Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, December 03, 1844, Image 1

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    Me«v i n s, Wenn. Gedruckt und herausgegeben von Axn o l d Puwell e, in der Sud 6ten Strasse, Ecke der Sherry Alley. Beh m' s Wlnhsbaus-Hof gegenüber.
Jahrgang 6, 274.
«. 5 i .. .1 , Der «ltiernle erscheint jeden Dienstag auf einem grossen Superial-Bogen mit schönen Lettern gedruckt. Der Subscriptions-Preis ist E i n Tha l e r des Zahrs, welcher in Elfjähriger Dor-
kblun/.rb telnn Wer?... nicht bezal.lt, werden Vi 5,.. angerechnet. Für kürzere Zeit als 6 Monat wird kein Unterschreit angenommen, und etwa.ge Aufkündigungen werden "»r dann angeno^
inen M vor Ablauf Lubscriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und sur den gewohnlichen preis eingeruckt. Unterschreibern
M hiesig!? wird geschickt, weitere Versendungen geschehen durch du-Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreiber. und Mitthe.lungen müssen postfre . e.ngesandt werden.
Weibliche Standhaftigkeit,
oder
Geschichte der Herzogin von C.. .
(Von ihr seil',! beschrieben.)
(Fo, lfttz»»a )
Der Theil des Kerkers den ich b->woh
nen sollte, war mit dicken Matten umhan
gen und abgesondert, um Kälte, Nasse
und dergleichen Dinge von mir ab
zuhalten, denn der Barbar der mich zu
diesem Schreckensaufenthalte verwies hat
te Vorsicht gebraucht mein Leben darin zu
erhalten. Nachdem ich nur Aufmerk
samkeit die Szene die mich umgab betrach
tet, kehrte ich mich zu meinem grausamen
Kerkermeister, und ließ meinen Haß, den
ich so lange in mir verschlossen und den er
so ganz verdiente, völlig gegen ihn aus.
Ich hielt ihm seine unbeschränkte Grausa
mkeit vor, und sagte ihm, was für einen
Widerwillen und welche Verachtung ich
gegen ihn fühle. Er hörte mich eine
Zeitlang mit sichtbar unterdrückten Rache
gefühlen an, bis er nicht mehr fähig war
sich zu bemeistern, dann brach aber die gan
ze Macht seiner Leidenschaft über mich los,
und darauf verließ er mich plötzlich Von
der Zeit an betrat er mein Gefängniß nie
mehr; er klopfte am Thurme bis ich ihm
antwortete, und ging dann fort ohne mit
mir zu sprechen. Ich bereute bald, daß
ich durch meine Vorwürfe seinen Haß ge
gen mich noch erhöht habe; ich bedachte
daß er Vater meines Kindes sei, und daß
das liebe Kind in seiner Gewalt sei. Ue
berdies hatte ein Hoffnungsstrahl sich in
mir erhalten, trotz meiner schrecklichen La
ge ; jemehr ich nachdachte, je wahrscheinli
cher fand ich es daß er wirklich im Sinne
habe mich hier auf immer gefangen zu
halten; ich hoffte sogar daß er meinen
Tod nicht ausgebreitet, sondern einen an
dern Weg gefunden hätte, denMchsuchun
gen meiner und seiner eigenen Familie
zuvorzukommen, und es somit in seiner
Gewalt habe, mich gefangen zu halten o
der dem Tageslichte und der Welt wieder
zugeben, wie und wann es ihm beliebe. —
Wie konnte ich glauben daß er sich selbst
in die unangenehme Nothwendigkeit gesetzt
habe, nur jeden andern Tag meine Gefan
denkost zu reichen; da dieses ihn nöthigte
nie über drei Tage von diesem Castell ab
wesend zu sein, indem er Niemand das Ge
heimniß anvertraute ? Ich glaubte nicht
daß seine Rachbegierde ihn einem Joche
unterwerfen könne, welches die feurigste
Liebe für beinahe unerträglich gehalten
haben würde. —Diese Ideen weckten end
lich in mir den Glauben daß seine Rache
Grenzen habe, und in dieser Hoffnung re
dete ich ihn an, so oft er an den Thurm
klopfte, und flehte sein Erbarmen an und
versicherte meine Unschuld, obwohl er mir
nie antwortete.
Da ich m der tiefsten Dunkelheit war,
so kann ich nicht sagen wie lange dieses
mag gedauert haben; die Hoffnung und
mit ihr zugleich die Vernunft veilißen mich
endlich ganz. Ich klagte die Vorsehung
an und murrte gegen die Zulassung Got
tes. Meine Vernunft, völlig vom Kum
mer niedergedrückt, verlor ihre Kraft und
Grundsätze und ich siel völlig in die schreck
lichste Verzweiflung. Ich wagte sogar zu
denken, daß die Große meines Elends mich
entschuldige, wenn ich meinem Dasein selbst
ein Ende mache, als ob ich ein heiliges
Band hätte auflösen tonnen weil es nicht
länger angenehm war. Entschlossen zu
sterben, nahm ich in zwei Tagen keine
Nahrung zu mir und ging dem Thurme
nicht nahe; der Herzog klopfte und rief
vergeblich, ich antwortete ihm nicht, doch
endlich trat er mit einer Laterne in mein
Gefängniß. Unerachtet des Abscheu's den
ich beim Anblicke seiner Person fühlte,
freute ich mich doch, einmal wieder Licht
zu sehen, aber ich sagte nichts. Er bot
mir an meine Gefangenschaft zu erleich
tern mit Büchern, Licht und bessern Un
terhalt zu erlauben, ich solle ihm nur den
Namen sagen, nachdem er mich oft gefragt
habe. Bei diesem Anerbieten sah ich ihm
scharf inö Gesicht und antwortete mit der
Der Liberale Beobachter
Und Berks, Momgomery und Schnylkill Cannties allgemeiner Anzeiger.
größten Verachtung: Nun da du alle
Bande, die uns vereinigten, zerrissen haft,
ist mein Herz wieder frei, und gibt den
Gefühlen, gegen die ich mich einft verwah
ren mußte, ohne Vorwurf Gehör; der
Gegenstand den du von mir zu wissen ver
langst, um ihn deiner Rache aufzuopfern,
ist mir jetzt werther als je und mein letzter
Seufzer soll für ih n sein. Nun ur
theile, ob ich ihn dir nennen werde.
Also, erwiederte der Herzog, jeder Ge
danke an Religion ist in deinem Herzen
erloschen; du nährst eine ehebrecherische
Leidenschaft in deinem Herzen und bist des
Lebens überdrüssig? Wie Barbar! bin
ich noch dein Weib ? Wagst du es mich so
zu nennen? Du hast mich in diese Hölle
vergraben und erscheinst in Trauer vor
mir? ZS ist wahr ich bin nicht standhaft
genug dieses Leben iänger zu ertragen, a
ber der Gott der alles hört, wird uns rich
ten und nur dich strafen, denn du zwingst
mich zu diesem Schritte der Verzweiflung.
Begehe ich wirklich in meiner jetzigen La
ge eine Sünde, so mußt du sie verantwor
ten. ES ist wahr, kein Sterblicher kann
mein Wehklagen und Heulen hören, aber
keine noch so tiefe Höhlen, keine noch so
dicke Mauern können den Allmächtigen
hindern, das Wimmern der unterdrückten
Unschuld anzuhören ! Zittere vor dem Ge
danken daß er uns auch jetzt hört. Mir
vergibt er, aber gegen dich ist sein gerech
ter Arm aufgehoben.
Bei diesen Worten stand er plötzlich auf
und sah mich wild an. Ich genoß eiwcn
Augenblick das Vergnügen seine abscheu
liche wilde Seele mit Schrecken zu erfül
len. Bleich, niedergeschlagen, verwirrt
und mit zu Boden gehefteten Augen stand
er eine Zeitlang in tiefem Stillschweigen;
endlich brach er aus : "Lege mir das Elend
welches du leidest nicht zur Last—du warst
schuldig, ich habe die ausdrücklichsten Be
weise davon ; du selbst konntest sie nicht
ableugnen, und doch strafte ich dich nicht,
bevor ich dir hundertmal Verzeihung an
geboten hatte; ja ich biete dir jetzt noch
Linderung deiner Strafe an, aber du
schlägst es aus. Ja! wenn du gewollt
hättest, trotz deiner Ungläubigkeit und dei
nes Widerwillens gegen mich, könntest du
noch in meinem Pallaste und noch bei dei
nem Kinde sein." Ach mein Kind! siel
ich ein, ist es noch am Leben? was ist aus
ihr geworden?—" Sie ist bei deiner Mut
ter." —Ist sie denn wirklich nicht mehr in
deinen Händen? Der Herzog sah daß
dieser Gedanke mir neues Leben gab, zog
einen Brief von meiner Mutter aus seiner
Tasche und erlaubte mir zu lesen. Dieser
Brief, welchen ich mit Thränen benetzte,
lautete also:
"Meine Enkelin kam gestern Abend hier
an ; wie soll ich die verschiedenen Empsin- >
düngen meiner Seele ausdrücken da ich sie
umarmte. Und geben Sie dieselbe mir
denn wirklich ? Ich fühle daß ich sie.schon
unbeschreiblich liebe, sie kann mit dem Le
ben wieder aussöhnen, aber trösten kann
sie mich nicht. Ach! wie kann ich ohne
Schmerzensthränen die Freude genießen
noch einmal Mutter zu sein; nach dem
Verluste den ich erlitten habe? Auf wel
ches irdische Gut kann ich mich verlassen?
Nächsten Sommer will ich sie besuchen und
Ihre Tochter mitbringen, da Sie sich von
Ihrem traurigen Aufenthalte nicht entfer
nen können, weil er Ihren Kummer lin
dert und ihnen so theuer ist. Ich will su
chen Muth zu fassen zu Ihnen zu kom
men und einige Monate bei Ihnen zu ver
weilen, und ich werde dann auch das
stattliche Denkmal sehen, das Ihre Liebe
errichtet hat, zum Andenken eines Gegen
standes der uns allen so theuer ist.--Viel
leicht finde ich da das Ende meines Kum
mers; denn wie kann eine Mutter das
Grab ihres einzigen Kindes zu schauen
überleben? Doch ja ich will leben die
Religion legt es mir auf, und Natur selbst
verlangt es. Ich will leben des Kindes
wegen daß Sie meinerSorgfalt anvertraut
haben. Wie soll ich je erkenntlich genug
sein für die Größe dieser Aufopferung?-
"IVillig zu loben und ohne Lurcht zu tadeln."
öe« 3» 1844.
Wie theuer muß sie Ihnen sein! sie hat
alle Gesichtszüge ihrer Mutter, alle ihre
Reize; das heißt mir meine Tochter in ih
rer Kindheit wiedergeben! Ach welche
trostreiche Vorstellung! Unglückliche
Mutter, du hast keine Tochter mehr, und
doch kann die Größe ihres Jammers dich
nicht von der mühsamen Bürde des Le
bens befreien."
Gleich nach Lesung dieses Briefes siel
ich auf meine Kniee und rief aus: Ach
mein Gott! ist denn mein Kind bei mei
ner Mutter! und diese zärtliche Mutter
will nur für sie leben ! Ach Gott, ich dan
ke daß du nur mich gezüchtigt hast ! Nun
überlasse ich mich dem Schicksale, vergib
mir mein närrisches Murren, mache glück
lich die ich liebe und verlängere die schmerz
hafte Zeit meines Daseins, so lange es
deine göttliche Weisheit für gut findet. —
Nachdem ich dies gesagt hatte, siel ich zu
rück auf mein Stroh ; der Herzog bot mir
Nahrung an, ich genoß etwas davon dann
verließ er mich, und seitdem hab ich ihn
nie mehr gesehen.
Eingedenk dieses meines Gelübdes, trug
ich Sorge für mein Leben. Der Gedan
ke daß mein Gebet und meine Ergeben
heit Segen auf meine Mutter und mein
Kind bringen würde, belebte mich auf's
Neue und stärkte meinen Muth; mein
ganzer noch übriger Kummer entsprang
aus dem Andenken an meine Fehler. Ich
gewöhnte mich, zu denken, ich habe mein
Leiden selbst verursacht; ich setzte nicht das
Zutrauen in meine Mutter, das ich in sie
hätte setzen sollen. Sobald ich aufhörte
sie um Rath zu fragen, ging ich irre.
Gott, um mich zu strafen, verblendete mei
ne Eltern in der Wahl eines Mannes für
mich, den ich nie lieben konnte, und doch,
wenn ich nur noch auf die Warnungen
meiner Ueberzeugung gehorcht hätte, so
hätte ich glückl ch sein können; aber statt
zu versuchen eine strafbare Leidenschaft zu
unterdrücken, nährte ich sie im Geheimen
und unterstand mich sogar in den unver
nünftigsten Briefen, die meinen Unter
gag bewirkten, die Stärke dieser Leiden
schaft auszusprechen, und mich über einen
Mann zu beklagen, den ich in demselben
Augenblicke beleidigte. Diese Vorwürfe
preßten mir Strome von Thränen aus,
und dennoch fand ich ein schmerzhaftes
Wohlgefallen darin, auf diese Art meine
Irrthümer zu berenen, und durch den
Schmerz den ich hierüber empfand schie
nen mir dieselben verringert. Reue über
Laster entnervt uns ; aber Leidwesen über
eine unwillkührliche Schwachheit hat nicht
die Bitterkeit; es ist ein tugendhaftes
Gefühl, welches uns über unsere Fehler
tröstet, und auf eine Art mit uns selbst
aussöhnt.
Von Allem beraubt, geschieden von der
ganzen Schöpfung, ergab mein Herz, das
für Liebe geschassen war, sich ganz dem
hohen Gefühle, welches allein das Leben
erträglich machen konnte. Die Religion
lehrte mich, den unerschöpflichen Trost zu
fühlen, welchen sie allein geben kann und
bannte unveruie.ckt jene unglückliche Lei
denschaft aus meinen Herzen, die die Ur
sache meines Unglücks war. Sie gab mir
durch die Länge der Zeit dasjenige, was
menschliche Weisheit und Philosophie nicht
geben können: den Muth eine neunjäh
rige Gefangenschaft in einer unterirdi
schen, für das Tageslicht unzugänglichen
Höhle, ohne Murren zu ertragen, ohne zu
verzweifeln; doch muß ich gestehen daß
meine Leiden während den ersten zwei bis
drei Jahren so groß waren, daß die
Zurückerinnerung daran mich jetzt noch
schaudern macht. Die Zeit, wo ich ver
muthete daß meine Mutter und Tochter
in dem Schlosse seien, wo ich gefangen saß,
war eine äusserst traurige, und es waren
die kümmerlichsten Tage die ich während
meiner langen Gefangenschaft gehabt ha
be. Mein Herz wollte brechen wenn ich
bedachte daß sie so nahe bei mir wären, oh
ne daß ich im Stande war, die geringste
Hoffnung zu hegen sie je wiederzusehen!
i Oft rief ich unwillkührlich aus : Ach! mei-
ne Mutter, du beweinst meinen Tod da ich
noch lebe; gerechter Himmel, bist du ent
schlossen ihre Thränen zu trocknen? sie
weint sie am Busen meines Verfolgers u.
Mörders! Der Platz den man dir als
mein Grab zeigt, ist es leider nicht! du
gehst über mein wirkliches Grab ohne es
zu wissen, und siehst mit trocknen Augeu
auf den Felsen der es verbirgt! Vielleicht
wanderst du in der stillen Finsterniß der
Nacht, wenn du nicht ruhen kannst, dicht
bei meiner Höhle vorbei! Vielleicht sit
zest du in diesem Augenblicke durch ein
Ungefähr neben der Schreckensthür, die
für mich auf immer verschlossen ist! Ach!
wenn es so ist, denkst du gewiß an deine
unglückliche Tochter; du beweinst sie und
kannst ihre Stimme nicht hören da sie dich
ruft! Diese traurigen Vorstellungen
nagten an meinem Herzen und verwirrten
oft meine Sinne. Auf derartige Aufre
gungen folgte gewöhnlich eine Stumpf
heit und Gedankenleere, die mir schreckli
cher schien al?die Verzweiflung selbst; je
mehr aber die Religion in meinem Her
zen wurzelte, so wurden diese Anfälle we
niger schrecklich und ich fand unbeschreib
lichen Trost im Gebete. Die Gedanken
welche für die Menschen gewöhnlich am
traurigsten sind, waren mir die angenehm
sten ; mit welchem Vergnügen dachte ich
an die Kürze dieses Lebens? mit welcher
Gelassenheit sah ich dem Tode entgegen?
Ist der Glücklichste unter den Sterblichen,
sagte ich, vollkommen zufriedengestellt mit
den geringen und eingebildeten Vergnü
gungen dieser Welt ? Er ist mehr beschäf
tigt mit einer Zufriedenheit und Glückse
ligkeit auf die er wartet, als die in deren
Besitze er ist; mitten in den Ausbrüchen
seiner Freude, beschäftigt sich seine Ein
bildungskraft mit der Zukunft. Aber
was für ein Unterschied ist's, ob er reich
oder arm geboren wird? ob seine Hoff
nungen in Erfüllung gehen, oder ob sie
fehlschlagen? Wird er nicht immer neue
Entwürfe und Pläne machen, weil er die
Gegenwart nicht zu benutzen weiß? Hat
er gelernt zufrieden zu sein ? Warum soll
te ich mich so sehr grämen über die Ent
behrung solcher Dinge, deren Genuß den
Menschen nicht glücklich machen kann?
Es ist wahr, ich muß meine übrigen Ta
ge in dieser traurigen Dunkelheit zubrin
gen ; meine gespannteste Einbildungskraft
kann doch nichts vor sich schen als eine
lange traurige Nacht! Laßt uns also bloß
an Morgen denken! Laßt uns dieses ver
gängliche Leben vergessen und blos an die
Ewigkeit denken ; laßt uns die Leiden der
Gegenwart vergessen, da sie durch unsterb
liche Freuden ersetzt werden. Laßt uns
alle unsere Hoffnungen und Wünsche ver
einigen auf den einzigen Gegenstand, der
werth ist unsere Herzensneigung auf sich
zu lenken und zu fesseln.
Bei dergleichen heilsamen Betrachtun
gen, vergaß ich oft mein Schicksal, und
war endlich in dasselbe ganz ergeben. So
bald ich Meister über mich selbst und mei-
Vernunft war, wurde mein Gram nicht
nur erträglicher, sondern ich schien mich so
gar mit der Dunkelheit auszusöhnen und
erfand Beschäftigung für mich selbst.
Einen großen Theil der Zeit ging ich in
meinem Gefängnisse spazieren, machte
Verse und wiederholte sie laut. Ich hat
te eine schöne Stimme, und da ich auch
Musik verstand, so komponirte ich meine
Lieder, welche zu singen und auf das Echo
zu horchen, das meine Worte wiederholte,
eine meiner Lieblingsbeschäftigungen war.
Mein Schlaf war ungestört und in mei
nen Träumen pflegte ich meine Eltern
und mein Kind zu sehen ; immer glücklich
und zufrieden. Oftmals fand ich mich
versetzt in prächtige Palläste und schöne
Gärten, wo ich wieder Bäume, Blumen
und den schönen Himmel sah; und diese
schmeichlerischen Vorstellungen gaben mir
alles zurück was ich verloren hatte. Wahr
ist es, ich erwachte mit einem Seufzer, a
ber ich legte mich mit Vergnügen wieder
zum Schlafen ; und selbst wenn ich erwach
te, war die Freude meinem Busen nicht
senke 14.
gauz fremd. Meine Einbildung wurde
unter der Aufsicht des höchsten Wesens er
haben ; und ich tröstete mich damit daß
meine Geduld und Ergebenheit in Gottes
Willen, mich in seinen Augen weniger
strafwürdig machten. Er war ein Zeuge
aller meiner Handlungen, er hörte mich,
sprach mit meinem Herzen, gab mir Muth
und ich fühlte mich nicht länger mehr al
lein in meinem Kerker.
(Fortsetzung folgt.)
Die humoristische Seite der Rechnen
kunst in einem seltsamen Testa
mente erläutert.
Ein Rechnenlehrer in Straßburg, der
vor einiger Zeit starb, hinterließ ein Te
stament folgenden Inhalts: „Mein viel»
geehrter Großvater, Prosperus, unterich
tete mich im Schreiben und Rechnen- Als
ich kaum 8 Jahre alt war. bewies er mir
einst, daß, wenn man die fünfprocentigen
Interessen jährlich zum Capital schlage,
sich dasselbe in 100 ?ahrn 131 Mal ver.
mehren müsse- Die Aufmerksamkeit, mit
welcher ich ihm zuhörte, scbiem dem alten
Manne zu gefallen; er zog plötzlich 25
Livres aus seiner Tasche und sagte mit ei
ner Begeisterung, welche mir noch jetzt
vor Augen schwebt: Mein Kind, erinnere
dich, so lange du lebst, daß mit Oekono
mie u.ld Rechnenkunst dem Menschen auf
der Welt nichts unmöglich ist. Hier schen«
ke ich dir 25 Livres, trage sie zu einem
Kaufmanne, meinem Freunde, der sie auS
Gefälligkeit für mich in seinen Handel
nehmen wird. Jährlich sollst du die In
teressen dazu schlagen, und dann einst bei
deinem Tode für die Ruhe deiner und mei
ner Seele eine fromme Stiftung davon
gründen. Seinem Befehle habe ich Fol»
ge geleistet. Aus den 25 Livres sind seit
jener Zeit-etwas über 02 Jahre—soo
Livres geworden, die ich, kraft dieses, in
fünf gleiche Theile dividire, und verordne,
daß sie, gleich der Stammsumme meines
Großvaters, immerfort zu Zinses Zinsen
ausgethan bleiben, jedoch so. daß alle 100
Jahre nur ein Fünftheil gehoben und an
gewendet werde. Das erste Fünftheil
wird in 100 Jahren so viel betragen, daß
ein Morast, der neben meinem Geburtsor
te liegt, urbar gemacht werden kann. Vom
zweiten Fünfthtil, 100 Jahre später, sol
len 80 Preise zur Aufmunterung der Wis.
senschaften des Ackerbaues u. s. w. gestif
tet werden. Vom dritten Fünftheil, 100
Jahre später, sollen im ganzen Reiche pa
triotische Leihhäuser angelegt werden,wel
che jedem fleißigen und redlichen Bürger,
ohne Interessen, Vorschüsse macben. Fer
ner soll man in den vornehmsten Städten
12 Kunstsammlungen und 12 öffentliche
Bibliotheken gründen, jede derselben soll
100,000 Livres jährliche Renten haben,
um 40 verdienstvolle Gelehrte zu unter
halten. Vom vierten Fünftheil, 100 lah
re später, sollen 100 neue Städte gebaut
und jede mit 150,000 Menschen bevölkert
werden. Man könnte einwenden, daß in
ganz Europa nicht so viel baares Geld
vorhanden sei; aber ich überlasse den Exe«
cutoren meines Testaments, das Geld nach
Belieben in Jnmobilia zu verwandeln.-
Endlich vom letzten Fünftheile, nach Ab
lauf von 500 Jahren, sollen zuerst unsere
eigenen Staatsschulden und dann, wenn
es zureicht, die Sulden der Engländer be
zahlt werden, aus Dankbarkeit für New
ton's schönes Werk, die Universal Rechen
kunst betitelt. Die Executoren des Te
staments, sechs an der Zahl, sollen aus den
redlichsten Männern gewählt werden, und
jeder soll sterbend seinen Nachfolger er
nennen. Für ihre Bemühung mögen sie
bei Hebung des vierten Fünftheils einen
kleinen Bruch von 32 Millionen unter sich
theilen. Adler.
Scheinräthsel. Von hinten klingt'S
wie Affe, Von vorne ganz, wie Maul; —
das Ganze ist ein Lasse, gedankenlos und
faul.