Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, February 25, 1845, Image 1

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    MeSIViNS, Venn. Gedruckt und herausgegeben vonArnold Puwell e, in der Süd 6ten Strasse, Ecke der Sherry Alley. Beh m' s Wirthshaus s)of gegenüber.
6, ganre Kummer 286.
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Zur Unterhaltung und Belehrung.
Traugott und Röschen,
Im Dörfchen Erlau, das am AbHan
ge einer an malerischen Parthien reichen
Bergkette liegt, lebte von den spärlichen
Zinsen ihres kleinen, aus dem Nachlaß ih
res verstorbenen Mannes ihr zugefallenen
Vermögens, die Müllerwittwe Susan
na Frenze l. Sie bewohnte ein klei'
nes Häuschen in der Nähe der Mühle, wo
sie einst in bessern Tagen als Hausfrau
geschaltet, die sie aber gleich nach dem To
de ihres Eheherrn verkauft hatte, um die
Gläubiger des Verstorbenen zu befriedi
gen. Die wackre, stets kränkelnde Frau
durfte zwar nicht mit Mangel und Noth
kämpfen, aber sie mußte sich zu mancher
bittern Entbehrung entschließen, die sie
nicht gekannt hatte, als der noch lebte, der
durch stete Thätigkeit die Nahrungssorgen
von sich und den Seinen abgewehrt. A
ber die Wittwe murrte nicht über die ihr
vom Schicksal auferlegten Prüfungen, und
entsagte gern so manchem ihr früher zu
Theil gewordenen Lebensgenusse, um ihr
kleines Kapital nicht zu schmälern, welches
sie dereinst ihrem einzigen Sohne gern un
verkürzt hinterlassen wollte. Deser war
ihre ganze Freude, ihr Trost, ihre Hoff
nung. Aber Traugo tt (so hieß der
Sohn der Wittwe,) verdiente auch die gro
ße Liebe seiner Mutter, denn er bewies sich
schon,' da er noch ein Knabe war, als ein
gutes, folgsames Kind, welches die Zärt
lichkeit und Milde seiner Erzieherin nicht
mißbrauchte, und er blieb sich gleich, als
er zum Jünglinge heranwuchs. Er war
der Liebling des Dorfschulmeisters, der ihn
oft den übrigen Schülern zum nachah
mungswürdigen Muster empfahl. Selbst
der alte stolze Edelmann, der Besitzer der
Herrschaft Erlau, würdigte ihn seiner
Aufmerksamkeit und begehrte ihn auf das
Schloß, um ihn seinem Sohne, dem Jun
ker Ludwig, halb zum Gesellschafter,
halb zum Jockei zuzugesellen. Frau Su
sanne war zwar über die Ehre, die der
gnädige Herr ihr und ihrem Traugott er
wies, im Stillen wenig erfreut, denn es
schmerzte sie, ihr liebes Kind entbehren zu
sollen; doch sie wollte auch den Grund-!
Herrn durch eine Weigerung nicht gerade
vor den Kopf stoßen, und erwog zugleich,
daß ihr Sohn in dem adlichen Hause so
Manches lernen könne, was ihm Nutzen
für die Zukunft verspreche, und daß der
alte Edelmann auch sonst noch viel zum
Besten des braven Jungen zu thun ver
möge, wenn dieser sich seine Gunst erwer
be und erhalte. Aus diesen Rücksichten
ließ es sich Frau Susanne gefallen daß ihr
Liebling die mütterliche Wohnung mit dem
Schlosse vertauschte. Er kam ja auch nicht
weit, und schied nicht für immer von ihr,
und sie durfte ihn zurückfordern, wenn er
sich in seinem neuen Verhältnisse unglück
lich fühlen sollte. —Und wirklich fand auch
Traug'ott seine schönen Erwartungen bald
getäuscht, und sehnte sich schon in den er
sten Tagen wieder in die stille Hütte der
Mutter zurück. War es dort auch ein
sam und einförmig zugegangen die
sorgsame Liebe hatte doch da gewaltet;
das empfand er erst jetzt, da er sie vermißte.
Für ein jugendliches Gemüth hat alles
Neue einen unbeschreiblichen Reiz. Wir
freuen uns, das Alte, Gewohnte, wenn es
uns auch noch so lieb ist, mit etwas Unbe
kanntem vertauschen zu können ; aber bald,
nachdem der erste Freudenrausch verflogen
ist, in welchen uns das Beschauen des
Fremdartigen, nach dem wir gehascht ha
ben, versetzt, erwacht die Sehnsucht nach
dem, was hinter uns liegt.
So kam es auch bald, daß Traugott die
Zeit als eine glückliche pries, während wel
cher er daheim bei der guten Mutter ge
lebt hatte. Es lag aber auch in seinem
neuen Verhältniß wirklich Vieles, das ihn
unangenehm berühren mußte, am drückend
sten jedoch war ihm der Stolz und die
muthwillige Laune, mit welchen der Jun
ker ihn behandelte. Er hatte gehofft, daß
diesen ein freundschaftliches Band an ihn
Wer Liberale Äeobacliter
Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.
knüpfen werde, denn in seinen Jahren
nimmt man es mit dem Standesunterschie
de nicht so genau ; auch gab sich Traugott
wirklich Mühe, die Zuneigung Ludwigs zu
verdienen und zu erwerben, aber dieser war
schon viel zu verwöhnt und verzogen, und
man hatte ihm von den Vorzügen des
Adels schon so viel vorgepredigt, des htö
richten Dünkels so viel ihm in den Kopf
gesetzt, daß er einen Niedriggebornen als
ein Wesen betrachtete, das kaum so viel
werth sei, als ein schönes Pferd, und daß
ein solcher Mensch nur deshalb geschaffen
sei, um der Lust und Wittkühr der Höher
gebornen zu fröhnen. Bei solchen Grund
sätzen des Junkers konnte es nicht fehlen,
daß Traugott sich manche Demüthigung
gefallen lassen mußte. Aber er ertrug sie
geduldig, denn er wollte-die Mutter nicht
durch Klagen betrüben und ihr gern die
Erleichterung der Nahrungssorgen, die ihr
durch seine Entfernung zu Theil wurde,
noch ferner gönnen. Auch hielt ihn ein
gewisses Ehrgefühl zurück, das Schloß so
bald schon wieder zu verlassen. ES sollte
nicht heißen, er sei ein verweichlichter Bu
be, ein verzogenes Muttersöhnchen, daS
sich nichlö wolle gefallen lassen, nichts thun
möge, und dayeim gern gern wieder faul
lenzen und den großen Herrn spielen wol
le. Alle diese Betrachtungen bewogen den
guten Jungen, zu bleiben und sein Leid
still und schwelgend zu ertragen, so sauer
ihm dieö auch ankam. Denn je geduldi
ger und dienstwilliger Traugott war, de
sto mehr wuchs der Uebermuth des Jun
kers ; ja sein Muthwille artete bisweilen
sogar in Mißhandlungen aus. Der arme
Müllerknabe wußte zwar, daß er einigen
Schutz beim alten Edelherrn finden wür
de, wenn er diesem seine Noth klagte;
denn Herr von Bibrach war zwar ein
stolzer und strenger Mann, doch er haßte
Ungerechtigkeiten. Aber Traugott ver
schmähte es, diesen Weg einzuschlagen,
sein gutes Herz wollte Ludwig keine Stra
fe bereiten, auch fürchtete er, dessen Haß
noch mehr zu erregen, und so duldete er lie
ber die fast unerträglichen Launen des Ue
bermüthigen. Sein einziger Trost, seine
Freude war, wenn er bisweilen eineStun
de bei seiner Mutter zubringen durfte, u.
diese ihn ihren lieben Sohn nannte, der
die Wonne ihres Alters sei. Sie vertrau
te ihm manchmal, daß der gnädige Herr
mit ihm zufrieden sei und ihr deßhalb sei
ne wohlwollenden Gesinnungen zu erken
nen gegeben habe. Da fand nun der gu
te Traugott stets einen schönen Lohn für
seine Ausdauer, und er ging dann beru
higt in seine Sklaverei zurück. Beinahe
ein Jahr lang ertrug er dieselbe, ohne
durch Klagen sein Herz zu erleichtern?
endlich bewirkte ein Vorfall, der ihm zur
Ehre gereichte, seine zwar nicht gnädige
Entlassung aus dem Herr schaftlichen Dien
ste, und wurde zugleich die erste Quelle der
traurigen Schicksale, mit denen er in der
Folge zu kämpfen hatte.
Eines Tages hatte ihn der Junker durch
unaufhörliche Quälereien bis zum höchsten
Unmuth gereizt, den er nur noch mit äu
ßerster Mühe zurückhalten konnte. Abends
spielten Beide auf dem Hofe, da ging
Frau Susanne, die etwas lahm war, nach
dem Schlosse. "Sieh da!" rief Ludwig
höhnisch, "da watschelt deine Mutter
Hinksuse, der will ich doch einmal einen
Possen spielen!" Und bei diesen Worten
kugelte er aus seinem Versteck der Müller
wittwe einen Stein zwischen die Füße, daß
diese, davon getroffen und verletzt, vor
wärts auf den Boden hinschlug. Ihrem
Schreckens- und Angstschrei folgte das
schallende Gelächter des Thäters. Trau
gott flog zu der Gefallenen hin, richtete
sie empor, und setzte sie auf eine nicht weit
davon befindliche Bank, als er aber den
Fuß verwundet und Blut daraus fließen
sah, da brach die Wuth gegen seinen Quä
ler, die er lange genug mit großer Selbst
bekämpfung niedergehalten hatte, unauf
haltsam hervor. Die eigene Mißhand
lung hatte er mit Engelsgeduld ertragen
können, die Kränkung der geliebten Mut-
"TVillig zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
Mttttslag öe« 25. Meöruar 1846.
ter aber konnte er ungestraft nicht sehen.
Er sprang zn dem hohnlachenden Junker
zurück, packte ihn bei der Brust und ver
setzte ihm einen Fauftschlag ins Gesicht,
daß er erschrocken zurücktaumelte und rück
lings zu Boden siel. Das Zetergeschrei
des Geschlagenen erfüllte nun die Luft und
lockte bald die gnädige Fraik Mama nebst
einem Theile der Dienerschaft aus dem
Schlosse. Alle wurden von Erstaunen und
Unwillen ergriffen, als Ludwig, vor Zorn
fast schäumend, erzählte, was ihm von sei
nem Jockei widerfahren war. Man be
griff kaum, wie es im Reiche der Möglich
keit liege, daß ein gemeiner Müllerbube es
habe wagen können, seine Hand gegen ei
nen adelig Gebornen zu erheben. Der
boshafte Muthwille, die schlechte That des
Junkers kamen in keinen Betracht, man
vergaß sie über den unerhörten Frevel des
Bedientenjungen. Vergebens waren die
Bitten der Frau Susanne; sie konnte von
ihrem Lieblinge eine harte Züchtigung
nicht abwenden, noch weniger verhüten,
daß er am nächsten Tage mit Schimpf und
Schande vom Schlosse gejagt wurde. So
wenig wurde ihm seine Treue und seine
bisher bewiesene Engelsgeduld zu gut ge
rechnet.
Wie wohl war dem armen Jungen, als
er wieder in dem kleinen Häuschen der
Mutter schlief. Hierher hatte er sich ja
längst zurückgesehnt, nur hätte er ge
wünscht, es nicht nach einem so ärgerlichen
Vorfalle wieder beziehen zu müssen. Er
wußte zwar, daß nur die Bewohner des
Schlosses ihn verdammten, daß hingegen
der größte Theil der Dorfbewohner ihn
gewiß entschuldigen, wo nicht gar rechtfer
tigen würde, denn Jedem war des Junkers
Bosheit und Muthwille bekannt, und es
gab Wenige, die nicht selbst ein Pröbchen
davon erfahren hatten. Dennoch hatte
der vierzehnjährige Knabe schon Ehrge
fühl genug, daß es ihm wehe that, auf
keine ehrenvolle Art aus seinem ersten
Dienstverhältnisse getreten zu sein. Doch
über dieses unangenehme Gefühl tröstete
ihn das süße Bewußtsein, daß Kindesliebe
ja nur allein die Triebfeder zu jener über
eilten, doch nicht ungerechten Handlung
gewesen sei, die seine Beschimpfung zur
Folge gehabt hatte. Und bald vergaß er
auch die auf dem Edelhofs ihm zugefügte
Schmach, denn Niemand erinnerte ihn dar
an, weil Alle, mit denen er umging, sein
gutes Herz kannten. Seine Mutter aber
schien ihn seit jenem Vorgange nur noch
zärtlicher zu lieben, und hierin fand Trau
gott die schönste Rechtfertigung seiner
That. So verlebte er wieder ein glückli
ches Jahr im kleinen Häuschen. Den E
delhof mied er sorgfältig, und wenn er
einmal zufällig dem Junker begegnete, so
ging er ihm weit aus dem Wege.
Es kam nun die Zeit heran, wo er sich
zur Wahl seines künftigen Lebenö-Verufs
entschließen mußte. Er fühlte große Nei
gung, das zu werden, was sein Vater einst
gewesen war, und mit Freuden gab Frau
Susanne ihre Zustimmung. Der Gedan
ke, daß sie einst, wenn ihr Sohn zum Ma
nne herangereift sein würde, in eine Müh
le werde einziehen, und sich dort noch ein
mal die Tage ihres Glückes recht lebhaft
werde zurückträumen können, hatte für
die Wittwe einen ganz besondern Reiz.
Traugott zog nun in das Haus, in wel
chem er geboren war und in dem er die
ersten Jahre seiner Kindheit verlebt hatte,
als Lehrling ein. War gleich jene Zeit
die schönere gewesen, so konnte er doch die
Gegenwart nicht trüb und unfreundlich
nennen; denn er hatte es gut bei seinem
Meister, und wurde von diesem nach und
nach, jemehr er sich durch Fleiß und sittli
ches Betragen beliebt machte, wie ein Ver
wandter, ja beinahe wie ein Sohn gehal
ten. Wie glücklich fühlte Traugott sich
auch hier, wo ihm für seinen redlichen Ei
fer aufmunterndes Lob, für ein Versehen
höchstens ein sanfter belehrender Verweis,
nie aber eine Demüthigung, noch weniger
eine Beschimpfung zu Theil wurde. Die
se Zufriedenheit mit seinem neuen Ber-
Hältnisse sollte aber nach einiger Zeit noch
durch einen eigenthümlichen Reiz erhöht
werden. Der Müller nämlich, dessen E
he Kinderlos war, nahm das Schwester
kind seiner Frau, ein vaterloses Mädchen
von 15 bis 16 Jahren, zu sich ins Haus,
um ihm die Rechte einer Tochter zu geben.
Röschen, so hieß die Abkömmlingin,
war eine lieblich aufblühende Jungfrau,
die an Zartheit und einnehmendem Wesen
alle Mädchen des Dorfes Erlau, auch die
hübschesten, weit übertraf. Sie hatte zwar
bisher in einer nicht unbedeutenden Stadt
gelebt, war aber so natürlich, so Anspruch
los, so fremd von aller Ziererei und Mo
desucht geblieben, alö ob ein stilles Alpthal
ihre Heimath gewesen wäre. Bald war
das niedliche Müllermädchen der fast aus
schließliche Gegenstand des Gesprächs al
ler jungen Burschen deö Dorfes, und Je
der derselben freute sich schon im Stillen
auf das nächste ländliche Fest, um mit dem
allerliebsten Kinde einmal zu tanzen oder
gar unter vier Augen sprechen zu können ;
denn bis jetzt hatte Keiner Gelegenheit
gehabt, sich ihr zu nähern, da man sie nur
ur der Kirche oder auf dem Kirchwege, und
dann nur stets an der Seite ihrer Ver
wandten gesehen hatte. Wie glücklich
priesen nun alle den Traugott, denn ihm
war es vergönnt, das hübsche Röschen al
le Tage zu sprechen, vielleicht gar mit ihr
zu liebkosen. Ach nein! daS letztere trau
ten seine Jugendgefährten dem ehrlichen
Jungen nicht zu, der immer einige Schüch
ternheit gegen die ländlichen Schönen ge
zeigt, nie einem Mädchen tief in die Au
gen geschaut hatte. Aber diesmal irrten
die Kameraden des ehrlichen Jungen doch.
Bisher war nur die Rechte ihm nicht er
schienen. Jetzt, da diese gekommen war,
guckte er ihr, ach! nur zu rief in die hel
len blauen Schelmenaugen, und war in der
That glücklich zu preisen, denn Röschen
nahm die unerhörte Dreistigkeit des bis
her so blöden Jünglings gar nicht übel.
Und alö nun das erste ländliche Fejt er
schien, da sahen sich Die, welche sich Rech
nung gemacht hatten, eine vertraulichere
Bekanntschaft mit dem hübschen Müller
mädchen anknüpfen zu können, in ihren
Erwartungen betrogen, und erkannten,
daß der ehrliche Junge Zeit und Gelegen
heit wahrgenommen hatte, und ihnen zu
vorgekommen war; denn Röschen tanzte
größtentheils nur mit dem überglücklichen
Traugott, war gegen die Andern zwar
nicht unfreundlich und ungefällig, erwie
derte aber deren zuvorkommendes Betra
gen entweder gar nicht, oder nur leicht hin,
und schien überhaupt bloß Aufmerksam
keit für ihren Hausgenossen zu haben, so
daß die Verschmähten nicht anders schlie»
Ben konnten, als daß zwischen dem Sohne
der Müllerwittwe und dem Pflegkinde des
jetzigen Mühlenmeisters ein recht vertrau
liches Verhältniß herrschen müsse.
Und dem war auch so. Wie sich das
eigeleitet und fortgesponnen hatte, das
wußten die jungen Leutchen selbst nicht
recht, und doch gehörte es keineswegs zu
den Wundern der Zeit, und es war Alles
wahrscheinlich ganz natürlich zugegangen.
Röschen hätte ja blind sein müssen, wenn
sie nicht den schlanken und dabei kräfti
gen Jüngling, auf dessen offenem, freund
lichem Gesicht die Farbe der Gesundheit
blühte, hätte hübsch finden sollen. Sie
hätte schon verliebt sein müssen, ehe sie in
das Haus ihres Vetters und zweiten Va
ters kam, wenn sie nicht den wackern Trau
gott bald liebgewonnen hätte, den Jeder
lobte, und von dessen Reinheit und Her
zensgüte sie sich selbst täglich zu überzeu
gen Gelegenheit hatte. Und der Müller
bursche hätte auch keine Augen im Kopfe
haben müssen, wenn sein Herz beim An
blicke der schönen Hausgenossin so ruhig
geblieben wäre, wie sonst. Es ging al
so ga; natürlich und ohne Wunder und
abentheuerliche Fügungen des Schicksals
zu, daß Traugott und Röschen ein Liebes
paar wurden. Ihre gegenseitige Zunei
gung war Anfangs noch sehr kindlich, ja
fast kindisch; doch auch dann blieb sie rein
26.
und unschuldsvoll, als Beide sich ihres G
efühls klarer und deutlicher bewußt wurden.
Sie schämten sich dieses Gefühls nicht, und
maren weit entfernt, es scheu vor den Men
schen zu verbergen, denn sie glaubten, das,
was sie empfanden und thaten, müsse so
sein; und sie thaten auch nichts, worüber
sie zu erröthen nöthig gehabt hätten.
Meister Steffen der Müller und seine
Frau merkten wohl bald, waö sich zwischen
den beiden jungen Leutchen zugetragen
hatte, aber sie ärgerten sich darüber nicht;
ja sie freuten sich im Gegentheil, daß es so
gekommen war. "Laß den Jungen das
Mädel immer lieb haben,'' sagte der wack
re Mühienmeister; "mir ists ganz recht.
Schlechte Streiche haben wir von ihm nicht
zu fürchten, dazu ist er zu ehrlich und
fromm; eine unschuldige Liebe aber be
wahrt vor andern Leidenschaften. Wir
sind nicht thöricht oder unvorsichtig zu nen
nen, wenn wir eine solche Neigung nicht
wehren; denn sie kann und soll mit mei
nem Willen zu einem guten Ende führen.
Röschen wird doch einmal unsere Erbin;
denn ich glaube doch nicht, Frau, daß du
es der alten Sara, der Stamm-Mutter
der Juden, nachmachen wirft. Wem aber
möchte ich das Mädel lieber gönnen, als
dem fleißigen und treuen Traugott, von
dessen Mutter ich diese Mühle unter so
billigen Bedingungen gekauft habe, und
dem ich, wenn ich es streng und gewissen
haft nehme, deshalb noch einigen Ersatz
schuldig bin. Nun dieser Ersatz soll dem
braven Jungen werden, wenn es Gott
nicht etwa wider meine Einsicht anders fügt.
(Fortsetzung folgt.)
Privat - V e rg nüg e n.—Mehre
re Spaßvögel scheinen Individuen in ver
schiedenen Theilen des Staates Pennsyl
vanien dadurch in den April geschickt zu
haben,daß sie ihnen unter dem Namen von
Gouvernör Porter Commissionen für die
Stelle des General-Adjutanten zuschick«
ten, mit der Bemerkung, daß der jetzige
Inhaber dieses Amtes resignirt habe. Un«
ter andern erhielt ein Herr in Philadel
phia eine dieser Commissionen, welcher in
seiner trunkenen Freude eine zahlreicheGe
sellschaft von Freunden zu einem Schmau»
se einlud, um sich mit ihm zu freuen. —
Sie verbrachten einen äußerst vergnügten
Abend zusammen, während welchem der
neue General Adjutant der Gegenstand
vieler Toaste war. So weit war AlleS
recht schön und herrlich; aber am andern
Tage präsentirte sich der neue Adjutant
bei dem General Diller mit seiner Com
mission. wo er erfuhr, daß derselbe nicht
resignirt habe und daß die fragliche Com-
Mission eine gefälschte sei. Das Siegel
war mit einem Thaler aufgedrückt unv
alle Unterschriften waren falsch. Die Ge»
fühle des Herren lassen sich leicht denken.
Ztg.
Tra u rig. Drei junge Männer,
Namens Braun, Hodge und Porter, von
Tylerville, Neu Vork. unternahmen am
vorletzten Donnerstag Morgen eine Jagv-
Partie. Als sie Nachmittags 2 Uhr zu
rückkehrten und etwa 20 Ruthen von der
Wohnung VeöHertn Simon Oak entfernt
waren, ging gerade dessen älteste Tochter
aus dem Hause in ein Nebengebäude.
Braun legte seine mit einer Kugel gelade
ne Flinte auf einen Stamm, feuerte, um
das Mädchen zu erschrecken, sie nach der
Thür des Gcbäudes IoS, unterhielt sich
noch einige Zeit mit seinen Kameraden
durch Schießen nach dem Ziele, und ging
dann heim. Abends 6 Uhr fand matt
Hrn. OakS Tochter todt und steif gefro
ren auf dem Boden des Nebengebäudes
liegen. Die Kugel war ihr durch dieLun»
ge gedrungen. Die ganze Nachbarschaft
wurde durch den Tod dieses 19jährigen,
liebenswürdigen Mädchens in Bestürzung
und Trauer versetzt. Braun, der Mör
der, wude verhaftet und von RichterCrit»
ten unter 81000 Bürgschaft gestellt, (ib.