Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, June 10, 1845, Image 1

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    Meadlng, Mn
Jahrg. «, ganze Nun».
"Beb ingun g e n. Der ZUberale zzeotmckter erscheint jeden Dienstag auf einem grossen Superial-Bogen mit schönen Lettern gedruckt Der io .5.'»
Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Laufe des Jahres nicht bezahlt, werden Hl 5(1 angerechnet. Kür kuriere als 6 Monat nurd f.-,,, 1i.,?-...-, r ist (. > n hal e r deS Jahrs, welcher in halbjährlicher
nommen, wen sie einen Monat vor Ablauf des Subscriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden Bekanntmnbu»icn angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann ange,
t.rschr-ib-rn in hiesiger Stadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendu.uM gesehen durch die Post oder Träger, aufKosten der
(!l»6 dem "Pittsbnrger Courier.")
Je toller je besser.
Eine Kriegserklärung zweier Franzose» gegen
die H?tadt Dublin, in Ircland.
(Schluss.)
"Furchtpah! erwiederte Celestin, an
Dublin ist die Reihe, bange zu sein.
Furcht! spotten Sie meiner? Seit mei
ner Geburt am Bord des l'Jndien, habe
ich mein ganzes Leben mit Sterben zuge
bracht, fünf- bis sechsmal habe ich in die
Hölle hineingeschaut, so wie ich jetzt Sie
anschaue."
„Aber Sir," sagte der Scheriff mit
sanfter überredender Stimme: „so geben
Sie doch diese entsetzliche Tollheit auf. —"
„Scheriff, kein Wort mehr, oder ich gebe
ein Zeichen, und wir fliegen über die Wol
ken hinaus."
Dann wendete er sich zum Volke, das
ihm umgab, und sagte :
„Meine Herrn, ich befehle Ihnen, sich
zurückzuziehen, ich muß Luft schöpfen, las
sen Sie mich allein."
In einem Nu war die Menschenmasse
verschwunden, sammt dem Sheriff.
Celestin empfand ein leicht begreifliches
Hochgefühl, als er sah, wie schnell seine
Worte unter dem Volke Dublins Bestür
zung verbreiteten. Majestätischen Schrit
tes wandelte er nach dem Hotel Gremaesh,
und gebot mit einer provmzalischen See
mannsstimme, ihm ein Frühstück aufzu
tragen.
Die ganze Dienerschaft beiderlei Ge
schlechts, der Gistwirth an der Spitze,lief
herbei auf Celestins Befehl; man servirce
ihm dreißig Gerichte und Weine von O
porto, von Jeres u. Claret. Nach geen
digtem M.chle traf er eine Auswahl unter
den unberühtten Schüsseln, legte sie in
einen Korb und rief dem Gastwirth:
„Sir," sagte er, „dies hier ist das
Frühstück für meinem Bruder Javier,
jetzt geben Sie, was ich übrig gelassen
habe, den armen Frauen, die durch s Fen
ster mir bei meinem Frühstück zugesehen
haben."
Der Herr des Gasthofes neigte sich,
mit sehr ausdrucksvollen Zeichen des Ge
horsams, vor den Geboten der nahen Pul
verkammer in der Person ihres Reprä
sentanten.
Celestin gab daö verabredete Zeichen che
er die Thür des vulkanischen Zimmers öff
nete, und Javier nahte mit der Lunte dem
Pulverfasse. —Celestin verschloß die Thür
dreifach und sehte die Vorräthe auf den
Tisch.
„Gieb mir die Hand, Javier/ sagte er,
sich niedersetzend ; alles geht vortrefflich,
unsere Maschiene ist wundervoll gut ge
richtet —Dublin ist unser—was für ein
Frübstück habe ich bei Greamesh ver
schluckt! was für Weine! welch artige
Dienerschaft! Frühstücke nun auch,
Freund, aussieben Uhr habe ich unser Di
ner bestellt."
„Und der Scheriff? der Scheriff ?"
fragte Javier, sich mit einem tüchtigen
Schnitt Schinken versorgend.
„Der Scheriff fürchtet sich, er kennt
uns; er weiß, das wir die Leute sind, die
That der Drohung folgen zu lassen. Die
Polizei ist in der Klemme, sie sieht sich
nach einem Ausweg um, und findet keinen.
Beim Heimweg ist mir ein Herr begegnet,
der mich gar höflich angeredet und gesagt
hat: „Um Gott, Kapitän, vergessen Sie
nicht, um fünf Uhr nach Hause zu gehen."
„WelchesJnteresse haben Sie dabei denn?"
fragte ich ihm. „Ich bin Richard Shawb,
Ihr Nachbar." „Ach! ich begreife",
sage ich : Wohl! sein Sie ruhig, ich werde
vernünftig sein, aber Dublin muß es auch
sein ! Herr Richard hat gut dafür gesagt,
daß Dublin vernünftig sein werde."
„Blitz rief Javier, „wenn Dublin
unö äffen will, so schicken wir es auf ei
nen Spaziergang in den Mond."
„Oh! das weiß Dublin ganz genau.
Wahrhaftig, das Leben entzückt mich, das
sich vor uns aufthut. Hundert Projekte
habe ich schon im Kopfe. Für's erste ver
lange ich Richard Shawbs, unsers Nach-
Wer Liberale Beobachter
Und Berks, Montgomery und Schnylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.^
- u«d h-ransg-g-b-n von Arnold P » w ° ll c. in derSSd «tkn S-raß°/Äc d°r Eh-rry Ä-Y?« ch m' ö W
Bars Tochter zur Ehe."
„Celestin ! Um's Himmels Willen !"
„Und Dich verheirat!)»' ich auch auf den
selben Zug? ich gebe Dir Hrn. Greameshö
Tochter, ein allerliebstes Rothköpfchen,
die zwölf tausend Pfund Aussteuer hat,
hundert tausend Thaler"
„Aber waS hilft unö die Aussteuer?
Wir sind ja hier gefangen für unsere Le
! benszeit."
„Ei! Wen ist die Zukunft bekannt
Nehmen wir immerhin die Aussteuer, wenn
eS sich unö darbietet. Morgen schon be
gehre ich Miß Shawb für mich, u. Miß
Greamesh für Dich."
„Und wenn man uns den Korb giebt ?"
„Dann fliegen wir auf? das ist die
Antwort auf Alles. Morgen lasse ich
mir zwei Hochzeitszimmer vom ersten Ta
pezirer Dublins möbliren. Wir werden
zwei unvergleichliche Hochzeiten haben."
„Wo denn?"
„Wo? Bei Greamesh nnd in prächti
gen Salons. Du gehst zuerst, und ich her
nach ; einer von uns muß immerfort den
Vulkan bewachen. Wir laden die ganze
feine Gesellschaft Dublins zu unserer
Hochzeit ein, wir tanzen bis an den Tag,
wir verschlingen bei einem Feste und ei
nem Ball hundert tausend Franken."
„Nnd wer soll zahlen ?"
„Wer anders, als unsere Schwiegerva
ter, Shawb und Greamesh."
„Schon recht, Celestin; aber nachher,
wie soll das Alles enden?"
„Ha, wer weiß? Das endigt vielleicht
gar nicht ; es ist auch gar nicht nöthig,
daß es endigt; es fängt täglich von Neu
em an.— Ja, ich habe sogar das Projekt,
mich zum Maire von Dublin ernenen zu
lassen, und Dich zum Präfekten des De
partements Irland. Einstweilen, bis wir
unsermEhrgeiz einen fabelhaflenSchwung
geben können, machen wir den Anfang
mit leichten Dingen: Heirathen wir;
bekommen wir Kinder, so werden wir sie
in den drei Königreichen auf's Beste ver
sorgen."
Eine lärmende Musik, die durch die
Straße tobte, unterbrach die Unterhaltung.
Celestin öffnete u. verschloß stets mit ge
wohnter Vorsicht die Thür, dann ging er
hinunter auf die Straße, wo er alsbald
seinem Nachbar Richard begegnete, der
jede seinerßewegungen zu bewachen schien.
„Was ist dies?" fragte Celestin lebhaft.
„Es ist der Festzug von Dublin, der
vorüberzieht," erwiederte Hr Richard ver
bindlich.
„Und wohin geht er, der tolle Festzug?"
„Nach Town-Hall."
„Und was treibt diese TeufelS-Musik
nach Town-Hall?"
„Sie begleitet dreihundert Choristen,
die das „Hallelujah und die Schöpfung"
von Haydn singen werden."
„Herr Richard Shawb, gehen Sie, und
sagen Sie diesen Festzug, daß ich die
Musik liebe, und daß ich das „Hallelujah
und auch die Schöpfung" unter meinem
Fenster diesen Abend hören will, ehe die
Sonne untergeht."
„Kapitän," sagte Richard, „wir wollen
versuchen, dies zu veranstalten "
„Wie? Sie nehmen Anstand?"
„Nein, nein, nichts ist leichter zu machen;
ich gehe zum Scheriff, wir werden Ihnen
die Musik herbringen."
Eine Stunde vor Sonnenuntergang
sah man an dem Ende von Sakeville
Street Herrn Shawb an der Spitze des
Zuges triumphirend einherschreiten. Das
Heer der Musiker zog in die Straße ein,
die breiteste aller Straßen der Welt, und
stellte sich vor dem Post Office in Schlacht
ordnung. Eine Symphonie diente zur
Ouvertüre; ein jeder Tonkünstler spielte
sein Lieblingsstück mit jener edlen Unab
hängigkeit, die den englischen Künstler cha
rakterisirt. Endlich fielen dreihundert
Kehlen über Haydn her, und rissen ihm
unbarmherzig in Stucke.
Celestin, von seinem Fenster herab,
dankte den Künstlern, und gab in seiner
königlichen Freigebigkeit den Befehl, das
"TVillig zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
Dienstag den I«. Inn», I8«s.
Heer in Lurtons Brauerei zu erfrischen.
Greamesh neigte sich : wohl aber konn
te man bemerken, daß er gewaltsam an sich
hielt, um nicht eine grenzenlose Verzweif
lung laut werden zu lassen.
Um neun Uhr Abends, es war sehr
dunkel weil Gewitterwolken den Himmel
bedeckten, konnte Celestin die Lust auszu
gehen, nicht überwinden, doch im größten
Jncognito, um zu hören,'was man auf
den öffentlichen Spaziergängen über ihn
rede. Es waren viele Menschen im
Phönix-Park. Er schlich sich unerkannt
unter die Gruppen ein, und seine Neugier
fand volle Befriedigung ; man sprach von
nichts, als von dem Belagerungsstand,
in den zwei französische Seemänner Dub
lin versetzt hatten.
„Es ist nicht recht", sagte man in einer
zahlreichen Menschen-Gruppe, „daß zwei
oder drei Personen für die ganze Stadt
bezahlen sollen. Die Narrheit da mit
dem Festzuge hat Herrn Greamesh zwei
hundert Pfund gekostet." Andere Stim
men ließen sich hören: „Wenn die tollen
Launen der Seemänner so fortgehen, so
sind Greamesh und Richard in acht Tagen
zu Grund gerichtet." „Und was meinen
Sie, daß geschehen soll ?" „Man hat ge
stern an die Regierung berichtet." „Schö
ne Hülfe! die Regierung wird nichts
thun." „Sie wird Truppen senden."
Ei, sie fragen viel nach Truppen! Das
Verdrießlichste ist, daß sich in Dublin eine
Partei für die Beiden gebildet hat."
„Eine Partei?" „Ja, die Armen sind
für sie. Heute Abend haben die Mu
sikanten, trunken von Porter und Ale, ge
schrien : Hurrah Cesestin ! und Greamesh
mußte bezahlen." „O! das kann nicht so
bleiben." „Hören Sie, hören Sie doch!
die Choristen vom Festzug haben ein Lied
verfertigt:
Die Hopfen-Nymphe ist versiegt,
Hurra!) Celestin 1"
Die Menge lief dem Zuge nach,der sei
nen Weg durch Phönix Park nahm. Cele
stin kehrte um, und sah sich Herrn Ri
chard gegenüber.
„Ah! ich verlasse Sie nicht," sagte
Herr Richard ganz leise.
„Nehmen Sie sich in Acht, Herr Ri
chard, spielen Sie nicht die Rolle meines
Schutzengels; nehmen Sie sich in Acht!"
„Kapitän, gehen Sie doch nach Hau
se, es ist spät; Ihr Freund möchte einen
schlimmen Streich spielen."
„Sein Sie ruhig, mein Freund hat
seine Instruktionen.—Da fällt mir ein,
Herr Richard, Sie sollen mir einen guten
Rath geben; nehmen Sie meinen Arm,
wir wollen als gute Nachbarn miteinan
der plaudern."
„Kapitän, mir wird es dasgrößteVer
gnügen machen, Ihnen Rath zu erthei
len."
„Ja, unterwegs sollen Sie nur einen
Rath geben. Ich habe Lust, mich zu ver
heirathen, was meinen Sie dazu?"
„Aber Kapitän, ich denke—"
„Sie werden begreifen, Hr Richard, daß
wir nicht so isolirt fortleben künnen,
Javier und ich, wir haben Pflichten gegen
die Gesellschaft."
„Nun, ich denke, Sie werden irgend ei
ne Jugendliebe im Andenken haben—"
„Nein, Herr Richard, und alle unsere
Jugendliebschaften sind arm; heutiges
Tages machen wir Ansprüche, wir haben
Erbinnen im Auge. Das schöneGeschlecht
wunderhübsch in Dublin wir haben
schon gewählt."
„Ah ! sagte Sir Richard, mit erstickter
Stimme: Sie haben schon gewählt?"
„Eine Doppelwahl. Glauben Sie die
Familien werden einwilligen? "
„Warum nicht ? sagte der Nachbar mit
zitternder Stimme: sind Sie nicht brave
junge Männer?"
„Das ist auch unsere Meinung."
Herr Richard versank in tiefes Nach
denken. Nach einigem Schweigen sprach er:
„Hören Sie, Kapitän, Sie haben mich
um Rath gefragt, ich will Ihnen als
Freund rathen, erlauben Sie es?"
„Thun Sie das, mein Nachbar."
werden sich ein Höllenleben berei
ten, glauben es mir; Dublin ist Ih
nen Ersatz schuldig, Sie werden ihn erhal
ten, ich stehe Ihnen dafür ein. Die vor
nehmen Einwohner, Herr Greamesh, die
Postverwaltung und ich, werden Opfer
bringen, wir werden Sie mit einem Male
reich machen, und nach Frankreich zurück
senden mit zweimal hunderttausend Fran
ken in der Brieftasche, in voller Freiheit."
Celestin blieb stehen, und sah Hrn. Ri
chard starr in die Augen.
„Nachbar, sagte er nach einer langen
Pause, wenn wir das Vermögen in der
Brieftasche und unsere Lunte ausgelöscht
haben, wie Einfaltspinsel, dann hängt
man uns!"
„Oh! rief Herr Richard, fürchten Sie
nichts ; hundert Notabeln von Dublin, der
Scheriff an ihrer Spitze, und ich, schwö
ren auf die heilige Schrift, daß Ihnen kei
ne Gewalt geschehen soll, und Ihnen die
Reise nach Ihrem Lande mit Ihrem Ver
mögen in voller Freiheit verstattet wird."
"Das will überlegt sein. Nachbar,
hören Sie: ein Vorschlag zur Vermitt
lung. Sie geben meinem Freunde Ja
vier zweimal hunderttausend Franken, er
reist ab, und ich warte in Dublin, bis er
in Frankreich angekommen ist, und wäh
rend dieser Zeit werde ich das Pulverfäß
chen nicht verlassen. Auf diese Weise wer
den Sie wenigstensEinen glücklich machen,
und es wird nur Einer gehängt."
"Keiner soll gehängt werden."
"Nehmen Sie meinen Vorschlag an,
Nachbar?"
"Ja."
"Nun gut, und ich den Ihrigen. Ma
chen Sie die Sache sogleich richtig."
"Auf die Minute, Kapitän, der Boden
brennt unter mir, es ist keine Nacht für
mich. Mit Tagesanbruch erwarte ich Sie
bei Greamesh."
Mit Tagesanbruch waren die hundert
Notabeln, die zweimal hundert tausend
Franken, der Scheriff und die Bibel vor
Celestins Wohnung. Javier kam herab,
empfing den Eid und die Banknoten und
reiste nach Kingston in der Postchaise des
Herrn Richard ab. Celestin bewachte
indessen den Vulkan.
kavier, in Calais angekommen, schrieb
seinem Freunde und meldete ihm, daß er
ihn erwarte. Celestin reiste kühnlich ab,
Javier's Brief in der Hand, und verlösch
te die Lunte. Das Volk begleitete ihn
auf dem Wege nach Kingston, mit tausend
fach wiederholtem "Hurrah Celestin!"
In diesem Augenblick leben Javier u.
Celestin in dem fruchtbarsten Winkel des
Departements Bouches -du - Rhone; sie
sind Mitglieder der Gesellschaft für den
Landbau, und die ersten Agronomen des
südlichen Landes; Celestin hat eine Säe
maschine erfunden, und bei der letzten Aus
stellung eine goldene Medaille erworben.
Seltenes Glück eines Barlnergesellen.
Die Generalstaten von Holland ließen
im Jahre IKBB in öffentlichen Blättern
bekannt machen, daß der Großmogul Il>
geschickte Barbiergesellen verlange, und die
jenigen, welche Lust hätten, dem Aufrufe
Folge zu leisten, sich in Amsterdam einer
Prüfung unterwerfen müßten. Es fan
den sich in kurzer Zeit mehr als hundert
Barbiergesellen in Amsterdam ein, und
sechszehn der geschicktesten aus ihnen wur
den nach Ostindien gesandt. Am Tüch
tigsten ward Johann Christian Schamber
ger aus Leipzig befunden. Der Großmo
gul empfing die sämmtlichen Barbiere sehr
gnädig, und vor Allen erlangte Schamber
ger durch viele glückliche Kuren deS Mo
guls Gunst, und erwarb sich einen großen
Reichthum. Eine ziemliche Reihe von
Jahren verfloß dem glücklichen Arzte ohne
Sehnsucht nach seinem Vaterlande; aber
dann mit einem Male ergriff ihn unwi
derstehliches Heimweh, und er erbat sich
einen dreijährigen Urlaub, um seine bei
den Schwestern in Leipzig besuchen zu dür
fen ; er erhielt auch denselben, mit der Be-
Laufende Nummer t l
dingung, wieder zurückzukommen; ja er
wurde auch zum Ober-Schiffschirurgus ei
ner ganzen Flotte ernannt, die eben nach
Holland zu segeln in Bereitschaft vor An
ker lag. Diese Anstellung begünstigte vor
Allem sein Vorhaben, da sie ihm unbeach»
tet die schönste Gelegenheit darbot, sein
Vermögen, welches er in lauter Edelsteine
umsetzte, in den Pflasterrollen zu verber
gen, die er als unumgänglich nothwendig
für diese Reise in Vorrarh bereitete, und
welche undurchsucht auf das Schiff verla
den wurden. Es war bei hoher Strafe
verboten, Juwelen aus dem Lande zu brin
gen. Die Reise Schamberger's war sehr
glücklich ; er kam wohlbehalten nach Leip.
zig, und begab sich, dürftig gekleidet, zu
seiner ältern Schwester, welche ihn nicht
anerkennen wollte; bei der jüngern drohte
man ihn gar aus dem Hause zu werfen,
weil beide befürchteten, der unberufene
Bruder würde das unter sie bereits ver
theilte Erbtheil ihrer verstorbenen Eltern
in Anspruch nehmen. Die beiden Schwe
stern kamen nun zusammen und berath
schlagten, was zu thun sei, wenn sich der
Angekommene als Bruder legitimiren kön
ne. Indeß schickte dieser zu ihnen, ließ
ihnen sagen, er schenke ihnen sein Erbtheil,
und lud sie mit ihren Männern zu einem
ostindischen Traktament in dem Gasthofe
ein, wo er abgestiegen war. Dort ange
kommen, führte sie der Bruder in eine
Küche, wo ein für vier Personen gedeck
ter Tisch stand. Schönberger war reich
gekleidet, und bei der Ansicht seines Wohl
standes erinnerten sich die Schwestern ih.
res lieben Bruders sehr wohl. Dieser setz
te nun einen Kessel auf den Dreifuß über
das Fcuer, und warf einige Pflasterrol
len in den Kessel. Die Schwestern mach
ten große Augen über diese sonderbare Zu»
bereitung zu einer Gasterei. Die Pfla
ster fingen an zu schmoren und verursach
ten eben keinen angenehmen Geruch. End
lich sing der kuriose Koch mit einem gro
ßen Löffel nach dem Grunde des Kessels zu
fahren an, und holte nach und nach die
Edelsteine heraus. Er legte sie auf die
Teller seinen Gästen vor, und sagte: Da
habt ihr das ostindische Gericht! Dieses
fürstliche Geschenk überraschte die Gäste
in dem außerordentlichen Grade, und sie
sielen dem theuersten Bruder mit unend
licher Liebe um den Hals. Schamberger
aber ging nicht wieder nach Ostindien, son
dern blieb in Leipzig, wurde Doktor der
Medizin, Assessor bei der medizinischenFa
kultät, und starb daselbst im Jahre 1704
den 4. August. Ein Obstgarten, den er
anlegte, führt noch seinen Namen.
Ein versteinerter Wald bei Cairo.
Gewiß gibt es nur wenig Schauspiele
auf dem Erdenrunde, sagt dasAquaticMa
gazine, welche sich weder in geologischer
noch malerischer Beziehung mit dem ver
steinerten Walde in der Nachbarschaft von
Cairo vergleichen lassen. Nachdem der
Reisende an den Gräbern der Caliphen
vorüber ist und sich außerhalb der Stadt
befindet, schlägt er den Weg in südlicher
Richtung und beinahe in einem rechten
Winkel mit der Straße, welche durch die
Wüste Suez führt, ein. Ein Ritt von et
wa zehnMeilen bringt ihn zu einem engen,
kahlen Thale, das mit Sand, Kies und
Seemuscheln, frisch als ob sie erst dieFluth
dahingeschwemmt, überdeckt ist; hierauf
durchkreuzt er eine lange Sandhügel-Rei
he, die mit dem Wege eine kurze Strecke
parallel zu laufen pflegte. Die Scene
welche sich nun vor seinen Augen ausdehnt,
ist über alle Beschreibung eigenthümlich
und öde. Eine Masse von Baumstumpen
in Stein verwandelt, wie Gußeisen klin
gend, wenn des Pferdes Huf sie derührt,
erstreckt sich meilenweit vor dem Blicke u.
bieten die Erscheinung eines verwitterten
alten Forstes dar. Das Holz ist von dun
kelbraunem Aussehen, hat jedoch seine aus,
sere Form vollständig erhalten; Stücke
desselben von 15 Fuß Länge und einen
halben bis drei Fuß Dicke liegen, so weit
man sehen kann, so dicht neben und auf