Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, February 10, 1846, Image 1

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    nei» vilI11, Mnn, Gedrnckl und hcranSgcgcdcn von Arnold Pllwe>i e, in dcr Snd Srcn Smiöc, Elkc dcr Cbcrru All«) Vcb m' s Wirihsba«s-Hefe gcg«n»k7
Jahrg. 7, ganze Num. 5Sk
Bed ingun g e n. Der Nllierale IZeollilclUcr erscheint jeden Dienstag auf einem großen Superial-Bogen mit schönen Vettern gedruckt. Der Eubseriptions-Preis ist Ein Tt,a l e r des Zahrs, welcher in halbjährliche
Lorausbezahlung erbeten wird. Wer im Lause des Jahres nicht bezahlt, werden -Kl st) angerechnet. Für kürzere Zeit als «i Monat wird kein Unterschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann anqe
nommen, wen sie einen Monat vor Ablauf des «übicriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen Preis eingerückt. Un
terfchreibern in hiesiger Ltadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der llnter'schreiber. ks"Briefe und Mittheilungen müssen Postfrc i eingesandt werden
Zur Unterhaltung unv Belehrung.
Der Steuermann anfoeui Hrie-See.
dcm Englischen.)
An einem schönen Morgen, im Monat
Mai, lag ein Dampfschiff Buffalo gegen
über am Erie - See vor Anker, schön ge
schmückt mit Flaggen und das Zeichen zum
baldigen Absegeln am Mastbaum aufge
zogen. Auf dem engen Ufer vor der
Stadt war ein buntes Durcheinander wie
solches immer in Seestädten zu sehen ist
beim Auslaufen von Fahrzeugen,' Boot
sleute zankten sich miteinander wegen Pas
sagieren ; Reisende eilten hin und her um
nach ihrer Bagage zu sehen und sicher zu
stellen ; Freunde nahmen Abschied von ein
ander ; Faulenzer mit ihren Händen in
den Hosentaschen trieben sich umher die
Zeit zu vertreiben; Fuhrleute knurrten
wegen zu geringer Bezahlung unv alles
war in größter Eonfnsion und kostlichster
Unordnung. Doch plötzlich wurden die
Anker gelichtet, die Räder singen an sich
zu drehen, S.gel wurden gespannt, und
eine breite Schaumbahn hinter sich lassend,
nahm die Jersey ihre Richtung westlich
für die Stadt Erie.
Es war ein schöner, heiterer Tag, und
während Slunce nach Stunde verfloß,
waren manche der Passagiere in Unterhal
tung üb>r die Politik; manche be>echne
ten oen Ge rinn ihrer Geschäfte; andere
waren vertieft mit Lesen, und emige weni
ge, denen die Zeit lange wurde, suchlen sie
durch Schlaf zu veikurzen. Alle wcuen
wie Leute, die denken : "laß Gefahr kom
men wenn sie will, für Heule sind wir
sicher davor."
Es war gegen 4 Uhr Nachmittags als
das Schiff, welches bisher die Mille des
Sees hielt, eine südliche Richtung nahm,
weil Erie, wohin es sollte, auf der Seile
des Sees liegt. Der alte John Maynard
war am Ruder, ein eifahrner, tüchtiger,
Seemann, der schon manchen Wintersturm
ausgehalten hatte. Er hatte gelernt zu
frieden zu sein mit seinem Loose; Nie
mand hörte ihn je sich über sein hartes
Schicksal veklagen, noch über seinen spärli
chen Lohn murren. Beim größten Ungemach
hatte er doch immer noch ein gutes Wort
und freundliche Mine für Jedermann,
Oftmals in Gesellschaft gebracht die
schlecht genug war, versuchte er wenigstens
etwas für ihr Bestes zu thun. Er war
bekannt von einem Ende des Sees zum an
dern, unter dem Namen: "der ehrliche
John Maynard;" und die Unsache sei
ner Ehrlichkeit war—seine Liebe zu Gott.
Noch ungefähr 10 Meilen war das Schiff
von Erie als der Eapilän aus der Eajüte
aufs Verdeck kam und einem Matrosen
zurief: "Dick Fletscher, woher kömmt der
Rauch der da aus dem Raum aufsteigt ?"
"Wahrscheinlich aus der Maschienstube,''
erwiederte der Mann. "Gleich hinunter
und laß mich's wissen."
Der Matrose fing an, auf der Leiter,
die in den Raum führte, hinabzusteigen,
war aber kaum bis unters Verdeck gekom
men, als er mit viel größter Eile wieder
herauf stieg. "Es »st Feuer im Raum,"
sprach er zum Capitän, der jetzt dicht ne
ben ihm stand. Eilend stieg der Capitän
hinunter und fand es allzuwahr.
Feuerflinken waren auf einen Haufen
Werg gefallen, ohne daß es von Jemand
bemerkt worden war, und schon war nicht
allein ein Theil der Ladung, sondern auch
die Seilen des Schiffs waren in Brand.
Alle an Bord, Passagiere sowohl als
Seeleute, wurden zusammengerufen, und
2 Reihen, eine auf jeder Seite desßaums,
formirt, Eimer wurden aus dem See mit
Wasser gefüllt und auf einer Seite hin
paffirt, zischend auf die brennende Masse
ausgeschüttet, und dann auf der andern
Seile leer wieder abgegeben. Auf einige
Minuten schien es als wäre das Feuer
unlrrdrückt.
Während dessen hatten sich die Damen,
welche an Bord waren, um John May
nard, dem einzigen der am Loschen nicht
Theil nehmen konnte, herum gedrängt, und
bestürmten ihn mit Fragen: ~Wic weit
Und Berks, Momgomery und Schuylkitl Canmies allgemeiner Anzeiger.^^
noch bis ans Land?" „In wie langer
Zeit können wir es erreichen?" „Ist das
Wasser sehr tief?" „Kann man uns vom
Lande aus sehen?" — Der Steuermann
antwortete so gut er konnte. Sie hätten
kein Boot bei sich; es war in Buffalo zum
Ausbessern zurückgelassen worden; es möch
ten 7 Meilen bis ans Land sein; in 4l)
Minuten konnten sie es erreichen ; er wüß
te nicht wie weit das Feuer schon überhand
genommen hätte. „Und die Wahrheit zu
reden," setzte er hinzu, „wir sind in gro
ßer Gefahr, und ich meine wenn weniger
geschwätzt und mehr gebetet würde, wäre
es besser für uns, und um nichts schlim
mer für das Boot."
„Wie ist die Richtung ?" schrie der Ca
pitän.
„West, südwest," antwortete Maynard
„Halte sie Süd bei West, wir müssen
irgendwo ans Land."
Jetzt trieb ein Windstoß die Flammen
zurück, die um so viel stärker aufloderten.
Die Mittelwand zwischen dem Raume und
der Eajute war jetzt auch in Flammen.
Kräuselnd stieg der Rauch durch die Oeff
nu»g empor der Eapitän befahl jetzt
daß alle Damen auf's Vordertheil des
Schiffes gehen mehr Dampf wurde auf
die Maschine gelassen die ameiikanische
Flagge umgekehrt als Nothzeichen aufge
zogen Wasser in die Segel geworfen
damit sie den Wind besser faßten. Und
immer noch stand Jvhn Maynard am Ru
der, od schon er jetzt durch den Rauch und
die flamme vom übrigenTheile derMann
schasc abgeschnitten war.
Großer und immer größer wurde die
Hitze; die Jngeniers halten die Maschine
verlassen, und die Matrosen fingen an
Planken zu sägen, um die Frauensperso
nen darauf wo möglich zu retten die
Kühnsten an Bord fingen an die Rocke
abzuwerfen uud sich für eine saure Probe,
das Leben zu retten, fertig zu machen.
Die Küste kam immer näher und näher,
die Räder entsprachen noch immenr ihrem
Zweck, weiter als eine Meile konnten
sie vom Lande nicht mehr entfernt sein,
und schon sah man Böte zu ihrer Rettung
von dort abstoßen.
„John Maynard !" rief der Eapitän.
„Ja! Ja!" erwiederte Jvhn
„Kannst du fünf Minuten länger aus
halten ?"
„Ich kann den Versuch machen."
Und er machte den Versuch. Näher
und immer näher kamen ihm die Flammen
vom Rauch wurde er manchmal fast
erstickt seine Haare waren versengt uud
sein Blut schien von der großen Hitze in
Feuer zu sein. Sich so weit wie möglich
zurückdrückend, hielt er mit der linken
Hand fest am Ruder, bis das Fleisch dar
an zusammenschnurrte und die Muskeln
in der Flamme krachten und nun reck
te er die rechte Hand aus, und ertrug den
Schmerz ohne einen Laut von sich zu ge
ben. Es war ihm genügend, das Freu
dengeschrei der Matrosen, als sich die Bö
te näherten, und der Ruf des Eapitäns,
„die Damen erst, und dann jeder für sich
selber und Gott für uns Alle!" zu hören.
Und dies war das letzte was er je hörte.
Wie er umkam, ob vom Rauch tau
melnd gemacht über Bord gefallen, oder
ob er erstickt war, konnten seine Kamera
den nicht sagen. Den Augenblick als die
Böte ans Schiff kamen, sprangen Passa
giere, Matrosen und Eapitän hinein.
Alle, außer der, dem sie ihr Leben verdank
ten, wurden gerettet.
Er starb den Tod eines Christen-Hel
den. Sein Geist wurde in seines Vaters
Hände befohlen, und sein Leib ruht in
Frieden am grünen Ufer des Erie-Sees.
(Biene,
Der Scernf.
Man hat schon viel von Naturlauten
gesprochen, ohne daß man bis jetzt der Ur
sache derselben näher gekommen wäre.
Der Berühmteste derselben ist dcr Klage
laut, den man zuweilen auf der Insel Cey
lon hört. Indeß sind auch andere Orte
zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
Dienstag den Februar,
bekannt, an denen man ähnliche Laute ver
nimmt, so in der englischen Grafschaft
Eornwallis den „Seeruf," welcher äugen
lcheinlich mit der Witterung in Verbin
dung steht, obgleich man bis auf diesen
Augenblick nicht sagen kann, in welcher
Art sich derselbe bildet. Ein neulich be
kannt gemachter Bericht der politechnischen
Gesellschaft in Eornwalbs enthält darü
ber Folgendes: "Da das Vorauswissen
von baldigen Aenderungen der Witterung,
namentlich Fischern und Landbauern von
Wichtigkeit ist, so lenke ich die Aufmerk
samkeit auf eine sehr gewöhnliche, aber
nicht allgemein bekannte Andeutung solcher
Aenderungen. An der Mountsbay und
wahrscheinlich an allen ähnlich gelegenen
Orten hört man zuweilen landeinwärts,
in einiger Entfernung vom Ufer einen ei
genthümlichen hohlen Ton, den man im
Lande den Seeruf (callmZ ot tlie scn)
nennt. Wenn derselbe aus einer von dem
eben herrschendenWinde verschiedenenßich
tung kommt, so erfolgt fast immer ein
Wechsel des Windes, gewöhnlich innerhalb
12, manchmal erst innerhalb 24 oder gar
erst 30 Stunden. Man hört ihn manch
mal auf eine Entfernung von mehren Mei
len, obwohl am Ufer, von dem er ausgeht,
die See vielleicht nicht lauter als gewöhn
lich ist, während zu andern Zeiten, wo dies
der Fall ist, und anscheinend gleich günsti
ge atmosphärische Zustände obwalten, der
selbe nicht über eine Meile weit vernom
men wird. Kömmt der Ton bei schönen
Wetter von dem Felsenufer im Westen o
der Süden, so folgt auch der Wind von
einer dieser Richtungen her, meist mit Re
gen begleitet. Kommt der Ton von O
sten oder Norden, so tritt auch Landwind
vom Osten oder Norden, im Sommer mit
schönem Wetter, im Winter oft mir Frost
ein. Alle Beobachtungen in dem letzten
Jahre bestätigten diese Angabe, und von
! allen, die ich fragte, erinnerte sich auch
Keiner einer Abweichung von dieser Regel.
Man darf diesen Ton nicht mit demjeni
gen verwechseln, der von einer hohlen See
(lznninc! »e») herkömmt, denn dieS ist die
wohlbekannte Bewegung am Ufer, die
durch einen fernen Sturm veranlaßt wird,
aber dies Geräusch pflanzt sich in jeder
Richtung fort, und hauptsächlich in dcr
des Windes, während der Seeruf nur aus
einer Richtung kömmt, und zwar gewöhn
lich aus dcr dem Winde entgegengesetzten.
Uebrigens, wenn der Seeruf auö dem nörd
lichsten oder innersten Theile kömmt, und
der Wind später von dieser Richtung her
bläst, so könnte der Ton unmöglich die
Folge einer hohlen See sein, die durch ei
nen entfernten Sturm in dieser Richtung
erzeugt wäre. Hieraus ergibt sich, daß
der Seeruf nicht mit den Zuständen des
Meeres, sondern mit denen der Atmosphä
re zusammenhängt. Auch sagte man mir,
daß vor einer Aenderung des Windes alle
fernen Töne am lautesten in der Richtung
vernommen weiden, welche der Wind spä
ter nimmt. Die Fischer zu Portleven,
welche alle Zeichen der atmosphärischen
Aenderungen sehr genau beobachten, be
merken als ein fast unfehlbares Zeichen,
daß der Wind an diesem Tage sich nach
Südosten umwenden werde, wenn einMor
gennebel aus dem Loosumpfe in dieser
Richtung nach der Bay hinzieht. Diese
letzte Andeutung kann vielleicht dahin füh
ren, der Ursache des Seerufes auf die
Spur zu kommen." Volksbl.
Launty. Pa.
Vor etwa 14 Jahren bildete sich unter
dcr Lcitung der Herren Etzler und Röb
ling in Deutschland eine Auswanderungs-
und Ansiedlungs - Gesellschaft, die unter
dem Namen der Mühlhäuser Gesellschaft
wohl Manchem bekannt sein wird.
Ihre ursprüngliche Absicht war, sich in
Florida niederzulassen; doch gleich nach ih
rer Ankunft in diesem Lande änderte man
diesen Plan und der größte Theil der Ge
sellschaft siedelte sich auf einem Landstriche
zwischen Freeport und Buller, etwa 26
Meilen von Pittsburg, an. Das Land,
welches die Mitglieder wählten, ist fast
ganz eben, von guter fruchtbarer Beschaf
fenheit und eignet sich seiner gesunden La
ge wegen wohl am besten für den deut
schen Einwanderer, da wir wohl niemals
eine gesundere Gegend angetroffen haben.
Inmitten dieser wirklich schönen Landschaft
legte man das Städtchen aus, was den
Namen Sachsenburg erhielt, weil die mei
sten der Ansiedler Sachsen waren. ES
schreitet mit der Zeit voran und bildet trotz
vieler Schwierigkeiten, die seinem raschen
Emporblühen sich in den Weg warfen, ei
nen ganz ansehnlichen Oit. Wir waren
in der That freudig überrascht, als wir
zum erstenmale Sachsenburg besuchten, u.
dies freundliche Städtchen von einer klei
nen Anhöhe herab zuerst erblickten; al
lein noch mehr überraschte uns der treu be
wahrten deutschen Sinn, welcher unter sei
nen freundlichen Bewohnern sich erhalten
hat. Es ist liier Alles deutsch, selbst die
deutschen Fenster mit Flügeln, die deut
schen Bettstellen und dergleichen mehr.
Wir fanden hier die deutsche Herzlichkeit,
den alten deutschen Biedersinn mit Fleiß
und Betriebsamkeit gepaart. Die Felder
sind in trefflichem Eulturzustande, besser,
als wir sie bei irgend einer gemischten Be
völkerung angetroffen. Man sieht sich hier
plötzlich wieder gleichsam in Deutschland,
ins alte Vaterland versetzt, und fühlt sich
aufs Freudigste bewegt und wunderbar
heimisch. Freih.-Fr.
Eine Räuberdande in Rußland.
In dcm Gouvernement Twer trieb ei
ne Räuberbande ihr Unwesen mit unerhör
ter Frechheit. An Köpfen eben so zahl
reich als keck ulid verwegen in ihren Un
ternehmungen, schien sie den Bemühungen
der Truppen zu spotten, und die ganze Ge
gend zitterte, wenn nur der Name des An
führets dieser Bande genannt wurde, der
Kilthof hieß. Es fanden sogar mehrere
ziemlich ernsthafte Scharmützel zwischen d.
Räubern und den Truppen statt und stets
! zogen diese den Kürzern. Da bekam daS
in Twer garnisonirende Regiment einen
neuen Kommandör, und nun gewann die
! Sache eine andere Gestalt. Der Oberst
Wasilow, der von der Pike auf gedient
! hatte, war in den letzten Jahren durch un
gemeine Tapferkeit die er in dem kaukasi
schen 'Kriege bewiesen, ausserordentlich
schnell avancirt, und zur Belohnung für
sehr wichtige Dienste, die er dort geleistet,
zum Obersten des Regiments ernannt
worden, zugleich um sich von den Folgen
mehrfacher Wunden in dem bequemen Gar
nisondienste erholen zu können. Kaum
hatte er seinen Posten angetreten, als er
die größte Thätigkeit in der Verfolgung
der Räuber entwickelte.
Außer dem Diensteifer halte Wasilow
! dazu noch einen besondern Sporn: denn
als er, der in dieser Gegend geboren wur
de, die väterliche Hütte aufsuchte den ge
liebten Vater, die theuren Brüder, die cr
seit einer Reihe von Jahren nicht gesehen,
zu umarmen, sie durch das Glück, welches
er gemacht, zu erfreuen, sie durch Ueber
bringung der ihnen erwirkten Freiheit dar
an Theil nehmen zu lassen, und die gelieb
ten Eltern in den Schoß eines sorgenlosen
Alters einzuführen, da fand er die Stätte
öde, d. Haus niedergebrannt, Erkundigun
gen führten zu keiner Gewißheit, sondern
nur zur Vermuthung, daß seine Familie
ein Opfer der Räuber geworden sei, die
schon vor Jahren, und eben hier zuerst, ihr
Unwesen begannen.—Seinen eben so kräf
tigen als umsichtigen Anstalten gelang es
bald die Räuber in ihrem letzten Zufluchts
ort zu umstellen Eö kam zum Kampfe,
die Soldaten, von dem Obersten Wasilow
selbst geführt, fochten mit entschiedenem,
kalten Muthe, die Räuber mit der wilden
Wuth der Verzweiflung ; endlich aber er
langen sie der Uebermacht und der gere
gelten Taktik, und die wenigen, die nicht
gefallen waren, mußten sich ergeben. Un
ter den Gefangenen befand sich auch der
Hauptmann der Räuber. Als dieser vor
den Obersten geführt wurde, schrieen Bei-
Laufende Nummer LA.
de zu gleicher Zeit laut auf: „Mein Wa
ter !" „Mein Sehn!" Furchtbar
war der Kampf der Kindesliebe und der
Pflicht des Staalsdienets; endlich siegte
diese; der Oberst übergab die Räuber,
unter denen sich, außer seinem Vater, auch
noch zwei seiner Brüder befanden, dem be
tteffcnden Gerichte, eilte dann nach seiner
Wohnung und schoß sich eine Kugel durch
den Kopf. Der tapfere Offizier »rird um
so mehr bedauert, da es sich erwiesen hat,
daß sein Vater nur durch Mißhandlungen
des Gutsbesitzers, dessen Leibeigener er
gewesen, zu dem Räuberleben getrieben
Worten war.
Olieilr.illscdc Trägheit.
Wie viel das Temperament der Orien
talen dazu beigetragen hat, sie in religiö
ser Hinsicht zu Fatalisten zu machen, leuch
, tet aus einer Anekdote hervor, welche kürz
lich aus indischen in englische Zeitungen
übergegangen ist, und, wenn sie auch er
dichtet wäre, ein solches Gepräge der in
nern Wahrheit an sich trägt, daß man sie
immerhin als ein Faktum nacherzählen
kann:
Ein hindostanischerMuselmann erkrank
te und sagte zu seinem Diener: "Geh'
und hole mir Medizin von einem
Doktor" „Aber es könnte sein, daß der
Doktor nicht zu Hause wäre," antwortete
der Diener. "Du findest gewiß einen
zu Hause." „Aber, wenn ich ihn auch
finde," versetzte der Diener, „so gibt er
mir am Ende keine Medizin." "So
nimm diese Banknote," erwiederte sein
Hkrr, /'und er wird dir welche geben."
„Ja," hatte der Bursche einzuwenden, „er
kann mir vielleicht Medizin geben, aber
wenn sie nun nicht hilft?" "Schuft,''
antwortete der Kranke, dem die Geduld
ausging, "wilst du nun gleich thun, was
ich dir befehle, statt hier mit kaltem Blute
zu sitzen und Schwierigkeiten zu machen ?"
„lieber Herr," entgegnete ruhig der
Diener, „gesetzt auch den Fall, daß die
Medizin wirkte, was hälfe es am Ende?
Wir müssen zuletzt doch Alle sterben, und
ist es da nicht einerlei, ob heute oder mor
gen."
Ein Zigeuner Besuch.
El» liuvei hcirathctcr jiinger ungarischer
G»t6besil.icr be> Balassa Giarmath war kürz
lich so glücklich, kincn Besuch von einer Ai
gn,,,?, baiide zu erhalte». Die Altmntter o
dcr Anführerin derselben erbot sich, ihm für
ei» kleinec! Geschenk' sein kiuiftiges Schicksal
zu eröffnen. Zl>6 er dazu bereit war, machte
sie die Bemerkung, daß der gnädige junge
Herr uiicudlul, schöner sein winde, wenn cr
einen schöncn Bart besäße. Ein Seufzer be«
siäligte, daß er dieses Glück sehnsüchtig wün
sche. Nu» erbot sich die Zigeunerin ihm mit
tels einer kleinen Operarw» einen Barr wach,
sei, zn lassen, wie »hn nur jeder Ungar trage.
Der jnngc Herr war gleich bereit dazu, die
Operation ward angeordnet und ging zn sei
ner große» Zufriedenheit auf folgende Weise
vor sich : Eine Badewanne ward nebst einem
starken Leinlnchc in ein besonderes Zimmer
geschafft, dann wurden Krauter gesammelt
»ild in einem Kessel gekocht. Die alle Haue
hällcrin des jnngen Herrn ward m das Dorf
gesandt, um allerlei Kleinigkeiten zn besorgen,
das übrige Gesinde auf dcin Felde beschäftigt.
Ilnf diese Art konnte »nn die Metamorphose
des jnngcn Mannes ungestört vor sich gehen.
Er begab sich endlich in die Waune, wo ihm
die Zauberin euie Galbe zum Einreiben der
Lippen und des Kinne iiberreiebte; dann wur
den mit dein erwähnte» Lei»t»che der Baden
de nnd die Wanne verdeckt und noch zum tte«
bersillffe das Leiiikiich an die Wanne mit ei«
»cm Stncke hermetisch befestigt, damit die
kostbaren haarlrcibciiden Düuste »icht »n»«tz
verfliege» sollten. Uiitertess,» hörte dcr Ba»
veiide Thüre» n»d Kaste» öffne» und ahnete.
daß auch mit seinen Zimmer» besondere Ex
perimente vor sich ginge». Er sing a», fürch
terlich zu schwiste», und bat »m Gotteewülen,
,h» doch loszulassen, aber Niemand wollte ihn
hören. Ei» Geschrei zn erheben, hielt er
nicht für rathsam, da sich dann auch noch an
dere Operationen erwarten ließen. Endlich
ward eö still. Nach einer halben Stunde