Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, July 25, 1843, Image 1

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    MeAV i n g, Hlenn. Gedruckt und herausgegeben vonArn old Puwelle, in der Sud 6ten Strasse, Ecke der Cherry Alley.B chm' s Wirthshaus Hof gegenüber.
Jahrgang gann DAninmr 203.
Bedln gunge N.-Der Nlbernle ZZrohkltlrtcr erscheint jeden Dienstag auf einem grossen Superial-Bogen mit schönen Lettern gedruckt. Der Subscriptions-Preis istEin Tha l e r des Jahrs, welcher in halbjähriger Vorausbe
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Eine Nnckt im Wachthanse.
Der arme Harry war eine so warm
herzige Seele, wie je eine geboren worden,
und ein redliches Gemüth dazu. Er kam
zu mir die Nacht vorher, ehe wir von
Abranntes nach Elvas warschirten —und
sagte zu mir (wir machten eben einen klei- l
neu Spaziergang in einem Orangengar- 5
ten): "Tom,'' sagte er, und der arme
Junge seufzte herzbrechend genug dazu —
"Tom," sagte er, "ich weiß nicht, waS ich
mit dem Mädchen beginnen soll; das
Regiment marschirt morgen, und Gott
weiß allein, ob ich sie jemals wiedersehen
kann. Sie will mit mir gehen, ohne
Vorwissen ihrer Eltern." —Und willst
Du sie mitnehmem? fragte ich. —"Sie
mitnehmen, Tom !" sprach er—"ein un
schuldiges Mädchen, und dazu das einzige
Kind des gutmüthigen alten Mannes,
der uns so wohl behandelt hat? Das
möge Gott verhüten! Ich wollte lieber
hier von der Klippe in den Strom sprin-
gen, als so ein süM, unschuldiges, jun
ges Ding verleiten, das Hetz ihres armen
Vaters zu brechen!"
O, ich wußte es wohl, bevor er es ge
sagt, daß Harry daS Herz auf dem rechten
Flecke sitzen hatte. —Nun wohl! sagte ich
Du mußt sie hier lassen, das arme
Ding, das ist besser als mitnehmen. Und
was sagt ihr Varer dazu ?—"O," sagte
Harry, "der gute alte Mann hätte gar
nichts dagegen, wenn wir uns Heirathen
könnten ; aber, ob er mir sonst recht wohl
will, so weiß er doch zu gut, daß es jetzt
nicht günstige Zeit ist für Soldatenheira
then." Wohl denn, Harry sagte ich
weiter —das Reden führt in der Sache zu
nichts.—Du mußt ihr eine Locke von Dei
nem Haar geben, und einen Kuß zum Ab'
schiede und dann—behüt Euch Gott Bei
de !
Damit kehrten wir in unser Quartier
zurück, und tranken eine Kanne Wein zu
sammen; aber ich sah eS wohl, er trank
mehr, um sich zu zerstreuen, und um mit
mir über Maria schwatzen zu können, als
um des Durstes oder einer andern Ursache
willen. Doch—ich denke immer, wenn ich
selbst kein großer Meister darin bin—ein
Glas bei einer Gelegenheit wie diese, wo
das Her; des armen Burschen voll war,
und mein eigenes nicht eben leer, —und wo
wir im Begriff waren, einer Stadt Nalet
zusagen, worin wir manche vergnügte
Stunde zugebracht—wer so was nüchtern
vertragen könnte der wäre werth, in s
Feuer geworfen zu werden, wie ein cnisge
trocknetes Stück Reis.
Wir hatten just unser letztes Glas aus
getrunken, als der alte Mann, unser
Wirth, Signior Jose. eintrat und sagte:
wir müßten mit ihm einen Jnbiß nehmen
oder zu Nacht essen, weil es die letzte
Nacht sei, die wir in seinem Hause zu
brächten ; und obschon ich nicht viel von
der Sprache verstand, so gab er uns doch
deutlich genug zu verstehen, daß er in vol
lem Ernst bei bester Laune sei. Wir hat
ten keinen Wein mehr, ihm zuzubringen,
worüber er lächelte, und nach unten zu
deutend, sprach: da unten giebts genug,
meine Jungens! Wir stiegen also mit
ihm hinab zum Abendessen, welches aus
zwei gebratenen Hühnern und aus einer
Suppe bestand, nebst Orangen von der
besten Qualität, eben gepflückt in deS al'
ten Mannes eigenem Garten. Ma ria war
mit am Tische, und ich wüßte nicht, daß
ich je einen vergnügteren Abend verlebt
hätte. Gott mag's wissen, ob eS mit
Harry und seinem Süßlieb eben so gewe
sen ; aber ich glaube, bei ihnen war es eine
Art gemischten Gefühls. Sie machten
Beide nicht viel Worte, und Maria sah
drein, als wenn ihr ein schwerer Stein auf
dem Herzen läge. Indessen unterhielt
ich mich mit dem alten Jose, obschon ich
oft genug zu Harry, als dem Dollmetscher
zwischen uns, Zuflucht nehmen mußte;
denn er war im Portugiesischen besser
Wer Liberale Beobachter
Und Berks, Momgomery und Schnylkitl Cannties allgemeiner Anzeiger.
beschlagen als ich, in Folge des ewigen
Gekoses mit Maria. Auf Ehre! beim
Sprachenlernen hilft nichts so gut, als ein
wandelndes Wörterbuch, das heisst, so ein
Stück von Süßliebchen.
Siguior Jose stattete uns einen fürch
terlichen Rapport ab über das erste Er
scheinen der Franzosen in Abrantes, u.Al
les. was er befürchtete war, daß sie wohl
einmal zurückkommen könnten. Er hoffte
den Tag nicht mehr zu erleben, besonders
um seiner theuren Maria willen; denn
sie verschonten weder das Alter noch Ge
schlecht in dem unglücklichen Lande.
"Sie nenne» sich selber Christen, und
schelten die Engländer Ketzer ; aber Werke
und Handlungen sind in solchen Dingen
die besten Zeugen des Glaubens. Das
Zeichen des Kreuzes hat nie den Teufel in
Entfernung und Respekt gehalten; wäre
dem so—so würde nicht eine solche Legion
derselbe» hier mit de» Franzosen ausge
halten haben; denn wir hatten da der
Kreuze genug."
Jose war ein liberaler Man» in seinen
Gesinnungen, und obschon ein Katholik,
und mir und Harry deshalb zugethaner,
weil wir dieselbe Religion mit ihm hatten
—so war er doch keiner von jene» Bigot
ten der alten Zeit, von denen ich gelesen,
sondern er betrachtete jeden Glauben in
einem liberalen Licht; er ließ Jedermann
nach eigenem Belieben zur Hölle fahren,
auf seinem eigenen Wege. —
"Mich dünkt. Jose hatte Recht!"—be.
merkte trocken Sergeant M'Fadgen, wel
cher Bemerkung eine allgemeine Zustim
mung ertheilt wurde von Seiten sammt--
licher Zuhörer, im Halbkreis sitzend am
Torffeuer des KaminS-
Nun gut—wir brache» ziemlich mu»ter
auf um beiläufig Eins; denn, da wir
eine» starken Marsch vorhatten, dacht' ich,
ein wenig Ruhe werde uns wohl thun und
ich wollte daher den Alte» keine neue Bou
teille ansteche» lasse». Harry sah zwar
etwas verdrießlich dabei aus--doch ich
wußte wohl, dass es ihm nicht um's Tun
ken sei sondern bloß, um bei den; Mädchen
zu sitzen; deshalb dacht' ich es sei besser zu
gehen; denn er und sie würden eben so
ungern von einander Abschied genommen
haben, wenn sie auch sechs Wochen lang
ohne Aufhören nebeneinander gesessen hät
ten.
Am nächsten Morgen zogen wir mit
Tagesanbruch von dannen. Bei meiner
Treu ! Harry hätte eben so gut die ganze
Nacht durch aufbleibe» können für die
wenigen Stunden Schlafs; so ein leben
diges Bild des JammerS und deS Schmer
zes war er- Tages zuvor war Proviant
unter das Regiment vertheilt worden;
aber wir hatten es nicht vonnöthen gehabt,
denn Jose hatte unsere Schnappsäcke so
mit Eßwaaren überladen, daß wir sie
kaum fortschleppen konnten.
Wir hatten uns sämmtlich auf dem
Marktplätze versammelt, gegen vier Uhr
Morgens—Alles durch einander, wir und
die Maulthiere und Esel, und marschirten
um halb fünf zum Thor hinaus. Eine
Schaar von Portugiesen folgte dem Re
giment bis zu der Brücke über den Tajo,
worüber wir mußten. Die armen Teu
fel ! Die Regimentsbande mit der Melo
die: "am Patricks Tag" ließ sie nicht
vergnügter dreinsehen ; sie schienen zu ah
nen, daß wir nicht lange im Stande sein
möchten, die Franzosen von ihnen fern zu
halten.
Eben als die leichte Compagnie gegen
die Brücke zog—ich und Harry standen
bei der leichten Compagnie hielten wir
einige Minuten stille, und er trat aus dem
Glied, um ein Abschiedswort zu sagen
Marien und ihrem Vater, die schon an der
Brücke warteten. JhrMantilla verdeckte
größtentheils ihr Angesicht; doch ich sah
darunter ihr die Thränen über die Bak
ken rollen, wie Regentropfen ; das arme
Kind! In wenigen Augenblicken darauf
"willig zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
öc« 25. 1843.
setzte sich die Collonne in Bewegung, und
Harry mußte eintreten. Wir Beide schüt
telten dem Alten die Hand; Harry küßte
sein Süßlieb, und dann ging es mit uns
über die Brücke. Nun, die lange Geschich
te kurz zu erzählen, das Regiment stand in
Elvas an drei Monate lang, als unö die
Franzosen anzugreifen begannen, und wir
uns über Abrantes zurückzogen. Es war
um die Zeit, wo sie sich rühmten, uns rein
aus Portugal weg u. in die See zu treiben
—aber, bei meiner Seele! die Mosjeh's
hatten da in ihrem Leben nicht weiter am
Schwarzen vorbeigeschossen!— Nun gut!
Wir hatten seit zwei Monaten nichts von
Marien gehört, und ich erinnere mich
noch, wie es spät Abends war. da wir auf
unserer Retirade in Abrantes eintrafen.
Harry und ich dachten weder an's Essen,
noch an's Trinken, bevor wir nicht nieder
stiegen zu der Wohnung des alten Jose;
und da erfuhren wir, er sei vor ungefähr
sechs Wochen gestorben. Der arme alte
Mann! Mir that es leid um ihn, und
Harry—that es gar sehr leid- Wir frugen
nach der Tochter —und hörten, sie lebe bei
einem besonderen Freund ihres Vaters am
anderen Ende der Stadt. Wir fanden sie
bald aus, obschon sie uns zuerst von einem
alten Weibe verläugnet worden. Denn
siehe da! ein niedlicher junger Bursche
als Pysano verkleidet, daß heißt als ein
Bauernjunge, mit einem großen, breit
krempigen schwarzen Hut, und einer alten
rothen Schärpe drauf, stürzte bei unserer
Stimme hervor, und warf sich Harry um
den Hals und küßte und herzte ihn, daß
es eine Lust war, anzuschauen. Und bei
meiner armen Seele! sie war es selbst.
Sie hatte nämlich Knabenkleider angezo
gen, nuS Furcht, die Franzosen möchten
ihr ungebührlich begegnen, wenn sie in
die Stadt kämen, und man hatte dieselben
schon seit zwei Tagen erwartet. Ja, wä
ren sie ihnen da in die Hände gefallen—
ich hätte für nichts stehen mögen, denn sie
pflegten nie viel Erbarmen mit jungen
artigen Mädchen zu fühlen, sobald sie sol
che einmal in den Klauen gehabt.
Die Leute, bei denen Maria nun lebte,
waren ein gutes Volk, und so auf sie ver
sessen, als wäre sie ihr eignes Kind. Sie
bestanden darauf, uns bei sich auszuneh?
men, obwohl sie bereits sechs Soldaten im
Hause hatten. Wir bekamen eine gute
Stube, und alles, was zur Bequemlichkeit
nöthig. Harry und Maria machten sich
ihre Zeit ganz gut zu Nutze, ich aber war
zur Bagagewache beordert, und ließ sie
beisammen. Am folgenden Morgen bei
Tagesanbruch waren wir Alle unrer'm
Gewehr und marschirten aus der Stadt
gen Punhete. Wir hatten die Arriergarde
und da wir vorgeschob'ne Avantgarde der
Franzosen erwarteten, so waren wir alle
Augenblicke in Bereitschaft, derselben Gu'
ten Morgen zu bieten. Die Bagage war
schon seit einer Stunde alle weg. So
viel kann ich versichern, der Feind war uns
den ganzen Tag auf den Fersen und
gegen Abend hatte unsere Campagnie ein
klein wenig mit ihm waS abzumachen.
Doch damit ich's nicht vergesse, als wir
in der Dämmerung Abrantes verließen
und die Colonne sich längs dem Hügel
hinabbewegte, war der Nebel so dick, daß
ich Harry kaum unterscheiden konnte, ob
schon er sich dicht neben meinem Ellenbo
gen befand ; aber ich hörte ihn reden mit
einem kleinen Portugiesen, der ihm zur
Seite ging. "Wann hast Du von Ma
rien Abschied genommen ?'' fragte ich ihn
da.—Stille! sagteer darauf: Sie ist
hier! "Nun, bei St- Patrik!" erwiederte
ich, "Harry, mein Junge da hast Du
recht gethan, sonst hätten sie diese verdon
nerten französischen Bettler noch zuGrun
de gerichtet!" Um's Himmelswillen!
sprach da Harry, laß Dir aber ja gegen
keine lebendeSeele etwas von ihr merken;
sie kann so bei uns bleiben, bis es mir ge
lungen, sie wohlbehalten zu ihren Ver-
wandte» nach Lissabon zubringen. Ich!
antwortete nicht, sondern bot nur mei-I
ne Hand Marien dar, die sich dicht an
Harry hielt, und ich schüttelte ihre Hand
herzlich und sprach : "Mein Honigkind!
Du wirst ein so guter kleiner Soldat wer
den, scheint's, als einer in der Division;
nimm da einen Schluck aus der Feldfla
sche!" Das arme Ding ! Sie lächelte und
schien glücklich obwohl wir eben keine Au
ssicht auf gemächliches Leben vor uns hat
ten, wenigstens nicht für die nächsten Ta
ge- Sie wollte indessen von dem Rum
nicht kosten sondern zog mit dem besten
Humor von der Welt eine Zinnflasche
hervor, und trank ein wenig daraus; wie
ich sah, war darin bloße reine Milch und
nichts weiter.
Der Nebel begann zu steigen um die
Zeit, und die Sonne schoß ein Paar helle
Strahlen nieder, um unS etwas zu erwär
men, denn die Mannschaft war beinahe et
was durchgefroren von dem kalten Thau.
In wenigen Minuten brachte das Gehen
u. die Rumflasche etwas mehr Leben in die
Linie, und wir wurden so lustig, wie ein
Mückenschwarm im Sonnenschein, jubelnd
u.singend auf der ganzen Colonne,obgleich
eine Schwadron von Blauteufeln sich stets
in der Ebne dicht hinter unsern Rücken
hielt, hin und her flankirend durch Busch
und Dorn, ohne sich jedoch näher an uns
zu wagen. Nun gut.wir langten in Pun
hete an um eins Nachmittag, und nachdem
wir ein Stück Ochsenfleisch zu uns ge
nommen, eben geschlachtet und gebraten
an einem Gartenpfahl, und hinabgewa
schen mit einer Kanne Wein,ging die Di'
vision über den Zeherestrom, und lagerte
sich auf der anderen Seite unter grünen
Zelten, das heißt, tüchtige Zweige von
Kastanien, Oliven und Orangenbäumen
beschatteten reichlich unsere Häupter. Ihr
erinnert Euch doch der Nacht, Patterson
und Redmond, Ihr?
"Ja wohl! Bei meiner Treu! ich er
innere mich noch recht guterwiederte
Patterson. "Da war es auch, wo ich zum
erstenmal Marien gesehen, obwohl ich sie
damals für eine» jungen Milchbart gehal
ten.''
Nun wohl, ich werde die Nacht nicht
vergessen, so lang ich lebe. Wir befanden
uns da, Harry, Maria und ich unter ei
nem Baume, ein prasselndes Feuer leuch
tend vor uns. Wir versahen das Mädel
mit unsern Mänteln, als die Andern ein
schliefen, und ich brachte eine Fülle von
Haberstroh zusammen, woraus ich ihr ein
gutes Bett gemacht, und baute aus einer
Menge von Zweigen eine Art von Dach
über ihr auf, zum Schutz vor dem Thau
der Nacht. Da schlief sie, die gute Seele,
während Harry und ich am Feuer saßen,
dies und jenes redend, bis wir ebenfalls
einschliefen. Wir hatten einige Trauben
und Brod, nebst einem Trunk Wein, den
ich unterwegs in der Stadt eingekauft—
denn ich sah einen magern Tag voraus
—und davon hatten wir uns diesmal
sämmtlich recht wohl sein lassen.
Als das Mädchen eingeschlafen war,
erzählt mir Harry, wie es kam, daß sie
mit uns gezogen. sagte er zu
mir, "Du bist mein einziger Freund im
Regiment, dem ich vertrauen mochte, wenn
ich fallen sollte, so verlange ich von Dir,
daß Du thust, was Recht ist für das
Mädchen, gerade so als ob es eine Schwe
ster wäre—"
Schwatze nichts vom Fallen erwiederte
ich —bis Du in vollem Ernst todt bist.
Gott wird es verhüten, daß Du je von
uns scheiden solltest, ohne daß einige Dut
zend der französischen Schurken mit Dir
die Reise in die Ewigkeit antreten. —
"Gut!" sagte er, "Tom, Niemand
von uns kann doch sein Schicksal vorher
wissen; und so bitt' ich Dich, zu thun,
wie ich gesagt, so wahr Dir Gott barm
herzig sein möge!" (Ich schüttelte seine
Hand, und das in aufrichtiger Freund
schaft; ich sagte kein Wort, aber er hat-
Kummer 47.
te mich verstanden.) "Sie hat bedeutende
Freundschaft in Lissabon." fuhr er fort,
"und hier ist die Adresse: Floresstraße,
Lissabon.--Ich nahm das Papier, und
steckte es in die innere Brusttasche meiner
Uniform, wo ich auch mein Testament
aufbewahrt hielt, auf den Fall, daß ich
in s Gras beißen sollte denn ich hatte
eine kleine Lumperei, welche ich unter sol
chen Umständen gerne meiner Mutter und
Schwester hätte zukommen lassen mögen.
Und Heimeiner armen Seele, es gab gar
viele Gründe, auf so etwas gesaßt zu sein,
denn es hieß, die Franzosen wären mit
einer großen Macht gegen uns im Anzug.
—"Tom," sagte er, "das Mädchen, das
da schläft, ist mir so theuer, als mein Le
ben, und viel theurer noch. Ich will für
sie sorgen, so es Gott gefällt, bis ich
sie zu ihren Verwandten gebracht habe;
jetzt, da ihr Vater gestorben, und sie eine
Weise ist, soll sie bis Lissabon bloß meine
Schwester sein, und dann soll sie mein
Weib werden. Daher, Tom, hilf sie mir
unterwegs beschützen. In den Kleidern,
die sie nun an hat, kann sie für einen
Maulthiertreiber der Division gelten,wor
über sich niemand wundern wird. Wir wol
len sagen, ihr Maulthier sei getödtet wor
den, und daß es ein guter Junge ist, an
dem wir Gefallen gefunden haben
wenn Jemand weiter darnach fragen sollte
ich nahm sie um ihres Besten willen mit,
weil sie in Gefahr alles Schlimmen sich
befand, und auch zur Last war den Leuten,
bei denen sie gewesen, in solcher Zeit wie
diese. Ich schwor auf's Evangelium vor
den beiden alten Leuten, daß ich sie unan
getastet bis Lissabon bringen will und ich
hoffe, Tom meinen Eid halten zu können.
Sollte ich ihn brechen, so mag das bren
nende Scheit hier meine Todeslampe sein."
—Gut, sprach ich, ich will mein Theil
dazu thun, und wenn ich s nicht redlich zu
thun vermeine, so mag dieselbe Flamme
meine Leiche beleuchten!
Auf solche Weise schwatzten wir die
Nacht durch, bis der Tag anbrach. Wir
konnten genau Alles unter den Bäumen
übersehen; die schnarchenden fest schla
fenden Kameraden und die Schildwachen,
postirt in der Fronte. Bervor es noch
Heller ward, bemerkte ich unsere Pickets in
großer Hast von dem ungefähr tausend
Schritt vor uns liegenden Hügel auf uns
zueilen, und, immer Treu! ein halb Dut
zend Schüsse aus ihren Gewehren machten
uns klar, was für eine Art von Wetter
hinter dem Hügel aufziehe. Der Allarm
jagte das Lager im Augenblick auf, und
Jeder von uns ergriff sein kaltes Eisen,
bevor man zwei zählen konnte. „Harry,"
sprach ich, „wach' über Marien!"—Das
will ich! erwiederte er. Gott beschütze
uns! Damit wandte er sich an sie und
hieß sie, ohne ihr viel Schrecken einzu
jagen ihn beständig in den Augen zu
behalten, doch ihm nicht zu nahe zu sein,
wenn er sich in Gefahr befinden sollte.
O, sie war eine Heldin! Jeden Zoll eine!
Sie sprach nicht viel, sondern knöpfte mu
thig ihren Kittel zu, legte die Hand an
ihr Herz, und sah ihn an, als wenn sie
sagen wollte: „Wo Du auch sein magst,
werde ich sein !"
(Fortsetzung folgt.)
Unglücksfal l.— Unter den Pas
sagieren desCanalbootes Alfred Ely (be
merkt der „Rochester Demokrat"), das
letzten Sonntag in unserer Stadt eintraf,
befand sich ein gebildeter junger Deutscher
mit seiner Frau. Obgleich sie nicht eng
lisch sprechen konnten, erweckten sie doch
die Aufmerksamkeit der übrigen Passagie
re durch ihre Nettigkeit und gentiles Be
tragen. Alle Leute an Bord achteten sie
und wünschten ihnen Glück in ihrer neuen
Heimath. Sie waren auf der Reise nach
Ohio, wo Verwandte von ihnen leben,
und am Sonntag Morgen freuten sie sich
über das baldige Ende ihrer Pilgerfahrt.
Aber ach! sie wußten nicht, was die näch
ste Stunde bringen möchte. Sie saßen
auf dem Deck des Bootes und sprachen