Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, June 04, 1844, Image 1

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    NeaViN Q Gedrnckt nnd herausgegeben von Arno l d P u w e ll e, in der Süd 6ten Strasse, Ecke der Sherry c h m' s Wirthshans-Hof gegenüber
Jahrgang 6, gans-e Aummr 248.
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siger Stadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Poll oder Träger, aus Kesten der Unterschreibe,-. und Mittheilungen müssen postfrti eingesandt werdend
Die menschlichen Jahrszeiten.
Erster Frühling.
Wir Kinder noch wissen gar wenig vom Leid,
Hoch freut uns, was Manche», scheint Klei
nigkeit,
Die Schule nur, ach, »nd das artig sein,
Soviel uns geboten, die bringen »n 6 Pein!
Zweiter Frühling.
Wir stehn in Blüthe nun u. frischer Kraft.
Nur bringt uue viele Noth die heiße Leiden
schaft,
Doch dünkt uns, könnten wir die Fnrie be
zwingen,
Daß wir dann nur ans öden Dornen gingen.
Sommer.
Die Kraft ist voll, und täglich mehr sie reift,
Die Phantasie nicht mehr im Wahugcbiete
schweift,
Doch treten gerne wir zurück in si ühre Zeiten,
Statt iliic! das Jetzt n. Einst froh zn bereite».
Herbst.
Des Lebens frühe, scbKiie Lust ist cms,
Jetzt fühlen wir nur Plage noch und Grans,
Wir sind begriffen täglich im Verderben,
Und fürchten dennoch uns zu sterben.
Zur Unterhaltung und Belehrung.
Merkwürdige Beispiele von Klugheit
verschiedener Bogel.
Eine Schwalbe baute ihr Nest in einen
Kalkofen. Während des Nestbaues war
die Hitze an dieser Stelle so groß, daß man
die Hand nicht daran halten konnte. Als
das Nest beinahe fertig war, bröckelte es
von der Hitze und siel ab. Ein zweites,
ein drittes Nest wurde an demselben Orte
gebaut, und hatte dasselbe Schicksal. Das
vierte hielt endlich vollkommen Stand, ob
wohl sich die Hitze nicht gemindert hatte,
und in diesem Neste wurden die Jungen
vollkommen ausgebrütet und aufgezogen.
Im folgenden Jahre ward an demselben
Orte ein Nest gebaut das der Hitze wi
derstand. Im dritten Jahre geschah es
eben so. Im vierten kamen die Schwal
ben nicht wieder.
Daß die Schwalben sich nach einer Erd-
oder Lehmart umgesehen haben mußten,
welche der Hitze widerstand, ist klar, aber
der Instinkt allein konnte sie schwerlich da
zu getrieben haben, und sie mußten, als
sie im zweiten und dritten Jahre wieder
zu dem Ofen kamen, nicht nur den Ilm
stand im Gedächtniß behalten haben, daß
die Materialien, womit sie gewöhnlich ih
re Nester bauen, nicht feuerfest sind, sie
mußten sich auch noch erinnern, welche
Lehmart erforderlich war, und daß diesel
be in diesem Falle zum Bau angewandt
werden müsse. Dem bloßen Instinkte
läßt sich dies nicht zuschreiben, und ist es
nicht Vernunft, was sie dabei geleitet hat,
so möchte es doch etwas sein, was nahe
mit ihr verwandt ist.
Ein anderes Schwalbenpaar baute sein
Nest am Fenster eines unbewohnten Hau
ses. Ein Spatz nahm Besitz davon. Die
Schwalben hingen sich oft daran und such
ten den Eindringling aus der unrechtmä
ßigen Wohnung zu vertreiben, welche sie
sich mit so vieler Mühe erbaut hatten, a
ber umsonst, der Spatz wich nicht. End
lich ging den Schwalben die Geduld aus,
sie flogen davon, kamen aber bald wieder
mit einer Anzahl anderer Schwalben, je
de eine Portion Lehm im Schnabel. Sie
machten sich sogleich daran, das Loch zu
verstopfen, und mauerten den Eindring
ling völlig ein. Bald darauf wurde das
Nest abgenommen und sammt dem todten
Vogel verschiedenen Personen gezeigt.
In diesem Falle mußten die Schwalben
die Eigenschaft besitzen, ihres Gleichen ih
re Wünsche oder vielmehr ihre Klagen
mitzutheilen, und ohne ihren Verstand
wären sie unvermögend gewesen, das er
littene Unrecht zu rächen.
Wieder eine andere Schwalbe hatte Ei
er und war im Brüten begriffen. Nach
einigen Tagen sah man das Männchen
um das Nest herum fliegen, sich zuweilen
Der Liberale Beobachter
Und Berks/ Momgomery und Schuylkill Cannties allgemeiner Anzeiger.
in der Nähe niedersetzen und einen klagen
den Ton von sich geben. Man sah in das
Nest und fand das Weibchen todt darin.
Man nahm es heraus, und nun setzte sich
das Männchen auf die Eier; aber nach
etwa zwei Stunden mochte ihm das Ge
schäft lästig werden, es flog davon,
und kam Nachmittags mit einem andern
Weibchen zurück, welches die Jungen aus
brütete und fütterte, bis sie für sich selbst
sorgen konnten.
Eine Katze hatte ein Pfahlwerk erklet
tert, und suchte ein darüber befindliches
Amselnest zu erreichen. Bei ihrem An
blick verließ die Amsel das Nest, und flog
ihr unter kläglichem Geschrei ängstlich ent
gegen, so nahe, daß die Katze sie erreichen
konnte. Das Männchen gab seinerseits
auch Zeichen der äußersten Unruhe und
schrie laut, wobei eS sich manchmal auf
dem Gepfähle gerade vor die Katze hinsetz
te, welche keinen Satz machen konnte, weil
ihre Beute zu nahe war. Nicht lange
aber, so sprang das Männchen der Katze
auf den Rücken, und backte ihr so wüthend
auf den Kopf, daß sie mit dem Vogel zu
Boden fiel, der sie sofort zur Flucht zwang.
Ein zweites Mal trug die Amsel auf die
selbe Weise den Sieg davon, und die Kat
ze ward dadurch so eingeschüchtert, daß sie
ihren Plan auf die Jungen aufgab. Nach
jedem Kampfe feierte die Amsel ihren Sieg
mit einem Gesang, und nach mehreren Ta
gen jagte sie die Katze durch deu Garten,
wenn diese auS dem Hause kam.
Au Pfiffigkeit übertrifft wohl kein Vo
gel die Elster, die über fast ganz Europa
und sogar auf den britischen Inseln, ver
breitet ist. Schreiber dieses erinnert sich
eines Beispiels auö seinen Knabenjahren.
Er pflegte unter die Vögel zu schießen,
welche einige Bäume vor dem Hause in
Menge herbeizogen. An den Tagen wo
er dies that, ließen sich ein Paar Elstern,
welche ganz in der Nahe nisteten, niemals
auf dem Platze blicken, aber am Sonnta
ge hüpften sie furchtlos herum, weil da
kein Gewehr abgeschossen werden durfte.
Sie schienen wirklich zu merken, daß an
diesem Tage keine Gefahr zu besorgen war.
Ein Freund versicherte ihn, dasselbe an
Krähen beobachtet zu haben: sie kamen
Sonntags an Orte, wo man sie die Wo
che über niemals sah.
Der Weiberhandel in England.
Da nach den neuesten Zeitungsnach
richten leider in England noch immer von
der Berechtigung des Mannes, auS irgend
einem Grunde seine Frau öffentlich zu ver
kaufen, Gebrauch gemacht wird so liefert
dies den traurigen Beweis, daß in Eng
land jenes famöse Gesetz noch immer fort
bestehe; wenigstens ist dem Einsender
nicht bekannt, irgendwo gelesen oder ge
hört zu haben, daß dasselbe aufgehoben
worden sei.
In keinem Jahre ist das Recht des
ManneS seine Frau zu vekaufen mehr in
Anspruch genommen u. ausgeübt worden,
als in dem Jahre 1700, und beinahe je
des Zeitungsblatt desselben Jahres, wel
ches damals von jener Halbinsel zu uns
gekommen ist, enthält Nachrichten und Er
zählungen von diesem sonderbaren Han
del wodurch die Frauen in einen rechtlo
sen Zustand versetzt worden.
So verkaufte z. B. in dem genannten
Jahre ein gewisser Hawkins, zu Oxford,
auf öfentlichem Markte seine Frau an ei
nen Mauergesellen für 5 Schillinge, weil
sie sich die Freiheit genommen hatte, ih
rem Gemahl wegen dessen Liebe zum Trün
ke einige vielleicht zu harte Vorwürfe zu
machen. Hawkins harte seiner Frau,
nach der gewöhnlichen Sitte, einen Strick
um den Hals gewunden, dessen Ende er so
lange in der Hand behielt, bis das Kauf
geld bezahlt war, worauf er dem Käufer
den Strick überreichte und ihm viel Glück
zu der Acquifition wünschte. Dabei
machte Hawkins zugleich den neuen Ehe
mann sowohl mit den Tugenden, als den
Fehlern seiner Frau bekannt, und ermahn
te Ersteren, sie strenge zu halten und ihr
"Vvillig zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
öen 4» 1844.
die Gewichtigkeit der Peitsche recht oft füh
len zu lassen.
In demselben Jahre, den 28. März,
verkaufte auch in zärtlicher Gatte seine
Ehegenossin sammt deren beiden Kindern
für eine halbe Krone, welches der gewöhn
liche Preis für eine junge Frau zu sein
scheint. Der Handel wurde unter Trom
peten- und Paukenschall geschlossen und die
Verkaufte sodann drei Mal um den gan
zen Marktplatz geführt. Das letztere
Verfahren mag zu den gesetzlichen oder
herkömmlichen Formalitäten gehört ha
ben. In demselben Jahre verfeilschte in
London ebenfalls ein Zimmergeselle seine
Ehefrau an einen andern; gewiß wäre
der Handel unterblieben, wenn der Ver
käufer geahnet hätte, daß seine Frau
wie es wirklich der Fall war— nach vier
Wochen eine Erbschaft von 1500 Pfund
Sterling zufallen würde.
So auffallend diese Beispiele sind, und
so gern sich das Auge davon abwendet, so
wird man dennoch dabei von keinem so wi
derlichen Gefühle ergriffen, als bei der
Handlung des Kirchspiel-Vorstehers zu
Swadlincote, obgleich.sie ebenfalls in den
englischen Gesetzen ihre Rechtfertigung
finden mag. In dem genannten Orte
hatte nämlich ein Mann seine Frau böslich
verlassen. Da die verlassene ohne alles
Vermögen und überdies uoch kränklich
war, so fiel ihre Unterhaltung natürlich
dem eben nicht reichen Kirchspiele zur Last.
Um sich der Unglücklichen zu entledigen,
schickte daher der Vorsteher die arme Frau
am 12. Februar 1700 zum öffentlichen
Verkaufe nach Pardon, wo sie ein junger
Mann für zwei Schillinge erstand. Der
Handel wurde umständlich in die Zollbü
cher eingetragen und dabei selbst der Werth
des Strickes erwähnt, welcher ihr um den
Hals geschlungen war. So verkaufte,
um noch hier zu erwähnen, iin Jahre
1720 in Nottingham ein Mann seine jun
ge Frau, mit welcher er vor drei Wochen
Hochzeit gehalten hatte. Ein Nagelschmidt
erstand das Weib, weil sie mit dem linken
Auge etwas schielte, für 1 Schilling (10
Sgr.) Auch in Oxfordfchire verhandelte
am 20. Juni 1700 ein Mann, Namens
Ryland, seine Frau sammt einem Esel an
einen Eselstreiber für lA Schilling und
2 Kannen Bier; Verkäufer, Käufer und
Frau begaben sich nach geschlossenem Kau
fe in eine nahegelegene Schenke. Dort
wurde das Kaufgeld gezahlt, dabei aber
auch der edle Entschluß gefaßt, keinen
Schritt vom Platze zu weichen, bis der letz
te Pfennig vertrunken sei. Von diesem
Handel mußten 4 Pence Zoll entrichtet
werden, nämlich 2 Pence auf die Frau und
2 Pence auf den Esel.
Ein reicher Mann wird dnrch ein
zur rechten Zeit zn wohllhali
gen tzandlnngm veranlaßt.
Ein kaiserlicher General, der ein außer
ordentlicher Liebhaber von Pferden war,
hatte auf einem seiner Güter in Böhmen
eine Stuterei, auf welche er ansehnliche
Summen verwendete und in der die aus
erlesensten Pferde gezogen wurden. In
der größten Theurung im Jahre 1771,
wo nicht blos Korn und Weizen, sondern
auch der Hafer zu einem unerhörten Prei
se stieg, rieth man ihm, seine Pferde ab
zuschaffen ; allein er konnte es lange nicht
-über sich gewinnen, seine Liebhaberei ei
ner Ersparniß aufzuopfern. Jeden Mor
gen besuchte er seine Ställe, um sich an
dem Anblicke seiner Lieblingsthiere zu er
freuen. Als er einst aus den Ställen
kam, fiel eine vom Hunger abgezehrte ar
me Frau vor ihm nieder und sagte wei
nend : ach! gnädiger Herr Graf, wer
doch jetzt ein Pferd wäre! Wie so Mut
terchen ? versetzte der General, den der
Wunsch deS Weibes ein wenig stutzig
machte. Ach, sagte sie, indeß ich mit
meinem Manne und drei Kindern, die kei
nen Dienst bekommen können, vor Hun
ger verschmachten, erhalten Ihre Pferde
Tag für Tag ihr volles Futter und sehen
rund und dick aus. Der Graf gab ihr
einen Dukaten und ging gedankenvoll in
sein Zimmer! Nach kurzer Ueberlegung
erhielt die Menschenliebe den Tieg über
die bisherigen Neigungen. Er schickte
alle seine Pferde, mit Ausnahme von zwei
gewöhnlichen Reitpferden, zum Verkauf
nach Prag, und ließ den Hafer, von dem
ein beträchtlicher Vorrat!) bei ihm vorhan
den war, unter seine brodlosen Untertha
nen austheilen. Das nunmehr überflüs
sige Heu wurde ebenfalls verkauft, und
nebst der Summe, die er für die verkauf
ten Pferde erhielt, zum Unterhalt der
Nothleidenden angewandt, und der Graf
hatte die Freude zu sehen, daß auch nicht
eiuer seiner Unterthanen Hungers sterben
durfte. Die edle Menschenliebe, die er
seinen Unterthanen bewiesen hatte, blieb
nicht ohne Vergeltung. Als einige Zeit
darauf die hartgedrückten böhmischcnßau
rrn sich empörten, und in aufrührerischen
Haufen mit Brand und Verheerung das
Land durchzogen, näherten sich die Rebel
len auch den Gütern des Grafen ; doch die
daiikbai'enUnterthanen nahmen nichtTheil
«daran, sondern sie bewaffneten sich sogar,
griffen die Empörer unvermuthet an und
vertrieben sie nach einem blutigen Gefech
te. Als der General, der sich damals in
Wien befand, diese Nachricht empfing,
vergoß er Freudenthränen. O wie viel,
sagte er, habe ich der alten Frau zu dan
ken ! Ohne ihre wahren Worte wären
viele meiner Unterthanen vor Elend um
gekommen, und jetzt meine Pachter und
Verwalter erschlagen und meine Gebäude
zerstört worden! Er setzte ihr noch einen
lebenslänglichen Gehalt aus.
Schreckliche Gefangenschaft etiles
schuldlos Leidenden.
In dem festen Schlosse Ham in der
Picardie befand sich im Jahre 1780 ein
Mann, der schon über sieben und zwan
zig Jahre hier gefangen faß. Er war
hier in einem Kerker eingesperrt, der acht
Fuß im Umfang hatte, und lag darin auf
Stroh, von Insekten und dem ekelhafte
sten Ungeziefer gepeinigt, ohne Heizung,
ohne Licht, ohne Kleidung. Er war der
Verzweiflung nahe und verfluchte oft sein
Dasein. Zwei andere Gefangene, die ziem
lich gut behandelt wurden, hörten von dein
Schicksale dieses unglücklichen Menschen,
von dem man wußte, daß er von vorneh
mer Herkunft sei ; sie fanden Mittel, sei
netwegen einen rührenden Brief an den
Finanzminister Necker zu schreiben. Mit
der nächsten Post kam der Befehl, diesen
Unglücklichen zu befreien und ihm Licht
und Leben wieder zu geben. Der Gefan
gcne ward in ein Zimmer gebracht, gerei
nigt, gekleidet, und sein Verbrechen sollte
nun untersucht werden; aber welches Ver
brechen hätte eine so schreckliche, mit lang
samer Quaal vollzogene heimliche Strafe
verdienen können? Man erfuhr blos,
daß der Gefangene, der aus der berühm
ten Mazarin'fchen Familie stammte, als
ein junger Offizier von vier und zwanzig
Jahren sich über den damaligen ersten Mi
nister einige unvorsichtige und vorlaute
Aeußerungen hatte zu Schulden kommen
lassen; dieser hatte ihn in der Nacht ar
retiren und sieben und zwanzig Jahre
auf eine so qualvolle Art verleben lassen.
Aehnliche Züge von despotischer Willkühr
in Frankreich fand man häufig vor der
bekannten Revolution dieses Landes.
Glücklich sind die Staaten und die Völ
ker, wo tugendhafte Regenten oder weise
Gesetze solche Ungerechtigkeiten unmöglich
machen!
Die zehntausend Jnngfrauen?
nein! Kusse.
In einer großen Gesellschaft kam ohn
längst die Rede darauf, wer unter der
Gesellschaft sich wohl rühmen könne, die
meisten Küsse seiner Geliebten gegeben zu
haben oder geben zu können. Der eine
bestimmte diese, der andere jene Zahl.
Endlich erbot sich ein junger feuriger Lieb
haber und seine Geliebte, um hundert
Thaler zu wetten, daß sie sich in ununter-
40.
' brochener Folge zehntausend Mal küssen
wollten; sie bedingten sich dazu nur eine
Zeit von zehn Stunden und einige Gläser
süßen Weins zur Stärkung dazwischen.
Die Wette ward eingegangen und gegen
seitig noch andere nicht unbedeutende Su
mmen aufs Spiel gesetzt. Die Zählung der
Küsse ward, um die Küssenden selber nicht
in ihrer angenehmen Beschäftigung auf
zuhalten, andern Personen übertragen.
Die Arbeit begann. In der ersten Stun
de wurden 2000 Küsse gewechselt: in der
zweiten ging es schon langsamer und man
küßte etwas über 1000 Mal, nach der
dritten, worin nur 759 Küsse gewechselt
waren, mußten beide Liebende aufhören.
Sie hatte» die Wette verloren. Der eif
rige Liebhaber bekam den Lippen-Krampf
und ward ohnmächtich weggetragen. DaS
geküßte Mädchen verfiel einige Tage dar
auf in ein heftiges Nervensieber, aus wel
chem sie nur mit Mühe durch ärztliche
Kunst gerettet wurde. Ihre Eltern brach
ten, als die Gegenparthei auf Bezahlung
der verlornen Welte drang, eine doppelte
Klage gegen beide Wettenden ein, wurden
aber von deni Gericht abgewiesen, weil
kein Gesetz Wetten von so süßer Art un
tersage. Minerva.
Der bekannte Hogarth ging während
seiner Lehrjahre, Sommers mit drei Ge
fährten nach Hibgate; der Hitze und des
staudigen Weges wegen traten sie in ein
Wirthshaus und forderten Porter; aber
schon wäre?, früher Gäste da, die vom
starken Bier erhitzt sich zu schlagen began
nen, und einer derselben, der einen Schlag
mit einer Bierkaune erhielt, schnitt ein so
schmerzlich-komisches Gesicht, daß Ho
garth sogleich seine Schreibtafel heraus
zog und den Kerl zeichnete. Das Bild
gerieth ihm so vorzüglich, daß es allgemei
nes Lachen erregte und der Friede augen
blicklich hergestellt ward.
Späterhin wanderte Hogarth einst mit
dem Maler Haymann an einem Keller
vorbei, wo zwei gemeine Weiber sich zank
ten, und eins derselben das Maul voll
Branntwein nahm und das andere damit
bespritzte. Sieh ! sieh ! rief Hogarth,
indem er sein Skizzenbuch zur Hand nahm
"welch herrliches Schwefelmaul!" und
wirklich verewigte er dies Weib in seiner
"Neuen mitternächtlichen Unterhaltung."
Ein Straussen-Ei wiegt gewöhnlich 3
Pfund, und wird zwei Dutzend Hühner
eiern gleich geschätzt. Das Dotter ist äu«
Berft nährend und schmackhaft; doch nicht
so fein als bei Hühnereiern: vier star
ke Esser haben gerade an einem genug.—
Diese Eier halten sich ziemlich lange frisch,
und werden in der Kapstadt zu ungefähr
2 bis Z Cents das Stück verkauft.
Um die enorme Größe einer Billion
begreiflich zu machen, braucht man, nach
der Angabe des Düsseldorfer Krcisblattes,
um dieselbe zu zählen, 1000 Jahre, Tag
und Nacht, angenommen, daß man in je
der Minute von 1 bis 10V zähle. Der
Düsseldorfer Arithmeticus hat sich aber
gewaltig geirrt, indem er eine Billion nur
für WO,OOO Millionen hält. Eine Bil
lion ist aber bekanntlich 10 Mal so viel,
nämlich eine Million mit sich selber mul
tiplicirt, um diese Billion zu zählen, wür
den— die Annahme der Zählung von 1
bis 100 in einer Minute beibehalten
über 10,000 Jahre, Tag und Nacht, da
zu erforderlich sein. Eine Billion ist dem
nach, wie Nante sagt, "kein Hund."
Ein alter Advokat gab einem jungen
seine Tochter zur Frau, und statt der
Mitgabe trat er ihm drei einträgliche Pro
zesse ab. Der junge Doktor brachte zwei
Prozesse nach Wunsch zu Ende. Er
glaubte Wunder, wie vortrefflich er seine
Sachen gemacht hätte, u. wie sein Schwie
gervater ihn loben würde. Aber dieser
ward bei der Nachricht äußerst ungehalten,
und rief: ich Narr! daß ich nicht meine
Prozesse für mich behalten. Noch zehn
ganzer Jahre hätte ich meine ganze Haus
haltung davon bestellt!