Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, April 08, 1845, Image 1

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    Neav l n g, Venn. Gedruckt und herausgegeben von Arn o l d Puwell e, in der Süd 6ren Straße, Ecke der Sherry Alley. Behm' 6 Willhshaus-Hofe gegennbrr
Jahrg. «, ganze Nnm. SS2.
Bedingungen. Der Albernle HZeolZklclrter erscheint jeden Dienstag auf einem grossen Superial-Bogen mit schönen Lettern gedruckt. Der Subseriptions-Preis ist sinTh a l e r des Zahrs, welcher in halbjährlicher
Vorausbeahlung erbeten wird. Wer im Laufe des Jahres nicht bezahlt, werden Kl 5V angerechnet. Für kürzere Zeit als 6 Monat wird kein Unterschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werten nur dann ange
nommen/wen sie einen Monat vor Ablauf des Subfcriptions-Terminö geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewohnlichen Preis eingerückt. Un
terschreibern in hiesiger Stadt wird die Zeitung porrofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreiber. tL?"Briefe und Mittheilungen müssen postfrei eingesandt werden.
Traugott und Möschen,
Ludwigs verdorbenes Herz, nicht zufrie
den damit, den gegen ihn wehrlosen Jüng
ling durch tausendfältige Demüthigungen
und Chikanen zu verwunden und zu krän
ken, sann eifrig auf eine Gelegenheit, dem
Verhaßten wieder eine recht empfindliche
Qual zu bereiten. Da Traugotts Betra
gen aber keine Veranlassung zu einer har
ten Züchtigung darbot, so nahm der Jun
ker zu einer schändlichen Kabale seine Zu
flucht. Er gewann einen Burschen, der
für eine Hand voll Geld zu jeder Nichts-
Würdigkeit fähig war. Mit Hülfe die
ses Buben führte er nun seinen abscheuli- >
chen Plan aus, der zwar eben nicht zu den
tief durchdachtesten und feinsten Geweben
der Intrigue gehörte, aber doch für die sa
tanische Bosheit seines Erfinders zeugte.
Werner, so hieß der saubere Gehülfe
des Junkers, meldete sich eines AbendS bei
seinem Capitan, und gab vor, daß ihn der!
Soldat Fränzel zur Desertion beredet ha
be. In der bevorstehenden Nacht hätten
Beide entweichen wollen, über ihn aber
sei seit einer Stunde eine unsägliche Ge
wissensangst gekommen, die ihn so gemar
tert, daß er sich nach langem Kampfe ent
schlossen habe, sein strafbares Vorhaben
zu entdecken. Dem Hauptmann kam dies
Bekenntniß aus dem Munde eines solchen
Wichts höchst sonderbar vor, und er konn
te, besonders über die Gewissensangst die
ses Burschen, ein zweideutiges Lächeln nicht
unterdrücken ; doch er mußte die Maßregeln
treffen, welche ihm der Dienst gebot; er
ließ den Angeber auf die Wache bringen,
und befahl, daß man Lärm schlage und den
Soldaten Fränzel sogleich arretire. Trau
gott, der von alle diesem nichts wußte
und nichts ahnte, wurde aus seinem Bette
geholt und verhaftet. Obgleich er sich
völlig unschuldig fühlte, so wunderte er
sich doch über ein solches Verfahren nicht;
ach, er war ja schon so gewohnt, daß man
ihn ungerecht verfolgte. Am nächsten
Morgen wurde er verhört und des Vor
habens der Desertion, so wie der Verfuh
rung Anderer zu diesem militärischenVer
brechen beschuldigt. Er mochte sich ver
theidigen, wie er wollte, man achtete nicht
auf seine Reden, das Zeugniß eineS als
liederlich und schlecht verrufenen Burschen,
der die Frechheit hatte, eine falsche Ankla
ge in Gegenwart des Veileumdeten noch
einmal zu wiederholen, galt als vollkom
mener Beweis, und Traugott wurde, un
geachtet er nichts eingestanden hatte, und
ungeachtet kein weiterer Verdacht, als das
Zeugniß Werners wider ihn sprach, für
überwiesen erklärt. Man verurtheilte ihn,
in Betracht, daß er sich schon einmal eines
ähnlichen Vergehens schuldig gemacht, und
daß die damalige Strafe ihm nicht zur
Warnung und Besserung gedient habe,
jetzt zu achtzehnmaligem Gassenlaufen.
Obgleich Traugott schon so manche Will
' kühr ertragen hatte, so war er doch über
die neue ungerechte Barbarei im Innersten
empört; eine so harte, dem Todesurtheile
fast nahe und dennoch so ganz unverdien
te Strafe hatte man noch nicht über ihn
verhängt. "Gott im Himmel! rief er,
warum duldest du solche Tyrannei ? Was
habe ich gethan, daß ich verdammt bin, die
Ziehlscheibe der abscheulichsten Bosheit zu
sein ? Doch vielleicht sendest du mir die
se neue Qual, damit ich durch sie die er
sehnte Ruhe erlange. Vielleicht erliege
ich unter der grausamen Geißel, o dann,
mein Gott, will ich dir dafür danken;
denn daß ich unter den unaufhörlichen
Schlägen des Schicksals meines freuden
losen Daseins endlich müde werde, daS
wirst du, erbarmender Vater, mir nicht
zum Frevel anrechnen ; du weißt es ja, daß
ich viel geduldet habe, ohne zu murren,
aber die stets sich häufende Last drückt mich
jetzt zu Boden, ich bin ja nur ein schwa
cher Mensch."
Mit der düstern Resignation eines zum
Tode Verurtheilten ließ sich Traugott zum
Marterplatze führen. Diesmal war der
Oberst selbst zugegen, damit die zu Hen-
Der Liberale Beobachter
Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caumies allgemeiner Anzeiger.^
kersknechten ausersehenen Soldaten ja nicht
aus Mitleid ihre Dienstpflicht nur im
mindesten verletzen sollten. Traugotts
Rücken wurde fürchterlich zerfleischt, schon
bei seinem zehnten Gange sank der arme,
schwergeprüfte Jüngling vom Schmerz
überwältigt, zusammen. Der Oberst sah
es und sagte kaltblütig: "Das Uebrige
wollen wir für Morgen aufsparen, heut
nug es vor der Hand genug sein; aber
bilde Er sich nicht ein, Fränzel, daß ich
Ihm nur Einen Hieb erlassen werde, Er
muß seine Strafe völlig ausstehen."
Traugott wurde nach der Wache zurück
gebracht und litt sehr. Er flehte inbrün
stig zum Himmel, daß er ihn doch nicht
den nächsten Tag erleben, sondern heut
noch enden lassen möge; aber des Unglück
lichen Wunsch fand nicht Erhörung.
Ach! der Mensch unterliegt so schnell nicht
seinem Elende, er muß oft lange mit ihm
ringen, und ist bisweilen noch fern von
seinem Gipfel, wenn er ihn schon erreicht
zu haben wähnt.
Am folgenden Morgen wurde der Ar
me wieder hinausgeführt und seine Qua
len erneuten sich; aber heut waren sie noch
unerträglicher, da die gestern empfangenen
Wunden, die sich schon etwas geschlossen
hatten, durch die furchtbaren Hiebe wieder
aufgerissen wurden. Schon als er den
fünften Gang gemacht hatte, war er wie
der dem Zusammensinken nahe. Von un
geheurem Schmerz gepeinigt, vergaß er
den edlen Stolz, den er bisher seinen Ver
folgern gegenüber gezeigt hatte. Er fiel
vor dem Eommandör, der am Ende der
eine lange Gasse bildenden Reihen der
Züchtiger auf seinem Pferde dem ab
scheulichen Schauspiel behaglich zuschaute,
auf die Knie und rief im Tone des höch
sten Jammers: "Herr Oberst, haben sie
Erbarmen und lassen Sie es genug sein.
Ich betheure es noch einmal vor Gott uud >
der Welt: ich leide unschuldig. Quälen
Sie mich nicht länger; heute halte ich die
fürchterliche Strafe nicht mehr aus. Se
hen Sie meinen zerfleischten Rücken ; viel
leicht ist meine Gesundheit für immer da
hin. Seien Sie menschlich und lassen Sie
aufhören!"
Mehre Offiziere und auch einige Bür
ger, .die zugegen waren, wurden von den
herzzerschneidenden Klagen des Jünglings
gerührt, umringten den Obersten und ba
ten um Schonung des Gegeißelten, auf
welchen sein Feind Ludwig mit satanischem
Triumpfe niederschaute.
"Nichts da ! donnerte der barrsche Ehef,
kein Erbarmen mit dem Hunde, er muß
seine Strafe aushalten, und wenn ihn
auch der Teufel holt. Fällt er um, so
binde man ihn an den Pfahl und zähle ihm
die noch rückständigen Hiebe vollends auf!"
Da ergriff die Wuth der Verzweiflung
den unglücklichen Traugott; sein Dulder
muth war erschöpft durch die empörende
Fühllosigkeit seines Peinigers und zum
Erstenmale loderte die wilde Gluth der
Rache in seinem Herzen empor; eine un
sichtbare, ihm bisher unbekannte Macht
kam über ihn, gab seiner dahingeschwun
denen Kraft neuen Aufschwung und riß
ihn zu einer That hin, die er früher kaum
gedacht, noch weniger vollführt haben wür
de. Er sprang auf, stürzte auf den Ober
sten zu, warf ihn mit einem gewaltigen
Ruck vom Pferde, kniete ihm auf dießrust,
riß ihm den Degen aus der Scheide und
wollte ihm denselben in das tyrannische
Herz stoßen, aber' Ludwig und einige an
dere schnell hinzuspringende Offiziere hin
derten den Unglücklichen an dem Verbre
chen. Andere hoben den Commandör em
por, den Schreck und Todesangst sprach
los gemacht hatten. Blaß und zitternd
stand der Mann, der noch vor einer Mi
nute mitdonnernder Stimme den unmensch
lichsten Befehl ertheilt hatte. Schwei
gend winkte er, daß man den Verbrecher,
der auf eine so unerhörte Weise die Sub
ordination verletzt, fortführe. "Schließt
ihn krumm! rief Ludwig vor Zorn bebend,
und verwahrt ihn in dem festesten Ge
fängnisse ; er hat daS Maß seiner Schand»
""willig zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
Dienstag de» 8. April, IBÄ3.
thaten voll gemacht, und die Kugel, die er
längst verdient hat, soll ihm nun nicht
mehr entgehen!"
Einige der älteren Offiziere sahen den vor
schnell richtenden Sprecher mit mißbilli
genden Blicken an, und ein Major, den der
unzeitige Befehl dieses Unbefugten ver
droß, sagte laut: Herr Lieutenant, Ihnen
kommen hier keine solche Verfügungen zu.
Und er befahl, daß man den Verbrecher
ungeschlossen nach der Hauptwache zu
rückbringe.
Traugott, nachdem er gethan, was er
sich wohl nimmer zugetraut hätte, glich ei
nem Leblosen. Er schien von dem, was
um ihn vorging, nichts zu sehen und zu
hören. Man wollte ihn fortführen, aber
er sank zusammen und mußte auf einer
Bahre nach der Hauptwache zurückgetta
gen werden. Dort erst, in einem düstern
eng vergitterten Behältniß, sammelte er
nach und nach seine Sinne wieder. Er
sah nun den Abgrund, in welchen ihn sei
ne Verzweiflung gestürzt hatte, aber er
erschrak nicht und bereute auch seine küh
ne That nicht. "Was soll mir das Leben,
rief er; der Tod ist mir Wohlthat, ich se
he ihm entgegen, wie einem langersehnten
Freunde; denn er endet meine Qualen!
Was hab ich jetzt noch auszustehen? Ein
par Stunden der Angst, und dann ist Al
les vorüber. Ich darf ja furchtlos dem
Jenseits entgegensehen, denn keine schwere
Schuld lastet auf meiner Seele. Dank
dir, du Ewiger, daß du meine Verzweif
lungsthat keine blutige werden ließest.
Noch kann ich rein vor deinen Richterstuhl
treten. Ich habe viel des Unrechts gelit
ten, doch mit meinem Willen, mit Vorsatz
keins gethan. Darum hoffe ich Gnade
zu finden vor dir!"
Die Nachricht von Traugotts außeror
dentlicher That hatte sich mit Blitzesschnel
le nicht nur in der Garnison, sondern auch
unter der Bürgerschaft verbreitet, und es
gab nur sehr Wenige, selbst unter dem
Militär, die sie verdammten. Der früher
hin ganz unbeachtete und still für sich le
bende Jüngling hatte seit der letzten Feu
eroblunst, bei welcher er sich auf eine so
heldenmüthige und edelherzige Weise aus
gezeichnet, die allgemeine Aufmerksamkeit
auf sich gezogen. Jedermann bedauerte
jetzt um so mehr den Unglücklichen, daß er
sich, durch tyrannische Härte gereizt, zu
einer Handlung hatte hinreißen lassen, die
den Verlust seines Lebens zur Folge ha
ben mußte. Denn ein so ungeheures
Subordlnationsverbrechen konnte nicht an
ders als durch die Kug.'l bestraft werden..
Das Kriegsgericht versammelte sich;
der Prozeß dauerte nicht lange, denn die
That war erwiesen; welche Grausamkeit,
welche namenloseßarbarei den Schuldigen
dazu verleitet hatte, das konnte freilich
nicht berücksichtigt werden ! Genug, er hat
te das strengste Gesetz übertreten, dieses
sprach ihm den Tod zu, und so wurde sein
Urtheil gefällt. Dasselbe bedurfte zur
Vollziehung nicht einmal der Unterschrift
des Landesregenten, denn das Leben eines
gemeinen Soldaten war damals von gar
keiner Wichtigkeit. Nach gehaltenem
Standrecht konnte der Militär-Gouvernor
eines CantonS die Execution nach seiner
Willkühr ansetz n. Der Oberst von Fer
sen würde auch nicht gesäumt haben, das
Urtheil an den Deliquenten nach weuig
Tagen vollziehen zu lassen, wenn nicht das
Osterfest, das grade bevorstand, einen län
gern Aufschub nothwendig gemacht hätte,
denn in der heiligen Woche, und auch wäh
rend der Feiertage durfte kein solcher
Strafakt stattfinden.
Als man dem armen Traugott den
Spruch des Kriegsgerichtes vorlas, lächel
te er ruhig und sagte mit ungezwungener
Fassung: "Ich danke meinen Richtern,
daß sie mich auS einem Leben voll Qual
erlösen, das nicht anders als durch meinen
Tod geendet werden kann. Uebrigens
vergebe ich allen meinen Feinden von gan
zem Herzen, und auch von dem Anstifter
alles Unheils, das mich verfolgte, will ich
versöhnt scheiden; Gott möge ihm daS
viele Böse nicht vergelten, was er an mir
gethan hat."
Von jetzt an empfing Traugott täglich
den Besuch des Garnison-Predigers Paul,
eines Mannes, dessen Gefühl für mensch
liches Leiden nicht abgestumpft war, weil
er selbst in der Schule der Erfahrung so
manchen herben Gang gemacht hatte.
Mit einem weichen, liebevollen Herzen be
gabt, und seinen schönen Beruf, Unglück
liche zu trösten und zu erheben, nicht bloß
handwerksmäßig, sondern, weil ihn die in
nere Stimme dazu trieb, mit freudiger
Seele erfüllend, wurde dieser wackre Geist
liche dem armen Traugott gleich in den er
sten Stunden seines Beisammenseins mit
ihm ein Freund und Vater. Mit der gut
müthigsten Herzlichkeit kam er dem Be
dauernswürdigen entgegen und bot ihm die
Hand zur gegenseitigen Vertraulichkeit.
Traugott fühlte sich kindlich zu ihm hin
gezogen und erzählte ihm mit treuherziger
Offenheit seine Leidensgeschichte. Der
rechtschaffene Prediger erstaunte über den
hohen Grad von Bosheit, womit man den
Annen inöVerderben gestürzt hatte. Von
den Leiden des unschuldig Verfolgten ge
rührt und von warmem Rechllichkeitsge
fühl angetrieben, wagte es Paul, dem O
bersten zu Gewissen zu reden und um Mil
derung des strengen Urtheils zu bitten.
Aber der Tyrann lachte und erwiederte mit
kaltem Gleichmuthe: "Wenn auch Alles
wirklich wahr wäre, was Ihnen der freche
Lügner erzählt hat, so würde ihm das doch
zu nichts helfen. Es ist hier nicht von
seinen frühern Begebenheiten die Rede.
Er hat die Subordination auf die frevel
hafteste Weise verletzt, hat mich, seinen
Chef, ermorden wollen, darum haben
die Gesetze ihm die Kugel zuerkannt. Ich
werde den gerechten Spruch nicht mildern.
Also kein Wort mehr hiervon, Herr Pre
diger, wenn Sie wollen, daß wir Freunde
bleiben sollen. Es ist Ihre Pflicht, den
Verbrecher zum Tode vorzubereiten, aber
nicht den Gang der richterlichen Gewalt
aufhalten zu wollen."
Paul wandte sich mit innerm Abscheu
von dem herzlosen Barbaren ab, und ver
ließ ihn. Er wandte sich hierauf, nichts
unversucht lassend, an einige Offiziere von
höherem Range, die er als brave Männer
kannte, und von denen er wußte, daß sie
bei dem Obersten etwas galten. Die Eh
renmänner versprachen zu thun, was in
ihren Kräften stände, und begaben sich
auch wirklich zum Chef, um ihn durch ih
re vereinten Fürbitten zu milderen Gesin
nungen zu bewegen ; allein der eiserneßar
bar blieb unerbittlich. Jetzt konnte der
redliche Paul nichts mehr für den armen
Jüngliug thun, und mußte ihn seinem
Schicksale überlassen. Trauernd über die
fehlgeschlagene Hoffnung, besuchte er den
Gefangenen, tröstete ihn mit den erhe
benden Lehren der Religion und verwies
ihn auf eine bessere Welt, wo jede Thrä
ne getrocknet, jeder Dulder durch unend
liche Wonne belohnt werden soll.
Traugott dankte mit gerührtem Herzen
seinem ehrwürdigen Freunde für Alles, was
dieser für ihn gethan hatte, bat ihn aber
zugleich, jeden weiter« Rettungsversuch
aufzugeben. "Ich habe allen trügerischen
Erwartungen entsagt, fuhr er fort, ich
hoffe nichts mehr und füge mich ohneMur
ren in mein unverdientes Schicksal. Was
auch edle Menschen für mich thun mögen,
es ist doch Alles umsonst; ich habe einen
unversöhnlichen Feind, der mächtige Hel
fer zur Seite hat, die mit Freuden ihre
Hände zu meinem Untergange bieten.
Und warum soll ich auch zu leben wün
schen ! Sagen Sie selbst, würdiger Mann,
wäre das Dasein, wenn es mir durch Ihr
edles Bestreben auch erhalten würde, denn
wirklich ein wünschenöwerthes Gut, eine
Wohlthat für mich? Ach nein! eS wäre
nur eine Verlängerung der Qual, um de
ren Ende ich meinen Schöpfer oft flehent
lich gebeten habe. Er hat mich erhört,
und ich will nun, da ich den Kelch des Lei
dens schon bis auf die Hefen geleert ha
be, nicht vor dem bittern Bodensatze zu-
Laufende Nummer S 2
rückschaudern. Ich will fallen als ein
Mann, und in dem Gedanken Trost und
Erhebung finden, daß es viele gute Men
schen gibt, die mein Schicksal bedauern
und mein Andenken in Ehren halten wer
den. Diese Ueberzeugung wird mir den
Hingang erleichtern. Nur wenn ich an
mein Roschen und an meine alte biedere
Mutter denke, werde ich tranrig. Ach,
wie werden sie den harten Schlag über
winden ? Wer wird ihr Tröster sein?"
Vielleicht ich selbst, erwiederte Paul.
Traugott sah ihn fragend, halb zweifelnd
an. Wenige Meilen von deinem Geburts»
orte, fuhr der Prediger fort, lebt meinßru«
der, den ich seit zwanzig lahren nicht mehr
gesehen habe. Schon längst habe ich den
Wunsch gehegt, ihn einmal zu besuchen,
und nun ist mir von meiner Behörde die
Erlaubniß ertheilt worden, nach dem O
sterfeste auf sechs Wochen zu verreisen.
Ich verspreche dir also, mein Sohn, daß
mein erster Weg nach Erlau sein soll, wo
ich die traurige, aber mir doch liebe Pflicht
erfüllen werde, den Deinigen dein letztes
Schicksal mit möglichster Vorsicht und
Schonung zu verkünden.
Freudig bewegt sank Traugott an deS
Predigers Hals. "Sie nehmen die letzte
Last von mir, edler Mann!" sagte er.
"O wie kann ich Ihnen danken! Nun
sterbe ich noch einmal so beruhigt."
folgt.)
Ein sehr ungewöhnlicher Vorfall wur
de am Dienstag auf der Polizei enthüllt.
Ein hiesiger reicher Einwohner ist auf ei
nen Warrant arretirt, nachdem die Grand-
Jury eine Anklage gegen ihn gefnnden,
weil er den Neger John Lewis Paulett
gedungen haben soll, an einem bestimmten
Abende den Advokaten John K Hackett zu
ermorden. Der Name des Angeschuldig
ten ist Thomas Postley, und er gehört zu
einer sehr angesehenen Familie. Vor
etwa 14 Tagen kam der Neger Paulett
auf das Polizeiamt und berichtete dem
Richter Matsell, daß ihm von Postley der
Antrag gemacht worden sei, Herrn Hak
kett, gegen den Postley erbittert fei, zu
ermorden. Er habe seine Zustimmung ge
geben, aber in der Absicht, die Polizei da
von zu benachrichtigen, und die zur Aus
führung derThat bestimmte Zeit warSam
stag Abend den 3ten März vor der St.
John'S Kirche. Hackett sollte durch einen
ihm zugeschickten und angeblich von einer
Dame kommenden Brief bewogen werden,
dahin zu kommen. Der Antrag wurde
Paulett zuerst im Lampenladen deö Hrn.
John Morgen, Broadway, am Abende deö
großen Schneesturms gemacht. Derßich«
ter schickte nach Hrn. Hackett, der aussag
te, daß er einen Brief, dem Augenschein
nach von weiblicher Hand geschrieben, er
halten habe, worin er zu einer bestimmten
Stunde amSamstag Abend in St.John'S
Park zu erscheinen ersucht werde. Mit
Vorwissen der Polizei geschah es, daß
Hackett zur bestimmten Zeit dahin ging,
wo er verabredetermaßen scheinbar von
Paulett angefallen wurde. Zwei Polizei
beamte befanden sich in der Nähe, um
Postley, dessen Anwesenheit man vermu
thete, zu arretiren. Allein Postley kam
nicht, wurde deßhalb erst am Dienstage
arretirt und unter H5(10() Bürgschaft ge
stellt. Hackett kann sich keinen genügen
den Grund denken, der Postley zu einem
solchen Unternehmen bewogen haben möch
te. Ein Mißverständniß bestand seit ei
niger Zeit zwischen beiden, daS sich ent
spann, als Hackett der Schwägerin Post
ley's den Hof machte. Nähere und be
friedigerndere Aufklärungen stehen zu er
warten, wenn die Sache vor Gericht ver»
handelt werden wird. (N.Vvrk St. Zt.
Großes Feuer in Wetumpka, Alabama.
—Ein Extrablatt des Wetumpka ArguS,
vom 29. v. M. berichtet, daß ungefähr
um 3 Uhr am Morgen jenes TageS ein
Feuer in jenem Orte ausbrach, welches 2
Drittheile der Stadt, mit Einschluß deS
Postamts, der vornehmsten Hotels, Waa-