Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, September 12, 1843, Image 1

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    Wer Liberale Leobacliter
Und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.-^
Nc aV in S, MNN. Gedruckt und herausgegebeu von AruoldPu m e ll e, in der Sud 6cen Strasse, Ecke der Cherry Alley.B ehm' 6 Wirthshaus-Hof gegenüber.
Aahrgang 6> Mnmmer 210.
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hirlanda,
Herzogin von Bretagne.
(Eine Geschichte des Alterthums.)
Geburtsort, uud Jugendjahre der Hirlanda.
Hirlanda erblickte vor mehreren Jahr
hunderten auf dem, Stammschlosse ihres
Vaters, eines Herzogs in Bretagne, das
Tageslicht, und war, wie es scheint, die
einzige Tochter und Erbin der väterlichen
Güter. Die Geschichte nennt die Namen
der beiden Eltern nicht, und erzählt uns
auch nichts von den Jugendjahren dieser
großen christlichen Heldin. Aber, auf
ihre folgende Lebensgeschichte hingesehen,
darf man mit Grunde sagen : Hirlanda
hatte gute, fromme, vernünftige und got
tesfürchtige Eltern, die nicht nur selbst
fromm und christlich lebten, sondern sich
auch alle mögliche Mühe gaben, ihre Toch
ter Hirlanda, dieses edle Geschenk des
Himmels, vernünftig und christlich zu
allem Guten heranzubilden.
Zu einem solchen Schlüsse berechtigen
uns selbst die heiligen Schriften, wenn
sie sagen: an den Früchten werdet ihr
den Baum erkennen. Denn in den fol
genden Kapiteln werden wir die kostba
ren Früchte der schönsten christlichen Tu
genden kennen lernen, welche ai»6 diesem
schönen Baume hervorgewachsen sind.
Und von diesem schönen Baume dürfen
wir auch auf seine Pfleger zurückschließen
und sagen: er wurde aufs beste besorgt,
sorgfältig gepfleget, alle schädlichen Schos
sen wurden bedachtsam weggeschnitten, die
Erde wurde gehörig begossen, damit die
guten Schosse hoffnungsvoll heranwach
sen, und solche kostbare reichliche Früchte
bringen konnten.
DaS heißt: durch die schönen Tugen
den der Hirlanda, die uns ihre Lebens
geschichte erzählt, werden wir berechtigt
zu sagen: Sie war ein edler Sprosse ih
res Stammes, und ihre eben so edlen El
tern haben sie zu einem solchen herange
bildet. In ihren Jugendjahren wurde sie
nicht etwa blos an ein müßiges verschwen
derisches Hofleben gewöhnt, sondern ihre
für eine gute Haushaltung eben so sehr,
als für die Erziehung ihrer Tochter be
sorgte Mutter gewöhnte sie zur häuslichen
Arbeit, und suchte sie mit allen für ihren
Stand nöthigen und nützlichen Geschäften
bekannt zu machen. Denn wäre dieses
nicht geschehen, wie hätte sich Hirlanda in
ihrem Elende zu den niedrigsten Arbeiten
so gut schicken, und selbe zur vollen Zu
friedenheit ihrer Obern verrichten können ?
Doch genug von den Jugendjahren die
ser großen Heldin; ihre folgende Ge
schichte ist weit wichtiger und lehrreicher,
und wird das wenige über ihre Jugend
Gesagte genugsam rechtfertigen, und
gänzlich bestätigen.
Hlrlanda.vtrehlicht sich mit tiiiem Herzogt
von England.
Wie die flüchtige, allen Freuden und
Vergnügungen nachjagende, Pracht und
Eitelkeit liebende Tochter oft von dem
rechtschaffenen Jüngling entweder nicht
gekannt wird, weil er solche nur Unglück
weissagende Tochter nicht kennen will;
wenn.ihn die Umstände zu ihrer nähern
Bekanntschaft führen, nur mit verächtli
chem Blicke angesehen werden muß: eben
so wird die sittsame, arbeitli'ebende, einge
zogene, tugendhaste Jungfrau, auchdann
wenn sie ML oder nur sehr selten in öf
fentlichen Gesellschaften, bei allgemeinen
Lustbarkeiten erscheint, sich vor dem Recht
schaffenen nicht verbergen können, und
wird, so bald sie ihm bekannt ist, von
ihm hochgeschätzt, geehret und geliebet
werden;
Das Erstere können wir in unsern Zei
ten beinahe täglich sehen und das Letztere
bestätigt sich gänzlich in der Geschichte
unserer guten Hirlanda. Sie von ihrer
Jugend an zur Arbeitsamkeit gewöhnt und
im stillen Genusse häuslicher Freuden ver
gnügt, kam selten aus dem Hause ihrer
Eltern, und kehrte jedesmal, wenn sie es
auch verlassen mußte, wieder mit desto
größerer Freude und Zufriedenheit in sel-
bes zurück. Und doch war sie edlen Jüng
lingen in der Rähe und Ferne bekannt,
und jeder der sie kannte, schätzte ui;d lieb
te sie, und versprach sich schon zum voraus
das seligste Leben, wenn er so glücklich
sein, und sie zur Gattin erhalten sollte.
Der Hirlanda konnte dieses nicht lan
ge verborgen bleiben: denn jeder suchte
te sie näher kennen zu lernen, um dadurch
der Erfüllung seiner herzlichen Wünsche
nach und nach gewisser zu werden. Un
ter diesen war auch ein Herzog von Eng
land, den die Geschichte Artus nennt, und
der sowohl wegen seiner Nechtschaffenheit,
und seinem biedern, geraden Sinne, .als
wegen seinem wahrhaft edlen Betragen
allgemein geschätzt wurde. Diesem konn
te Hirlanda ihre vorzügliche Hochachtung
nicht versagen, und bald auch ihre beson
dere Zuneigung nicht mehr ganz verber
gen.
Artus freute sich von Herzen, sobald
er dieses gewahr wurde, blieb dann nach
her wie vorher edel und rechtschaffen, und
gerade dieses erwarb ihm nach und nach
die Liebe und Zuneigung der Hirlanda,
in so hohem Grade, daß sie seiner endlich
gewagten Anfrage: ob er Hoffnung habe
sie einst zur Gemahlin zu erhalten —nicht
mehr mit Nein begegnen konnte, sondern
ihm eine wirklich bejahende Antwort gab,
worüber er voll Freude ward.
Hirlanda sagte ihm weiter, daß er wohl
selbst sehe, ihre dermaligen Umstände sei
en so beschaffen, daß ihr ein rechtschaffener
Ehegemahl für ihre Person, um von den
fortwährenden Zudringlichkeiten und Be
suchen elender Schmeichler befreit zu wer
den, und ein vernünftiger Herr zur Negi
erung und Besorgung ihres väterlichen
Erbes nöthig sei, und beides glaubte sie
in ihm zu finden, und hoffe es deswegen
auch bald zu erhalten.
Artus dankte für ihr so großeö Zu
rrauen in seine Person, versicherte sie, so
gut er es vermochte, von seinem aufrich
tigen Willen, nach Kräften allen ihren
schönen Wünschen zu entsprechen, und
sagte endlich, daß die Zeit der wirklichen
ehelichen Verbindung nur von ihr abhän
ge ; worauf sogleich alles zu dem für die
zweite folgende Woche bestimmten Hoch
zeitfeste bereitet wurde. Die segnende
Hano des Priesters vereinigte sodann die
Hände derjenigen, deren Herzen schon
Eins waren; Verwandte und Freunde
freuten sich herzlich über diese eheliche
Verbindung, und alles war fröhlich und
vergnügt beim mässigen Mahle auf dem
Schlosse der Hirlanda.
Noch mehr hätte sichHirlanda gefreut,
wenn sie an der fröhlichen Tafel auch
noch ihre lieben Eltern erblickt hätte,
aber diese hatte ihr der Tod schon ge
raubt. Doch ihr ruhiges, zufriedenes,
trostvolles Hinscheiden war der
lassen?» Tochter ein voller Beweis, daß
sie in einer besseren Welt, daß sie ewig
selig beim Vater im Himmel leben.
Hirlanda muff bald ihre» lieben Artus ins
Feld ziehe» sehen-
Nun war Hirlanda wahrhaft vergnügt
und zufrieden an der Seite ihres lieben
Gemahls, nichts war ihr wichtiger als je
ne am Altare des Herrn gemachten Ver
sprechen getreu zu erfüllen, und das
Nämliche lag auch ihrem Artus besonders
nahe am Herzen. Aber wo Friede, Liebe,
Eintracht, Gottesfurcht in einer Ehe herr
schen, giebt es, so zu sagen, keine Pflich
ten, das heißt: eS sind keine Bbefehle nö
thig, weil die Liebe ihnen überall zuvor
kommt ; es kann keinen Gehorsam geben,
weil es keine Befehle giebt, und die Ge
mahlin es aus Liebe thut, was sie dann,
wenn es befohlen werden müßte, aus Ge
horsam zu thun schuldig wäre; kurz, von
einem solchen Ehepaare sagt man ge
wöhnlich : sie leben wie die Engel,—und
so lebten auch Hirlande und Artus.
Die ganze Dienerschaft freute sich eben
so über diese hoffnungsvolle eheliche Ver--
bindung, wie sich alle Unterthanen freu
ten, und sich wahrhaft Glück wünschen
zu lsben und okne Furcht zu tadeln."
Dienstag beu 12» 1843.
durften : denn Artus war ein eben so ge
rechter und milder Fürst gegen die Unter
thanen, als er ein liebevoller Gatte für
seine Gemahlin war. Und an der Hir
landa hatten schon lange alle HülfS
bedürftige eine wahre Mutter, die keinen
Nothleidenden hülfloS von sich werfen
konnte, ja oft mehr that als man von ihr
verlangte, wenn sie sah, daß der Bittende
würdig und bedürftig war.
Von allen Seiten kamen diesem jungen
Ehepaare die aufrichtigsten Wünsche ent
gegen, daß es doch recht lange zufrieden
und vergnügt leben, und mit eben so recht
schaffenen Nachkommen zur allgemeinen
Freude gesegnet werden möchte. jUnd
diese aufrichtigen Wünsche schickten die
meisten Unterthanen auch in ihren Gebe
ten zum Throne deö Allerhöchsten hinauf,
und wie hätte dieser, der allen seinen Kin
dern gesagt hat: Bittet und ihr werdet
erhalten wie hätte der beste Vater sol
che aufrichtige Bitten unerhört lassen kön
nen !—wie hätte er dem rechtschaffenen in
Aufrichtigkeit vor seinen Augen wandeln
den Ehepaare seinen Segen versagen kön
nen !
Nein, er konnte eines so wenig als daö
andere ; er erhörte das Flehen der Unter
thanen, und sah mit Wohlgefallen auf
ihren gerechten Herrscher, und seine liebe
Gattin herab, er sprach auch über sie das
fruchtbare Wort seiner Allmacht: Wach
set und vermehret euch; und bald fand
sich Hirlanda im Besitze des himmlischen
Segens, im Besitze eines sichern Unter
pfandes ehelicher Liebe und Treue, und
vereinigt dankten beide Gatten dem Geber
alles Guten für diese seine kostbare Gabe,
und baten um seinen fernern Segen und
Beistand.
Aber der liebe Gott läßt Freuden und
Leiden auf dieser Erde immer mit einan
der abwechseln, damit seine Kinder die
guten Gaben desto höher schätzen, und ihn
den Geber des Guten, nie gänzlich ver
gessen sollten. Er ließ also nach seiner
weisen Güte auch bei Hirlanda und Ar
tus auf die fröhlichen Tage balv Tage
des Leidens und der Trübsal folgen.
Seine weise Vorsehung fügte eö näm
lich, daß der König von Frankreich einen
Feldzug unternehmen mußte, und da for
derte er natürlich, seine Herzoge auf, ihre
treffende Mannschaft zu stellen ; wo frei
lich alte und mit ehrenvollen Narben schon
bedeckte Herzoge wohl zu Hause bleiben,
und ihre Truppen durch einen andern
Anführer senden durften ; aber der junge
Herzog Artus hätte Schande und Verach
tung auf sich gezogen, wenn er nicht selbst
mit seinen Leuten ausgerückt wäre.
Indessen siel dem Artus dieser uner
wartete Feldzug wegen seiner Gemahlin
doppelt schwer; einmal, weil er sie herz
lich liebte, und deßwegen nur sehr ungern
verlassen konnte, und zudem sah sie nach
einigen Monaten ihrer Niederkunft ent
gegen, was ihm seine Entfernung noch
! mehr erschwerte. Doch er konnte, wie
schon gesagt, mit Anstand nicht auswei
chen, und mußte sich also selbst zum Aus
rücken mit den Seinigen zubereiten. Das
schwerste war ihm noch, die baldige Tren
nung seiner Gemahlin anzuzeigen, aber
auch dieses mußte sein, und er that eS
selbst, so gerne er es einem andern über
lassen hätte.
Hirlanda, nachdem sie sich von der er
sten Bestürzung ein wenig erholt hatte,
sah wohl selbst die Nothwendigkeit dieser
Trennung ein und Artus suchte sie durch
die unbedeutende Macht der Feinde die
bald besiegt sein würden, best mögligst
zu trösten, versprach ihr, daß er sich nie
ohne Noth in eine Gefahr begeben wolle,
und dann werde ihn da, wo ihn Pflicht
und Gewissen dazu bestimmen, Gottes
Vaterhand schützen, und er werde mit
Ehre und Ruhm gekrönt bald wieder in
ihre Arme zurückkehren.
Artus sagte der Hirlanda den Tag der
Abreise noch nicht, und sie vermuthete ihn
auch nicht so nahe. Aber alles war schon
bereitet. Und nachdem er seiner Diener-
schaft noch besonders befohlen hatte, daß
sie seine Gemahlin auf das sorgfältigste
bedienen, und ihn von Zeit zu Zeit über
ihr Befinden berichten soll,so verließ er den
andern Morgen in aller Frühe seine Hir
landa, ohne daß sie es gewahr wurde, bis
er schon weit von ihrem Schlosse entfernt
war. Er zog mit seiner Mannschaft, a
ber auch mit schwerem Herzen Paris zu,
während dem Hirlanda allein zu Hause
nur mit ihrem Gott diese schmerzliche
Trennung klagen konnte. Ihr ahndete
nichts Gutes, aber sie suchte durch Arbeit
samkeit und den Aufblick zum Himmel
diese schweren Gedanken zu vertreiben, die
ihr schuldloses Herz immer wieder mehr
oder weniger quälten.
Hirlanda wird von ihrem Schwager Gerard
besucht.
Herzog Artus hatte einen Bruder, Ge
rard mit Namen, der aber ein wahres
Gegenstück von ihm war. Denn wie Ar
tus Eingezogenheit Mässigkeit und stille
häusliche Freuden liebte, ebenso war Ge
rard ein Freund des großen Hoflebens,
prächtiger Gastmahle und rauschender
Weltfreuden. Und nebst diesem hatte er
ein wahrhaft böses Herz, sah deßwegen
schon bei der Hochzeit seines Bruders mit
neidischen Augen auf dessen Glück, und
wünschte nichts mehr als, daß Artus kin
derlos bleibe, damit er einst in den Besitz
seines Herzogthums kommen möchte. —
Gleich nach der Hochzeit seines Bruders
begab er sich wieder an den Hof des Kö
nigs von England, lebte da im Genusse
aller Ergötzlichkeiten, und verschwendete
all sein Vermögen. Wie vom Blitze ge
teoffen war er, als er die Nachricht erhielt,
daß seinem Bruder die sichere Hoffnung
einer Nachkommenschaft geworden sei; a
ber wieder um so mehr erfreute ihn die
nothmendig gewordene Entfernung seines
Bruders von dessen Gemahlin ; denn dar
in glaubte er Hoffnung zu finden, durch
seine Anschläge seiner Bosheit seine nei
dischen Wünsche in Erfüllung bringen
zu können. Gleich war er entschlossen,
seine Schwägerin zu besuchen, und den
andern Tag schon verließ er England,
schiffte mit seinen Planen beschäftiget an
die Küsten von Bretagne, und traf end
lich ganz unerwartet auf dem Schlosse
seines Bruders ein.
Hoch erfreut war Hirlanda über seine
Ankunft; denn sie hielt ihn für eben so
rechtschaffen, als ihren Artus, und glaub
te niemand Besserm die Besorgung aller
Geschäfte übertragen zu können, als ge
rade diesem Gerard den sie auch mit auf
richtigem Herzen darum bat, sobald sie
ihn mit allen möglichen Ehrenbezeugun
gen empfangen hatte.
Gerard war, wie beinahe alle Böse
wichte, ein Meister im Heucheln, er stellte
sich zuerst an, als ob er nicht Zeit habe,
länger zu verweilen, und nur da sei, um
einen freuunschaftlichen Besuch abzustat
ten,und dadurch seiner schätzbarsten Schw
ägerin seine schuldige Aufwartung zu ma
chen, versprach aber auf wiederholtes bitt
liches Anhalten, daß er ihren dringenden
Wünschen entsprechen, und alles nach
Kräften zu besorgen suchen wolle.
Nun glaubte sich Hirlanda wieder
glücklich genug, aber noch glücklicher schätz
te sich Gerard, dem nun bisher alles nach
Wunsch von Statten gegangen war. Hir
landa erwies ihrcm Schwager alle mögli
che Ehre, und befahl ihrer Dienerschaft,
das nämliche zu thun, und seinen Befehlen
pünktliche Folge zu leisten. Auch Gerard
zeigte sich anfänglich als ein rechtschaffener
getreuer Schwager, und begegnete seiner
Schwägerin mit Freundschaft und Liebe,
mit Sorgfalt und Hochachtung.
Seine erste und wichtigste Sorge war,
die Dienerschaft im Schlosse näher kennen
zu lernen, um sie nach und nach, wenn
nicht ganz, doch größtentheils auf seine
Seite zu bringen. Er merkte bald, daß
die vernünftige und häusliche Sparsamkeit
seines Bruders nicht gefiel, weil sie im
Gegentheil von immer anwesenden Gästen
Kummer 2»
bedeutende Geschenke hoffen konnten. —
Diese suchte Gerard zuerst durch seine
Freigebigkeit zu gewinnen, und natürlich
waren diese gleich ganz für ihn eingenom
men. Aber er wendete dieses Mittel nicht
nur bei solchen, sondern bei allen an, und
das Sprichwort: Das Geld regiert die
Welt, erwährte sich hier im vollen Sinne,
denn bald ward Gerard der einzige Lieb
ling deS Schloßgesindes.
Auch die Unterthanen wußte Prinz
Gerard sich auf die nämliche Art geneigt
zu machen. Wo ein Unglück sich ereig
nete, oder der Jammer drückenden Elendes
zu seinen Ohren kam, da wurden, freilich
immer mit Einwilligung der Hirlanda,
bedeutende Gaben ausgetheilt, denen aber
Gerard immer noch etwaS besonders, als
gäbe er eS von dem Seinigen, beilegte.
Die für ihn ganz eingenommenen Diener
priesen ihn dann als die einzige Ursache
solcher Geschenke an, und Gerard ward
bald in und außer dem Schlosse ziemlich
allgemein geschätzt und grliebet.
Indessen hatte Hirlanda immer noch
einige, aber wenige Getreue in ihrer Die
nerschaft, denen das ganze Betragen Ge
rardS nicht gefiel. Aber diese kannte
Gerard sehr gut, und ließ sie genau beo
bachten, damit sie seinen Absichten nicht
schaden konnten.
Am meisten war dem Bösewicht daran
gelegen, die Hebamme und Pflegmutter,
welche beide schon früher auf das Schloß
gerufen wurden, auf seine Seite zu brin
gen. DaS war aber eine leichte Arbeit,
denn beide waren arme Personen, und die
Hebamme, wie beinahe alle dergleichen,
eine Liebhaberin im Essen und Trinken,
und somit kannte er die besten Mittel schon,
diese in seine Schlinge zu bringen die dann
auch in, Uebermaaße angewendet wurden,
und die beiden Personen niederträchtig ge
nug machten, allen seinen boshaften Be
fehlen gänzlichen Gehorsam zu leisten.
So sah es auf diesem Schlosse aus, als
Gerard kaum zwei volle Monate in selbem
zugebracht hatte. Die Dienerschaft, die
vorher alles mögliche that, um die Hi»>
landa und ihren Herrn zu erfreuen, war
jetzt größtentheils bereit Unglück und E«
lend über selbe zu verbreiten. Aber Hir
landa, obwohl sie gegen niemand einen
bösen Argwohn hatte, ahndete doch auch
nichts Gutes, und ihr wurde immer schwe
rer, je näher die Zeit der Geburt heran,
nahte, aber sie konnte sich diese Schwer
mut!) nicht erklären.
(Fortsetzung folgt.)
Key West. Dieses Jnselriff das
ursprünglich nur zu einer Marinestation
und als bequemer Zufluchtshafen für Re
gierungSfahrzeuge, welche im Golf von
Mexiko und in den westindischen Ge
wässern kreuzen, auSerwählt war, erhebt
sich jetzt zu einer Handelswichtigkeil, von
der sich nur Wenige einen richtigen Be
griff machen. Die Einwohner von Key
West besitzen bereits gegen 30 Fahrzeuge
welche 400 Mann beschäftigen. Der
Verkehr mit dem Bahama-Jnseln ist be
deutend, und mit Havanna steht Key
West in fast täglicher Verbindung. Drei
Transportschiffe und ein Ver. St. Dampf
schiff fahren regelmässig von benachbar«
ten Häfen ab und zu. Die Negierung
errichtet gegenwärtig in Key West Bar
raken, um Trusen daselbst aufzustellen.
Der Hafen beschäftigt gegen IL Piloten,
die ein einträgliches Geschäft betreiben.
In der Bay und an den Riffen werden
jährlich mehre hunderttausend Pfund grü
ne Schildkröten gefangen, wovon man
etwa die Hälfte exportirt und die andere
Hälfte an Ort und Stelle verbraucht.
Der Fischfang ist ausserordentlich ergie
big; die Fische werden meistens nach
Havanna verschifft, von wo man Specie
Früchte, Gemüse und Geflügel zurück
bringt. Key West hat schöne Wherften,
prächtige Waarenhäuser, hübsche Privat
wohnungen, eine schöne steinerne bischöfli
che Kirche und eine Methodistenkapelle.