Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, March 24, 1846, Image 1

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    Wer Liberale Äeobachler
Und Berks, Momgomery und Schuyltill Caunties allgemeiner Anzeiger.^
NeaÄ i N g, Wenn. Gedruckt uud herausgegeben vou Arnold Puwell e, iu der Süd 6reu Straße, Ecke der Cherry Alley Beh m' 6 Wti lhebaus Hofe gegeuutxr.
Jahrg. 7, ganze Nnm.
Bedingungen. Der Ulbernle zzcolliltlrtcr erscheint jeden Dienstag auf einem grossen Superial-Bogen mit schonen vettern gedruckt. Der ist Ei n Thaler des Jahrs, welcher IN halbjährliche
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer >n> Laufe deö Jahres nicht bezahlt, werden H! 5« angerechnet. Für kürzere Zeit als tt Monat wird kein Unterschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann ange
nommen, wen sie einen Monat vor Ablauf des Lubscriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewohnlichen Preis eingerückt. Un
terschreibern in hiesiger Stadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreiber. und Mittheilungen müssen postsrei eingesandt werde»
Oeffcntlicher Verknus
von liegenden EtgeurtulM.
Anfolge einer Bei ordnnnq der Vereiniate
Staate» D>ftrikl-Tou> t, für den östliche»
Distrikt vo» Peiiusi'lvaiiieu, soll auf öffent
licher Versteiaeruiig verkauft werde», Gamei
tag den -Neu nächste» 7lpril, am Hanse von
Nathan Trexler, in Langsehwami» Tannschip
Berte Cannty : Allee Neeht, Besiy mit' In
teresse, früher von Zoh» Waldei t, einemßan
krottör, in einem gewissenGrund
stück, Wohnung und Stück Land,
in tinasehwamm Ta»nsthip,
Berks Caunl»,, wie vorelsagt, enthaltend 15
Acter, mehr oder weniger, jetzt bewohnt von
Jacob Merkel.
Der Verkauf beginnt «in 1 llhr Nachmit
tags. Zol)» S- Richards,
Assignie.
März IN. 184«. 4m,
a ch r i ck t
Die nnterzeicl'nkttn ?l»dilore» über die
Rechnung von Anthony Bichel, nbellebende»
Execuror de« vtlstorbenen John Bictel, ;u>
Berichtigung und Aue-lheiluna, werden fnr
diesen Zweck am Kamiiaqe, de» 26sten iii>leb
ende» März, an der Amtsstube von P.
Bert, Esq, in Neading, ziisawme» kommen.
A. F. Millers
IV»i.
Hagem an,
Reading, März Ii». :Zm.
Neumodige Faiicy Dresi-^urel'.
und babc» j»>t erbal
ein an>?gedrh»le6 Assortement von
Källcy Dreß Guter», jiimTheil bestehend ane
Neu Styl Mome te Lame,?,
Casimir de Coee,
Schwarze, blau-schwarze n. Fäncy-Seiden
Eine Verschltdenbeir Ginghamc! zr,
nebst einem schönen Afforlemeiit von Fäiiev-
Cravatten, Kid-Handsebuheu, Unter Halen,
cher«, französischen Worfted Krägen, tucae'
figurirt, und schlichte Moeline, gestreifte und
schlichte Zackoiiet-Mueline, wozn die Ans
meeksamkeit der Damen erbeten wird an dein
Goldene Kuael Scohr.
Reading, März IN.
Proklamation.
Nachdem der Achtbare
President der verschiedenen Conrten vollkom
men Plcas, des dritten GerichtSbezn kc-, be
stehend a»6 den Canntiee Berks, Northamp
ton und techa, in Pennsnlvanien. nnd Slich
ter der unterschiedlichen Conrten von Over
und Terminer, der vierteljährlichen Sitzun
gen und allgemeiner Gefängniß E> ledianna,
in gedachten Camuies. und Mathias S.Nie«
chard und John Stauffer, Eeq e. Richter
der Conrten von Over nnd Terminer, der
vierteljährlichen Sitzungen nnd allgemeiner
Gefängnis? Erledign»«, für die Richtuna von
Haupt- und andern Verbrechen in aedaebter
Cannty Berks, ilirem Befehl an mich ansge
stellt haben, datirt Reading, den 12.Januar,
1846, worin sie eine Conrt vonEom
mon Pleas der allgemeine» vierteljäbrlichen
Sitzungen Over und Terminer nnd allgemei
ner Gefänqnijj Erledigung anberaumen, wel
ch, gehalten werden soll zn Reading. für die
Canntv Berks, auf den ersken N7c>ntaq
im nächsten Zlpril »elches den l>. des
ersagten Monats fein nnd welche zwei
Wochen danern soll—
So wird hiermit Nachricht qeaeben an den
Soroner. die Friedensrichter nnd Constabel
der gedachten Cannty Berks : dafi sie stch zu
ersagter Zeit, um in llhr Vormittags, mit
ihre» Verzeichnissen, Registraturen, U«ter>
suchnngen nnd Traminationen «nd alle» an
dern Trinneruuqen einzufinden habe«,um sol
che Dniqe zu thun, die ihren Aemtern zu
thun vbligen.—Desgleichen Diejenige» wel
che verbunden sind gegen die Gefangene» die
in dem Gefängnisse der Caunt» Berks sind,
oder dann fein mögen, gerichtlich zu verfah
ren, so wie es recht sein mag.
"Gott erhalte die Xepublik!"
George Gernant, Scheriff.
Scheriffs Amt, Neading,^
März 10. 1845. 4m.
Zeugen nnd ZnrorS, welche auf er
sagte Court vorgeladen slnd, werden ersucht,
Pünktlichkeit zu beobachte» : im Fall ihres
Ausbleibens werden sie in Gemäkheit des
Gesetzes da;» gezwungen, DieseAiizeige wird
auf besondern Befehl der Conrt bekannt ge
«yacht. daher alle Diejenigen, welchen es an
geht. steh darnach zu richte» haben.
TZ-Die Friedensrichter durchaus derCailii
ty sind ebrerbirthigst crsnebtßei ichr von Re
eognizanceS und Anklaaeu an einen der pro
sequir e»dtn,A»wälde, Peter Gilbert und I
Pringle Jones, Esq., einige Tage vor der
Court zu machen, so dafi Bills zubereitet
werden mögen, für das Handeln der Grand-
Jury und die Parteien, Zcnge» und beiwoh
nende Jurors keine Zeit verliere».
«lonti :»t tliis ofstev
Zur uud Belctirunq.
Die Wescdichte des kleinen
Mannes.
(Aus G. Dönng's Novellen.)
(Schluss)
Da kam der Anführer zurück und deu
tete mir an, ihm vor den Rajah zu fol
gen. Ich zitterte nicht, aber das Herz sing
doch an, sich in der Brust an einem selbst
standigen Muskel fühlen zu lassen. Der
Rajah gewährte einen schauderhaft herr
lichen Anblick. Er saß auf einem goldenen
Throne, neben ihm lag aufder einen Seite
ein gezähmter Tiger, auf der andern ein
gezähmter Löwe, man sah es aber den Be
stien wohl an, daß es nur eines Winkes
von seiner Hand bedurft hätte, um sie so
gleich in den Zustand ihrer früherenWild
heit zurück zu versetzen und nach Menschen
sieisch lüstern zu machen. Der Weg, den
ich zum Throne des Rajah nehmen muß
te, führte zwischen zwei Reihen Sklaven
hindurch, die mit der Stirn am Boden la
gen. Ich hielt mich aufrecht, denn als ein
berühmter Mann fühlte ich meine Würde
und ich durfte der englischen Uniform keine
Schande machen. Als ich aber vor dem
Rajah stand, wollte ich zeigen, daß ich auch
gute Lebensart besitze und machte ihm drei
stattliche Reverenze, wie ich sie von einem
Tanzmeister in Schwaben, der seinen Un
terricht von Ort zu Ort trug, als Knabe
erlernt halte. Sie fanden allgmeinenßei
fall, denn Jedermann lachte aus Leibekräf
ten. Ich sah mein Besteck in der Hand
des Rajah, er frug mich in gebrochenem
Englisch, nach der Bedeutung und dem G
ebrauche der Instrumente. Da eröffnete
ich ihm die Geheimnisse des Schropfens u.
Aderlassens, da sagte ich ihm unverhohlen,
welch einen geschickten u. berühmten Mann
er in mir vor sich sehe, da fügte ich beschei
den hinzu, daß ich vermöge meiner Kunst
jedes Uebel des menschlichen Korpers,wenn
nicht der Tod schon am Herzen nage, zu
heilen verstehe. Er sah mich mit Bewun
derung an, er legte zum Zeichen der größ
ten Vertraulichkeit seine Hand auf meine
Schulter.
sprach er, „wenn Du im
Stande bist zu hallen, was Du versprichst,
so will ich Dich nicht allein in Freiheit
setzen, sondern Dich noch überdem auf s
Reichste belohnen. Komm mit mir! Du
sollst den Kummer kennen lernen, der mei
ne Seele erfüllt. Meine einzige Tochter
hat ein böser Geist mit vergiftetem Pfeile
getroffen. Kannst Du das Gift desPfei
les unschädlich machen, kannst Du wieder
Kraft in ihre Glieder, frohen Muth in
ihr Herz stoßen, so sollst Du sehen, daß
der Rajah von Dschabberlabber kein Un
dankbarer ist."
So ward ich denn mit einem Male aus
einem elenden Gefangenen, aus einem for
cirten Schnellläufer, Leibarzt der Prin
zessin Rajah und der durchlauchtige Va
ter führte mich höchst eigenhändig, vor den
Augen des gesammten, in Ehrfurcht ver
sinkenden Hostaats, in das Frauengemach.
Da hieß es nun: Ehre, dem Ehre ge
bührt ! und die Wachen senkten ihre Lan
zen vor mir, die Büchsenschützen präsen
tirten das Gewehr, die Cimbelschläger und
Trompeter machten, während wir uns ent
fernten, einen ungeheuren Lärm. Je wei
ter wir kamen, desto stiller wurde es.—
Endlich fanden wir nur Frauen in unserm
Wege, die sich alle, als sie den Rajah und
seinen berühmten Leibarzt wahrnahmen,
mit dem Angesichte zu Boden warfen.
Sie waren verschleiert und deßhalb alle
gleich schön. In einem kleinen Zimmer,
dessen Wände mit Stoffen, die von Per
len, Edelsteinen, Gold und Silber starrten
verhüllt waren, fanden wir endlich die Pri
nzessin Najah. Sie lag auf einem Ruhe
bett, sie war verschleiert wie die übrigen
Frauen, sie schien, ihrer Natur nach, ein
Mädchen zwischen fünfzehn und sechzehn
Jahren. Als sie einen fremden Mann an
der Seite ihres durchlauchtigen Vaters er
blickte, stieß sie einen schwachen Schrei aus.
Das arme Kind! Es erschrak vor meiner
"'willig zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
Dienstag den 2«. März, »8 ««.
ärztlichen Würde, vor der Würde, vor der
Majestät der Kunst, die aus mir sprach.
Da redete der Rajah in der Landessprache
mit ihr, da erklärte er ihr ohne Zweifel,
wer ich sei, und welche wunderbare, hilbrin
gende Kenntnisse ich besitze. Sie schlug
den Schleier zurück, und sah mich mit ei
nem langen Blicke ihrer dunkeln, schmach
tenden Augen an. Dann sprach sie wie
der schmerzlich lächelnd zu dem Vater.dann
mochte sie ihm sagen, daß sie Vertrauen
zu mir besitze, daß sie sich meinen Anord
nungen unterwerfe.
Der Rajah rief mich näher. Ich prüf
te den Puls, ich fragte nach den nähern
Umständen des Uebels, und sah nun bald
ein, daß der Prinzessin Rajah nichts feh
le, als ein tüchtiger Aderlaß, daß sie dann
in einem Paar Tagen wieder tanzen und
spielen könne nach Herzenslust. Vor
Blut habe ich mich nie gefürchtet, aber der
durchlauchtigste Rajah und seine Prinzes
sin Tochter fürchteten sich davor. Es wur
de hin und her gesprochen. Endlich erklär
te der Fürst von Dschabberlabber, daß mein
Wille geschehen solle, daß aber, wenn die
Krankheit der Prinzessin Rajah durch den
Blutveilust sich verschlimmere, wenn das
durchlauchtige Kind vielleicht gar stürbe,
ich mich gefaßt halten möge, den Elephan
ten zum Zertreten vorgeworfen zu werden.
Larifari! dacht' ich, eine indische Prinzes
sin ist von demselben Fleisch und Bein,
wie ein Schwabenmädel, und ein Paar
Unzen Blut weniger schaden in keinem
Falle. Ich schlug ohne langes Bedenken
die Ader, ich ließ das kostbare dunkelrothe
Blut in ein goldenes Becken, das von zwei
knieenden Sklavinnen gehalten wurde, auf
fangen. Dann verband ich die Wunde
wie ich sie jeder Bäuerin auch verbunden
haben würde, und empfahl Ruhe. Es
wurde mir große Ehre angethan.
Man hatte mich als einen berühmten
Mann anerkannt, man hatte die Kunst
womit ich den Schnepper geführt, bewun
dert. So geht es in der Welt! Ein be
rühmter Mann kommt allenthalben durch.
Ich mußte mit dem Rajah zu Nacht spei
sen. Da war Gold und Silber wohlfeil.
Der Rajah legte mir selbst die besten Bis
' sen vor, im Ganzen war er recht freund
lich, manchmal aber warf er mir doch ei
nen drohenden Blick zu, der durch Mark
und Bein drang und mich an die Elephan
ten und die vielleicht bevorstehende Zertre
tung erinnerte.
Am nächsten Morgen erwachte die Prin
zessin Rajah frisch und fröhlich und ver>
langte sogleich, Betel und Arkanuß zu
kauen, wogegen sie während ihrer Krank
heit einen sonderbaren Ekel verspürte, da
doch sonst Männer und Weiber dort eine
ungemeine Passion für solches Kauwerk in
sich tragen. Mittag speiste sie mit guten
Appetit an deS durchlauchtigsten Vaters
Tische, Abends konnte sie bei einem Hof
feste .erscheinen, wo mir zu Ehren mehr
als 300 Tänzerinnen ein Ballet aufführ
ten. Es war ein charmanter Hof, der
Hof von Dschabberlabber, aber ich sehnte
mich doch hinweg, denn wie leicht konnte
nicht die Prinzessin Rajah von einem
Rückfalle heimgesucht werden, dann wür
de mir die Schuld zugeschoben und ich sah
die fatalen Elephantenfüße schon im Gei
ste auf mir Herumstampfen. Man mochte
auch hinsehen, wohin man wollte, so be
gegnete dem Auge eine solche unförmliche
Rüsselbestie. Sie sahen gemalt von den
Wänden herab, sie standen zum Reiten
aufgetakelt im Hofe, sie trieben sich, mit
Lasten beschwert in den Straßen herum.
ES wurde mir gar zu unheimlich unter ih
nen zu Muthe, so daß ich als am dritten
Tage nach dem Aderlassen der Rajah mich
umhalste und als Lebensretter seinerToch
ter pries, die Gelegenheit ergriff und ihn
an sein Versprechen, mir die Freiheit zu
geben, mahnte. „Ew. Durchlaucht, sag-,
te ich, wenn ich auch zu sehr von Zunei
gung gegen dero Person ergriffen bin, um
wieder in die Dienste der Compagnie zu
rückzutreten und gegen einen so erhabenen
Fürsten mit Schnepper und Skalpcl zu
Felde zu ziehen, so habe ich doch auch zu
bedenken, daß man einen so berühmten
Mann, wie mich, nicht lange in Europa
missen kann. Auch dort gibt es eine lei
dende Menschheit und die leidende Mensch
heit verlangt nach mir. Geruhen Ew.
Durchlaucht mich zu entlassen. Ich wer
be mich ewig mit Entzücken dieses char
manten Hofes erinnern.
Es fiel zwar dem Rajah schwer, meine
Bitte zu erfüllen, allein er war ein Mann
von Wort, und wenn er einmal sein Eh
renwort gegeben hatte, so stand es felsen
fest. Er nahm mich bei der Hand und
führte mich in sein Cabinet. Hier legte
er einen Haufen Diamanten vor mich hin,
von denen der kleinste die Größe eines
Spatzeneies hatte. Himmel! das funkel
te, das lockte, das spricht zum Herzen. In
allen Fingerspitzen zuckten es, aber ich wag
te noch nicht zuzugreifen, ich mußte ei st
die Einladung vom durchlauchtigen Mun
de erwarten. "Doktor, sagte da der edle,
nachahmungswürdige Fürst, Du hast un
ter zwei Dingen zu wählen, die ich Dir
zum Lohne bestimmt: hundert meiner schö
nen Sklavinnen oder diese Edelsteine."
Ich griff mit beiden Händen nach den E
delsteinen.
Das war ein Schatz, der in Europa
Millionen galt! Die Freude leuchtete dem
großmüthigen Najah aus den Augen, als
er mich hastig und vergnügt sein Geschenk
einsacken sah. Er reichte mir noch einen
Beutel mit Goldstücken dar, er bot mir
einen Elephanten zu meiner Bequemlich
keit auf der Reise an. Den Beutel accep
tirte ich, gegen den Elephanten protestirte
ich. Was sollte ich mit einem so unge
schlachtenen Thiere, vor dem ich einen na
türlichen, instinktmäßigen Abscheu hatte?
Ich konnte mir nun einmal einen Elephan
ren nicht anders denken als tretend, stam
pfend, irgend ein unglückliches Meuschen
geschöpf unter seiner tausendpfündigen
Last zermalmend.
Meine Lust am Soldatenleben hatte ich
gebüßt. Im Lager der Engländer hielt
man mich ohne Zweifel für todt, und ich
fühlte mich nicht berufen, ihnen meine
Auferstehung zum Besten zu geben. Das
Ziel das mich aus dem Schwabenlande in
die weite Welt gelockt, hatte ich nun er
reicht. Fort mit Schnepper und Schröpf
köpf, dachte ich jetzt. Das Spiel ist ge
macht, die Bank ist gewonnen, es ist die
Zeit nach Hause zu gehen. Daheim am
lustigen Neckar, wo die rothe Traube reift,
kaufst du dir ein Rittergut und lebst in
Fülle und Freud. Dergleichen Gedanken
erheben und erheitern das Gemüth.
Es war eine fröhliche Reise, aus dem
Lande Dschabberlabber nach der Seestadt
Madras. Der Rajah gab mir eine zahl
reiche Begleitung von Sklaven und Tän
zerinnen mit, die dort zu Lande Devidaschi
genannt werden.
Wir reis'ten, der großen Sonnenhitze
wegen, nur des Nachts. Dann tanzten
die Devidadschi um den Palankin, in wel
chem ich getragen wurde, herum, und die
bunten Laternen, die sie gar anmuthig um
ihre Häupter schwenkten leuchteten lieb
lich durch die Dunkelheit. Aber ich ziehe
doch eine Reife durch unser liebes deutsche
Vaterland auf dem ordinären Postwagen,
wenn er auch noch so rumpelt und stößt,
vor. Man hört da wenigstens nicht in
der Nachbarschaft Löwen, Tiger und Hy
änen heulen, die nach einem guten Men
schenbissen lüstern sind, man erbebt nicht,
wenn ein solches Unthier plötzlich aus ei
nem benachbarten Gebüsche hervorstürzt
und sich die schönste Devidaschi aus der
tanzenden Reihe zur Nachtmqhlzeit holt.
Meine englische Uniform hatte ich vor
sichtig im Lande Dschabberlabber zurück
gelassen, denn der Vogel verräth sich durch
sein Gefieder. In indischer Tracht lang
te ich in Madras an, vertauschte sie aber
hier sogleich in schlichte, bürgerliche euro
päische Kleidung. Jetzt nkannte ich zum
ersten Male die Wahrheit deS Sprüch
worts, daß Reichthum nur Sorgen mache.
I'Aus Ostindien trieb cS mich, wie mit
La»fe»de Nummer !<>
Faustschlägen und Rippenstößen fort,denn
wie leicht konnte ich nicht auf einen Eng
länder treffen, der mich kannte und mich
als Desertör angab? Es lag aber nur
ein Schiff zur Abfahrt nach dem Cap der
guten Hoffnung segelfertig im Hafen und
das gehörte einen Malayen und war mit
Malanen bemannt. Wenn es Schelme
und Spitzbuben auf der Welt gibt, so sind
sicherlich die Malayen die ärgsten. Keine
Tasche ist vor ihnen gut genug verwahrt,
kein Schloß widersteht ihren Künsten, kein
Riegel, kein Eisenband schützt vor ihrer
Räuberei. Und diesem Gesindel mußte
ich mich mit meinen Diamanten vertrauen
wenn ich nicht riskiren wollte, vor ein
Kriegsgericht gestellt und vielleicht mit ei
ner blauen Pille in's Gehirn regalirt zu
werden! Friß Vogel, oder stirb! hieß es da.
Ich schiffte mich mit den Malayen ein,
ich galt bei ihnen für einen reisenden
Wundarzt, ich führte Büchsen und Sal
bentöpfe, da steckten die Diamanten, da
lag der Schatz begraben, den ich erst am
(sap oder vielleicht gar erst in Europa wie
der zu l>>ben gedachte. Bald hatte ich Ur
sache, mir zu diesem guten Einfall Glück
zu wünschen. Die Uhr aus der Tasche,
der Geldguit vom Leibe wurden mir ge
stohlen.
Als ich meine Klage dem Kapitän vor
brachte, zuckte er die Achseln und meinte:
er habe freilich an Bord sehr geschickte
Leute, gegen welche man auf seiner Hut
sein müsse, er könne aber nichts in dieser
Sache thun, als mir den Rath ertheilen,
mich auf demselben Wege zu entschädigen.
Himmel! Ich, ein Chirurg, ein geweih
ter Priester im Tempel der leidenden
Menschheit, ein berühmter Mann, sollte
mich zum Diebstahl erniedrigen ? Ich ließ
in einem großen Blicke dem Malayen mei
ne ganze Verachtung empfinden und be
gab mich in meine Eajüte, wo ich mich am
Anblicke meiner Salbentöpfe ergötzte, die,
Gott sei Dank! ein viel zu unschuldiges
Aussehen hatten, um die Aufmerksamkeit
des Raubgesindels zu erregen.
Wir setzten unsere Fahrt mit günstigem
Winde fort, bis wir endlich das Cap der
guten Hoffnung erblickten, das mir aber
zu einem Cap des Unglücks, zu einemCap
der Zerstörung aller meiner Hoffnungen
wurde. Der Tafelberg schwebte in dun
keln Wolken, aus seinen Schluchten blies
der heidnische Gott Aeolus mit vollenßac
ken. Er blies so gewaltig, daß sich unS
haushohe Wellen entgegenwarfen, daß wir
uns endlich glücklich schätzen mußten, in
einer Felsenbucht, seitwärts von der Cap
stadt und ihrem Hafen Schutz zu finden.
Es gibt Zeiten, wo der Mensch behext,
wo er von einem bösen Geiste, der seinUn
glück will, besessen ist. So ging mir's in
der Nähe der Capstadt. Ich hatte keine
Ruhe, es drängte mich aus der Gesellschaft
der Malayen unwiderstehlich fort, ich nahm
das Anerbieten einiger Küstenschiffer, ehr
licher, holländischer Abkömmlinge, die mich
mit meinem Gepäck nach der Stadt über
fahren wollten, an. Alles wurde glücklich
eingeschifft, und ich saß in dem Boote zwi
schen meinen Salbentöpfen, stolz wie der
Rajah von Dschaberlabber auf seinem
Throne, zwischen den Stützen seines An
sehens, dem Löwen und dem Tiger.
Anfangs ging die Fahrt gut. Erst als
wir die Bucht verließen uud das freie
Meer vor uns, die Capstadt aber neben
uns sahen, rasete die Windsbraut aus den
Schluchten des Tafelberges herab, ergriff
unS plötzlich im tollen Wirbel und wälzte
und trieb in so gewaltigen Drohungen mit
uns dem Hafen zu, daß mir Hören und
Sehen verging. Bald hob uns eine Welle
haushoch, bald stürzten wir in einen dun
keln Abgrund, der sich uns öffnete. Da
wir waren schon ganz nahe am Ufer, wir
konnten die Leute, die dort hin und herlie?
fen, uncerscheiden-da stürzte eine ungeheu
re Woge, falsch wie ein Corsar, tückisch,
wie ein Tigerlhier, räuberisch wie ein Ma
laye, auf uns los. Ich schloß die Augen,
ich ergab mich mit einem Stoßseufzer in
mein Schicksal. Dann verlor ich, indem