Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, October 14, 1845, Image 1

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    Neadl » 11. Vrnn, Gedruckt und herausgegeben von ArII ° l d Pnwcli e, in der Süd «len Smiöe, Ecke der Sherry Alle«. Bei> m' ü WirchSlMS-Hofe gegen»!«
Jahrg. 7, stanze Nnm.
Bedingungen.- Der ZUlierale MolmrlUer erscheint ,eden Dienstag auf einem grossen mit schonen Lettern gedruckt. Der ist Ein Tl>a l e r des
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Lauft des Jahres nickt bezahlt, werden Hl 5-0 angerechnet. Für kürzere Zeit als tt Monat wird kein Unterschreibe angenommen und etmii.ie < halbjährlicher
nommen, weü sie einen Monat vor Ablauf des Subseriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden d nikb ir inu'nomiii'n und kür sen i >!
t-rlchr-ib-.n In dich.,,, Stadl w!rd d!. z-l,unc, k°ri°fr« a-schi-lt, Vd.f,ndun.„n Mchchc» durch °i, P°st od.r Träg-r, >„,fK°st<>, d-r Mu.rschmd,,, .md >miss.'„ p°st f. .V"'»g?sa"d!
Der Student.
Eine Skizze aus den französischen Revo
lutions-Feldzügen. Von Max von Oer.
Das reichste Feld für den Psychologen
ist der Krieg. Das Kriegsleben würfelt
Menschen von den verschiedensten Charak'
teren zusammen; allein eben diese unge
heure Mannichfalligkeit, dieser stete Wech
sel stumpfen den Beobachter ab, so daß
ihn endlich nur diejenigen interessiren,
welche unter Tausenden ganz eigenthüm'
lich und sonderbar dastehen. Mancher
alte Soldat, der die Rl)ein - Campagnen
unter der österreichischen Fahne mitge
macht hat, und Gelegenheit hatte, mit den
Kroaten und Serbien, zusammen zu ste
hen, wird sich des sogenannten „Studen
ten" erinnern und seiner fabelhaften
Kühnheit. Mich ließ der Zufall diesen
Sonderling öfter treffen und näher erken
nen.
Die Rothmäntel, die Männer von der
türkischen Grenze, waren äußerst brauch
bare leichte Truppen, aber von der schlech
testen Mannszucht, wiewohl sie mit einer
Strenge behandelt und >ed,'s Vergehen
bei ihnen mit einer Härte bestraft wurde,
welche selbst in der österreichischen Armee
unerhört war. und das will etwas bedeu
ten. Wild wie Wölfe, tückisch wie Hy
anen, diebisch und schlau wie Füchse, wur
den sie von Freund und Feind gescheut
am meisten von den Bauern, in deren
Dörfer sie kamen. Die Rothmäntel hiel
ten es gerade für keine Schande, zu flie
hen, aber Pardon zu geben waren sie noch
von den Türkenkriegen her nicht gewohnt,
und so verlangten sie auch keinen, wenn
sie gefangen wurden, sondern ließen sich
mit muselmännischem Gleichmuthe den
Strick um den Hals legen, der sie in eine
andere Welt beförderte. In den Türken
kriegen hatte man ihnen jeden feindlichen
Kopf mit einem Kremnitzer Dukaten be
zahlt ; sie waren daher so erpicht auf
Köpfe gewesen, daß mehr als einmal das
Haupt eines ehrlichen Ungarn oder Deut
schen für ein türkisches präsentirt worden
sein soU. Ihre Fertigkeit im Kopfab
schneiden konnte nur mit der der Huronen
im Skalpiren verglichen werden; auch
hatten sie diesen einträglichen Gebrauch so
lieb gewonnen, daß sie selbst in diesem
Kriege nicht gänzlich davon abzubringen
waren. Ein französischer Kopf ward nicht
bezahlt, und doch sah man deren fast jeden
Morgen vor dem Lagerplatze der Roth
mäntel, zierlich auf Stangen gepflanzt.
Das Diebsorgan mußten diese Leute in
der vollkommensten Ausbildung besitzen,
denn in der Ermangelung von Bauern
bestahlen sie ihre eigenen Offiziere und
sich selbst. Daher verging auch nicht ein
einziger Tag, an welchem man nicht das
Vergnügen haben konnte, einige Roth
mäntel entweder hängen oder doch wenig
stens dergestalt auspeitschen zu sehen, daß
die ältesten Korporale der Linientruppcn
sich wunderten.
Es war natürlich, daß man nicht gern
mit ihnen zusammen lagerte oder auf
Vorposten war. Nach der Entsetzung
von Mainz im Herbste 1795 hatte ich zum
ersten Male dieses Glück. Eine Com
pagnie Rothmäntel, eine Abtheilung von
Latour Dragonern mit einem Offizier
und eine andere von unserm Regiment?
unter meinem Kommando, hatten die
Borposten. Nachdem ich die Feldwachen
ausgestellt hatte, kehrte ich mit dem Of'
fizier von Latour zum Wachtfeuer zurück.
Hier lagerte schon eine Anzahl Serbier,
den rothen Mantel unter sich, die lange
Flinte zwischen den Beinen, und diese letz
teren in die Höhe gezogen, oder unterge.
schlagen. Alle diese gelben markirten
Räubergesichter waren in Bewegung; die
Augen musterten uns ziemlich unver.
schämt, und die Zungen wälschten alle
durch einander. Ich sah keinen Offizier
bei ihnen, aber der sollte sogleich erschei
nen. Einer rieft „Kapitän Student!"
Der Liberale Beobachter
Und Berks, Momgomery und Schuylkitl Caunties allgemeiner Anzeiger.^
und die ganze Gesellschaft verstummte
augenblicklich. Der Rothmänllerhaupt
mann war kaum an das Feuer getreten,
als er sich und uns mit Fußtritten Platz
machte. Eine Bewegung der Hand schaff
te blitzschnell einige Bündel reines Stroh
herbei, und dann bat er uns in recht gu
tem Deutsch, sie zu benutzen. An seiner
Seite mich niederlassend nahm ich die Ge
legenheit wahr, während er seine kurze
Pfeife ansteckte, ihn genau zu betrachten.
Er schien einige dreißig Jahre alt zu sein ;
sein Körper war im höchsten Grade kraft
voll und wahrhaft athletisch zu nennen,
dabei so geschmeidig und beweglich, wie
man es bei Leuren, die Tag und Nacht
ein unruhiges Leben führen, z. B. bei den
baskischen Schmugglern, hänsig findet;
sein Gesicht, an sicb schön geformt, bekam
durch die zusammengepreßten Lippen, die
starken Falten zu beiden Seiten des Mun
des und die scharfgebogene Adlernase ei
nen wilden, fast raubthierartigen Aus
druck, den die dunkeln brennenden Augen
bis zum Unheimlichen steigerten. Sein
schwarzes Haar war gelockt, sein Schnurr
bart bedeckte üppig die Oberlippe, doch
war weder Bart noch Haar wohlgepflegt;
auch seine Uniform war nichts weniger
als sauber, und er schien nicht den minde
sten Werth darauf zu legen, dagegen wa
ren die Terzerole in seinem Gürtel ausge
zeichnet schön, und sein ächt türkischer
Säbel, den ich später zu besehen Gele
genheit hatte, konnte hundert Dukaten ge
kostet haben.
Er lächelte, als er bemerkte, daß er der
Gegenstand meiner Neugier sei, nnd ich
redete ihn mit der Frage an. woher er so
guteS Deutsch gelernt habe?
„Das ist nicht zu verwundern," sagte
er, „ich habe in meiner Jugend drei Jahre
lang fast nichts als Deutsch gesprochen,
als ich in Jena studirte. Daher heißen
mich meine Leute den Studenten, und--
setzte er stolz lächelnd hinzu jetzt kennt
man mich bei der rheinischen Armee auch
so ziemlich unter diesem Namen."
Er hatte Recht, nur ich harte zufällig
noch nichts von ihm vernommen, da nnser
Regiment noch nicht lauge aus den Nie
derlanden an den Rhein beordert wotden
war.
„Vergebung, Herr Kamerad," nahm
ich das Wort, „erzählen Sie uns doch,
wie Sie Soldat geworden sind. Wir
werden ohnedieß einige Langeweile hier
haben."
„Ja. rief der gute Rittmeister von
Latour Dragonern. „Kamerad Rothman
tel soll uns sein Leben erzählen.."
„Mein Leben?" fuhr der Nothmantel
wild auf. ~Warum nicht gar, Herr
Kamerad Dragoner; das würde zu weit
läufig sein setzte er mit einem malitiö
sen Lächeln hinzu aber wie ich Soldat
geworden, das sollen Sie kürzlich erfah
ren. Mein Vater war Prediger in Sie
benbürgen und ein sehr würdiger Mann.
Ich sollte eben so würdig und ebenfalls
Pastor werden, aber aus keinem von bei
den ist etwas geworden. Ich wurde also
nach Jena geschickt, um Theologie zu stu
diren. Was ich da alles studirt habe,
gehört nicht hierher. Unter andern Mal
heurs hatte ich endlich auch das, einen ar
men Teufel zu erstechen. Derselbe war
auch ein Theologe, und gewiß viel würdi
ger, Pastor zu werden, als ich, aber so
wurde uns beiden die Hoffnung zum Pre
digen benommen. Er marschirte in den
Himmel und ich zu allen Teufeln.
Sein Gesicht war bei diesen letzten
Worten so unheimlich geworden, daß der
dicke Rittmeister von Latour aufstand und
sich schüttelte. Der Rothmantel blies
dicke Wolken aus seiner Pfeife und fuhr
dann fort: „Wenn ich sage: zu allen
Teufeln, so meine ich damit diese braven
Leute." Er zeigte auf seine Kopfab
schneider.
„Und im Türkenkriege stiegen Sie zu
Ihrem jetzigen Grade?" sagte ich.
"Vpillig zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
Dienstast den 14. Dekoder, IBAS.
„Ja, meine Herren," antwortete er,
„vom Korporal zum Fähnrich, Lieuten
ant und Hauptmanu, Alles ohne Protec
tion, denn die ist bei unserm Corps noch
nicht eingeführt." Man sieht, er war
auch witzig.
„Es scheint, Ihre Leute haben 'Attache
ment an Sie und Respekt zugleich''
warf ich ein.
„O ja," lächelte er; „sie folgen mir
wie die Schafe. Das hat seine Gründe.
Die Canaillen haben mich lieb, weil ich
der Beste unter ihnen bin und weil ich
keine Beute für mich nehme, und sie
fürchten mich, weil ich ihnen nichts hin
gehen lasse. Das heißt, keine Insubor
dination setzte er hinzu denn was
sie sonst machen, das geht mich nichts an.
Dafür ist der Profos da."
Unser Schwatzen ward gegen Mitter
nacht durch die Meldung von den Vor
posten unterbrochen, daß der Feind retiri
re. Der Rittmeister, der als Aeltester
uns kommandirte, ließ sogleich das Gros
der Avantgarde benachrichtigen, und rück
te mit uns vor. Wir verfolgten plän
kelnd den Feind bis an den Morgen, wo
ich zu unserem Regimente stieß. Wäh
rend dieser Stunden war ich Augenzeuge
der außerordentlichen Thätigkeit und Ge
wandtheit des „Studenten." Er war
überall zugleich; Trommel - oder Horn
signale waren ihm ganz unnöthig, seine
stimme versah Alles. Gewöhnlich un
ter den Vordersten, focht er wie jeder Ge
meine. Ein Nothmantel, der ihm wie
sein Schatten folgte, trug seine lange
Flinte; gelegentlich sie ergreifend warf
er sich hin, knieend, liegend, sitzend, wie
das Terrain es begünstigte, und Zeuge
bin ich, wie jeder Schuß traf. —
In den nächsten Tagen erfuhr ich von
einem Szekler Husaren-Offizier noch
manches über den „Studenten." Michael
Paprath, so hieß er, war der Abgott sei
ner Rothmäntel, die in ihm den vollendet
! sten, wenn gleich etwas veredelten Typus
ihres eigenthümlichen Wesens erblickten.
Im Türkenkriege hatte er sich nach Roth
mäntler Wiese ungemein ausgezeichnet.
Die Zahl der von ihm amputirten Köpfe
und sonst erlegten Feinde war enorm, und
er führte, wie man sagte, ein eigenes Ta
gebuch, worin er Datum, Ort und An
zahl der Erlegten, wie in ein Jagdregister,
eintrug. Uebrigens bestätigte der Szekler,
das Paprath nie Beute mache, und das
Geld im höchsten Grade verachte. Es
war bekannt, daß alle Beute, die er jemals
an sich genommen, in dem türkischen Sä
bel bestand, welcher einem von ihm erschos
senen Aga gehört hatte. Die Dukaten
für gelieferte Köpfe hatte er, ehe er Of
fizier war, zwar in Empfang genommen,
aber sogleich unter seine Leute vertheilt.
Es war mir gar nicht unlieb, daß ich
kurz darauf abermals mit ihm auf Vor
posten war, denn er hatte mir mehr als
gewöhnliche Interesse eingeflößt. Ich hat
te bemerkt, daß das steife und etwas for
melle Wesen, welches die Linien-Offiziere
in der Regel gegen ihn beobachteten, ihn
eben so sehr erbitterte, als seinen Stolz
beleidigte; ich brachte daher von vorn her
ein, ohne vertraulich zu werden, ein kame
radschaftliches, offenes und ungenirtesVer
hältniß in den Gang, und überzeugte mich
auf der Stelle, daß er mein Benehmen
mit einer Art von Erkenntlichkeit auf
nahm, und nicht ohne Zartgefühl erwie
derte.
Ich fragte ihn sehr bald ohne Umstän
de, ob er ein Jagdregister über die erleg
ten Feinde halte.
Er bejahete ohne Ziererei und ohne
Prahlerei. „Wuck !" rief er seinem Be
dienten, der ihn stets begleitete, „den Ka
lender."
Der alte Rothmantel, der, 'um mit
Schiller zu reden, eine consiszirte Gal
genphysiognomie besaß, nichts desto weni
ger aber das volle Vertrauen seines Herrn
zu genießen schien, brachte sogleich ein
rothsafsianenes Duodezbändchen zum Vo
rschein. Paprath reichte es mir. Auf
dem Titel stand:
Diarium
IVliduiel. I'.isii'ntli kjiicinllam'l^lteoloFi.
Darunter ein Vers von Horaz: Huis ne-
Auf der ersten Seite war zuerst der
Tag seiner Anwerbung angemerkt:
.Vlartii 1788 suernmentum llixi.
Dann folgten mehrere Seiten hindurch
die abgeschnittenen Köpfe, alles in recht
gutem Latein. So hieß es gewöhnlich:
Knvembris 1788. 2 naetus
«um. Oder: 1 caput attuli, u. s. w.
Nach seiner Erhebung zum Offizier,
welche mit den Worten : 1. 1790
sulieLnt'N'ltt Kletus sum bemerkt war.
verschwanden aus dem Register die Köpfe,
und es lautete statt dessen : 2 Imstes
Ltravi, oder: 3 füre»» oeeicli. —Zu
meinem Erstaunen enthielt dieses bis auf
die neueste Zeit fortgeführte Register über
109 Köpfe und weit über 299 sonst er
legte Feinde.
Der Student schien meine Verwunde
rung und eine vielleicht unwillkürliche Ge
berde des Abscheues, die mir entfuhr, nicht
wahrzunehnen, sondern sagte ruhig : Sie
sehen, das Todtschlagen ist mien Metier;
ich versichere Ihnen aber auch, es ist mei
ne Bestimmung.
„Dehnen Sie die Pflicht eines Offi
ziers, wenn auch eines Rothmäntlers, so
weit aus?" fragte ich.
„Nein das nicht," antwortete er, ~ich
will damit sagen, das Todtschlagen ist
meine persönliche und individuelle Bestim
mung ; ich muß, ich kann nicht anders le
ben." Der Ausdruck seines Gesichtes
wurde nachrsinster, dämonisch und schmerz
lich zugleich.
Nach einer Pause nahm ich wieder das
Wort: „Wer sagt Ihnen denn, daß Sie
als Mensch diese entsetzliche Bestimmung
haben?"
„Wer es mir sagt?" fuhr er auf,
„Mächte, die über uns sind, himmlische
und höllische, haben es mir zugerufen und
in meine Seele geschrieben. Ich lese diese
Schrift alle Tage, ich höre diese Stimme
alle Nächte. Ich weiß, daß ich dazu be
zeichnet bin, darum gehorche ich und füge
mich. Glauben Sie mir, wenn ich nicht
Soldat und zwar Rothmäntler geworden
wäre, so hätte ich Räuber werden müssen.
Wenn dieser Krieg beendiget und unser
Corps entlassen werden sollte, wie es heißt,
so muß ich mich todtschießen, oder meine
Ehre verlieren, und das mag ich nicht; ich
will meine Ehre behalten, ich meine die
äußere, . . . von der innern reden wir
nicht."
Der Gedanke begann allmählig in mir
zu dämmern, daß eine fixe Idee den Un
glückliche n beherrsche. Und welche Idee!
Ich rückte ihm näher, und sagte:
„Hören Sie mich, Kamerad. Ich bin
kein Geistlicher, verstehe auch nichts von
Theologie, sondern ich bin ein schlichter
Soldat, aber ein ehrlicher Mann, denke
ich. Vielleicht habe ich Rath für Sie.
Wollen Sie aufrichtig gegen mich sein?
Erzählen Sie mir, wie Sie dahin gekom
men sind, an eine so unnatürliche Mission
zu glauben."
Er brütete eine Weile in sich hinein,
legte seine Pfeife weg, und sagte dann, in
das Wachtfeuer starrend: „Ich will Ih
nen Alles erzählen. Aber hüteu Sie sich;
wer in meinen Kreis gezogen wird, der
erhascht ein Stück Unglück. Einmal erst
habe ich einem Kameraden das erzählt,
was Sie jetzt vernehmen sollen, und den
Tag darauf wurde er erschossen."
folgt.)
Advokaten-Siach.
Ein Rechtsgelehrter hatte solche Be
rühmtheit erlangt, daß es zum Sprichwort
geworden war, wer ihn zu Rathe ziehe
sei seiner Sache gewiß. Eines Tages ließ
sich ein Bauer bei ihm anmelden. Der
Advokat reutete auf einen Stuhl, legte
die Brille auf den Tisch und fragte, wo
mit er dienen könne.
Ich habe so viel von Euch sprechen hö-
Laufende Nummer 7.
Ren, sagte der Bauer, daß ich, nun ich
meine Marktgeschäfte beendigt habe, zu
Euch komme, damit Ihr mir einen Rath
ertheilt.
Danke für das Zutrauen, Freund sprach
der Advokat. Ihr habt gewiß einen ge
richtlichen Prozeß?
O Gott bewahre! Ich scheue Prozesse
wie die Rasselschlangen. Nein, Peter
Bernhart hat noch nie einen Gerichtsstreit
mit einem lebenden Menschen gehabt.
Ah ihr wünscht vielleicht eine Hinter
lassenschaft zu berichten oder einen Nach
laß unter der Familie zu theilen?
Ne, Squeir; meine Familie und ich ha
ben nie etwas unter uns zu vertheilen ge,
habt; wir essen, wie man zu sagen pflegt,
Alle auS einer Schüssel.
Gut, gut.—So wollt ihr vielleicht ei
nenContrakt für einen Kauf oderVerkauf?
Nein. Ich bin nicht reich genug zum
Kaufen, aber auch nicht so arm, daß ich
zu verkaufen brauche.
Was, zum Henker! wollt ihr denn ei
gentlich von mir? fragte der erstaunte
Advokat.
Was ich will? Ei, ich hab's Euch ja
schon gesagt, Ihr sollt mir einen guten
Rath geben, und ich will Euch natürli
cherweise dafür bezahlen.
Ich habe meine Marktsachen verkauft,
und da bin ich zu Euch gegangen, um mir
die Zeit die ich noch bis zur Heimfahrt
übrig habe, zu Nutze zu machen.
Der Advokat nahm Feder und Papier
und fragte den Bauer um seinen Namen.
Peter Bernard, sprach der Bauer, froh
darüber, daß er sich nun doch verständlich
gemacht.
Euer Alter?
Dreißig Jahr, oder ungefähr daherum
Euer Geschäft?
Mein Geschäft ?—O, ah ja—ihr meint
was ich treibe. O, ich bin ein Bauer.
Der Advokat schrieb zwei Zeilen, falte
te sein Papier zusammen und reichte eö
seinem Clienten.
Schon fertig ? rief Bernard. Gut,das
ist recht. Aber nun will ich auf den Heim
weg. Was kostet Euer Rath Squeir?
Drei Thaler.
Der Bauer zahlte die drei Thaler ohne
Widerspruch, machte seinen Kratzfuß und
verließ die Amtstube, seelenvergnügt, daß
er die Gelegenheit benutzt hatte.
Zu Hause angelangt fand er sich durch
seine Fahrt ermüdet und wollte ausruhen.
Es war schon vier Uhr. Da trat einer
der Knechte herein, und fragte, ob das
GraS, welches nun schon vier Tage drau
ßen gelegen und völlig getrocknet sei, ein
gebracht werden solle.
Der Knecht führte an, daß sich daS
Wetter leicht ändern könne; daß alles be
reit sei und die Leute nichts zu thun
hätten. Frau Bernard dagegen behaup
tete, der Wind käme von der guten Wet
terseite und daß die Arbeit nicht vor Nacht
fertiggeschafft werden könne.
Bernard hörte ernsthaft zu und wußte
nicht wie er die Sache entscheiden sollte.
Da fiel ihm plötzlich etwas ein. Halt ein
mal ! rief er, ich habe einen Rath der mir
drei Thaler gekostet hat, von dem berühm
ten Advokaten bekommen. Der wird die
Sache fertig machen. Da, Betse, komm
und sag uns was darinn steht; du kannst
ja Alles lesen selbst eine Advokaten-
Handschrift.
Frau Bernard las : Verschiebe nie auf
Morgen was du heute thun kannst.
Das ists! rief Bernard, als sei ihm
plötzlich ein Licht über diesen Gegenstand
aufgegangen. Naus mit euch Allen, Bu
ben und Mäd müssen helfen, spannt ein!
Die Frau wMte noch allerlei einwen
den ; aber Bernard erklärte, er wolle ei
nem Advokaten nicht 3 Thaler für einen
Rath bezahlt haben und dann denselben
unbenutzt lassen. So mußte denn Alles
hinaus ins Feld, und um 19 Uhr Abends
lag das ganze Heu sicher im Trocknen.
In der Nacht erhob sich ein fürchterli
cher Sturm, wie man ihn nur selten in je
ner Gegend erlebt hatte. Der Fluß über-