Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, July 29, 1845, Image 1

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    WeXÄ in S, Denn Gedruckt und herausgegeben von ArnoldPu w e II e, in der Süd Kren Straße. Ecke der Cherry Alley, Behm' 6 Wirihshaus-Hofe gege»üd.r.
Jahrg. «, ganze Nun». S»8.
Bedinaunaen Der A lderklle NeollNtürter erscheint jeden Dienstag auf einem großen Superial-Bogen inii schonen Lettern gedruckt. Der ist 6i n ? haler des laht'S, welcher in halbjährliche,
Vorausb««a!,luna erbeten wird Wer in. Lause des ZahreS nicht bezahlt, werden -Kl st) angerechnet. Für kürzere Zeit als v Monat wird kein ttnterschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann ange,
nommen, wen s.e!inen Monat vor Ablauf des Subscriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden Bekanntmachungen angenommen und für den gewohnlichen Preis eingerückt. Un,
terschreibern in hiesiger Stadt wird die Zeitung porrosrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, aus Kosten der Unterschre.ber. und Mittheilungen müssen postfre , eingesandt werden.
Der Pirat und der Kreuzer.
sSchluß.
?- Ovieda, der seinen Zweck nicht aus den
Augen verloren hatte, war gleich nach
Brazio ins Haus getreten, wo er in der
Verwirrung zusammenpackte, was nur
unter seinem Mantel Platz fand, und mit
Gold und Juwelen von hohem Werthe
sich aus dem Staube machte. Eben ruhte
er an einem einsamen, von Gebüsch um
gebenen Platze ein wenig auS, als es plötz
lich in den Blättern rauschte, und ein
Mann aus dem Gesträuch hervorsprang ;
eS war Brazio. Beide standen einander
erstaunt gegenüber.
„Wo Teufel kommst du her?" fragte
Ovieda. „Aus meinem eignen Hause
muß ich fliehen," rief Brazio athemlos,
„wo meine Freunde eingedrungen sind.
Was bin ich jetzt! Ein flüchtiger Mörder.
Mein Vermögen verloren, ein Preis auf
meinen Kopf gesetzt! In welchem Lande
werde ich Schutz finden?"
~Jn keinem," entgegnete Ovieda. „Du
mußt deine Landgrillen fahren lassen und
dich ans Wasser halten. Besser ist's, es
auf's Ertrinken hin zu wagen als gehan
gen zu werden. Du bist indeß kein Bett
ler, was du meinen» Muthe zu danken hast.
Schau her, da ist ein Schmuckkästchen, da
ein paar Säcke mit Piastern, und da ein
paar Banknoten, zahlbar auf dich, denen
..nur deine Unterschrift fehlt. Sie gelten
, ganz Spanien; wir müssen daher ir
gend einen fernen Hafen zu erreichen su
chen, ehe noch dein Unglück bekannt wird."
Brazio sah starr vor sich hin, als be
greife er nichr, was um ihn vorgehe, so
sehr hatten die Ereignisse der letzten bei
den Tage ihn verwirrt.
„Komm, Freund Brazio," fuhr Ovieda
''ort, „die Nacht bricht an und ich muß
buld an Bord. Du bist in Spanien nicht
länger sicher, deßhalb raffe dich zusam
men und mache gute Miene zum bösen
' Spiel. Ich habe ein so nettes kleines
Schiff, als keines noch die spanische Küste
umsegelte. Komm mit und mache Halb
part mit mir; laß mir die Piaster und
dein sei daß Geld für die Banknoten
Komm an Bord, da sollst du froh und
lustig leben, und gefällt dir s nicht bei
mir, so kannst du ja immer wieder an's
Land gehen und dich hängen lassen, wenn
dir das lieber ist."
Vrazio schlug ein. „Da ist meine
Hand," rief er, „ich bin der deinige, mache
mit mir, nsks du willst !"
Beide rafften jetzt den Raub Ovieda's
auf und eilten einem Boote zu, das sie
bald an Bord des Schiffes brachte, wo
gleich darauf die Anker gelichtet wurden.
Brazio hatte kaum seine neuen Gefährten
betrachtet, die allen Nationen anzugehören
schienen, als Ovieda in ganz veränderter
Kleidung zu ihm trat. Er trug jetzt eine
große Pelzmütze, vorn mit einem Todten
kopf geziert, einen ungeheuern Säbel und
vier Pistolen im Gürtel. Alle bis jetzt
auf dem Verdeck aufgespeicherten Waaren
wurden in den Raum geschafft und kleine
Kanonen kamen zum Vorschein. Auch
die Mannschaft bewaffnete sich eilends.
Brazio betrachtete diese Verwandlung noch
mit stummen Staunen, als Ovieda die
Hand auf seine Schultern legte und zu ihm
sprach: „Freund Brazio, dein Erstaunen
befremdet mich nicht; du glaubtest dich auf
einem Kauffahrer zu befinden, dem ist je
doch nicht so. Wir sind.freie Leute, ge
ben aber keine Ladung frei, die in unsere
Hände fällt. Wir sind wohl bekannt,
denn wir haben schon manchen Kauffahrer
gekapert, und wir haben so die Leute von
uns sprechen machen. Ohne Zweifel haft
du schon von dem berühmten Piraten Gon
salvo gehört, nun, der steht vor dir. Du
weißt jetzt, woran du bist ; willst du nicht
an Bord bleiben, so lasse ich dich, so bald
wir anlegen, ans Land setzen; willst du
aber bei uns aushalten, so hast du glei
chen Rang mit mir."
Brazio zog daß Letztere vor, und schwur
als Pirat zu leben und zu sterben. —
Der Liberale Beobachter
Und Berks, Momgomery und Schnylkilt Cauntics allgemeiner Anzeiger.^
Der Dauntleß verließ Falmouth und
befand sich bald auf dem atlantischen O
cean. Mit gutem Wind kam man an der
Bay von Biscaya vorüber; das Wetter
war mild und die Mannschaft fand ihre
Arbeit leicht.
Eines Tages gegen 2 Uhr Nachmittags
signalisirte die Wache ein Schiff mit vol
len Segeln, und von der Art, wie man
dem Kapitain den Piraten Gonsalvo be
schrieben hatte. Furchtlos kam es unter
spanischer Flagge immer näher.
„Ist's ei» Pirat," rief der Kapitän,
„so ist er verwegen wie der Teufel. Hal
tet die Stückpforten verschlossen, denn ich
glaube, er hält uns für einen Kauffahrer."
Das fremde Segel kam immer näher,
zog endlich die spanischen Farben ein und
hißte eine rothe Flagge auf.
„Auf die Pforten !" rief der Kapitän,
„gebt ihm eine Ladung!" Die Ladung
kam jedoch zu spät; das fremde Segel
eilte wie ein Pfeil davon und die Britten
verloren es für heute aus den Augen,
Bald darauf, als eben die Mannschaft
sich weidlich an einem neuen Zungenkampf
zwischen Pat Larkins und Peter Doleful
ergötzte, rief es plötzlich aus dem Mast
korb : „Ein Segel vor dem Winde!"
Der Kapitän nahm sein Glas. „Das
selbe Schiff," rief er nach kurzer Pause.
„Halloh Jungens, drauf! der Wind ist
steif, diesmal werden wir ihm beikommen."
Der Wind wurde zum Sturm; der
Dauntleß spannte alle Segel auf und flog
wie ein Pfeil dahin. Bald war der Pirat
eingeholt und erhielt eine volle Lage, die
ihn wanken machte; doch hielt er sich noch
steif. Kaum aber folgte eine zweite Lage,
als auch schon der Topmast siel und große
Verwirrung an Bord zu herrschen schien.
Die Schüsse des Dauntleß hatten eine
große Niederlage auf dem Piraten ange
richtet ; Ovieda war tödtlich verwundet.
Auf ein Segeltuch gelegt, bat er Brazio
näher zu treten, und das Schiffsvolk, ihn
auf wenige Augenblicke allein zu lassen.
„Freund Brazio," hub der Sterbende
an, „meine Stunde ist gekommen, und bald
ist meine Laufbahn geschlossen. Unser
Schiff ist unbrauchbar gemacht und kann
seinen Verfolgern nicht entgehen. Auf
beiden Seiten ist der Tod gewiß, doch
kann ich den Gedanken nicht ertragen,
meine braven Leute an der großen Raa
gehängt zu wissen. Du bist ein kühner
Mann und hast oft dem Tode getrotzt
wie ein Held. Dir ist es jetzt auch vor
behalten, durch eine kühne Thar von
Schande unS zu retten. Die Pulver
kammer ist gut gefüllt, du magst's vol
lenden, damit die Leute des Piraten sterben
wie sie gelebt, als kühne tapfere Männer."
Brazio schlug in die ausgestreckte Hand
des Sterbenden, und rief, indem er die
Laterne nahm : „Bei der Hölle es soll ge
schehen wie du sagst."
Ein neuer Schuß traf Ovieda; der
Leichnam rollte auf das Verdeck herab.
Die von Verzweiflung getriebenen Pira
ten eilten noch einmal zu ihren Kanonen.
Plötzlich flammte ein ungeheures Licht am
Bord des Piraten auf. Brazio hatte
Wort gehalten und Feuer an die Pulver
kammer gelegt. Ein Schrei des Entset
zens entfuhr der Mannschaft des Piraten,
ein furchtbarer Knall folgte, und als der
Wind den emporwirbelnden Rauch ver
trieben hatte, war auch keine Spur mehr
weder von dem Schiffe noch seiner Mann
schaft sichtbar.
Urtheil eines Grostvcziers.
Ein Franzose, der lange in Konstanti
nopel gelebt hat, erzählt folgenden Zug
von Jussuf Pascha, von dem er fast Au
gezeuge gewesen ist:
Ein Türke trat in das Gewölbe eines
Griechen, der mit Eßwaaren, Gewürzen zc.
handelte und forderte drei Ockas (neun
Pfund) Oel. Nachdem ihm das Verlangte
abgewogen war, gab er dem Kaufmanne
ein Goldstück. Dieser hatte nicht ein
zelnes Geld genug, um dem Türken wie
dergeben zu können, er nahm also einen
"willig zu lsben und ohne Furcht zu tadeln." '
Dienstag den SS. Juli,
in einem Winkel stehenden Sack, in wel
chem sich 500 Piaster in verschiedenen
Münzsorten befanden, stellte ihn aber nach
einiger Ueberlegung, ohne ihn zu eröffnen,
an den vorigen Ort, und ließ sich das
Goldstück bei einem Nachbar wechseln.
Während seiner Abwesenheit nahm der
Türke, der AlleS mit angesehen hatte, je
nen Sack, und verbarg ihn unter seinen
Kleidern. Als er fort war, suchte der
Grieche seinen Geldsack, lief, da er ihn
nicht fand, dem Türken nach und hielt ihn
in der Nähe einer Wache an.* Der Of
fizier durchsuchte den Türken, fand das
Geld, fragte den Griechen wie viel in dem
Sacke sei und überzeugte sich von der
Wahrheit der Angabe. Da indeß der
Türke mit einem Anschein von Wahrhaf
tigkeit behauptete, das Geld gehöre ihm,
so ließ er sie beide ins Gefängniß führen
und schickte den Sack in den Divan. Am
andern Morgen wurden beide vor Jussuf
Pascha, der Großvezier war, gebracht.
Dieser nahm Einen nach dem Andern vor,
ohne aber der Wahrheit auf die Spur zu
kommen, da der Grieche sowohl als der
Türke sich von seinen Drohungen eben so
wenig einschüchtern, als durch seine Quer
fragen irre machen ließ und beide ihre
Aussagen mit einem Eide bekräftigten.
Der Richter ward dadurch sehr verlegen;
denn obgleich der Prozeß zwischen einem
Gläubigen und einem Christenhunde Statt
fand, so war doch Jussuf Pascha zu recht
liebend, als daß er ein parteiisches Urtheil
gesprochen hätte. Um die Sache länger
überlegen zu können, verschob er die Ent
scheidung auf den andern Tag, und ließ
beide nach der Ermahnung, ernstlich nach
zudenken, da den Schuldigen, wenn er sein
Vergehen nicht eingestehe, unvermeidlicher
Tod treffe, in das Gefängniß zurück füh
ren. Der Vezier hielt Wort. Am an
dern Morgen war diese Sache das Erste,
was er vornahm, er konnte aber keine an
dere Antworten erhalten, als am gestri
gen Tage. Der Grieche sagte blos, daß
das Geld von dem sei, was er täglich ein
genommen habe, u. er damit einen Gläu
biger, dessen Namen und Wohnort er
nannte, bezahlen wolle. Um nicht von
der Summe wegzunehmen, habe er das
Goldstück des Türken bei einem Nachbar
gewechselt. Hierauf wandte sich Jussuf
mit der Frage, woher er das Geld habe,
dessen Besitzer er sein wolle, an den Tür
ken. Ohne Zögern und ohne sich aus der
Fassung bringen zu lassen, antwortete die
ser, er habe auf einem Platz, den er nann
te, eine Quantität Gerste gebracht und
sie an mehre dortige Getreidehändler ver
kauft; das Geld sei der Erlös davon.
Nach diesen Worten klatschte der Großve
zier in die Hände; seine Sklaven kamen
in den Gerichtssaal und er trug ihnen
auf, kochendes Wasser zu bringen ; einem
Offizier befahl er auf den von dem Tür
ken genannten Platz zu gehen, sich von ei
nem oder mehren dortigen Getreidehänd
lern fünfhundert Piaster in verschiedenen
Münzsorten geben zu lassen und diese zu
ihm zu bringen. Als beides geschehen war,
ließ er zwei gleich große Gefäße vor sich
stellen, in Eines das Geld der Getreide
händler, in daS Andere die streitige Sum
me thun und das kochende Wasser darauf
gießen, worauf er mit zwei kleinen Stäb
chen fleißig in beiden umrührte. Die
ganze Versammlung staunte, und wußte
nicht, was sie denken sollte; Einige glaub
ten sogar, der Vezier nehme seine Zu
flucht zur Zauberei. Da er kein Wort
sprach, so schwiegen die Andern auch.
Nachdem das Wasser etwas kalt geworden
war, betrachtete Jussuf aufmerksam die
Oberfläche und ließ sie auch von den Um
stehenden untersuchen. Auf dem Wasser,
worin das Geld der Getreidehändler war,
schwamm Stroh, Staub und dergleichen,
während das andere mit Fettaugen und
Oel bedeckt war. Dieser Versuch brachte
natürlich die Unschuld des Griechen an den
Tag und der Türke gestand den Diebstahl.
Der Großvezier ließ ihn sogleich aufhän
gen ; den Getreidehändlern schickte er ihr
Geld zurück, dem Griechen aber gab er
den Geldsack, ließ ihn in seiner Gegen
wart mit einem schönen Kaftan bekleiden
und mit einer Ehrenwache nach Hause
bringen.
Wenn ein Kind geboren wird, so ist ein
jeder zu der Wöchnerin kommender Gast
verbunden, irgend eine Münze zum Ge
schenk mitzubringen; dieß heißt na sudok,
auf das Zähnchen. Gewöhnlich wird es
der Wöchnerin unter das Kopfkissen ge
schoben. Dieser einträglicheGebrauch wird
noch häusig unter den höhern Ständen
beibehalten; man hat bei mehren Wöch'
nerinnen, die schon aus dem Bette waren
ein silbernes Tellerchen mit ein Paar Du
katen zur Weisung, auf einem Tischchen
vor ihnen stehen gesehen, worauf die Gäste
ganz unbefangen ihre Gabe niederlegten.
Die Russen halten viel auf den Einfluß
des guten oder bösen Blickes, und behaup
ten, letzterer könne dem Kinde viel scha
den. Sie nennen das sFlnsit, und Am
men besonders haben es nicht gern, wenn
Unbekannte die Kinder ansehen, oder gar
ihre Gesundheit rühmen. Wenn sie dieß
nicht vermeiden können, und üble Folgen
fürchten, so suchen sie unbemerkt irgend
ein Stück von der Kleidung des Gastes
abzuschneiden, welches, unter den Kopf des
Kindes geschoben, die nachtheilige Wir
kung der bösen Augen verhindert. Bei
den russischen Taufen bringt die Gevatte»
rin dem Kinde eine Mütze, ein Hemdchen
und irgend ein Stück Zeug, riski ge
nannt, worauf es gelegt wird, außerdem
liefert sie auch noch ein Tuch oder etwas
dergleichen für den Priester, zum Abtrock
nen der Hände. Der Gevatter ist ver
bunden, das Kreuz zu geben, welches dem
Kinde um den Hals gehängt wird, und
den Priester und Küster zu bezahlen. Nach
den Gesetzen der russischen Kirche macht
die Gevatterschaft eine Verwandtschaft,
und Gevattern dürfen sich daher nie Hei
rathen. Die gewöhnliche Wiege der rus,
fischen Bauern ist: ein Korb, oder ein
mit Leinwand ausgespannter Nahmen,
durch vier Schnüre an eine lange bieg
same Stange gehängt, deren eines Ende
an die Lage befestigt ist. Die geringst»
Berührung bringt die schwebende
in die durch die Natur selbst vorgeschrie
bene, sanfte auf und niedergehende Be
wegung des schaukelnden Mutterarms, oh
ne auch nur einen der Nachtheile zu haben,
die mit Recht bei den gewöhnlichen hin
und her rumpelnden Wiegen gerügt wer
den.
Demoiselle C. hatte die Unvorsichtigkeit,
einem Reisegefährten auf der Diligence
das Geheimniß anzuvertrauen daß sie ei
nen zu Brüssel erkauften Spitzenshawt un
ter dem Korset verborgen habe, um ihn
mit Sicherheit über die französische Gren
ze durchschmuggeln zu können. Während
nun die Diligence bei der Douane von den
Ofsizianten durchsucht wurde, stieg ein et
was korpulenter Herr aus dem Wagen
und verfügte sich auf das Douanen-Bü
reau. Bald darauf kehrte er mit einem
Beamten zurück, welch letzterer Demoiselle
C. höflich bat, sich einer Visitation imßü
reau zu unterwerfen, zu welchem Ende sei
ne Frau sie dort erwarte; der Spitzenschlei
er ward gefunden, konfiscirt, und die jun
ge Dame mußte noch obendrein Strafgeld
bezahlen. Als man eine ziemliche
Strecke weit gefahren war, und die un
glückliche Bestrafte fortwährend über den
muthmaßlichen Verräther sich in den bit
tersten Vorwürfen ausließ, unterbrach sie
endlich ihr dickbeleibter Reisegefährte mit
den Worten : "Lohnt sich'ö doch der Mü
he, Mademoiselle! um einen so unbedeu
tenden Shawl so viel Aufhebens zu ma
chen ; ich, der ich Sie angegeben habe, bin
mit mehr als für 80,00 t) Franken Spit
zen auswattirt; zum Scheine meinerßecht
lichkeit habe ich zu meiner eigenen Sicher
heit Ihr Geheimniß gemißbraucht. Nichts'
Laufende Nnnnner
ist billiger, als daß ich meiner Retterin
Schadenersatz gebe. Auf der nächste»
Station, wo ich meine schlanke Gestalt
wieder annehmen werde, will ich das Ver
gnügen haben, Ihnen einen Shawl zu ü
berreichen, der den Ihrigen weit übertref
fen soll."
Merkwürdige Ausstellung.—Än 6öln
zeigt jetzt Hr. Debeerski unter dem Na
men : finita in minima eine Ausstellung
folgender Gegenstände: No. I. In einer
halben Haselnuß: Ein Damen-Necessair,
auf dessen Deckel ist das Portrait des Kö
nigs der Niederlande; eö besteht aus 36
verschiedenen Gegenständen, unter denett
ganz besonders eine Scheere, so wie ein
Federmesser mit Doppelklinge, welche sich
öffnen und schließen lassen, zu bemerken
sind. No. 2. In einer Haselnuß: Ein
Vogelkorb, der einen Canarienvogel ent
hält, der den Schnabel öffnet, mit den
Flügeln flattert und ganz genau den Ge
sang eines natürlichen Canarienvogels
nachahmt. No. 3 In einer Mandelschale:
Eine holländische Windmühle, um Holz
zu sägen. Die Mühle sägt in jeder Vor
stellung wirklich ein Stückchen Holz. No.
4. In einer halben Eischale: Ein pracht
voll tapezirtes Zimmer mit einer darin be
findlichen Dame, die ein Piano öffnet und
zwei Arien darauf spielt; im Hintergrun
de des Zimmers ein Marmorkamin mit
einer bronzenen Pendeluhr, Napoleon zu
Pferde darstellend. No. 5. In einer Nuß:
Ein Kaffeehaus mit Schenktisch. Eine
Dame steht am Büffet und schenkt Li
queur ein. Zwei Herrn spielen abwech
selnd auf einem in der Mitte des Saales
stehenden Billard eine Parthie. Außerdem
sieht man noch Spiegel, Fenstervorhänge,
Armleuchter und Gemälde, womit der Sa
lon auf's Eleganteste decorirt ist, so wie
Flaschen, Gläser und andere in einem
Kaffeezimmer nöthigen Gegenstände. No.
6. In einer Muschel: Sitzt ein Gour
mand vor einem gedeckten Tische und
scheint, da man ganz deutlich bemerken,
kann, daß er bei jedem Bissen den Mund
öffnet und hinterschulckt, die vor ihm be
findlichen Speisen sich recht wohl schmeck
en zu lassen. No. 7. In einer Apfelsine:
. .Ein herumschwimmendes Dampfboot, wel
-5 ches alle Wendungen eines wirklichen
Schiffes ausführt. Am Vordertheil des
Schiffes sieht man das Bild des Königs
der Niederlande in ciselirter Bronze. No.
8. In einem Ei: Ein Automat, der daS
was man ihn fragt, schriftlich beantwortet
und auS freien Stücken verschiedene Zeich
nungen entwirft. Noch bewunderungs
würdiger ist, daß diese Figur jede belie
bige Nummerreihe zusammenrechnet, und
zwar mit solcher Schnelligkeit, daß bevor
die Zahlen kaum ausgesprochen sind, viel
weniger berechnet sein können, sie solches
schon mit unfehlbarer Genauigkeit aus
geführt und das Resultat niedergeschrie
ben hat. Alle oben angeführten Kunst-
Gegenstände sind von Gold, Silber, Stahl
und Messing, fein ciselirt und mit voll
kommener Wahrheit und Treue von einem
und demselben Künstler ausgeführt, so
daß sie trotz ihrer außerordentlichen Klein
heit, in Allem bis zu den zartesten Thei
len, mit bloßem Auge auf's Deutlichste
unterschieden werden können. —D. R.
Seltsamer Handel. Christianiä ist
die große Niederlage der besten Bretter
und es besteht da eine spaßhafte Art, wie
man mit den Landleuten, welche das Holz
zu Markt bringen, Rechnung hält. Sie
übergeben ihre Bretter den Aufsehern in
den Niederlagen, welche mit Kreide in
Buchstaben und Zahlen den Bauern den
Ort, wo die Bretter abgeliefert wurden
und die Zahl derselben auf den Rücken
schreiben. Ist dieses geschehen, so eilen
die Bauern so rasch als möglich nach dem
Comptoir der Kaufleute mit der originel
len Schuldverschreibung auf dem Rücken.
Hielten sie sich unterwegs auf, oder ver
richteten sie noch ein anderes Geschäft, so
könnten jene Bezeichnungen auf ihrer