Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, December 26, 1843, Image 1

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    Z 5 c ÄiN g, HlcttZl. Gedruckt und herausgegeben voll A r nold PuweU e, in der Süd 6ren Strasse, Ecke der Sherry AUey.B ehm' 6 Wuchshanö-Hof gegennbrr
Jahrgang gan-e 225.
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zahlung erbeten wird. Wer im Lause des Jahres nicht bezahlt, werden Kl st> angerechnet. Für kürzere Zeit als 6 Monat wird kein Unterschreibe? angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann angenommen, wenn sie
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der Hannover Gazette.)
Andreas Hellman. sonst auch
Adam Horn,
Sein Leben, Charakter und Verbrechen.
Frau Abel verfügte sich sogleich nach
dem Hause ihres Schwagers, General
Johann Abel, dem sie erzählte was sie
gesehen habe, allein er rief auf der Stelle
aus: Niemand anders als Hellman hat
meine Schwester gemordet. Unterdessen
war die Mordthat ruchtbar geworden, und
die Nachbarn eilten hin, denen Hellman,
der noch im Bette lag, die Sache eben so
erzählte. Man sah deutlich, daß das
Haus von Räubern heimgesucht worden
war, indem Kisten und Kasten geleert,
und auf dem Boden umher lagen. Die
Nachbarn glaubten auch seiner Aussage,
und man frug ihn, wo er sein Geld ge
habt habe, und als sie nach dem bezeich
neten Platze giengen, war es auch fort.
Sogar eine kleine Geldsumme von 16 Tha
ler und 60 Cents, welche seinem Sohn
Heinrich gehörte, und in dem Deckel ei
ner Kiste aufbewahrt war, konnte nicht
mehr gefunden werden.
In diesem Augenblick trat General Abel
herein, und kurz nach ihm der Coroner,
und ein Arzt. Zwölf Mann wurden nun
als eine Jury ausgewählt um die Ursache
des Todes der Frau Hellman auszumit
teln. Nachdem die Jury eingeschworen
war, beschuldigte General Abel öffentlich
den Andreas Hellman, daß er selbst der
Mörder seiner Frau gewesen sei. Die
Jury darüber erstaunt, und auf Hellman
blickend, der hülfloS im Bette lag, ver
langte von dem Ankläger zu wissen, was
für Zeugnisse er vorbringen könne, um sei
ne Beschuldigung zu behaupten. Der tief
gebeugte Bruder antwortete, er habe un
glücklicher Weise keine Zeugen, wünsche a
ber daß der anwesende Arzt Hellman's
Wunden untersuchen möge. Dies geschah,
und nicht ein einziger Hieb, Schnitt oder
Quetschung konnte an seiner Person ge
funden werden. Es erwies sich nun, daß
er sich mit dem Blute der Gemordeten an
unterschiedlichen Theilen des Körpers de
schmiert hatte, damit man seiner Erzäh
lung Glauben beimessen sollte,welcheHand
lung allein seine Schuld offenbar darthat.
Bei einer weitern Nachsuchung fand man
seine Art etwa st) Aard von dem Hause
an einem Pfosten stehen, mit Blut be
schmiert, und hinlänglich Haare daran kle
den, so daß man dieselben als die der Ber
storbenen erkennen konnte —sein mit Blut
bedecktes Messer fand man auf dem Feuer
heerd versteckt seine Schneidersocke», e
benfalls mit Blut befleckt, im Keller, und
das Hemd, welches er an hatte, so wie
auch sein Arm bis zum hinauf,
waren mit Blut getränkt. Er wurde hier
auf in s Gefängniß abgeführt, und die
Leiche der so gräßlich Gemordeten noch
denselben Abend, uuter einem zahlreichen
Gefolge von trauernden Freunden und
Anverwandten, an der Seite ihrer zwei
vorangegangenen Kinder, in die Gruft ge
senkt-
Bei der Untersuchung der Leiche ergab
es sich, daß er bei den Morde auf die vor
bedachteste, kaltblütigste und boshafteste
Weise verfuhr. Der Körper lag auf dem
Boden, allein da man eine grosse Quanti
tät Blut in der Milte des Bettes fand. SS
vermuthet man. daß die Verstorbene zur
Zeit des Angriffs im Schlafe war. Die
Blutflecken auf dem Kissen deuteten an,
daß sie sich nach dem ersten Schlag zum
Theil aufgerichtet hatte, aber wieder nie
dergeschlagen wurde. Die Fußsohle» wa
ren blutig, welches zu dem Glauben ver
leitete, daß sie sich aus dem Bett geschafft
hatte, und in ihrem eignen Blute aufrecht
auf dem Boden stand, ehe sie den Todes
streich erhielt. Sechs verschiedene Schlä
ge, wahrscheinlich mit dem Axtstiel ver
setzt, waren am Kopfe sichtbar. Hände
und Arme waren Schrecklich gequetscht, als
ob sie versucht hätte die nach ihrem Kopf
Der Liberale Dcobachtcr
Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.-^
geführten Hiebe abzuwehren, während der
kleine Finger an der linkem und der Vor
derfinger an der rechten Hand beide gebro
chen waren. Eine breite Wunde, welche
daS Fleisch bis zum Knochen auflegte, zeig
ze sich am rechten Schenkel, welche ohne
Zweifel mit der Axt gemacht wurde, und
queer über den ganzen Unterleib lief eine
starke Quetschung, in der Gestalt deS
Buchstabens und in der Mitte dersel
ben zeigte sich ein wenigstens sechs Zoll im
Viereck grosserFlecken geronnenen Blutes.
Ein Versuch war mit der Axt gemacht
worden den Kopf vom Rumpfe zu trennen,
und drei unterschiedliche Hiebe, welche bei
nahe durch den Hals giengen, und wobei
eine Ecke von der Schneide der Axt in dem
Fußboden gefahren war, schienen die letz
ten streiche bei der blutigen That gewesen
zu sein-
Nachdem Hellman eine Zeitlang im
Verhaft gewesen war, gestand er, daß er
das Geld selbst versteckt habe, und daß es
in einem zinnernen Becher sich befinde hin
ter zwei Backsteinen auf dem Vorsptung
des Schornsteins. Man suchte nach, und
fand 176 Thaler und 24 Cents in Gold,
Silber und Banknoten, nebst Verspre
chungS - Noten zu dem Belauf von
Thaler zusammen 1014 Thaler und 24
Cents. Auch befanden sich in dem Becher
zwei Certificate für Sektionen Land in
Mercer Caunty, Ohio. Das seinem Sohn
Heinrich gehörige Geld, welches aus der
Kiste genommen war, fand sich in einem
Riß im Schornstein. Sein Geständnis
von der Verheimlichung deS Geldes wurde
natürlich als ein volles Bekenntniß seiner
Schuld betrachtet. Er erhielt das Geld
in Besitz, und fand, wie man glaubt, ir
gend ein Mittel es einem Freund in Balti
more zu überschicken, von dem er es später
hin wieder bekam. Seine Bauerei inStark
Caunty, worauf sich drei Wohnhäuser be
finden. und die als ein werthvolleö Eigen
rhum betrachtet wird, überschrieb er wäh
rend seiner Gefangenschaft seinem Sohn
Heinrich, welches in der That die einzige
gute Handluug ist, welche dieser Mann
gethan hat.
Wenige Monate nach seiner Verhaf
tung fand die Grand Jury von Stark
Caunty, ein "true bill" gegen ihn, und
er wurde vor die Court von Common
Pleas gebracht, wo er seinen Entschluß
bekannt machte, wozu er ein Recht hatte,
vor der Supreme Court verhört z» werden.
Endlich nahte sich der Termin der Supre
me Court, und zwei Tage vor dem Schluß
der Sitzung wurde seine Sache aufgerufen.
Er hatte geschickte Advokaten angenom
men, und diese stellten der Court vor, daß
das Verhör in den noch übrigen zwei Ta
gen nicht beendigt werde n könnte, worauf
es ihnen glückte einen Aufschub zu bekom
men, so daß Hellman noch ein Jahr Zeit
gewann, da die Supreme Court nur ein
mal des Jahrs gehalten wird.
Er wurde hierauf wieder nach dem Ge'
fängniß in Belfont, Logan Caunty, Ohio,
zurückgebracht, welches ein grosses hölzer
nes Gebäude ist. und woraus er am 13ten
'November, 1d46, nach einer beinahe 14
monatlichen Gefangenschaft, seine Flucht
bewerkstelligte. Bei kaltem Wetter hatte
man ihn nur Nachtö in der Zelle einge
sperrt, und führte ihn am Tage in ein
Zimmer im zweiten Stockwerk, da man
sich auf die schweren Fesseln verließ, wel
che beständig an seinen Füßen befestigt
waren. Viel ist über seine Entweichung
gesprochen, und unterschiedliche Personen
als seine Helfershelfer dabei betheiligt
worden, allein Hellman hat seit seiner
Verhaftung ausgesagt, dalz ihm niemand
geholfen habe, und daß er, nachdem es ihm
gelang die Fesseln von einem Fuß loszu
machen, dieselben in seiner Hand trug.
In der Nacht da er entwich, hatte man ihn
später wie gewöhnlich auf seiner Stube
gelassen, und da die Thür nicht sonder
lich befestigt war, so nahm er die Gelegen
"TVillig zu loben und okne Furcht zu tadeln."
Dienstag bett 26. IB4Z.
heit wahr, u. machte sich aus dem Staube.
Er wurde sogleich verfolgt, und man
halte Spur von ihm bis zu dem Hause
eines Mannes, Namens Conrad Harpole,
nahe bei Ost Liberty, in Logan Caunty,
wo man in der Nachbarschaft ein Pferd
herumlaufen sah. welches einem seiner Ad
vocatea gehörte. Auch erfuhr man hier,
daß er dorten ein Pferd, Sattel und Zaum
gekauft, und seine Reise fortgesetzt habe.
Man kam ihm dann wieder auf die Spur
in Carrollton, in Carroll Caunty, wo er
früher gewohnt hatte, und am hellen Tage
durchpassirte. Ein alter Bekannter redete
ihn an» erhielt aber keine Antwort- Eini
ge seiner Verfolger trafen wirklich früher
in Baltimore ein als er selbst, allein ob
gleich unter demßeistande des Hochconsta
bel MitscheU alle mögliche Nachforschung
gemacht wurde, so war nichts mehr von
ihm zu hören noch zu sehen. Alle waren
jedoch der Meinung, daß er irgendwo in
Baltimore verheimlicht sei, jedoch gab man
endlich alle Hoffnung auf ihn je wieder
habhaft zu werden. Das nächste was
man von ihm hörte, war in der Stadt
York, wo er am Lasten September. 1641.
etwa zehn Monate nach seiner Flucht, bei
dem Friedensrichter Johana A. Wilson.
Esq. einen Kaufbrief für 610 Acker Land
in Mercer Caunty, Ohio, zu Gunsten von
Carl Anthony, Esq. einem seiner Advoka
ten, ausfertigen ließ.
Wir haben es als bestimmt behaupten
hören, obgleich wir nicht für die Nichtigkeit
der Angabe stehen wollen, daß er im Herb
ste 1841, welches ungefehr die Zeit ist da
der so eben gemeldete Kaufbrief in Äork
ausgefertigt wurde, in der Stadt Balti
more wohnte, und einen kleinen Schneider
schap an der Hamburg Strasse, hielt, der
aber niederbrannte- Ist dies der Fall, so
führte er damals einen andern Namen,
und hatte den Namen Adam Horn noch
nicht angenommen. In Baltimore Caun
ty, der Schauplatz seiner letzten Gräuel
thaten, machte er früh im Jahre
seine Erscheinung, und im Monat Mai
gieng er zuerst in dem Hause von Wilhelm
Poist in die Kost. Am darauffolgenden
17ten August verheirathete er sich mit Me
linda Hinkel, wie dies, so wie auch seine
fernern Unthaten, allen bekannt sein wird.
Der Seeräuber Mitchell
Mitchell ward zu Belfast, einer kleinen
Stadt im Staat Maine, geboren. Sei
ne Eltern ließen ihm eine gute Erziehung
zu Theile werden, aber da er den Künsten
und Wissenschaften keinen Geschmack ab
gewinnen konnte, sein kühner und unter
nehmender Charakter ihm jedoch Lust zu
dein abentheuerlichen Seeleben einflößte,
so ging er an Bord eines bewaffne
ten Streiffahrzeuges. Seine Unerschrok
kenheit und Dreistigkeit zeichneten ihn un
ter seinen Gefährten aus, und bald sah
er sich an der Spitze einer Bande von 1A
Freibeutern, über die er eine unbeschränk
te Herrschaft ausübte. Nur ein Lieute
nant führte unter ihm den Befehl. Der
vorzüglichste Schauplatz seiner Räuberei
en war der Meerbusen von Mexico. In
diesen Gewässern kreuzte er beständig und
beging eine Menge Räubereien.
An der nordwestlichen Spitze der Insel
Cuba befindet sich eine treffliche Station
für Seeräuber. Von diesem Punkte aus
siel Mitchell mit seiner Bande über seine
Beute her, und wenn irgend eine Gefahr
sie bedrohte, fanden sie eine sichere Zuflucht
in den Wäldern und Felsenklüften der
Küste, so daß bei der Schwäche und Un
achtsamkeit der Spanischen Regierung die
Seeräuber in diesem Theile der Insel aus
schließlich Herren waren, und mehrere Jah
re hindurch die größten Gewaltthaten aus
übten. Gewöhnlich gingen sie den Schif
fen entgegen in einer Barke von 16 Ru
dern, die sie so geschickt zu führen verstan
den, daß sie sich bei ruhigem Wetter einem
Schiffe nähern konnten, ohne sich dem Feu
er seiner Kanonen auszusetzen.
Bemerkenüwerth genug ist, daß Mit
chell bei allen Unternehmungen, in denen
er der Befehlshaber war, gewisse Grund
sätze der Ehre beobachtete, die freilich bei
Leuten feines Gelichters selten anzutreffen
sind, und selbst wenn er die größten Räu
bereien beging, zeigte er stets eine Art von
Höflichkeit, die ihm von seiner Erziehung
her zur Gewohnheit geworden war.
Folgendes Ereigniß kann eine Idee von
diesem Räuber geben.
Mitchell erfuhr eines Tages, daß im
Hafen von Kingston auf Jamaika ein
Schiff in Ladung sei, das nach England
gehen sollte. Ein Matrose versicherte
ihm, daß er gesehen, daß man zehntausend
Thaler an Bord gebracht habe. Er be
richtete noch, daß diese Summe in Kisten
geschlossen sei, die man wahrscheinlich im
Schiffsräume bei der Brodprovision auf
geschichtet habe. Mitchell verschaffte sich
vollständige Auskunft über die Stunde,
in welcher das Schiff absegeln werde,
und konnte demnach recht wohl berechnen,
wann es in den Gewässern von Cuba ein
treffen mußte. Er gab seinen Leuten Be
fehl, strenge Wache zu halten, und ihn in
Kenntniß zu setzen, sobald das Schiff sich
zeigte. Wirklich sah auch die Schildwache
an einem ruhigen Abende bei Sonnenun
tergang ein Fahrzeug am Horizonte zum
Vorschein kommen, und als es ungefähr
fünf Meilen von der Küste war, erkann
te man an gewissen Zeichen, daß es das
Schiff sei, welches man erwartete. Die
Schaluppe wurde sogleich in's Meer ge
lassen ; sie hatte vorne eine kleine Kano
ne und war mit zwanzig Mann besetzt.
Es wurde stark gerudert, und bald waren
sie unter dem Schiffe. Mitchell rief es
an: "Holla ho, Brigg Susanna; wie
befindet sich der Capitän James?"
"Sehr wohl, mein Herr, ich danke Ih
nen ; aber ich habe nicht das Vergnügen,
Sie zu kennen, obschon ich gestehen muß,
daß mein Name, wie der Name meines
Schiffes ihnen bekannt ist."
"Mein Name ist Mitchell. Bringen
Sie Ihr Boot heran, Capitän ich will
zu Ihnen an Bord, wir wollen eins zu
sammen trinken."
Der Capitan, der nun merkte, daß er
in die Hände von 26 bis an die Zähne
bewaffneten Freibeutern gerathen war, sah
ein, daß jeder Widerstand vergeblich sein
würde, und sandte das Boot. Mitchell
war bald an Bord, und hatte folgende
Unterredung mit dem Capitän; "Nun,
Capitän, haben Sie guten Wind gehabt,
seitdem Sie Kingston verließen?"
"So ziemlich aber wie geht es denn
mit Ihrer Gesundheit, Herr Mirchel?"
"Vortrefflich ! Ich danke Ihnen ; nur
sind wir in Cuba gerade schlecht bei Cassa."
"Das geht so in der ganzen Welt, Hr.
Mitchell; das Geld war nie so selten, als
gerade jetzt."
"Darin haben Sie recht. Ich muß in
dessen Sie bitten, mir die zehn tausend
Thaler zu borgen, die Sei bei sich haben."
"Mein lieber Herr Mitchell, ich habe
keine zehn tausend Penny's in meinem gan
zen Schiffe."
"Bitte höflichst um Entschuldigung,
Sie haben zehn rausend Thaler in fünf
Kisten, die I. I. gezeichnet sind, und sich
im Schiffsräume bei der Mundprovision
befinden. Nur schnell, mein geehrter
Freund, lassen wir sie nur heraufhißen,
denn eS wird dunkel, und meine Leute
könnten den Einfall bekommen, zu entern
dann stehe ich für nichts, —Aber ich
denkeSie werden ihnen die Mühe sparen."
Man mußte sich ergeben. Die Kisten
wurden gebracht und sogleich nach der
Schaluppe geschafft. Mitchell begab sich
nun in die Cajüte des Capitäns, um ihm
einen Schein zu geben über diese gezwun
gene Anleihe, wie er es nannte. Er er
zigte dem Capitän die größte Aufmerksam
keit, u. versicherte,er würde untröstlich sein,
wenn er von seinen Rhedern die geringste
Unannehmlichkeit zu erfahren haben soll
te, da er ihm doch für seine Gefälligkeit
17.
so viel Dank schuldig sei. Er stellte dar»
auf folgenden Schein aus.
"Rhede von Euba, 17.
Erhalten von Capitän James, Brigg
Susanna, die Summe von zehn tausend
Thalern in fünf Kisten, gezeichnet I. I.
Ich habe zwar keine Zeit gehabt, das Geld
zuzählen, verlasse mich aber ganz auf die
Redlichkeit des Capitäns. Mitchell.
Als wenn er wirklich von dem Schick«
sale des Capitäns gerührt wäre, zog Mit
chell einen Beutel hervor, der hundert Gu»
ineen enthielt, und bot ihn dem Capitän
mit der Bitte an, ihn als eine Entschädi
gung zu behalten, im Falle er in Folge
dieses Ereignisses seine Stelle verlieren
sollte. Der Capitän erklärte, daß er die
hundert Guineen seinen Rheder» überge
ben wolle. Mitchell aber wollte davon
nichts hören und versicherte, auf die Rhe
der keine Rücksicht nehmen zu können, da
sie stets ihre Waaren weit über ihren
wirklichen Werth versicherten. „Diese
Uhr aber," fuhr der Räuber fort, „ge
fällt Ihnen vielleicht besser, als die Bör
se." Mit diesen Worten bot er dem Ca
pitän eine goldene Uhr von großem Wer
the an, die aber der Capitän aus demsel
ben Grunde anzunehmen sich weigerte.
Mitchell lobte diese ehrenvolle Gesin
nung, drückte dem Capitän die Hand,
wünschte ihm eine glückliche Reise, sprang
in das Boot und hatte bald seine Scha
luppe erreicht. Er dankte den Matrosen
der Brigg, die gerudert hatten, und war
bald mit seinem Raube der Brigg aus dem
Gesichte, die nun traurig ihren Weg fort
setzte.
Nachdem Mitchell durch seine Räube
reien bedeutende Reichthümer gesammelt
hatte, nahm er sich vor, eine so gefährli
che Laufbahn zu verlassen, und sich in die
Verein. Staaten zurückzuziehen. Seine
Schätze konnten ihm ein sehr glänzendes
Loos bereiten, selbst wenn er sie mit sei
nem Lieutenant theilen mußte, aber sie
mußten zu einer unbedeutenden Summe
zusammenschmelzen, wenn sie unter alle
Mitglieder der Bande vertheilt würden.
Der Lieutenant, dem er seine Befürchtung
mittheilte, war seiner Meinung. Letzte
rer äußerte, daß es bei ruhigem Wetter
dem Capitän und ihm leicht sein würde,
die Schätze in die Schaluppe zu bringen,
und ohne Hülfe der Andern nach der Kü
ste von Florida zu kommen. „Aber, fuhr
der Lieutenant fort, die Klugheit gebietet,
uns gegen ihre Verfolgungen sicher zu
stellen, denn wenn sie sehen, daß ihr Theil
von der Beute ihnen entzogen wird, wer
den sie uns gar wohl angeben. Wir kön
nen alles von ihrer Rache fürchten. Al
lein, fügte er leise hinzu, die Todten nur
geben kein Zeugniß." Mitchell verstand
den Wink, und sie beschlossen, die Bande
zu vernichten. Unter verschiedenen Vor
wänden erhielt jeder Freibeuter Befehle,
denen zufolge sie sich einzeln vertheilen
mußten, und Mitchell und sein würdiger
Lieutenant tödteten sie einen nach dem an
dern. Die beiden Mörder häuften nun
alle Schätze in der Schaluppe an, steuer
ten nach Florida, und schifften längs der
Küste bis zum Ausflusse des Mississippi,
in der Absicht, in Neu-Orleans ans Land
zu gehen. Hier scheiterten indessen alle
ihre Hoffnungen. Der Anblick einer
Schaluppe von 16 Rudern, beladen mit
Kisten, und nur von zwei Männern ge
führt, mußte nothwendigerweise Verdacht
erregen, und als Mitchell und sein Ge
fährte bei einem Dorfe, einige Meilen o
berhalb Neu-Orleans, ans Land gingen,
um Lebensmittel zu holen, wurde daS
Boot von Polizeidienern besetzt. Die
beiden Abentheurer sahen sich genöthigt,
ihre Schätze im Stiche zu lassen, und konn
ten von Glück sagen, daß sie in den be
nachbarten Wäldern einen Zufluchtsort
fanden.
Mitchell war nun von allen Unterhal
tungsmitteln entblößt. Einige Zeit schlich
er sich in Neu Orleans herum, obschon er
der größten Gefahr ausgesetzt gewesen