Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, May 12, 1846, Image 1

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    Wei» » » ng, Penn Gedrnckl und herausgegeben von ArnoldPuw c>ie, IN der Süd Kren Straße, Ecke der Cherry Allel, Bch m' s Witthöhaus Hofe gegenüber.
Jahrg. 7, gan;e Nnn». »«tt.
edi ngung e n. Der Albernle zzeobackter erlcheint jeden Dienstag aufelnem großen Superial-Bogen mit schönen Lettern gedruckt. Der Subseriptions-Preis ist Ei n Thaler des
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer »n Lause ves Jahres nichr bezahlt, werden KI 50 angerechnet. Für kürzere Zeit ..ls 6 Monai wird kein Unterschreiber angenommen, und etwaige Nufkünoiaunaen werden nur dann .na!
nommen, wen sie einen Monat vor Ablauf des «üb,criptions-Term>ns geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den qewolmlichen Breis ein.ier.'.ckl
»«rschreibern in hiesiger Stadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreibet. und Mittheilungen müssen postfrei eingeftindt werden
Zur Unterhaltung und Belehrung.
Der St Markus Tag.
iinc Erzählung ane alter Zeit. Von Heed.
„Wollte, daß d'ran ersticktest! —Woll-
e zum Teufel, daß d'ran ersticktest !„ sag
e Master Giles, der Fleoman, und ließ
abei seine Faust auf den altvaterischen ei
gnen Tisch niederfallen, die an Größe
>nd Farbe einem Schinken glich.
Seine Hausfrau gab keine Antwort:
- sie erstickte fast vor Ingrimm und ei
ler Hühner Leber der ursprünglichen
lrsache des Streits. Es ist viel gesagt
lnd gesungen von den Vortheilen der Ue
>ereinstimmung in Neigungen und Ge
chmack bei verheirathetenLeuten; allein die
Listigkeiten unsers Kentischen Ehepaars
ntstanden eben aus Geschmacks-Gleichheit
?ei selbigem. Hühner-Leber gehörte zu
)en Lieblings Leckereien Beider; die Frau
>om Hause hatte besagte Leber an sich
elbst zu bringen gewußt, und hierdurch
varen des Eheherrn starke Ausdrücke ver
mlaßt wvrden, dergleichen unter Eheleu
ten der deutliche Ausdruck einer schwachen
Liebe zu sein pflegen. Die Mahlzeiten
des Pärchens gingen selten ohne einen
Zwist dieser Art vorüber, ja es kam dabei
bisweilen zu Ohrfeigen von seiner, und
zum Kneifen von ihrer Seite, wobei er,
wie sie, zu derbe verfuhren, als daß man
das Sprichwort: was sich liebt, das neckt
sich, daraufhätte anwenden können. Der
Zank, von welchem hier die Rede, endete
jedoch blos damit, daß sie einander „auS
tiefstem Herzensgrunde todt wünschten,"
und ihre ergrimmten giftigen Mienen be
wiesen, daß es Beiden mit dem Wunsche
bitterer Ernst war.
Der Zank fand Statt am St. Markus
Tage und man hegte zu jener Zeit den
Aberglauben von dem Heiligen, daß er an
seinem Feste seinen Verehrern einen Blick
in die Zukunft gestatte, will sagen, daß
derjenige, der gegen Mitternacht auf den
Kirchhof ginge, alle Todes kandidaten der
nächsten zwölf Monate aus dem Kirch
spiel zu schauen bekäme.—Unser Freisasse
dachte sogleich daran, als er vom Tische
aufgestanden war, und nahm sich vor, zur
Mitternachtsstunde in gewisse Erfahrung
zu bringen, ob sein christlicher Wunsch im
nächsten Jahre in Erfüllung gehen wür
de. Er schlich sich daher ein wenig vor
Mitternacht leise aus dem Hause, und
lenkte seine Schritte nach dem Kirchhofe.
Seine Hausfrau hatte sich inzwischen
ebenfalls erinnert, daß St. Markus-Tag
war, der Beweggrund ihres Eheherrn
wirkte auch bei iiir; sie setzte ihre Haube
auf, hüllte sich in ihr Mäntelchen, und
machte sich in derselben Viertelstunde ins
geheim nach dem Kirchhofe auf den Weg,
nur daß sie einen andern Pfad einschlug.
Die Nacht des Heiligen war finster
und kalt, der Mond war hinter dichten
Wolkenmassen verhüllt, welche sich rasch
am Himmel fortwälzten, und warf nur
von Zeit zu Zeit einen blassen Schein auf
die Erde herab. So kam es, daß der Frei
sasse und seine Ehehälfte nicht ahnten, ein
ander so nahe zu sein, bis endlich er sie,
und sie ihn bei einem besonders hellen a
ber flüchtigen Mond-Blicke plötzlich und
deutlich in geringer Entfernung erschau
ten. Beide waren oder wurden geister
bleich, standen da wie Leichensteine, und
nach sehr kurzer Frist hüllte die Nacht sie
wieder in ihre Schatten ein.
Beide kamen natürlich genug sogleich
zu dem Schlüsse, daß St. Markus den
Andern sich für das nächste Jahr auser
sehen habe, und der Witwer wie die Wit
we in spe eilten sacht auf denselben Pfa
den wieder nach Hause, auf welchen sie sich
nach dem Kirchhofe gestohlen hatten. Sie
pflegten einander nach einem Zwiste sorg
fältig zu meiden, und begaben sich daher
in verschiedene Gemächer.
Als sie sich am folgenden Tage zu
Tisch setzten, geschah es nicht grollend, wie
sonst, sondern Beide waren insgeheim in
der besten Laune, weil sie das Schlimmste
erwarteten. Auf dem Tische stand Kalbs-
Der Liberale Beobachter
Und Berks, Montgomery u»d Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.
milch, eins der Gerichte, worüber sie ein
ander oft in die Haare gefahren waren.
Die Hausfrau schielte lüstern nach der
Leckerei hin, eignete sie sich jedoch nicht zu,
denn sie dachte in ihrem Sinne, daß sie sich
Kalbsmilch leicht für ein Jahr versagen
könnte. Der Hausherr hatte denselben
Gedanken. Die Schüssel wurde ein paar
mal hinüber und herüber geschoben, es
kam endlich zu einer ehrlichen Theilung,
und die Eheleute begaben sich darauf fried
lich und schiedlich zur Ruhe, zum er
stenmale seit lieber langer Zeit, denn sie
sahen einander bereits als Leichen an.
Am nächstfolgenden Tage, der der
Hausfrau Geburtstag war, erwachte der
Hausherr zuerst, und da er wußte, was er
wußte, und obenein aus einem Traume er
wacht war, der ihm sein St. Markus Ge
sicht bestätigt hatte, so bedachte er sich
nicht lange, ihr einen freundlichen guten
Morgen zu sagen und eine oftmalige glück
liche Wiederkehr des Tages zu wünschen.
Seine Gattin, die eben so viel wußte, als
er, wünschte ihm gleichfalls ein langes Le
ben, während sie sich noch ein artiges Mu
ster zu einem Witwenkleide aus den Au
gen rieb, das ihr im Traume vorgekom
men war. Sie legte indeß bei m Mit
tagsessen die Hühner-Leber mit Bedacht
dem doch nun emmal dem Tode geweihten
Manne vor, in Erwägung, daß sie, wenn
er erst todt und im Grabe wäre, sieben
Tage in der Woche Hühner Lebern wür
de essen können; er dagegen trug gleich
falls Sorge, ihr andere gute Bissen zuzu
wenden. Ihre Gefühle gegen einander
waren die eines ungeduldigen Wirths ge
gen einen unwillkommenen Gast, welchem
jener kaum die gewöhnlichen Höflichkei
ten erweist, so lange cr seine Abreise nicht
erwartet, und den er mit Gastlichkeits Be
weisen überhäuft, sobald die letztere fest
gesetzt ist.
So vergingen sechs Monate, und ob
gleich in den Herzen der Gatten keines
wegs Liebe zu einander erwacht war, son
dern der alte Groll fortwährend wohnte,
so lebten sie doch einander so sehr zu Ge
fallen, wie es bisweilen das zärtlichste E
hepaar nicht thut. Veranlassungen zu
Zwistigkeiten kamen nicht seltener als frü
her vor, allein es wurde ja mit jeden. Ta
ge immer weniger der Mühe werth zu
zanken. Sie ließen daher das Geschehe
ne sein, ertrugen mir Gleichmuth, was der
Tag brachte, und dachten nur an die Zu
kunft, denn sie betrachteten einander schon
so gut als todt.
Nach zehn Monaten kam des Freisas
sen Geburtstag an die Reihe. Seine
Hausehre hatte eine schlechte Nacht ge
habt, denn ihr hatte geträumt, daß ihr die
Trauerkleidung schlecht stehen würde. —
Sie wünschte chm, sobald der Morgen
graute, Glück und mit einem Seufzer
daß er noch viele Geburtstage erleben
möchte. Er bezahlte ihr in gleicher Mün
ze, den Seufzer mit eingeschlossen. Ihm
hatte geträumt, daß er Kopfschmerzen vom
Tragen eines Huts mit schwarzen Bän
dern bekomme» hätte, und er erwachte mit
Kopfweh. Beiden verging der Morgen
stumm und traurig, und weder sie, noch
er mochte etwas genießen, als der Mittag
kam, obgleich die Lieblings Gerichte auf
dem Tische standen. Er stützte den Kopf
auf die Ellenbogen, so daß er die Hänte
vor das Gesicht hielt, und sah nachdenk
lich durch die Finger nach ihr hinüber,
bohrte ihr im Geiste die Augen aus den
Augenhöhlen, entkleidete ihre Wangen
knochen des Fleisches, und verwandelte mit
Einem Worte ihren Kopf in einen Tod
tenkopf. Sie ihrerseits lehnte in ihren
Armstuhl zurück, blickte eben so wehmü
thig nach ihm hinüber, bildete seine ge
sunden kräftigen Glieder zu einem Gerip
pe um, und verwandelte das Braunroth
seines Gesichts in Kreideweiß. Die Ge
danken Beider hatten somit dieselbe Rich
tung genommen, der Veoman aber gab
ihnen zuerst Worte.
„Du wirst vermißt werden, Frau, wenn
Du erst todt bist," sagte er.
"TVillig zu loben und ohne Lurche zu tadeln."
Dienstag den 12. Mai, RBÄ«.
Sie fuhr zusammen ; denn obgleich ihr
bis zum selbigen Augenblicke nur Todes
bilder vorgeschwebt hatte», so war sie doch
weit entfernt gewesen, an ihr eigenes En
de zu denken; und als sie dieses daher in
Aussicht stellen hörte, so war es ihr, als
wenn der Sargdeckel über ihr zugenagelt
würde. Sobald sie indessen vom ersten
Schrecken zurückkam, nahm ihr Gedan
kengang wieder die vorige Richtung, und
sie erwiederte: „Ich wünsche, daß Du so
lange leben magst, als ich selbst, Mann."
Giles wünschte innerlich ein gut Theil
länger zu leben, denn er glaubte, daß sei
ne Frau spätestens in zwei Monaten die
Schuld der Sterblichkeit würde bezahlen
müssen, und wurde bei dem Gedanken be
trübt. Sie hatte während der letzten Mo
naten die Küche ganz nach seinem Ge
schmack eingerichtet, ihm keinen Lieblings
bissen vorweggegessen, seinen Launen stets
nachgegeben, ihm so ganz zu Gefallen ge
lebt, daß ihm ihr Verlust als unersetzlich
zu erscheinen anfing. Er dachte: „sie hat
endlich angefangen, sich liebevoll und als
eine gute Hausfrau und Gattin zu erwei
sen, und nun muß sie sterben!"
Sie war ihm erst nützlich und förder
lich, dann angenehm, und endlich lieb und
werth geworden, und er weinte, daß er
doch recht einsam sein würde, wenn sie
einmal nicht mehr wäre. Er sprach, wie
er dachte, und sie hörte diesesmal seine
Aeußerung ohne zu erschrecken an, dachte
aber ihrerseits, wie sonderbar es doch wä
re, daß ein Mann, der so zu sagen schon
mit einem Fuße im Grabe stände, so ver
blendet sein könnte. Sie glaubte so fest
an St. Markus Unfehlbarkeit, daß sie
Krankheits- und Todes Symptome bereits
so deutlich als Pest-Male in ihrem Man
ne entdeckt hatte; und da sie demnach sei
nen Leib als verloren aufheben mußte, so
trieb Gewissen und Pflichtgefühl sie an,
dem Ahnungslosen zur Rettung seiner
Seele als gute Ehristin seine nahe bevor
stehende Auflösung zu Gemüth zu füh
ren. Sie lenkte daher mit einer, in Fol
ge neuerwachter Zärtlichkeit wehmüthig
liebevollen, und wegen des Gegenstandes
feierlich ernsten Miene und einer Memen
tomori-Stimme das Gespräch auf die wich
tige Sache, indem sie fragte: „Mann, wie
ist Dir wie besind'st Du Dich?"
~Bin so munter als ein junger Stier,"
antwortete er, und sie schüttelte den Kopf,
„und wollte nur, daß Du eben so wohl
wärst," bei welchem Nachsatze er selbst
den Kopf schüttelte.
Es erfolgte ein tiefes Stillschweigen—
der Freisasse dachte so wenig an seinen
Tod, als wohl je, und seine Frau glaubte,
daß ihm eine Erschütterung gut tl)un wür
de und nothwendig wäre, um ihn stracks
aus seiner gefahrvollen Sicherheit zu reis
sen. Sie sagte ihm daher ohne Umschwei
fe, sie wüßte es gewiß, daß er binnen Kur
zem das Zeitliche segnen und vor seinem
Richter stehen würde.
Er war auch wirklich mit solchen Ge
danken umgegangen; sie hatten ihm schon
auf der Zunge geschwebt, und nun mußte
er sich zu seinem Erstaunen das Todes
urtheil sprechen hören, das er eben im
Begriff gewesen war, seiner Frau anzu
kündigen ! Sein Gewissen offenbarte ihm.
woher sie ihre Ahnungen seines Todes
hätte, und er erblaßte, indem die Furcht
in ihm aufstieg, daß sie recht und er un
recht gesehen haben möchte.
„Du bist in der St. Markus-Nacht
auf'm Kirchhof gewesen Frau?" sagte er
forschend.
„Ja Mann," antwortete sie.
„Und hast da meinen Schemen gese
hen
„Ich sah Dich in Deinem braunen Ue
berrocke und den hohen Stiefeln. Du
standest an der Weißdorn - Steige, wäh
rend ich durch die Thür in der Stechpalm-
Hecke gekommen war."
Der Veoman saß eine Zeitlang stumm
und in sich gekehrt da, und brach darauf
in ein unmäßiges Gelächter aus, das er
lange nicht wieder zu unterdrücken ver-
mochte. Die arme Frau glaubte, daß cr
einen Fieber-Anfall hätte, der ihm die
Sinne raubte, und daß sein Stündlein ge
kommen wäre, und fing an die Hände zu
ringen und zu wehklagen. Allein ihr noch
immer lachender Mann unterbrach sie und
sagte:
„Frau Du bist ne Thörin. Ich war
auch auf m Kirchhof, und habe Dich ge
sehen, wie Du mich; und Du sahst aus
wie ne Leich', und ich meinte, Du müßtest
d'ran glauben, lange eh' wieder St. Mar
kus-Nacht wäre. Aber Gott sei Dank,
Du bist und bleibst am Leben, und das
ist mehr, als ich mir noch vor ner Vier
telstunde gedacht hätte.
Sie erwiederte nichts, denn das Herz
war ihr zu voll, um reden zu können; sie
warf sich aber ihrem Manne an die Brust,
und bewies dadurch besser, als sie es durch
Worte vermocht hätte, daß sie seine Ge
sinnungen theilte. Und von der Stunde
an war das Ehepaar das friedliebend ste
und glücklichste in der ganzen Grafschaft;
vollkommen jedoch wurde das Glück
des Woman und seiner Frau erst, nach
dem sie den nächstfolgenden St. Markus-
Tag gesund und munter erlebt und über
standen hatten. Freih. Freund.
Die Insel Madeira.
Die Insel Madeira, welche im Juni des
Jahres ltlll von zwei portugiesischen
Seeleuten, Joav Gonsalvez Zargo und
Tristram Vaz Taxeira, entdeckt wurde,
bildet ein unregelmäßig längliches Viereck,
dessen größte Länge von O>ten nach We
sten ungefähr 15. die größte Breite von
Süden nach Norden ungefähr 4 geogra
phische Meilen beträgt. Ihren Namen
erhielt sie deßhalb, weil die ersten Entdecker
dieselbe ganz mit dichten Waldungen be
deckt fanden, und Madeira im Portugie
sischen Holz bedeutet. Jetzt sind die Wal
dungen. vorzüglich an der Südküste, durch
die Kultur sehr gelichtet worden, daher die
Einwohner oft in Scherz sagen, man könn
te sie eher Jlha da pedra als Jlha da
Madeira nennen.
Kommt man von Europa, und hat die
kleine Insel Porto Santo und die steil
aus dem Meere hervorragenden Felsen,
welche unter dem Namen der Jlhas deser
las bekannt sind, passirt. so zeigt sich Ma
deira als ein einziger, hoher schwarzer
Berg, dessen höchste Spitze sich in den
Wolken verliert. Kommt man näher, so
lassen sich nach und nach die einzelnen Ber
ge. woraus das ganze besteht, unterschei
den ; aber noch immer werden die Erwar
tungen von dieser schönen Insel nicht e»
füllt, und vorzüglich bietet die Ostküste,
um welche man herumsegelt, einen traun
gen Anblick dar; das Auge sieht nichts als
schwarze, zerrissene, kahle Felsen ohne al
le Vegetation.
Immer grüner und grüner wird es aber
nun. wenn man längs der Südküste hin
segelt, bis man endlich in der großen Bucht,
an welcher die Stadt Funchal liegt, eine
Ansicht hat, welche dreist mit denen in dem
Golf von Genua oder Neapel wetteifern
kann. Die meisten kleinen, weißen Häu
ser der Stadt ziehen sich amphitheatralisch
an den hinter ihr liegenden Bergen, wel
che mit niedlichen Landhäusern und Wein
gärten bedeckt sind, hinan, hie und da ragt
eine Kokospalme oder ein Pisang hervor,
und im Hintergrunde sieht man den fast
0000 Fuß hohen Pico Reivo, den höchsten
Berg der Insel, dessen Haupt stets in
Wolken gehüllt ist.
Die Insel ist durchaus bergig, selbst in
der Stadt gibt es wenig ebene Straßen,
und man mag hinausgehen, wo man will,
so muß man steigen. Sie ist daher auch
nur vorzüglich an den Küsten, ungefähr
eine oder höchstens zwei Stunden weit in
das Laud hinein bebaut. An der Süd
küste. wo der meiste Wein wächst, wird die
Kultur nur manchmal durch einen Strich
kahler Lavafelsen unterbrochen, auf denen
nichts als die indianische Feige (Cactus
Laufende Nummer 37.
Opuntia) wächst. Die Nordküste ist fel
siger und rauher, und die Wellen des at
lantischen MeereS schlagen oft in hausho
her Brandung an den Felsen an. DaS
innere der Insel ist ganz unkultivirt. und
der Wanderer kann nur zu Fuß diese stei'
len Felsen und tiefen Abgründe durchstreif
fen. und muß sein Nachtlager unter einem
Baume oder einem Felsen aufschlagen,
wenn er nicht zufällig eins von den beiden
Häusern antrifft, welche ein reicher Por
tugiese, Namens Joav Carathal, in dem
unwegsamsten Theile der Insel, dem söge»
nannten Paul da Serra, zur Bequem»
lichkeit der Reisenden hat bauen lassen.
Das Klima der Insel ist wohl eins der
angenehmsten, weßhalb auch jährlich im
Herbst die lungensüchtigen Engländer hin
kommen, um ihr Leben noch um ein paar
Wochen oder Monate zu verlängern, denn
gewöhnlich werden sie von den Aerzten
nicht eher fortgeschickt, als bis keine Hoff,
nung zur Heilung mehr da ist, und man
che sind schon auf der Reise gestorben.
Im Winter nämlich, in den Monaten Ok
tober, November und Dezember, fällt der
Thermometer selten unter 12 Grad Rea..
ausgenommen auf den Bergen im nördli
chen Theile der Insel, wo es doch zuwei»
len schneiet, der Schnee aber niemals über
einen oder zwei Tage liegen bleibt. In
den Monaten Juli und August übersteigt
die Hitze gewöhnlich nicht den 28. Grad;
eine Ausnahme machte der Sommer 1827.
wo der Thermometer im Schatten bis zu
30 Grad stieg. Die Stadt ist der wärm
ste Theil der Insel, und die Temperatur
ist hier immer um 8 bis 10 Grad höher,
als im nördlichen Theile. Regen ist im
Sommer äußerst selten, und eö vergehen
oft 4 bis 5 Monate, ohne daß ein einziger
Tropfen fällt; es müßte daher alles ver»
dorren, wenn die Erde nicht des NachtS
durch den starken Thau erfrischt würde.
Im Winter strömt dann auch das Wasser
oft 3. 4 Tage lang ohne Unterbrechung in
solchen Massen herab, daß in einer halben
Stunde alles überschwemmt ist, und in ei
nem Thale, wo man gestern noch trocknen
FußeS durchging, braust heute ein reißen
der Strom, welcher Bäume und Felsen
mit fort wälzt. Im Jahre 1803, am 10.
Oktober, wurde durch einen solchen sürch«
terlichen Wasserstrom ein Theil der Stadt
und die älteste Kirche. Nossa Senhora de
Galhao genannt- welche der erste Entdek?
ker Zargo gebaut hatte, weggerissen, und
noch jetzt feiert man diesen Tag in den
Kirchen.
Das Hauptprodukt der Insel ist der
Wein, dessen erste Reben von der Insel
Kreta sollen hergebracht worden sein. We
gen der großen Dürre und anhaltenden
Hitze pflanzt man ihn allgemein 4 bis 5
Fuß tief, und zieht ihn auf der ganzen
Sandküste, wo der beste wächst, an nie
drigen Laubgängen auS Rohr, überhaupt
ganz auf die Art, wie in dem südlichen
Tyrol. An der Nordküste, wo ein schlech
ter Wein wachst, welcher nicht ganz ausge
führt wird, leitet man ihn an Kastanien
bäumen in die Höhe. Je nach dem Bo
den und der Lage des Orts, gibt es sehr
viele Sorten von Trauben ; die besten sind
Malvasia, Sercial und Tinta ; die erstere
liefert den kostbaren Wein, welcher in
England unter dem Namen Malmsey be
kannt ist; dann folgende: Bastardo. Pu
al, Negramolle und Veidelho, und hierauf
die geringen Sorten: Babaza. Alicante.
Negirinha, Listram. Ferral und Muscatel.
Diese letztern Sorten werden unter ei
ander gemischt gepreßt, Malvasia, Serci
al und Tinta aber jede für sich besonders,
und nur dasjenige wird zum Wein genom
men, was bei dem ersten Pressen abläuft.
Die andern Sorten werven noch ein zwei
tes Mal gepreßt, und zuletzt auf die Mas,
se, welche zurückbleibt. Wasser gegossen,
dieselbe mit den Füßen unter einander ge
treten und zum dritten Mal der Presse un
terworfen. Diese letzte Flüssigkeit, wel-