Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, June 18, 1844, Image 1

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    NeerV i N g, Wenn. Gedruckt und herausgegeben von Arnold Pu welle, iu der Snd 6ren Strasse, Ecke der Cherry Alley,B ehm' s Wirchshaus-Hof gegenüber.
Jahrgang 6, ganxe 250.
Bedingung« N.-Der Nldernle IZrodiltlrter erscheint jeden Dienstag auf einem grossen Superial-Bogen mit schönen Lettern gedruckt. Der Subscriptions-Preis ist Ei n Thaler des Jahrs, welcher in halbjähriger Voraus«
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Zur Unterhaltung und Belehrung.
Die Trauung.
Die Insel Seeland ist gegen Nordwe
sten durch eine schmale, wüste, sandige
Landstrecke mit einer Halbinsel verbunden, l
die anmuthig, fruchtbar, mit Dörfern be-
deckt ist, und einen eigenen Bezirk (Ols-!
herred) bildet. Aber jenseits der einzigen
kleinen Stadt der Halbinsel ragt ein Theil
derselben in das wilde Kattegat hinein.
Es bildet eine G.gend von einem furchtbar
öden und wilden Ansehen. Der Flugsand
hat allen Pflanzenwuchs verdrängt. Be
wegliche Sandhügel, daS Spiel der Stür
me, die von dem rauhen Meer ungehindert
über das Land sausen, verändern forrdau- i
ernd ihre Stelle, entstehen, verwehen, und
häufen sich an einem andern Orte wieder
an. Ich brachte, die Gegend durchreisend, !
> hier eine Stunde zu, die mir ein unver-
geßliches Bild der wildesten Zerstörung
hinterließ, und nicht ohne Gefahr war.
In dieser traurigen Geg.nd war vor
Zeiten ein Dorf, Rorwig, etwa eine Vier-!
telmeile vom Ufer entfernt. Der Flug- j
sand hat das Dorf verschüttet, die Ein-!
wohner, meist Schiffer und Fischer, haben !
sich dicht am Ufer angebaut, nur die feste
Kirche, auf einem Hügel erbaut stehet noch
einsam, von der traurigen, beweglichen
Oede umgeben. Sie ist der Schauplatz
dieser räthselhafren Erzählung.
In der einsamen Stube saß, in der er
sten Hälfte deö vorigen Jahrhunderts, der
alte ehrwürdige P.ediger des OrteS, in
frommer Betrachtung versunken. ES war
gegen Mitternacht. Das HauS lag am
Ende deö Dorfes und die einfachen Sitten
der Einwohner kannten das wechselseitige
Mißtrauen so wenig, daß Schloß und Rie
gel ihnen fremd waren und jede Thür of
fen blieb, Die nächtliche Lampe brannte
trübe, die feierliche Stille ward nur von
dem Rauschen des Meeres unterbrochen
und der blasse Mond spiegelte sich in sei
nen Wellen. Da hörte er die Thüre off
nen, vernahm starke Männertritte auf der
Treppe, und erwartete schon die
rung, irgendeinem Sterbenden mir geist
lichem Troste beizustehen Zwei fremde
Männer traten schnell herein, in weiße
Mäntel gehüllt Der eine näherte sich
ihm höflich, "Mein Herr," sagte er, "Sie
müssen eine Trauung verrichten; das
Brautpaar wartet schon in der entfernten
Kirche. "Diese Lumme," sprach er fer
ner, und zeigte dem Greise eine volle Geld
börse, wird Sie für die Mühe und für
den Schrecken über eine so unerwartete
Aufforderung hinlänglich entschädigen."
der Greis starrte die fremden Gestalten,
die ihm etwas Furchtbares, ja Gespensti
ges zu haben schienen, stumm und erschrok
ken an. Der Fremde wiederholte seinen
Antrag dringend und gebietrisch. Als
der Greis sich erholt hatte, fieng er milde
an, den Fremden vorzustellen, wie sein
Amt ihm nicht erlaubte, eine solche feier
liche Handlung, ohne Kenntnisse der Per
sonen und ohne diejenigen Förmlichkeiten,
welche die Gesetze fordern, zu begehen.
Da trat der andere drohend hervor.
"Mein Herr, Sie haben die Wahl, fol
gen Sie und nehmen Sie die angebotene
Summe, oder bleiben Sie hier, aber dann
fährt eine Kugel durch Ihren Kopf."
Er hielt ihm eine Pistole vor die Stir
ne und erwartete die Antwort. Der alte
'' Prediger erblaßte, erhob sich furchtsam und
stillschweigend, kleidete sich schnell an und
sagte dann : "Ich bin fertig." Die Frem
5 den hatten zwar Dänisch gesprochen, aber
, so,daß man die Ausländer nicht verkennen
konnte. Die räthselhaften Männer gin-
gen schweigend in der nächtlichen Stille
! dulch daö Dorf; der Prediger folgte.
Es war eine völlig Dunkele Herbstnacht,
denn der Mond war schon untergegangen.
Als sie aus dem Dorfe traten, sah der,
von Schrecken und Erstaunen betäubte
Greis, die ferne Kirche hell erleuchtet;
und noch stillschweigend schritten seine Be
gleiter, in ihre weißen Mäntel gehüllt,
schnell durch die öde, sandige Fläche, wäh-
Der Liberale Beobachter
Und Berks, Momgomery und Schuylkill Camtties allgemeiner Anzeiger.
rend er mühsam und nachdenklich zu fol
gen strebte. Als sie die Kirche erreicht
hatten, verbanden sie ihm die Augen. Die
dem Prediger wohlbekannte Nebenthür
öffnete sich karrend und er ward in ein
dichtes Gedränge von Menschen gewalt
sam hineingestoßen. Um sich hörte er
durch die Kirche ein Gemurmel in seiner
Nähe Gespräche in einer völlig unbekann
ten Sprache. Wie er vermuthet, war es
Russisch. Und als er nun mit verbun
denen Augen, von allen Seiten gedrängt,
rathlos und in großer Verwirrung da
stand, fühlte er sich von einer Hand er
griffen, und ward mit Gewalt durch das
dichte Gedränge gezogen. Endlich
das Volk, wie es schien zurückgewichen;
man loste die Binde, er erkannte den ei
nen seiner nächtlichen Begleiter und fand
sich vor dem Altar stehend. Eine Reihe
großer brennender Wachslichter, in präch
tigen silbernen Leuchtern zierten den Al
tar ; die Kirche selbst war durch viele Lich
ter so hell erleuchtet, daß man die entfern-
testen Gegenstände erkannte; und war
! kur; vorher, als er erblindet in das Ge
! wühl des dichten Haufens gedrängt ward,
!daS Gemurmel ihm fürchterlich, so erfüll
te jetzt die furchtbare Stille unter der gros'
sen Menge die bange Seele mit Entsetzen.
Obgleich die Nebengänge und Stühle
dicht mit Menschen besetzt waren, so war
dennoch der mittlere Gang völlig leer,
und der Prediger erkannte tief unten ein
fcisch aufgewühltes Grab. Der Stein
der es sonst bedeckte, stand an einen Stuhl
gelehnt. .Der Prediger sah nichts als
Männer, nur in einem entfernten Stuhle
glaubte er eine Feau undeutlich zu erken
nen. Die Stille dauerte einige Minuten,
ohne daß jemand sich rührte. So mag
in der verirrten Seele ein stilles, dumpfes
Brüten jeder entsetzlichen That vorange
hen.
Endlich richtete sich ein Mann auf, des
sen prächtiger Anzug ihn von den übrigen
unterschied und seinen hohen Stand ver-,
rieth. Er schritt rasch über den leeren
! Gang indem die Menge ihn anstarrte und
! seine Tritte hallten in der Kirche wieder.
Der Manii war von mittelmässigemWuch
se, breitschultrig, von gedrungenem Bau,
sein Gang trotzig,- das Gesicht gelblich
braun, die Haare rabenschwarz, die Züge
strenge, die Lippen wie voller Ingrimm
! geschlossen, eine gebogene Nase erhöhte das
! Gebieterische seines Ansehens, dunkele lan
g? und buschige Augenbraunen überschat- !
teten die kleinen schwarzen Augen, in wel-
chen eine wilde Glutl) brannte. Er trug
ein grünes Kleid, mit starken goldenen
Tressen besetzt und am Kleide blitzte ein
Stern. Die Braut, die neben ihm knie
te, war prächtig, ja mit Sorgfalt ange
zogen. Ein himmelblaues Gewand, reich
mit Silber besetzt, umschlailg die schlanke
Gestalt und warf sich in großen Falten
über die anmuthigen Glieder. Ein Di
adem von Edelgesteinen blitzend, zierte die
blonden Haare. Die höchste Anmuth
und Schönheit ließ sich in den obschon
entstellten Zügen des Gesichtes erkennen.
Die leichenhaften Wangen waren völlig
wie erstarrt, kein Zug bewegte sich, die er
blaßten Lippen schienen todt, die Augen
wie gebrochen und die erschlafften Arme
hingen völlig gerade an dem zusammen
gesunkenen Leibe hinab. So knieete sie,
ein Bild des Todes, und ein furchtbares
Entsetzen schien so Bewußtsein wie Leben,
in einem wohlthätigen Schlummer festzu
halten.
Jetzt erst entdeckte der Prediger ein al
tes haßliches Weib, in einem fratzenhaft
bunten Anzüge, den Kopf mit einem blut
roihen Turban bedeckt, welches grimmig,
ja spöttisch über die Knieende Braut weg
blickte. Hinter dem Bräutigam hatte sich
ein riesenhafter Mann gestellt, von sin
sterem Ansehen, der unbeweglich, starr
und ernst vor sich hinsah.
Der Prediger, vor Schrecken gelähmt,
blieb einige Zeit stumm, als ein wilder
Blick von dem Bräutigam ihn an die
Trauung mahnte. Was ihn in neue
"willig zu lol'tn und ohne Furcht zu tadeln."
öött 18. 1844.
Verwirrung brachte, war die Ungewißheit,
ob das Brautpaar seine Sprache verste
hen wurde. Es war ihm nicht wahr
scheinlich. Dennoch faßte er sich, und
wagte es, den Bräutigam nach dem Na
men des Brautpaars zu fragen. "Ne
ande>', Feodora," antwortete dieser mit ei
ner rauhen Stimme.
Der Prediger fing nun an, die Trau
ungsformel herzulesen, indem seine Stim
me schwankte, und er oft sich irrend, die
Worte wiederholen mußte, doch ohne daß
das Brautpaar seine Verwirrung zu be
merken schien; wodurch er in seiner Ver
muthung, daß den Beiden die Sprache,
wenn auch nicht völlig, unbekannt sein
mußte, bestätigt ward. Als er nun frag
te : "Neander, willst du die hier neben
dir knieende Feodora für dein rechtmäßi
ges Weib erkennen?" Da zweifelte er,
ob der Bräutigam, der Sprache unkundig,
antworten würde; aber zu seinem Erstau
nen sprach dieser laut, ja fast schreiend,
das Ja, in einem furchtbar gellenden To
ne, der durch die ganze Kirche drang.
Tiefe Seufzer, die allenthalben aus der
Menge hervordrangen, begleiteten, dieses
entsetzliche Ja, und ein stilles Zucken, wie
ein entfernter Blitz, setzten die todtenblei-
chen Züge in vorübergehende
Bewegung. Er wandte sich darauf, lau
ter redend,als wollte er sie aus dem Todes
schlummer erwecken, an die Braut, indem
er sagte: -Willst du Feodora, den neben
dir knieendcn Neander für deinen recht
mäßigen Ehegemahl erkennen, so antwor
tete durch ein vernehmliches Ja.'' Da er
wachte die entseelte Braut, ein tiefes, grau
enhaftes, Entsetzen bewegte die erschlaff
ten Wangen die erblaßten Lippen bebten,
ein schnell verfliegendes Feuer blitzte aus
den Augen, die Brust hob sich, ein gewalt
samer Thränenguß löschte die Gluth der
Augen und das Ja ließ sich hören, wie das
Angftgeschrei einer Sterbenden, und schien
in den unwillkührlichenTönen des Schmer
zes, die aus jeder Brust der Menge her
vorbrachen, ein tiefes Echo zu finden.
Die Braut sank der widrigen Alten in die
Arme. Einige Minuten vergingen in
! furchtbarem Stillschweigen. Da sah der
Prediger die leichenblasse Braut wie vor
her in tiefer Betäubung knieen und been
digte die Trauung. Der Bräutigam er
hob sich und führte die schwankende Braut
nach ihrem vorigen Platze ; die Alte und
der riesenhafte Mann folgten. Die Be
gleiter des Predigers erschienen wieder,
verbanden ihm die Augen, zogen ihn nicht
ohne Mühe durch das Gedränge, und
nachdem sie ihn aus der Thür gestoßen
hatten, verriegelten sie diese inwendig und
überließen ihn sich selber.
Hier stand er nun einsam und ungewiß,
ob das schauderhafte Ereigniß, mit allen
seinen furchtbaren, ja gespensterähnlichen
Umständen nicht ein Traum wäre, der ihn
ängstigte. Als er aber die Binde von den
Augen gerissen hatte, als er die hellerleuch
tete Kirche vor sich sah, und das Gemur
mel der Menge hörte, mußte er sich wohl
von der räthselhaften Begebenheit über
zeugen. Um den Erfolg, so viel wie mög
lich zu erfahren, verbarg er sich in einen
Winkel der Kirche, an der entgegengesetz
ten Seite, und indem er hier lauschte, hör
te .'r, wie das Gemurmel immer stärker
ward. Es war als entspönne sich ein hef
tiger Streit; er glaubte die rauhe.Stim
me des Bräutigams zu erkennen, die ge
bieterisch Stillschweigen gebot. Dann
erfolgte eine lange Pause; dann ein Wüh
len und Arbeiten, welches fast eine Vier
telstunde dauerte.. Die Lichter wurden
ausgelöscht, daö Gemurmel erhob sich wie
der und die ganze Menge stürzte zur Kir
che hinaus und eilte lärmend dem Meere zu.
Jetzt erhob sich der alte Prediger, und
eilte nach seinem Dorfe. Dort erweckte
er Nachbarn und Freunde, indem er ihnen,
was ihm Wunderbares und Ungläubiges
begegnete, noch von Schrecken ergriffen,
erzählte. Aber so ruhig, stille, durch die
gemohnten Grenzen deö Herkömmlichen
bestimmt, war alleS, was diesen einfachen
Menschen entgegentrat, daß sie von einem
ganz andern Entsetzen ergriffen wurden.
Sie glaubten nämlich, daß irgend ein un
glücklicher Zufall die Einbildungskraft des
geliebten Lehrers in Unordnung gebracht
hätten, und nur mit vieler Mühe, und in
dem sie sich nach seinen vermeintlichen
Phantasieen richten wollten, überredete er
einige, sich mit Brecheisen und Schaufeln
zu versehen und ihm nach der Kirche zu fol
gen.
Indessen war die Nacht verschwunden, >
die Sonne zeigte sich schon, und als der
Prediger mir seinen Begleitern» den Hügel
zur Kirche hinaufstiegen, erkannten sie ein
Kriegsschiff unter vollen Segeln, welches
sich vom Ufer entfernte, und nach Norden
hinsteuerte. Ein so überraschender An
blick in dieser einsamen Gegend machte die
Begleiter schon zweifelhaft; aber noch ge
neigter waren sie, dem Greise Glauben bei
zumessen. als sie die Nebenthüre der Kir-
che gewaltsam erbrochen fanden. Böller
Erwartung betraten sie die Äirche. Der
Prediger zeigte ihnen nun daä Grab, wel
ches er in der Nacht aufgewühlt gesehen
hatte- Man erkannte leicht, daß der Stein
abgewälzt und von neuem hingelegt war.
Da 6 Brecheisen ward angesetzt und in dem
eröffneten Grabe fand man einen neuen,
reich geschmückten Sarg- Mit fast ju
gendlicher Ungeduld stieg der Greis selber
mühsam in das Grab hinab, andere folg?
ten ihm; der Deckel ward
der alte Prediger fand seine entsetzliche
Ahnung bestätigt. In dem Sarge lag
die Braut erschossen. Das prächtige Dia
dem war verschwunden. Die Kugel war,
in der Gegend deS Herzens durch die Brust
gegangen. Die entstellenden Züge des tie
fen Grames waren aus ihrem Antlitze ver
schwunden, ein himmelischer Friede hatte
das schöne Gesicht verklärt und wie ein
Engel lag sie da. Der alte Greis stürzte
laut weinend neben dem Sarge nieder und
betete für die Seele der Ermordeten und
stumme Verwunderung und Grauen er
griff die Begleiter.
Der Prediger fand sich verpflichtet, die
ses Ereigniß dem Bischof von Seeland,als
seiner höchsten Behörde, ungesäumt und
umständlich zu melden, und bis er aus Ko
penhagen Nachricht erhielt, nahm er den
Freunden einen Eid ab, daß sie stille schwie
gen. Das Grab waid wieder zugedeckt
und keiner wagte es zu sprechen. Plötz
lich ei schien ein angesehener Mann aus
der Hauptstadt, erkundigte sich genau nach
allem, ließ sich das Grab zeigen, lobte das
bis dahin beobachtete Stillschweigen, for
derte strenge, daß der Vorfall beständiges
Geheimniß bleiben sollte, indem er jeden,
der davon zu sprechen wagte, mit der här
testen Strafe bedrohte.
Nach dem Tode des Predigers fand man
einen schriftlichen Aufsatz, dieses Ereignis!
erzählend, dem Kirchenbuche beigefügt.
Einige glauben, daß es mit den eines nor
dischen Fürstenhauses Tode in irgend einer
geheimen Beziehung stehen mag. Das
tiefe Räthsel dieser schauderhaften That
zu lösen, wird schwer, wo nicht unmöglich
sein Minerva.
Verhöhnung des Gesetzes.
Zu der kriminal Untersuchung gegen die
Doktoren Hrn.Prather und Hatt von dem
medizinischen Department der St. Louiser
Universität, welche wegen der bekannten
Anatomie - Geschichte angeklagt waren,
brachten die Geschwornen ein versiegeltes
Urtheil ein, welches bei der Eröffnung ein
"Schuldig" enthielt, nebst folgender Stra
se: "Eine Minute Einsperrung in der
Caunty Jail" "5 Cents Geldstrafe."
Wir halten einen solchen Ausspruch einer
Jury für einen Frevel an der Würde des
Gesetzes. Wenn den Herren feine Schuld
nachzuweisen war, so sprecht sie frei:
wenn aber die Schuld nicht geleugnet wer
den konnte, wie der Spruch besagt, so setzt
wenigstens nicht eine Strafe, die nur für
Spott und Hohn angesehen werden kann ;
42«
am allerwenigsten aber in einem Falle, der
sedeö menschliche Gefühl so tief berührt
und respektive verletzt hat. (A. d. W.
Ein irländisches Haus. Die Armuth
unter den irländischen Volke muß
zenlos sein. Ein gewisser Kohl, der Ir
land bereiste, beschrieb das Haus eineS
Jrländers wie folgt:—Ein hölzernes
Haus mit Moos verstopft, würde ein
Pallast in diesen verwilderten Gegenden
von Irland sein. Des Jrländers Hütte
ist aus Stroh erbaut, eine Schaufel voll
auf die andere gelegt, hier und dort mit
wenigen Steinen vermischt, bilden die
Mauern. Einige Rasen die aus einem
nahegelegenen Sumpfe gestochen sind, bil
den das Dach. Es gibt tausende solcher
Hütten in denen sich kein Fenster befin
det, ein kleines viereckiges Loch versieht die
Stelle der Thür, der Fenster und des
Schornsteins. Licht, Rauch, Schweine
und Kinder müssen aus demselben Loche
ein und auspassiren. W.
Begräbnißweife der Chinesen. Die
Engländer, welche der englischen Expedi
tion gegen China beiwohnten, haben un
ter anderem berichtet: die Eingebornen
von Tschusan (der Insel, welche die Eng
länder in Besitz genommen haben) begra
ben ihre Todten nicht, sondern der Leich
nam wird in einem hölzernen Sarge mit
einem leicht abzunehmenden Deckel, an ei
nem freundlichen Platze im Freien auf dem
Boden mitten unter Bäume und Blumen
gestellt, meist in dem Garten beim Hau
se. In den meisten Häusern, in die wir
traten, sielen uns solche Särge auf und
wenn wir so neugierig waren, sie zu öff
nen, so sahen wir die Todten darin liegen,
gekleidet wie im Leben, mit Taback und
der Pfeife auf der Brust, so wie Brod
und Reis am Kopfe.
Ein Dieb stahl in einem Hause einen
großen kupfernen Waschkessel. Als er mit
demselben hinausgehen wollte, trat der
Herr des Hauses herein. Der Dieb rief
ihm sogleich entgegen : „Nehmen Sie sich
in Acht, mein Herr, daß Sie sich nicht
schwarz machen." Der Eigenthümer des
Kessels ging also aus dem Wege und mach
te dem Diebe platz, weil er glaubte, daß
an dem Kessel etwas auszubessern sei.
Der berühmte Prediger Hörne sollte
eines TageS in der Johanniskirche in Lon
don predigen. In der Zerstreuung ging
er aber zur Paulskirche. Er trat in die
Sacristei,.ohne seinen Irrthum zu merken.
Nicht einmal, daß hier schon ein Prediger
war, brachte ihn zur Besinnung. Glück
licher Weise entspann sich zwischen beiden
Predigern, die sich nicht persönlich kann
ten, folgendes Gespräch : "Ich werde Heu»
te wohl nicht viel Zuhörer haben!" be
gann der Prediger. „Und warum das?"
fragte Hörne. Der Prediger antworte
te : "Weil halb London nach St. Johann
strömt, um den berühmten Hörne zu hö
ren." „So?" erwiederte Hörne ganz ge
lassen : "da muß ich auch dabei sein." Er
hatte seinen Irrthum eingesehen, empfahl
sich dem Prediger und eilte zur Johannis
kirche, wo man leicht ohne Prediger hätte
bleiben können.
Swift kehrte auf einer Fußreise von
Dublin nach London in einem Wirthshau
se an der Landstraße ein, das zum Zeichen
drei Kreuze im Schilde hatte. Er forder
te ein Frühstück. Die Wirthin hielt ihn
für keinen Gast von Bedeutung, sie über
hörte also seine Bestellung und war nur
bedacht/ andere bekanntere Gäste zu bedie
nen. Sie fuhr sogar ihren Mann hef
tig an, als dieser sie auf die Bernachläßi
gung aufmerksam machte. Swift muß
te also ohne zu frühstücken seine Reise
fortsetzen. Aergerlich zog er seinen Ring
vom Finger und kritzelte mit einem Dia
manten folgenden Vers in die Fenster»
scheide :
An den Wirth:
Drei Kreuzt sind das Schild vor deiner Thür,
Häng' deine Iran dazu, so macht es vier.