Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, July 08, 1845, Image 1

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    55 t Äin ü, Denn. Gedruckt und herausgegeben von Arnold Puwe ll e, itt der Sud kten Straße, Etke der Sherry Alley. Bchm' 6 Wirthshaus'Hofe gegenüber.
Jahrg.ganze Nnm. 5
Bedingungen. Der Albernle IZtvdnclUcr erscheint jeden Dienstag auf einem grossen Supeeial-Bogen mit schönen Lettern gedruckt. Der ist Ein Tha l c r des lahrS. welcher in halbjährlicher
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Lause des Jahres nicht bezahlt, werden Hl 5,» angerechnet. Für kürzere Zeit als N Monat wird kein llnterschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann ange
nommen, wen sie einen Monat vor Ablaus des geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen Preis eingerückt, ttn
terschreibern in hiesiger Etadt wird die Zeitung porrosrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, aus Kosten der llnterschreiber. und Mittheilungen müssen p 0 stfrei eingesandt werden.
Alls der Lebeusgeschtchte eines Appen
zellers, der >0 Jahre tn afrikani
scher Sklaverei war.
il)i» selbst
sSchlnff.z
Zwei Ereignisse, welche sich bald daraus
zutrugen, befestigten mich nicht wenig in
meiner Sündhaftigkeit. Es waren näm
lich unter Andern zwei Sklaven da: der
Eine ein Deutscher, seines Bekenntnisses
ein Lutheraner, Namens Matthias; und
der Andere ein Pole, seines Bekenntnisses
ein Katholik, Namenö Ferdinand. Der
Erste war, seiner Sklaverei ungeachtet,
stets fröhlich und guter Dinge, er war ein
friedfertiger, guter Mensch, so viel ich ihn
kannte. Es begab sich nun, daß der Pa-"
scha an einem festlichen Tage an den Ort
hin spazieren ritt, wo Matthias arbeitete.
Ich kann nicht sagen, was in dem Mat
thias vorgegangen war, doch trat er vor
den Pascha und sprach gleich die Worte her,
welche man zu sagen pflegt, wenn man die
türkische Religion annehmen will, und die
so lauten: Le Illeh Jl Allah Jl Maho
met Nassullalla, das will sagen: Es ist
ein einiger Gott und Mahomet ist sein
Prophet, oder der Gesandte Gottes. Er
wurde gern und freudig angenommen, und
es wurde ihm des Festes Name gegeben,
welches Byram hieß. Er wurde sogleich
beschnitten und in der Lehre Mahomet s
unterrichtet. Er kam in'S Serail, wo auch
ich mich befand. In kurzer Zeit ging mit
diesem armen Menschen eine große Ver
änderung vor ; sein Frohinnll) verließ ihn
bald, und man konnte in seinen Gesichts
zügen lesen, daß er seinen übereilten
Schritt schmerzlich bereue. Cr suchte die
Gelegenheit, sich mir zu offenbaren. Ich
merkte seine Gesinnungen, und wich ihm
aus, wo ich konnte. Eines TageS, da der
Pascha mit seinem Gefolge auSritt, stellte
er sich krank, und kam dann in ein Zim
mer meines Herrn, wo ich eben mit Rei
nigen der Schieß und Jagdgewehre be
schäftigt war. Ich erschrak über seinen
Anblick. Bruder ! Schweizer! sagte er
zu mir, ich bin unglücklich geworden, ich
habe keine Ruhe mehr, weder Tag noch
Nacht, mein Gewissen ängstigt mich. Hilf
mir, rathe mir, was soll ich thun? Thrä
nen flössen über seine Wangen. Ich woll
te ihn trösten, so gut ich s konnte, aber eS
half Alles nichts. Er verfiel in tiefe Me
lancholie, wurde krauk, weigerte sich ärzt
liche Hülfe zu gebrauchen, und starb in
diesem bedauernswürdigen Zustande.
Der Zweite, ein Katholik aus Polen,
Namens Ferdinand, war ein junger, schö
ner Mensch, aber böse und gottvergessen,
fast jedes Wort, begleitete er mit einem
Schwur. Er war mit Ersterem gefangen
worden, und kam auf Manubba in den
Garten wo er arbeiten mußte. Der Pa
scha ritt wöchentlich ein bis zweimal dahin
spazieren, und da wußte ihm Ferdinand so
zu schmeicheln, daß ihn der Pascha mit sich
nach Bardo nahm und zu seinem Haus
sklaven machte. Er wurde nun immer
vermessener und übertrat ein Gebot nach
dem andern. So ist z. B. den HauSskla
ven das Tabackrauchen bei 500 Stockschl
ägen verboten ; das wußte Ferdinand, kehr
te sich aber nicht daran, sondern rauchte,
wenn er unbemerkt zu sein glaubte. End
lich wurde er entdeckt, und sollte nun die
bestimmte Strafe leiden. Um dieser zu
entgehen, nahm er seine Zuflucht zu einem
verwegenen Mittel. Er siel nämlich von
seiner Religion ab, und wurde Türke.
Zwar war er auf diese Art nicht sehr will
kommen, aber doch entging er dadurch sei
ner Strafe.
Nun wollte er auch mich bereden, seinem
Beispiele zu folgen, ich gab ihm aber kein
Gehör. Eines Tages kam er zu mir mit
spöttischem Lächeln, und sagte: wenn ich
seinem Beispiele nicht folge, so bringe er
mich in's Unglück. Ich erwiederte ihm :
daß ich schon unglücklich genug sei, und
nicht auch den Himmel noch verscherzen
wolle. Was Himmel? Ein resormirter
Ketzer kömmt ebensowenig hinein wie ein
Türke! schrie er. Ich wurde zornig über
Und Berks, Monlgomen) und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger^^
diese Worte und sagte: ob Er denn in den
Himmel gehöre? Hieraus gab er mir ein
par Ohrfeigen, und sagte, daß es michge
reuen werde.
Nun begab er sich zu meinem Herrn
und verklagte mich. Ich wurde sogleich
gerufen. Aengstlich warf ich mich zu sei
nen Füßen, und bat ihn, daß er mir doch
erlauben möchte, nur ein par Worte zu
reden ; denn ein Sklave darf sich sonst ge
gegen einen Türken nicht verantworten.
Mir wurde es aber diesmal erlaubt, weil
mein Herr diesen Menschen auch schon in
etwas kenne gelernt hatte, und ihn wegen
seiner groben Ausdrücke nicht wohl leiden
mochte. Ich verantwortete mich also vor
meinem Herrn so gut ich konnte. Er ver
wies es mir derb, so mit einem Türken zu
reden, und bemerkte noch, wenn ich mit
einem Andern so geredet hätte, ich unver
züglich sterben müßte. Ich wußte das
wohl, und hätte eS auch einem Anderen
nicht gesagt. Ich küßte meinem Herrn
Hände und Füße, und dankte ihm für die
mir bewiesene Schonung.
Ferdinand, oder wie er seit seinem Ue
bertritt zur türkischen Religion genannt
wurde, Taajr, war mit dem Urtheile mei
neS Herrn über mich gar nicht zufrieden.
Er begab sich zum Pascha, um mich da an
zuklagen, welcher mich auch sogleich her
beirufen ließ. Ich zitterte bei dieser Bot
schaft, weil ich wohl wußte, daß mir der
Pascha nicht gewogen war. Zitternd trat
ich vor ihn. Reden durfte ich kein Wort.
Ich wurde gebunden. Der Pascha sagte,
er wolle mich vor seinen Augen todtschla
gen lassen, und eS wäre auch gewiß gesche
hen, wenn nicht die göttliche Vorsehung
mich in dieser Gefahr beschützt hätte.
Und das ging so zu: ES befand sich am
Hofe ein Däne, der ein Günstling des
Pascha'S war, und dieser ergriff meine Par
tei. Er sagte, daß er alle Worte gehört
habe, welche ich zu Taajr gesprochen, und
daß sie von keiner Bedeutung gewesen sei
en. Ueberdies kam auch noch mein Herr
und half mir ebenfalls.
Nachdem der Pascha seinen Muth an
mir abgekühlt und mit eigenen Händen
mir etliche 30 Stockschläge aufgemessen
hatte, und auch meine Vertheidiger nicht
nachließen für mich zu bitten, so ließ er
mich endlich wieder IoS, mit den Drohwor
ten : Du Hund! ich werde Dich einan
dermal finden. von diesem Pascha
mußte ich in der That vieles erleiden; denn
da mein Herr als Kammerhcrr seine Zim
mer dem Pascha gerade gegenüber hatte,
so daß dieser mich immer sehen konnte, so
oft ich in Geschäften meines Herrn aus-
und einging, rief er mich oft, nur um mir
wieder einige Backenstreiche zu geben, oder
mir in's Gesicht zu speien, oder den Schuh
in den Hintern zu geben und zu sagen:
Geh, du Hund!
Taajr, der nicht nur mir, sondern auch
andern Unglücklichen so viel Böses zuge
fügt, bekam endlich seinen verdienten Lohn
auch. Denn, da er im Geheimen immer
wieder rauchte, und eineS TageS eine kleine
TabackSpfeife fallen ließ, die er in der
Tasche hatte, so bekam er auch seine 500
Stockschläge, und wurde aus dem Serail
entfernt. Ich war über seine Entfernung
sehr froh, denn er hätte nicht nachgelassen,
mich zu kränken und zu beleidigen wo er
konnte, und an Gelegenheit fehlte eS ihm
nicht. Wie andere Sklaven mußte er
wieder arbeiten. Das Tabackrauchen gab
er noch nicht auf, und hatte das Mißge
schick, daß er auf sein Pfeifenrohr nieder
fiel, und sich ein Auge ausstach, wodurch
er sehr entstellt wurde.
Vor diesem Menschen hatte ich nun
freilich Ruhe, der mich anstatt von mei
ner Religion abwendig zu machen, viel
mehr in derselben befestigte; aber meine
Lage war immer noch schlimm genug. Ja,
Tage der Betrübniß und deS Kummers
hatte ich viele, und selbst die Nächte wa
ren nicht besser. Wenn ich von des Ta
ges Hitze und Last ermattet war denn
ich mußte meinen Herrn, wenn er auf die
Jagd ritt, nachlaufen, und ihm Gewehre
"Vvillig zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
Dienstag den 8. Juli,
und andere Sachen nachtragen—und
Nachtö mich nach Ruhe sehnte, so durfte!
ich doch nicht schlafen, sondern mußte dem
Herrn mit einem Fächer mehr als die hal
be Nacht hindurch Kühlung zuwehen, da
mit er sanft und ruhig schlafen könnte.
Vor Sonnenaufgang, mit Tagesanbruch
schon mußte ich wieder auf den Füßen sein,
und zwar um für meinen Herrn Wasser
zu holen und zu wärmen ; denn deS Mor
genS waschen sich die Türken mit warmen
Wasser, ehe sie ihr Gebet verrichten.
Bereits neun Jahre hatte ich in der
Sklaverei zugebracht, und die Hoffnung
auf Erlösung nie aufgegeben, als imHerbst
1805 auf einmal die Nachricht kam, Frisch
knecht und ich sollten befreit werden. Da
ich aber die Hartnäckigkeit meines Herrn
nur zu wohl kannte, so konnte ich mich über
diesen Bericht doch nur halb freuen. Er
hatte mir oft gesagt: Hund! Du mußt
hier krepiren ; und diese Worte wiederholte
er auch, als sich der Kaufmann meldete,
der unsern Loskauf besorgen sollte. Je
dringender der Kaufmann bat, desto be
harrlicher weigerte sich mein Herr mich
loszulassen. Die Muthlosigkeit lind Nie
dergeschlagenheit, welche ichempfcmd, ko»n
te ich nicht beschreiben.
Bald nachher fand ich Gelegenheit, mit
dem menschenfreundlichen französischen G
esandte» zu sprechen, und ihn zu bitten,
daß er doch unsere Erlösung befördern
möchte. Ich stellte ihm vor, daß wir auf
einem genuesischen Fahrzeug und unter
genuesischer Flagge geraubt worden seien,
und da jetzt Genua zu Frankreich gehöre,
so sei eS ihm ein Leichtes uns mit andern
Genuesen, welche ebenfalls in Sklaverei
waren, zu erlösen. Er gab mir zur Ant
wort, er wolle sein Bestes thun, und be
fahl mir zugleich, ihm ein genaues Ver
zeichnis, aller Deutschen, welche uuter ge
nuesischer Flagge gefangen worden seien,
mit Angabe ihres Tauf- und Geschlechts-
Namens, und woher, einzuhändigen. Ich
that es, nnd Gottlob! es hat geholfen.
Im Frühjahr 1800 bekam der Gesand
te Befehl, alle Genuesen zu erlösen. Uns
zwei, Frischknccht und mich, setzte er auf
die gleiche Liste, und verlangte nun vom
Pascha die Lösung von 180 Personen.
Der Pascha sagte ihm anfänglich, daß er
die Sklaven nicht anders als für das be
stimmte Lösegeld frei lasse. Der Konsul
erwiederte, daß er dieselben als ein Ge
schenk für deu Kaiser Napoleon von ihm
begehre. Ueber dieses Begehren wurde
der Pascha zornig und befahl ihm, sich zu
entfernen. —Da es aber Gewohnheit ist,
daß die hier sich aufhaltenden Christen alle
Freitage, welches der Türken Sonntag ist,
bei'm Pascha sich einfinden, un ihm ihre
Aufwartung zu machen und die Hand zu
küssen, so kam das. Gespräch Wiederaus
diesen Gegenstand. Der Pascha sagte zum
Konsul, daß er ihm die bewußcenSklaven
um daS halbe Lösegeld verabfolgen lassen
wolle. Der Konsul bot ihm für Jeden
100 spanische Thaler, worüber der Pascha
wieder zornig wurde, und ihm die Wei
sung gab, nicht mehr vor ihm zu erscheinen.
So verflossen etliche Wochen ohne daß
der Konsul sich sehen ließ. Nach einiger
Zeit berief ihn aber der Pascha wieder
von selbst, und sagte: er wolle ihm die
selben, Jeden um 400 spanische Thaler
lassen. Der Konsul bot ihm 200, mit
der Bemerkung, daß jetzt eben ein Schiff
segelsertig sei, um nach Frankreich abzu
fahren, und daß er deS Pascha'S Gesinn
ungen dem Kaiser bekannt machen wolle.
Der Pascha hierüber entrüstet, sagte, daß
er den Kaiser gar nicht fürchte und sich
nicht um ihn bekümmere,und ließ den Kon
sul gehen. Vor Verfluß einer Viertel
stunde ließ er ihm aber wieder holen, und
versprach, sie ihm für 300 Thaler zu ge
ben. Der Konsul willigte endlich ein, u.
begehrte vom Pascha eine schriftliche Voll
macht, daß er die Personen an den ver
schiedenen Orten abholen möchte, wo sie
arbeiteten, und erhielt sie.
Jetzt sagte mein Herr zu mir: Wenn
gleich alle Sklaven ausgelöset würden, so
la»e er mich doch nicht gehen. Ich konnte
ihm nur mit Thränen antworten. Nach-!
dem der Konsul alle anderen beieinander
hatte, kam er nach Vrado, um auch mich
abzuholen. Er erhielt aber abschlägige
Antwort von meinem Herrn. Ich lasse
diesen Hund nicht fort, sagte er. In mei
ner äussersten Bestürzung faßte ich den
Konsul bei seinen Kleidern und sagte, ich
lasse ihn nicht los, entweder wolle ich mit
ihm gehen, oder jetzt gleich zu seinen Fü
ßen sterben. Dies war freilich ein ge
wagter Schritt, in meiner Lage aber zu
entschuldigen. Mein Herr ward anfäng
lich zornig, nach einigem Besinnen sagte
er aber: Geh', packe Dich Du Hund!
Ich magDich Undankbaren nicht mehr se
hen. Wie gerne ich diesen Abschied hörte,
läßt sich denken. Dieser mir unvergeßliche
Tag war der 10. August 1800. Nun
nahm ich Abschied von den zurückbleiben
den Unglücklichen, und trat frohlockend mit
meinem Befreier den Weg nach Tunis an.
Es ist unmöglich zu beschreiben, wie mir
zu Muthe war. In Tunis blieben »vir
noch eine Woche, feierten den lsi. August
noch mit großen Freuden das Napoleons
fest und gingen dann den 2(1. zu Schiffe.
Neun Tage nachher langte» wir wohbe
halten in Livorno an, wo wir 10 Tage
Ouarantaine halten mußten. Won da
fuhren wir nach Genua und bekamen da«
selbst von dem schweizerischen Geschäfts
träger Reisegeld und Pässe. Unsere wei
tere Reise machten wir zu Fuß, und das
heißeste Verlangen nach unserm Vaterland
und unsern Familien beflügelte unsere
Schritte. Den 14. November lang
ten wir glücklich bei den lieben Unsrigen
an, nachdem unsere Sklaverei volle 10
Jahre gedauert hatte.
H i n r i cli t u n g
des Mörders Henry M'Curry.
sAi»? dein "deutscht» Corrcöpondcntt»."^
Baltimore, 28. Juni. Wir hatten
hier gestern abermals das traurige Schau
spiel einer Hinrichtung. Henry M'Cur
ry, ein geborner Irländer, wurde wegen
der Ermordung eincö unsere Stadt besu
chenden Fremden, Paul Rour, nach den
Gesehen zum Häugetode verdammt und
diese Strafe gestern Mittag um halb nach
11 Uhr an ihm vollzogen. Ein Rückblick
auf die Allen gewiß hinreichend bekannten
Motive der Gräuelthat M Curry'S und
auf fein unglückliches Opfer Paul Noux,
führen utts in dem Hingerichteten einen
jener scheußlichen Verbrecher vor, deren lei
der unsere gegenwärtige Zeit manche auf
zuzeigen hat. Das hiesige Gesetz bestimmt,
"daß der welcher das Leben eines Bürgers
wittkührlich vernichtet, sei nun der Mord
nur Mittel, oderZweck, der hebt die Grun
dbedingung der bürgerlichen Gesellschaft u.
des Rechts auf; er macht sich also, weil
das Recht gegenseitig ist, durch seineHand
lung selbst der Rechte, die er zerstört, des
Lebens überhaupt verlustig." Wir füh
len uns nicht berufen, diese Bestimmung
unseres Straf-Code's zu beleuchten. Die
Ansichten und Meinungen darüber sind so
getheilt, daß wir uns schwerlich darüber
aussprechen könnten, ohne der Parteilich
keit beschuldigt zu werden. Eine Frage
möchte hier aber wohl am rechten Orte sein,
und zwar die: ob durch eine derartige
Hinrichtung, wie die eben erlebte, ein vor
theilhafter Einfluß auf die öffentliche Mo
ral ausgeübt wird? Wir glauben nicht.
Die schreckliche Handlung der Hinrichtung
eines Individuums wird von der rohen
Masse des Volkes eher als ein öffentliches
Fest, wie ein warnendes Beispiel für sol
che Menschen angesehen, die den Keim deS
Verbrechens in ihrer Brust nähren und
dadurch bei dem Vorhaben von Missetha
ten zurückgeschreckt werden sollen. Es war
gestern unsere unangenehme Pflicht, als
Berichterstatter uns unter der ungeheuren
Masse der Versammelten zu bewegen, wel
che von nah und fern zur Beiwohnung die
ser Hinrichtung herbeigeströmt waren.
Wir wollen nicht verkennen, daß hier
und dort sich wehmüthige Gefühle kund
Laufende Nummer '< 5.
gaben, als der unglückliche Verbrecher dem
letzten Augenblicke seines LebenS, welches
früher die Hoffnung einer schönern Zu
kunft nährte, nahe; aber leider
ten sich diese nur auf Wenige, bei Weitem
die Meisten schenkten der traurige» Seene
nur die Aufmerksamkeit, welche man bei
Stiergefechten, Hahnenkämpfen u. Klopf
fcchtercien hegt und selbst eine bedeutende
Anzahl Jener, welche man zu dem "zarten
Geschlechte" zu rechnen pflegt, (derenAn
wcsenheit wir doppelt unanständig fanden)
schien mit Wohlgefallen der Hinrichtung
eines Mitmenschen zuzusehen. Die fei
erliche Stille, wodurch die Ceremonie der
Hinrichtung den Charakter erhält, mit
welchem wir als „eivilisirte Menschen" bei
dem einmaligen Bestehen der Todesstrafe
sie ansehen sollten, waltete nirgends.
Vom frühen Morgen des gestrigen Tages
bis nach der Hinrichtung war der innere
und äußere Platz des Gefängnisses und
alle umliegenden Hügel, von welchen aus
man einen Blick auf den Galgen, welcher
an seinem frühern Platze wieder errichtet,
werfe» konnte, mit unzähligen Menschen
angefüllt, die auf eine laute Weise des
Augenblickes harrten, wo das schreckliche
Schauspiel beginnen würde.
Die Scene der Hinrichtung führte uns
in den Gefängnißhof, wo eben (eS war
Uhr) McCurry in der Armensünder
klcidu»g, begleitet von zwei Geistlichen
unter Bedeckung des Scheriffs Traeey und
des Gefängnißwärters Söller, erschien
und sich in langsamen Schritten unter
feierlichen Gebeten der Geistlichen, dem
Galgen näherte. Der Verurtheilte sah
bleich und angegriffen auS, sein Schritt
war schwer und wankend. An der zur
Plattform deS Galgens führenden Treppe
angekommen, mußten ihn die Geistlichen
mehrmals stützen um ihm das Ersteigen
feines letzten Lebensweges möglich zu ma
chen. Oben angekommen, kmeeten die
Geistlichen und der Gefängnißwärter mit
dem Verbrecher nieder, während einer der
Ersteren, Hr. Coskery, die Gnade und
Vergebung des Höchsten auf den Verur
theilten herabflehte. Der genannte Pre
diger sagte hierauf dem Unglücklichen noch
einige Trostworte in's Ohr, während die
ser dem Gefängnißwärter Soller ein klei
nes silbernes Kreuz überreichte und Hr.
Tracey näherte sich nunmehr dem Verur
theilten, befestigte den Strick um seinen
Hals, zog ihm die Kappe über den Kopf,
und verließ ihn, indem er ihm noch ein
mal, wie auch seine andern Begleiter ge
than hatten, die Hand drückte.
Am Fuße des Galgens angekommen,
(es war 20 Minuten vor 12 Uhr,) ließ
der Scheriff die Klappen der Platform
plötzlich fallen und der Verbrecher schwebte
zwischen Himmel und Erde. Seine Hän
de, welche anfangs über der Brust zusam
mengelegen waren, fielen schlaff am Kör
per herunter, und nach mehrmaligem hef
tigen und krampfhaften Zucken, war un
gefähr 3 Minuten nachher das Leben
gänzlich aus ihm gewichen. Man ließ
den Leichnam bis 12 Uhr hängen, worauf
er abgenommen, und nach ärztlicher Un
tersuchung in ein unter dem Galgen steh
endes braunes Sarg gelegt wurde.
Ueber die letzten LebenSstunden des
Hingerichteten erfahren wir, daß er sich
um 1 Uhr des Nachts zu Bette begeben
und bis 5 Uhr anscheinend eines gesunden
Schlafes erfreut habe. Um diese Zeit
wurde er geweckt, damit er sich für das
Ende seines LebenS vorbereite. Er stand
demzufolge auf, zog sich ziemlich ruhig an
und schien getrost seinem Tode entgegen
zusehen. Der Pastor Coskery kam um
Uhr in die Gefängnißzelle und blieb
einige Zeit mit ihm allein, in religiösen
Unterhaltungen beschäftigt. Um 10 Uhr
fand sich in der Person des Hrn. Hickey
noch ein anderer Geistlicher ein und Mc-
Curry schien mit Innigkeit an den Gebe
ten der Beiden theilzunehmen. Wir stat«
teten um diese Zeit der Zelle ebenfalls einen
Besuch ab und wurden von dem Verur
theilten, wie alle andern Eintretenden,