plötz
lich ein, zu fragen, ob die dekretirten GeU
der für den Kneipenwirth und der für den
Schuhflicker bestimmte Wein abgegeben
worden seien, und war nicht wenig erfreut,
als ihm Schatzmeister und Hausmarschall
erwiederten, daß nicht nur seine Aufträge
pünktlich vollzogen, sondern auch deren
Empfang durch seine Mutter oder deren
Beichtvater bescheinigt worden seien.
Das beruhigte, namentlich die Erwäh
nung des Beichtvaters den Psendoherzog
vollkommen, und mit doppeltem Genusse
machte er sich über das Mahl her, daS in
Beziehung noch reichlicher und aufgesuch
ter war als das Frühstück. Seine Ge
mahlin, die Zofe Godeliva, saß wie
derum neben ihm und er bemühte sich, ihr
mit einer aus Zärtlichkeit und einer gewis
sen Hochachtung gemischten Aufmerksam
keit seine Achtung und Liebe darzuthun,
er wagte nicht einmal ihre Hand zu
! berühren, so gut wukten Godelivas vor
nehmes Air und ihre reiche geschmackvolle
! Kleidung auf ihn.
Auf das Mittagsmahl, daS sehr lange
, währte, folgte ein für unsern Herzog-
Schuhflicker ganz neues Vergnügen—ein
> Ball. Im großen Rittersaale brannten
Hunderte von Lichtern vor metallnen
! Hohlspiegeln, reiche Teppiche bildeten
Zelte, unter welchen weichgepolsterte Ban
ke zur süßesten Ruhe einluden. Her, lich
geputzte Eavaliere und schöne blühende
Damen im reichsten Schmuck wogten
durcheinander bei'm Schatte einer festli
chen Musik; die Blumen dufteten, die
schönsten Augen strahlten im feuchten
milden Glänze, und ein unendlich süßes
Gefühl schwellte Willems Brust, als er
an GodelivaS Arme im hohen Saale lust
wandelnd, bemerkte, wie alle diese Herren
u.Frauen sich so ehrerbietig vor ihm neig
ten und Bahn schafften; und dennoch
hatte er nur Augen für seine Gemahlin,
und keine andere ward eineS nähern Blik
kes gewürdigt.
Endlich um die Bte Stunde etwa zeig
te der Marschall dem Schuhflicker an, daß
das Abendmahl seiner warte. ES war in
einer kleinen, mit köstlichem Geräthe und
den schönsten Blumen reich verzierten Ti
sche aufgetragen, und nur wenige Genos
sen, unter ihnen der Herzog Philipp,
wohnten ihm bei. Die Gerichte waren
noch feiner als bei den andern Mahlzei
ten ; der Wein noch besser und in reiche
rer Auswahl. Willem glaubte sich im
Paradiese, und ließ sich, da er den zwang«
losen Ton seiner Tischgenossen mit Freu
den bemerkte, ganz gehen. Witz auf
Witz, und Scherz auf Scherz strömte von
seinen Lippe», und auf manchen Trink
lpruch, den die lustigen Gesellen am Ti
sche ausbrachten, mußte er Bescheid thun.
Der viele Wein steigerte seine Lustigkeit
immer mehr, und ehe drei Stunden ver
flossen, lag des Schuhflickerö Hoheit un
ter dem Tische, so selig und bewustlos,
al6 in der vorigen Nacht, da ihn Philipp
der Gute unter dem Baume der Boor
hout gefunden hatte. Dieß hatte natür
licher Weise der Herzog wieder bezwecken
wollen, lind kaum hörte man Willem wie
der schnarchen, so gab er einigen Hofbe
dienten den Befehl, ihm wieder seine
schmierigen Lumpen anzulegen, und ihn
wieder auf denselben Platz zu legen wo
man ihn NachtS zuvor gefunden hatte.
Die Herzogin Jsabella, welcher das Be
nehmen des Schusters vielen Spaß ge
macht hatte, fühlte Mitleiden mit ihm
und bat, man solle ihn wenigstens doch
nach Hause bringen. Demzufolge war
fen sich nun Jacot van Roussay uud Je»
han van Bergh in geringe Kleidung, tru
gen ihn nach Hause, und weckten seine
alte Mutter aus dem Schlafe. Liebe
Frau, sagten sie, da haben wir Euren
braven Sohn; er lag wieder einmal be
trunken unter den Bäumen der Boorhout,
und da brachten wir ihn hierher, damit
ihm die Kälte kein Leid thue.
Tausend Dank, Ihr lieben Leute, rief
die Mutter, als sie ihn auf sein ärmliches
Strohlager geworfen hatten, großen Dank
daß Ihr Euch mit dem trunkenen Schwei
ne da befaßt habt. Da hat er denn nun
wieder, Gott sei's geklagt, seit vorgestern
Morgen sich in den Schenken umherge
trieben und das theure liebe Geld todtge
schlagen ;
4.
Und wiederum erwachte Willem, etwa
eine Stunde nach Sonnenaufgang, aber
mit ganz andern Gefühlen, als am vor
hergehenden Tage; sein Erstaunen und
Ueberraschung von damals hatte sich heu
te in eine schreckliche Bestürzung verwan
delt, als er sich wieder in der engen dunk
len Kammer aus dem moderigen Stroh
lager erblickte, denn man gewöhnt sich
l weit schneller an das Glück, als an das
Unglück. Vergebens rieb er sich die Au
gen, und rief nach Marschall und Pagen,
Leibdienern und Truchseß —Niemand gab
Antwort, als seine staunende Mutter,
welche ihm schon die Vorboten einer fürch
terlichen Gardinenpredigt zusandte; ver
gebens maß sein Blick die schwarzen Plan
ken der Wandbekleidung und das alte
Schuhwerk auf den Fensterrahmen, keine
gütige Fee wollte mehr die schweren Sei
denstoffe, die zierlichen Stickereien, die
bunten Teppiche und schweren Goldsran
zen herbeizaubern. Nach einer Stunde
bitterer Bekümmernis; und schwermüthi
gen Harrens begriff er denn doch, daß er
kein anderer sei, als Willem, der Altflik
ker, und weder Herzog noch Fürst noch
sonst etwas Rechtes; daß er keine vor
nehme Herzogin zur Gemahlin habe, und
erhob sich mit einem schweren Seufzer
von seinem Strohsacke. Nun kam die
Frau Mutter mit der schalen Suppe und
der scharfen Gardinenpredigt, und sagte
ihm die Meinung recht tüchtig-über seine
namenlose Liederlichkeit, zwei volle Tage
außer dem Hause zuzubringen und Kund
schaft und Reputation so zu verscherzen, ?c.
Da stand nun der arme Junge auf ein
mal wieder mit beiden Füßen in der nack
ten prosaischen Wirklichkeit--sein Traum
bild war zerronnen, und Willem sandte
ihm ein paar Thränen nach. Gleich dar
auf erschienen Nachbarn und Kunden,
entweder Arbeit bringend oder schmählend,
daß die Arbeit noch nicht beendigt sei, und
unterstützten die Mutter in ihren Bor
würfen und Lamentationen.
Ja, sagte die alte Frau, die Augen mit
der Schürze trocknend, denkt euch, lieben
Leute, ich fürchte fast, der Junge hat das
trunkene Elend; da schwatzt er schon den
ganzen Morgen mit sich selbst und ruft
Pagen und Trabanten, Mundschenken u.
Marschällen, verschmäht die gute Mor-
Lassfeswe Nummer A.
Gensuppe und spricht von einer Herzogin,
die seine Gemahlin sei.
Die Nachbarn deuteten mit dem Zeige
finger nach der Stirne, und entfernten
sich mit bedenklichen Kopfschütteln.
Vergebt nur, Mütterchen sprach Wil
lem, als die Nachbarn fort waren, schmei
chelnd zu der Alten, eö mag wohl sein,
daß ich etwas überschnappt bin, aber seht,
ich habe da einen Traum gehabt, so lustig
und schön, so seltsam und wunderbar, daß
ich noch heute nicht weiß, ob ich recht bei
Sinnen bin!
Aber wo hast Du denn gestern gesteckt,
mein Willem? forschte die Alre.
Ja wer das wüßte, lieb Mütterchen!
entgegnete der Schuhflicker, und wollte
eben anheben, sein Abenteuer vom gestri
gen Tage zu erzählen, als sein Blick auf
eine Reih? Krüge siel, die auf dem Ge
simse des Getäfers prangten. Hm!
sagt mir doch, gut Mütterlein, woher je
ne vielen Krüge kommen ?
Das weiß der liebe Gott! war die
Antwort, ich hatte gestern früh schon den
Pater Lorenz, meinen Beichtiger rufen
lassen, um Dir bei Deiner Heimkehr ei
nen Scharffermon zu halten, und in Dein
lüderliches Gewissen zu reden, als auf
einmal ein paar Leibknechte des Herzogs
Philipp und ein Schreiber herankamen,
jenen Wein, einen bezahlten Schuldbrief
an den Wirth von der Scheveniger Gasse
und Dein Sonntagswamms, zweihundert
Gulden und ein Schreiben vom Herzog
brachten, worüber Pater Lorenz einen
Schein ausstellen mußte. Sag' mir doch
Söhnchen, wie kommst Du denn mit dein
Herzog zusammen ?—Hast Du ihm etwa
die Stiefeln geflickt?
Dem armen Willem ward es bei dieser
Erzählung seiner Mutter bald heiß, bald
kalt, und ein Seufzer um den andern ent
stieg seiner Brust. Ich bin ganz wirre
im Kopfe, liebe Mutter, sagte er, ich bin
Willem, der Schuhflicker, und ich bin's
doch wieder nicht, —man möchte närrisch
darüber werden. Nu, laß mich vor allen
Dingen den Wein dort kosten ! Ohne sich
um die besorgten Blicke seiner Mutter zn
bekümmern, nahm er einen tüchtigen
Schluck aus dem ersten Kruge und strich
sich behaglich den Bauch. Ach, wie herr
lich ! rief er begeistert aus, das ist beim
Styx noch derselbe wie gestern. Na
Mütterchen, habt kein Bang, ich bin nicht
verrückt, aber wenn Ihr mich fragt, waS
ich gestern den lieben langen Tag gemacht
und wo ich gesteck habe, da muß ich wahr
haftig glauben, ich sei behext gewesen .'—
Doch gleichviel, laßt mich nur einmal die
zweihundert Gulden sehen, damit ich ge
wiß bin, daß sie sich nicht in Laub oder
Asche verwandelt haben !—So, bravo nun
Willem oder Herzog von Burgund, Du
bist jetzt ein gemachter Mann!
Mit diesen Worten griff er wieder zur
Ahle und Pechdraht und schusterte darauf
IoS spät und früh, und soll von jener Zeit
an selten mehr, als iI)M gut war, getrun
ken haben. Die Nachbarn hielten ihn
zwar für einen Starren ob der verrückten
Reden von seinem Herzogthum und sei
ner Herzogin, aber er kehrte sich nicht da
ran, und ob ihn seine Mutter auch hun
dertmal fragte nach dem Abenteuer jeneS
Tages, schwieg Willem doch beharrlich. —
Oft kamen ihm freilich Thränen in die
Augen, als jene Krüge leer waren, und
er mit Schmerzen seiner guten Tafel und
seiner schönen Herzogin gedachte, aber er
grübelte nicht, sondern trug sein Unglück
mit Fassung.
folgt.)
Blos 46t Pfund! In Pickaway
Launty, Ohio, wohnt eine Bauernfrau
t>ie bloS 461 Pfund wiegt! Um sich nie
derzusetzen braucht sie 2 Stühle. Sie
schläft gewöhnlich in einem sehr großen
Stuhle, den sie für den Zweck machen ließ,
da sie nicht wohl im Bette schlafen kann.
Dabei nimmt sie fast jährlich an Gewicht
zu. Ohio ist eine „gedeihliche" Gegend!
Westbote.