Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, November 04, 1845, Image 1

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Arnolde de Skoccas.
Eine Erzählung auS dem dritten Viertel
des sechszehnten Jahrhunderts.
Korkst'
Ricardo de Roccas und Marco Anto
nio Bragadin, ein tapferer Krieger und
unerschütterlich treuer Diener der Re
publik Venedig, hatten schon in frühster
Jugend ein Freundschaftsbündnis; ge
schlossen, das dnrch kein späteres Lebens-
Verhältniß, duich keine Entfernung ge
lockert wurde. In man.her ernsten Pio
oe hatte Einer d n Andern bewayrt ge
funden ; daher liebten sie einander !N dem
späten Manns. r noch eben so innig
und wann, als sie einander einst in den
Junglmgsjahren in edler Neigung zuge
than gewesen waren.
Weil Marco Bragadin beinahe ein
Jahrzehend hindurch keinen bleibenden
Aufenthalt hatte, sondern, ein unterneh
mender General, bei verschiedenen Zügen,
theils gegen Frankreich uud gegen italieni
sche Staaten, theils gegen die Tüiken ge
braucht wurde, so übergab er seinen Sohn
Guido, einen hoffnungsvollen Jüngling,
der Obhut seines stets treu befundenen
Freundes. Bei dieser Gelegenheit schlös
sen die beiden Väter uuter sich den Ver
trag, daß Arnolde einst das Weib Guido s
werden sollte, falls nicht eine unbesiegbare
Abneigung die Herzen der Binder von ein
ander entfernen würde. Aber solch eiue
Hemmung trat den Wünschen der beiden
Freunde nicht in den Weg, lind es schien,
als wollte daS Schicksal die Erfüllung
dieser väterlichen Hoffnungen absichtlich
befördern; —denn, so selten der Zufall es
fügt, daß sich zwischen einem Jünglinge
und einer Jungfrau, die elterlicher Wille
schon früh füreinander bestimmt hat,eine
wahre Zuneigung entwickelt, so traf dieser
Fall doch bei Arnolden und bei dem jun
gen Bragadin ein. Beide hingen zuerst
mit geschwisterlicher Zärtlichkeit aneinan
der, und diese Bruder- und Schwesterliebe
ging unvermerkt in ein noch süßeres Ge
fühl über. Mit Freuden sah Ricardo
diese Neigung keimen und wachsen, aber
mit Unmuth ward sie von Violanta be
merkt, denn diese hatte einem Verwandten
ihres Hauses, für den sie eine besondere
Vorliebe hegte, Arnoldens Hand zuge
dacht. Ihres Mannes graben und bie
dern Sinn, und seine Freundschaft für
Bragadin wohl kennend, durfte sie nicht
erwarten, auf offenem Pfade zu ihrem
Ziele zu kommen. Aber sie verlor deshalb
den Muth nicht; denn sie hoffte, auf
Schleichwegen dahin zu gelangen, wohin
sie auf ebener Straße zu wandeln nicht
für gerathen fand. Sie hatte durch ihre
Familie einflußreiche Verbindungen, uud
es standen ihr Mittel genug zu Gebote,
die feinsten Intriguen zu spinnen. Zu
erst aber sollte der Versuch gemacht wer
den, ob es ihrem Neffen, der ein wohlge
stalteter und dabei sehr gewandter junger
Mann war, und alle Larven mit solcher
Geschicklichkeit sich anzupassen verstand,
daß ungeübte Augen sie für sein eigenes
Gesicht hielten, vielleicht gelingen werde,
Arnoldens Herz von dem einfachern und
weniger liebenswürdigen Guido Bragadin
abzuwenden. Glückte dem Verführer die
ses, so war schon vieles gewonnen, denn
Ricardo liebte seine Tochter zu sehr, als
daß man ihn, wenn es ihr Herzensglück
galt nicht zur Zurücknahne seines dem
Freunde gegebenen Wortes zu bewegen
hoffen durfte. Violanta frohlockte schon
als ihr Mann es gestattete, daß Agostino
(so hieß dieser Neffe) von Famagusta nach
Nicosia in das Haus der Roccas konmen
durfte, und als der schöne Jungling nun
erschien, da zweifelte sie nicht mehr, daß
er den Sieg über seinen Nebenbuhler da
von tragen würde. Aber das eitle, selbst
süchtige Weib, das nie wahrhaft geliebt
hatte, verrechnete sich. Arnoldens Ge
fühl war mehr als rohe Sinnlichkeit.
Vergebens bot Agostino alle seine Ver
stellungßkunst auf, vergebens suchte er sich
in dem vortheilhaftesten Lichte zu zeigen;
die Zuneigung der Jungfrau konnte er
Der Liberale Beobachter
Und Berks, Momgomery und SchmMll Caunties allgemeiner Anzeiger.^
nicht gewinnen. Bald durchschaute diese
ihn, denn der Heuchler läßt sich wohl ein
mal in einem unbewachten Angenblicke
verleiten, seine Maske zu lüften. Die
Folge war, daß Arnolde den Liebling ih
rer Mutter nun absichtlich zu meiden
suchte, und dem Vater ihre Entdeckung,
so wie ihre Vermuthung n mittheilte.
Doch Ricardo wollte nicht »her uitheilen,
bevor er sich nicht selbst überzeugt haben
würde. Dazu hatte er aber nicht bald
Gelegenheit, denn er wnrde nach Venedig
berufen, und mußte sein Haus auf eine
lange Zeit verlassen. Während seiner
Abwesenheit bereiteten Violanta und ihr
Neffe dem liebenden Paare viel trübes
Stunden Was dem in den Künsten der
Verführung wohlerfahrenen und gewand
ten Agostino bei Arnolden mißglückte, das
gelang ihm bei deren leichtsinnigen Bru
der um so leichter. Enzio neigte sich so
sehr zu dem Vetter hin, daß er sich bald
ganz von ihm leiten ließ, und nach und
nach seinem älteren und ernstereil Freunde
Guido völlig abhold wurde. Denn die
ser führte ihn nicht auf eine Bahn, wo
berauschende Genüsse den Sinnen des Be
thorten schmeicheln und seine Vernnnft so
lange berauben, bis er von den Armen des
Lasters so fest umschlungen ist, daß er auch
nach dem Erwachen sich ihnen nicht mehr
zu entwinden vermag. Vergeblich ver
schwendete Arnolde Warnung auf War
nung, vergebens nahte der brave Bra
gadin, die gerechte Empfindlichkeit über
verächtliche Begegnung unterdrückend, mit
sanfter Mahnung dem Bruder der Ge
liebten ; der Verführte stieß seine guten
Engel gewaltsam von sich, und wollte ihre
Stimme nicht hören, denn zu groß war
schon der Einfluß, den Agostino über ihn
gewonnen hatte. Dieser benutzte den
leidenschaftlichen Jüngling ganz zu seinen
und Violanta, das Vertrauen
ihres Gatten täuschend, sah ruhig dem
moralischen Untergange ihres Stiefsohnes
zu, oder sie bemerkte vielmehr in ihrer
aus übertriebener Liebe zu ihrem Neffen
! entsprungenen Verblendung nicht, daß
Agostino wirklich schon ganz verderbt war,
und den unerfahrnen Enzio täglich tiefer
in die Schlingen des Lasters verwickelte.
Sie hatte den Plan entworfen, Guido
auS dem Hause seines väterlichen Freun
des zu entfernen, weil sie, vielleicht von
sich auf Andere schließend, auf die Unbe
ständigkeit der weiblichen Treue baute,
und die Hoffnung hegte, Arnolde würde,
wenn sie den geliebten Jugendfreund nicht
mehr sähe, denselben bald vergessen ler
nen. Agostino wußte es durch fein ge
sponnene Intriguen bald dahin zu brin
gen, daß die Spannung zwischen Enzio
undGnido in offenbare Feindschaft nusar
tete, und die beiden, sonst in brüderlicher
Eintracht verbundenen Jünglinge, eines
TageS in einen Wortwechsel geriethen, der
zu gegenseitigen Beleidigungen führte.
Die Folge davon war, daß Bragadin sich
genöthigt sah, das Haus seines abwesen
den Wohlthäters wenigstens bis zu dessen
Zurückkunft zu räumen. Sein Herz blu
tete, aber die Ehre gebot diesen Schritt.
Nach seiner Entfernung wurde die arme
Arnolds von der Stiefmutter so sorgfäl
tig bewacht, daß es ihr, wenn sie nicht die
strenge jungfräuliche Zucht verletzen woll
te, durchaus unmöglich war, den Gelieb
ten zu sehen, noch weniger zu sprechen.
Sie blieb sogar lange ohne Nachricht von
ihm, denn was sie durch ihren Bruder,
oder durch Agostino über Bragadin er
fuhr, mußte sie sogleich für schändliche
Lügen und Verläumdungen erkennen, die
ersonnen worden waren, um ihr treues
liebendes Herz noch bitterer zu kränken.
Sie litt unter diesen Umständen außeror
dentlich, doch ihr edler Stolz bereitete ih
ren Feinden, die leider ihre nächsten Ver
wandten waren, den Triumph nicht, die
Verfolgte besiegt, gedemüthigt u. schwach
zu sehen.
Was Violanta sich versprochen hatte,
ging nicht in Erfüllung. Die Treue der
Liebenden wurde durch diese Probe nur
"TVillig zu loben und ohne Lurcht zu tadeln."
Dienstag den '<> November, 18'«».
gestärkt, und in dem Herzen der Jung
frau erwachte der Muth, einer ungerech- j
ten Verfolgung den edlen Trotz und die
Unbeugsamkeit der Selbstwürdigung ent
gegen zu stellen. Agostino kam seinem
Ziele nicht um einen Schritt näher, ja er
sich sich jetzt mehr, als je davon entfernt.
Harte Arnolde ihn vorhin mit einer fast
ängstlichen Scheu gemieden, so ging sie
jetzt mit einer stolzen Gleichgültigkeit, die
der Verachtung sehr ähnlich sah, an ihm
vorüber. Hätte sie ihm Zeichen ihres
Hasses zu erkennen gegeben, er würde sich
dadurch nicht haben schrecken und irre ma
chen lassen, aber ihr Benehmen überzeug
te ihn, daß sie ihn für ihren Haß zu klein
hielt, und diese Ueberzeugung erfüllte ihn
mir innerer Wuth, die er zu bezähmen
Mühe hatte. Da er die Hoffnung auf
gab, auf dem bisher verfolgten Wege das
Ziel zu erreichen, so hielt er es auch nicht
mehr nöthig, sich fernerhin noch Zwang
anzuthun. Er überließ sich nun seinen
Leidenschaften ohne Scheu, und Enzio
war stets sein treuer Gefährte.
Nach einer Abwesenheit von beinahe
einem Jahre kehrte Ricardo von Venedig
nach Cypern zurück, und Betrübniß er
füllte seine Seele, als er Alles so traurig
verändert fand. Der stille Gram der
Liebe, der Schmerz über unverdient erlit
tene Kränkungen und Demüthigungen
hatten die Rosenfarbe von Arnoldens ju
gendlichen Wangen gewischt. Bleich und
leideud sah die Jungfrau aus, doch im
mer war sie noch schön und lieblich.
Nicht so der einst in Fülle der Gesund'
heit blühende Enzio. Starr vor Schrek
ken blieb der zurückkehrende Vater stehen,
als man ihn an das Bett des siechenden
Sohnes führte. Er erkannte den Un
glücklichen kaum, so sehr hatten die Fol
gen der Ausschweifungen des Jünglings
edelgeformtes Antlitz zerstört. Tief in
den mit dunkeln Ränden umzogenen Höh
> len lagen die Augen, deren matter Blick
das erloschene Feuer verkündete, eingefal
len und bleichgelb waren die Wangen, der
Mund bewegte sich st»ts unter krampfhaf
tem Zucken, das wie ein höhnisches Grin
sen aussah, und die schwache Hand »rar
unvermögend, den sanften Händedruck des
weinenden Vaters zu erwiedern. Als
Enzio den Schmerz seines Erzeugers sah,
als der Gedanke: nun mußt du sterben,
den man bisher durch beruhigende Vor
stellungen stets zu verdrängen bemüht ge
wesen war, nunmehr mit gräßlicher Le-
bendigkeit in des Krankeil Seele wieder
erwachte, da fluchte der Unglückliche sei
nem Verführer, da bereute er, seine
Schwester gekränkt und den wackern Bra
gadin beleidigt und verfolgt zu haben, da
gestand er die Vergehungen ein deren er
sich schuldig gemacht, und wodurch er die
Strafe des Himmels verdient habe. Der
arme Vater verzieh dem Sterbenden, und
suchte dessen zagendes Gemüth durch den
Trost der Neligion aufzurichten, damit,
wenn auch der Leib den Todesmächten
schon verfallen war, doch das unsterbliche
Theil des verirrten Sohnes gerettet wür
de. Aber der gerechte Zorn des trauern
den Ricardo wandte sich gegen Violanta
und deren Reffen. Letzterer wurde aus
dem Hause verbannt, und erhielt den
strengen Befehl, binnen kurzer Frist Ni
cosia zu verlassen. Die Erstere behan
delte der zürnende Roccas zwar milder,
aber er konnte sich doch nicht enthalten,
sie durch Vorwürfe zu strafen, die sie
schwer verletzten. Als Enzios Leichnam
im Sarge lag, da führte der schmerzer
füllte Vater die schuldige Gattin an die
Bahre, und sagte: „Deiner Obhut ver
traute ich meine Kinder, siehe hier, wie
Du ihrer gepflegt hast." Violanta ver
stummte ; denn sie mußte sich gestehen, daß
ihr Gemahl ein Recht zu solcher furchtba
ren Anklage hatte.
Der beleidigte, aus dem Hause, aber
nicht aus dem Herzen seiner Lieben ver
drängte Guido nahm nun den ehrenvollen
Platz wieder ein, den ihm sein ränkevoller
Nebenbuhler vergebens völlig zu nehnen
getrachtet hatte. Den Liebenden erblühten
nun wieder schönere Tage, und sie sahen
aufs Neue einer heitern Zukunft entge
gen. Ihre Vermählung sollte nach Ri
cardo's Bestimmung an Arnoldens neun
zehnten Geburtstage Statt finden, wenn
bis dahin der alte Bragadin, von dem
man lange nichts vernommen hatte, seinen
Freund und seinen Sohn endlich einmal
wieder besuchen, und keine andere Verfü
gung treffen würde. Aber je näher die
Liebenden diesem Ziele kamen, desto trü
ber wurden die äußeren Verhältnisse.
Schwere Gewitterwolken zogen am politi
schen Horizonte herauf. Die Türken,
die sich nach und nach so vieler Inseln des
Archipelagus, welche nach dem Falle des
ostromischen Kaiserthums noch im Be
sitze christlicher Mächte geblieben waren,
bemeisterr hatten, wollten nun auch zur
Eroberung des an kostlichen Weinen und
Oliven so reichen Eilandes Cypern schrei
ten. Schon Soliman 11. war darauf be
dacht gewesen, eine Flotte nach dem ehe
maligen Königreiche der Lusignan zu sen
den ; aber sein im Jahre vor der
Festung Szigeth elfclgter Tod hatte die
ReprHlik Venedig noch vor dem Verluste
eines ihrer schönsten Besitztümer be
wahrt. Seinen Nachfolger Selim 11.
beschäftigte beim Antritt der Regierung
der Krieg an der Donau noch zu sehr,
als daß er hätte daran denken können, den
Eroberungsplan seines großen Vorgän
gers in Ausführung zu bringen. Allein,
als zu Ende deS Jahres 15,07 mit dem
Kaiser Maximilian 11. ein achtjähriger
Waffenstillstand geschlossen, und dem Ös
mannischen Staate eine vollkommene Si
cherheit seiner nördlichen und westlichen
Grenzen gewährt wurde, da ward die Un
ternehmung gegen die Insel Eypern aufs
Neue ein Gegenstand der Berathungen
des Divans. Die Eroberung des schönen
Eilandes wurde beschlossen und der Groß-
Vezier Mustafa erbot sich, den Oberbe
fehl über die Landmacht zu führen. Ue
ber die Flotte ward sein Freund, der Ka
pudan-Pascha Piali, zum Gebieter gesetzt.
Die Zurüstung ging indessen langsam
von Statten, und die Cyprioten, von
Kundschaftern zeitig genug benachrichtigt
und gewarnt, gewannen Frist, auf Mit
tel zu denken, dem drehenden Unheil zu
begegnen. Indeß war die venetianische
Besatzung zur Vertheidigung der Insel
durchaus nicht hinreichend, und wennauch
die Eingebornen bereit waren, dem Fein
de der Christenheit muthigen Widerstand
zu leisten, und die Streitkräfte der Vene
tianer zu unterstützen, so fehlte es doch
an Waffen und Kriegsvorräthen aller
Art, als daß man hätte hoffen dürfen
ohne Hülfe von außen die Gefahr abzu
wenden.
Ricardo de Roccas, der mit dem Blicke
eines erfahrenen Feldherrn und Staats
mannes die Gefahr, welche dem Water
lande drohte, überschaute, und sich weder
durch Ueberschätzung der in seiner Macht
stehenden Hülfsmittel täuschen, noch durch
Uebertreibung der Schnelligkeit des nahen
den Unheils schrecken ließ, sandte sogleich
seinen braven Guido, nach Venedig, um
den Senat der Republik zur schleunigsten
Hülfesendung auffordern zu lassen. Er
selbst durfte seinen Posten nicht verlassen,
denn es konnte doch möglich sein, daß die
Türken früher zum Augriffe der Insel
schritten, als man erwartete. Er kannte
aber keinen bessern Gesandten, als den
Sohn seines Freundes; darum mußte der
höheren Pflicht der Vaterlandsliebe ein
Opfer gebracht, und die Vermählung des
liebenden Paares noch bis auf eine unbe
stimmte Zeit hinaus verschoben werden.
Trauernd zwar über die verzögerte Er
füllung ihrer heiß ersehnten Wünsche,
aber doch gern bereit, in die Nothwendig
keit sich zu fügen, wenn durch das zu brin
gende Opfer das Beste deS Vaterlandes
gefördert würde, billigten Guido und Ar
nolde den Entschluß des edlen Vaters.
Schmerzlich war die Abschiedsstunde, und
doch ahnten weder der Jüngling noch die
Laufende Nummer
Jungfrau daß Schreckliche, was ihnen die
nächste Zukunft bringen sollte.
Violanta hatte seit der Verbannung
ihres Steffen, durch welche ihre eitlen
Hoffnungen scheiterten, keinen Versuch
gemacht, dem wiedergekehrten Liebesglücke
ihrer Stieftochter störend entgegen zu tre
ten. Obgleich ihr im Wege geheimer
Intriguen wohl Mittel zu Gebote gestan
den halten, feindlich zu wirken, so wollte
sie dies doch nicht; denn Enzio's Tod hat
te doch einigen Eindruck auf ihr Gewissen
gemacht. Darum hatte sie sich auch der
Verbannung Agostino's und der ehren
vollen Wiederaufnahme des jungen Bra
gadius nicht widersetzt. Nach und nach
verwischte aber die Zeit diesen Eindruck
flüchtiger Reue, und allmählig sing die
stolze Frau wieder an, das stille Glück
Arnoldens mit neidischen Blicken zu be
trachten. Die eitle Violanta mußte sich
gestehen daß ihre eignen Reize in dem
Maaße verwelkten, als die ihrer Stief
tochter sich immer lieblicher entfalteten;
kein Wunder, daß die Hochmüthige, deren
Herzen sanftere Gefühle fremd waren, die
Jungfrau mit scheelsüchtigem und miß
günstigem Auge betrachtete.
Fast eben so still und freudenleer, als
zu der Zeit, wo der Vater abwesend und
Guido aus dem Hause der Roccas ver
bannt war, verstrichen, als der Geliebte
die Reise nach Venedig angetreten hatte,
der Sehnsucht erfüllten Arnolde die Tage
der Trennung. Nur ein frohes Ereig«
niß unterbrach die ruhige, aber nicht be
glückte Einförmigkeit der Familie. Es
war die Ankunft des alten Bragadin.
Der unsteten und abentheuerlichen Le
bensweise, die er bisher geführt, nun end
lich müde, hatte sich der Held, nach einer
bleibenden Stätte gesehnt, und der Senat
von Venedig war bereitwillig gewesen,
den Wunsch des verdienstvollen Kriegers
zu erfüllen. Man hatte ihn auS beson
dern Rücksichten, die sowohl dem In
teresse der Republik, als auch dem des
Helden selbst nahe lagen, zum Gouver
nör der Festung Famagusta auf der In
sel Cypern ernannt. Hocherfreut war
Ricardo de Roccas, als sein alter Freund
selbst unvermuthet diese Nachricht ihm ü
berbrachte. Jetzt wurde Guido doppelt
vermißt; doch die Hoffnung, daß nach ü
berstandener und glücklich abgewendeter
Gefahr die Häupter der vereinten Ge
schlechter Roccas und Bragadin nahe
beieinander leben und oft ein Fest des Wie
dersehens feiern würden, rief bald den
frohen Sinn der beiden Alten wieder zu
rück, den der Unmuth über Guido s Ab
wesenheit auf Augenblicke verdrängt hat
te. Ein Paar Tage verweilte Marco
Antonio Bragadin bei feinem Freunde;
dann ging er auf seinen Posten nach Fa
magusta.
Nicht viel länger als einen Monat
nachher ging in Nicosia die traurige Nach
richt von dem unglücklichen Ereignisse ein,
das die Hoffnungen Ricardo s und das
Glück seiner Tochter mit einem furchtba
ren Schlage zerstörte. Was noch vor
Kurzem die beiden frohen Väter von der
Zukunft Schönes erwartet hatten, war
nur ein Traum gewesen, den jetzt die
Wirklichkeit grausam vernichtete.
(Fortsetzung folgt.)
Spielwuth in N. Vork. Gegen die
große Menge der geheimen Spielhäuser
in Neu York, welche der Polizei bekannt
sein sollen, aber dennoch geduldet werden,
laufen schwere Klagen ein. In einer der
glänzendsten und modernsten dieser Höh
len verlor kürzlich Abends ein junger
Mann in zwei Spielen Pharo 300(1 Tha
ler, und der Agent eines östlichen Han
delshauses verlor 7000 Thaler auf einen
Satz.
Kosten der Kriegsrüstungen wegen den
Texas-Anschluß. — Das Kriegs-Departe
ment der Ver. Staaten soll bereits schon
drei Millionen Thaler für die KriegSvor
! Bereitungen gegen Mexiko verausgabt ha
lben. Ein nettes Sümmchen!