Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, April 19, 1842, Image 1

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    NeaViNg, Venn. Gedruckt und herausgegeben vonZlrnol d Puwelle, in der Süd 6ten Strasse, Ecke der Chcrry Alley.B ehm' s Wirthskmis-tzof gegenüber.
Aahrgang 3, gams 137.
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Michiersielts.
Der Zeitunqsdrncker.
Welch' Thier auf diesem Erdenrund,
Geplagter ist, als wie ein Hund;
Ihr Leutchen, sagt, wer mag es sein?
„Ein armes Zeitungsdruckerlkin."
Tagtäglich hat es seine Noth.
Bei rauher Kost und trock'iiein Brod,
Geplagter kann kein Mensch wohl sein,
Als wie ein Acitungsdruckerlkin.
Am Kaste» steht e6 Tag und Nacht,
Die Presse trenlich es bewacht;
Es schreibt und setzt die Typen ein,
Dae dünne Zeitttiigödruckcrlcin.
Viel Kinder, oft im Haus kein Brod,
In Küch' und Keller grosse Noth,
Kein Beutel kann wohl leerer sein,
Ale der des Zeitungsdruckerleiu.
Wenn es manch'mal ein Gläschen trinkt,
Und einer Schönen frenudlich winkt,
Heisst's gleich: was für ei»
Ist doch das ZeitliiigSdrnckerlein.
Wenn alle Welt in Frieden lebt.
Tanzt, singt, und »ach Vergnügen strebt,
Sitzt still in seinem Kämmerleut
Das arme AeicungSdruckerlei».
Wenn alle Welt bezahlet ist,
Selbst Türke, Jude Antichrist;
Heißt'S doch: es muss gewartet sei»,
Beim armen ZeituiigSdNlckcrlein.
Der Aemterhalter grosse Zahl,
Bei jeder Früh- und Spätjahrs- Wahl,
Die kehren jedem Tag wohl ein,
Beim guten Zeitungedruckerlein.
Ein Jeder will gelobet sein,
Möcht gern die „Laib' nud Fische" frei'»,
Auf beiden Schultern trägt den Stein,
Das matte ZeituugSdructerlci».
Ist endlich dann die Wahl vorbei,
Und es von Plagegeistern frei,
Denkt keiner doch: bezahlt soll sei»,
Das arme ZeitungSdruckerleiu.
Steht 'mal ein T statt einem 11,
Schreibt es statt Kühe einmal Kuh,
Sofort muss instrniret sein,
Das dumme Zeltungsdruckerltin.
Doch ist ihm noch ein Trost bescheert,
Dass seine Noth nicbt ewig währt.
Im Himmel, ach ! wie wohl wirds sei«,
Dem frommen ZeitungSdruckerlein.
Abb. Intelligenter.
Zur Uuterhaltung und Belehrung.
General von Steuden.
Der neueste und letzte Band der von
Hrn. Jared Sparks in Boston herausge
gebenen amerikanischen Biographien ent
hält die Lebensbeschreibung des Generals
v. Steuben, eines deutschen Soldaten, der
sich der Freundschaft Washingtons erfreu
te, und der, indem er die Disciplin des preu
ßischen Heeres und die Kriegserfahrung,
die er unter den Fahnen des großen Fried
rich gesammelt, nach Nordamerika brachte,
nicht wenig dazu beitrug, den Vereinigten
Staaten ihre gegenwärtige Unabhängig
keit zu erkämpfen. Friederich Wilhelm
Freiherr v, Steuden ward in Schwaben
um das Jahr 1736 geboren und trat früh
zeitig in den preußischen Kriegsdienst, in
welchem er sich bald durch persönlichen
Muth auszeichnete. In der nächsten Um
gebung des Prinzen Heinrich machte er
den siebenjährigen Krieg mit, nach dessen
Beendigung er in seine Heimath zurück
kehrte, wo er als Adjutant in den Dienst
des Fürsten von Hohenzollern-Hechingen
trat. Im Jahre 1767 übertrug ihm der
Markgraf von Baden den Oberbefehl über
seine Truppen, indem Steuben zum Ge
neral ernannt wurde, als welcher er auch
bald darauf den Orden der Treue erhielt.
In Paris, wohin er eine Urlaubsreise
unternahm, lernte er bei dem damaligen
Kriegsminister, Grafen v. St. Germair,
mehrere junge Männer des französischen
hohen Adels kennen, die sich, eben so wie
Lafayette, mit großer Lebhaftigkeit für den
damals in Amerika ausgebrochenen Frei
heitskrieg interessirten und zum Theil auch
bereits zur Unterstützung desselben dahin
Wer Liberale Beobachter
Und Berks, Momgomery und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.^
abzugehen imßegriff waren. Die Gewi
nnung eines in der Schule Friedrichs erzo
gene Soldaten, wie Steuben, schien Allen
ein viel versprechender Vortheil für die
amerikanische Sache, und so suchten sie
denselben zunächst mit den beiden norda
mexikanischen Gesandten Deane und
Franklin bekannt zu machen. Das Resul
tat war, daß Steuben wirklich seine Stel
lung in Baden ausgab und im Herbste
des Jahrs 1777 nach Amerika sich ein
schiffte, wo er am I2ten December ankam.
Die Briefe an Washington, die er mit
brachte, verschafften ihm bei diesem, so wie
bei dem Congreß eine sehr ehrenvolle Auf
nahme, und so ward ihm auch gleich die
Stelle eines Generalinspectors der Armee
übertragen. Letztere fand er in dem rohe
sten Zustande, den es nur irgend geben
kann. Seiner Thätigkeit bot sich daher
ein weites Feld dar; diese hatte aber mit
nicht gelingen, Hindernissen zu kämpfen,
zu welchen unter andern auch der Umstand
gehörte, daß Baron Steuben bei seiner
Ankunft außer seiner Muttersprache zwar
auch noch das Französische, aber dagegen
kein Wort Englisch verstand. Nur ein
einziger Ofsicier war damals in der ameri
kanischen Armee, Capitän Walter, der zu
gleich auch Französisch und Englisch sprach,
und dieser mußte in der Eigenschaft eines
Adjutanten als Dolmetscher dienen.
Steuben behielt in Amerika die streng
militärische Lebensweise bei, an welche er
gewöhnt war. Er trug eine der preusi
schen ähnliche Uniform, auf die er nicht
wenig, und zwar bis an sein Lebensen
de, stolz war, stand des Morgens früh
um 3 Uhr auf, ließ sich Haar und Zopf
in gewöhnter Weise frisiren, und im Som
mer fand ihn meistens schon der Sonnen
aufgang in voller Thätigkeit auf dem Ex
ercierplatz. —Durch Ordnung und Stren
ge gelang es ihm auch, das amerikanische
Heer bald auf einen bessern Fuß zu brin
gen, und so demselben, wie Washington
und der Congreß anerkennend ausdrückten,
unschätzbare Dienste zu leisten. Aber nicht
blos als Exerciermeister, sondern auch als
Führer der Truppen auf dem Schlachtfel
de war Steuben ausgezeichnet; die Lor
beer» des Feldzuges von Virginien gehör
ten ihm allein an. Gab er auch manch
mal durch seine etwas schroffe Außenseite
und durch seine strengen militärischen Ma
nieren Anstoß bei den amerikanischen Frei
heitsmännern, so erwarb er sich doch durch
seinen biedern Charakter die allgemeinste
Achtung, und sein Biograph weiß in die
ser Beziehung manche Anekdote zu erzäh
len. So hatte er einmal bei einem Ma
növer befohlen, daß ein Lentenant Gib
kons, der anscheinend einen Fehler ge
macht, arretirt und hinter die Fronte ge
bracht wurde. Bald darauf erfuhr er je
doch durch denßegimentscommandant, daß
der Lieutenant, ein tapferer und tadello
ser Ofsicier, die fragliche Schuld an dem
Versehen, das gemacht worden war, gar
nicht trage- Sogleich ließ ihn Steuden
vor die Fronte treten, ritt an ihn heran,
und indem er seinen Hut abnahm, redete
er ihn folgendermaßen an: "Lieutenant
Gibbons, der vorgefallene Fehler, durch
welchen die ganze Linie in Unordnung kam,
hätte, dem Feinde gegenüber, von den
unglücklichsten Folgen sein können, ich
ließ Sie, als den vermeintlichen Urheber,
arretiren, doch habe ich Ursache zu glau
ben, daß ich mich geirrt habe, und daß
Sie völlig unschuldig sind. Ich bitte Sie
um Verzeihung. Treten Sie jetzt wieder
bei Ihrer Companie ein. Ich möchte nie
manden Unrecht thun, am allerwenigsten
aber einem Mann, dessen Charakter als
Soldat so achtungswerth ist."-—Ein an.
deres mal hörte er, wie bei dem Namens
aufruf eines Regiments, der Name Bene
dict Arnold vorkam. So hatte auch der
amerikanische General geheißen, der zu den
Engländern übergegangen war. Steuben
ließ den Soldaten, der diese beiden Namen
trug, sogleich vortreten. "Grenadier!"
sagte er zu ihm, "Du mußt Deinen Na
men ändern; Du darfst nicht gerade so
"willig zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
Mieuslag sc« 19. Mprit 1842.
heißen, wie Jener, der uns verrathen
hat." "Welchen Namen soll ich anneh
men, General?" fragte der Soldat.—
"Welche Du willst ; nimm die meinigen,
wenn sie Dir gefallen."—Das ließ sich der
Grenadier nicht zweimal sagen; vielmehr
nante er sich noch an demselben Tage Frie
drich Wilhelm Steuden, und so wurde er
auch in d. Regimentsliste eingetragen. Als
Pathengeschenk setzte ihm der General eine
Pension von fünf Dollars monatlich aus,
wozu nach einiger Zeit auch noch ein an
sehnliches Stück Landes kam. Nach Be--
endigung des Krieges traf der General
den ehemaligen Soldaten, der ihm auf
seine Erkundigung sagte, daß es ihm sehr
wohl gehe und daß er jetzt verheirathet sey
und einen Sohn habe. Der heißt gera
de so wie Sie, Herr Baron," fügte der
Mann hinzu.—-„Ei, dann heißt er ja auch
gerade so wie Ihr," meinte der General."
"nein, ich habe ihm noch genauer die Be
nennung meines Wohlthäters gegeben;
er heißt Baron Steuben."— Der Land
strich, in dem die Besitzung dieses Colo
nisten lag, heißt übrigens auch jetzt noch
Steuben, und ist heutzutage ein sehr
blühender Ort.
BeiGelegenheit dieser Lebensbeschreibung
Steudens macht uns sein Biograph auch
mit einem seiner Freunde, nämlich mit
dem Grafen Benjowski, bekannt, demsel
ben, der auf Kamschatka und in Kotzebue's
Schauspiel dieses Namens eine so roman
tische Rolle spielt. Benjowski besuchte —
ab mit oder ohne seine Afanasta, wird
nicht gesagt—im Jahre 1782 seinen Ju
gendfreund Steuben, und erbot sich, eine
deutsche Legion von 6000 Mann zur Ver
fügung des Congresses zu stellen. Das
Anerbieten ward jedoch zurückgewiesen,
da der Krieg zu Ende war, und Benjows
ki schloß sich jetzt einer Privatexpedition
nach der Insel Madagaskar an, wo er bei
einem Zusammentreffen mit den französi.
schen Colonisten seinen Tod fand.
Dem General von Steuben wurden
im Frieden große Ländereien oon den
Staaten Neu' Jersey, Virginien und
Neu York geschenkt, wozu auch noch eine
Pension von 25V0 Dollars von Seiten
des Congresses kam. Bei seinem im lah
re 1794 erfolgten Ableben hinterließ er
jedoch nur ein kleines Vermögen, das er
seinen Adjutanten vermachte, und als ei
nige Verwandten in Deutschland über den
Nachlaß eine Anfrage bei Waschington
machen ließen, antwortete dieser: "Wä
re das Vermögen des Baron Steuben,
so groß gewesen als sein Herz vortrefflich
war, ss würde er gewiß keinen seiner
Freunde in seinem Testamente unberück
sichtigt gelassen haben." In der lutheri
schen Kirche zu Nen-Vork ist dem General
von Steuden ein Denkmal mit einer eh
renden Inschrift gesetzt.
Schrecklicher Mord aus Aberwitz.
Georg Todt, ein Bürger und Nagel
schmied in Naumburg, stand wegen seiner
besondern Religionsmeinungen in keinem
guten Ruf. Er verachtete die Diener der
Religion, und hatte früher, wie es er
wiesen seyn sollte, in einer wahren Noth
wehr einen Menscden umgebracht.
Schon in einem Alter von siebenzig
Jahren, beging er einen Mord, welcher,
bei den Einzelnheiten, Jeden mit Schau
der erfüllen muß.
Am 16. Dezember 1673 saß Todt beim
Ofen und wollte sich nicht mit seinen Ge
sellen an den Tisch zum Abendessen fetzen.
Samuel Sülze, einer der Gesellen, brachte
ihm etwas Essen auf seinen Platz; er
nahm es an und aß. Die Gesellen ent
fernten sich nun, Samuel Sülze blieb aber
bei dem Meister, setzte sich hin und schlief
ein. Da schlug ihn Todt mit einem gro
ßen Hammer zu Boden, so daß er auf der
Stelle starb. Nachdem er des Ermordeten
Kleider und Hemde mit einem Riß zerris
sen hatte, zog er ihm die Haut ab, schnitt
ihm beide Daumen und die Schaamtheile
west, riß ihm das Herz aus dem Leibe.
legte solches-in einen Tiegel, schmorte es
mit Butter und verzehrte es. Die Haut
die abgeschnittenen Glieder legte er in eine
Molle, bestreute sie mit Salz und schob
sie unter das Bett. Den zerstückelten
Körper begrub er in dem Keller.
Wie man am andern Morgen den Er
mordeten vermißte, gab er vor, er sey heu
te mit Fuhrleuten nach Leipzig gefahren,
und habe zuvor der Katze den Schwanz
abgehauen, wie die Blutflecke in der Stu
be dieS noch zeigten.
Die Blutflecken waren aber zu groß,
als daß sie durch eine solche Verstümm
lung einer Katze hätten verursacht werden
können. Man schöpfte Verdacht; er wur
de verhaftet, und die unter seinem Bette
gefundene Molle bestätigte solchen hin
länglich.
Todt läugnete nun nicht nur nicht die
That, sondern erzählte auch die vorhin
angeführten schauerlichen Umstände. Ehe
aber sein Urtheil erfolgte, erhing er sich
im Gefängniß. Sein Leichnam ward
nach dem Schindanger geschleift und dort
verscharrt. Man fand bei ihm ein vor
gebliches Zauberbuch. Dies wurde von
der obrigkeitlichen Behörde in Beschlag
genommen und versiegelt. Demnächst
mußte es der Henker auf dem Schindan
ger verbrennen.
Aus Scherz wird zuweilen Ernst.
Der Herzog Swantopol hatte sich mit
seinem Heere gegen die Kreuzherren gela
gert- Unter seinem nächsten Gefolge be
fand sich ein Edelmann, der sich vor den
Kreuzherren so flüchtete, daß ihn fast ein
Fieber befiel, wenn er nur von ihnen hörte
Der Herzoa, um eines Theils ihn vor
den übrip-- riegsgefährten lächerlich zu
mach«"' ..oern Theils, um ihn von dieser
Fu .. zu heilen, sandte einige Reiter weg,
mit dem heimlichen Auftrage, daß sie zu
der Zeit, wenn er mit seinen Kavalieren
an der Tafel säße, erschrocken in das Spei
sezimmer stürzen und rufen sollten : ..Ge
schwinde fort! die Kreuzritter kommen!"
Der Herzog wollte aber keine Gäste
weiter erschrecken; er machte sie also zu
vor mit dieser Verabredung bekannt.
Alleö geschah, wie es der Herzog einge
leitet hatte. Eben kreiseten munter die
gefüllten Becher, als das ausgeschickte
Kommando zurückkam. Es meldete mit
großer Bestürzung, daß die Kreuzritter
im Anzüge seyen, und rieth ängstlich, sich
durch die Flucht zu retten. Der furchtsa
me Edelmann ließ sich dies nicht zweimal
sagen, er sprang schnell von seinen Sessel
auf, schwang sich auf sein Roß und sagte
davon.
Die Uebrigen lachten weidlich über den
Feigling; aber die Reiter hatten ihre
Warnung ernstlich gemeint, auf ihrem
Ritt waren sie wirklich die Kreuzritter ge
wadr worden. Diese trafen nun auch ein.
An ein Entfliehen war nicht mehr zu den
ken. Die Meisten wurden niedergeme
tzelt ; der Herzog selbst entkam nur da
durch, daß er noch Zeit behielt, sich auf
sein Roß zu schwingen und durch die
Weichsel zu schwimmen.
l. tW —!-,
Sine Gespenstergeschichte aus dem 17-
ten lahrhnndert.
Wir kamen, erzählt Lady Fanshawe, zu
Lady HonorO'Brien, der jüngsten Toch
ter des Grafen von Thanond, wo wir uns
drei Tage lang aufhielten. Zn der ersten
Nacht hatte ich einen großen Schrecken,
indem ich in dem Zimmer, wohin ich ge»
führt worden war, ungefähr um 7 Uhr
durch eine Stimme erweckt wurde, und als
ich den Vorhang zurückzog, beim Mond
schein eine Frau in der Fenstervertiefung
bemerkte, weiß gekleidet, mit rothem Haa
re und von bleichem, geisterhaften Ansehn,
Sie sah zum Fenster hinaus, und sagte
laut und mit einem Tone, wie ich ihn noch
nie gehört hatte, dreimal hintereinander:
~Ein Pferdworauf sie mit einem
33.
Seufzer, der eher dem Winde als mensch
lichem Athem gleich, verschwand; ihr Leib
kam mir mehr wie eine Wolke, als wie ein
menschlicher Körper vor. Ich war so er
schreckt, daß mir daß Haar zu Berge stand
und mein Nachtzeug herabfiel. Ich stieß
und schüttelte meinen Geinahl, welcher
während der ganzen Zeit geschlafen hatte,
endlich aber sehr verwundert war, mich
in solcher Angst zu finden, noch mehr aber
als ich ihm die »Geschichte erzählte und
das offene Fenster zeigte- Keiner von uns
schlief mehr in dieser Nacht. Gegen fünf
Uhr kam die Dame des Hauses zu uns,
und sagte, sie sey die ganze Nacht nicht
im Bette gewesen, weil einer ihrer Vet
tern aus der Familie O'Brien, dessen
Vorfahren dies Schloß besessen hätten,
gewünscht habe, daß sie bei ihm auf dem
Zimmer bleibe: um 2 Uhr sey derselbe
gestorben, Sie fetzte hinzu: „Ich wün
sche, das Ihr nicht beunruhigt worden
seyn möget, denn es ist in diesem Hause
gewöhnlich, daß. wenn Jemand aus der
Familie im Sterbe» liegt, die Gestalt kl
einer Frau in seder Nacht am Fenster er
scheint, bis er todt ist. Diese Frau war
vor alten Zeiten durch den damaligen
Schloßherrn guter Hoffnung geworden,
der aber ermordete sie in seinem Garten
und warf den Leichnam in den Fluß der
hinter den Fenster hinfließt. Ich dachte
nicht daran, als ich Euch hierherbrachte.
Wir erwiederten wenig auf diesen Beweis
von Güte, sondern entschlossen uns, bald
möglichst abzureisen, indem mein Mann
der Meinung war, daß der Aberglaube in
diesen Gegenden weit häusiger wäre, als
in England, und wir zuletzt Beide die An
sicht hegten, daß meine zu stark aufgereg,
te Phantasie mich etwas hatte sehen las
sen, waS in der Wirklichkeit gar nicht vor
handen sey.—
Das Wettrennen mit Schlitten.
Eine vorzügliche Belustigung der Rus
sen ist im Winter daö Wettrennen mit
Schlitten. Zu diesem wird ein ebener
Platz, wo möglich auf einem Flusse, Teich
oder See gewählt wo sich täglich und
zwar in der Regel zwischen 2 bis 3 Uhr
Nachmitags, sehr viele Menschen mit klei»
nen und sehr leicht gebauten Schlitten ver,
sammeln, auf denen nur ein Mensch Platz
hat. Hier wird bedeutend gewettet, und
es kommt nur dabei auf den besten Tra
ber an; denn sobald das Pferd nur
mal aus dem Trabe in Galopp fällt, ist
die Wette verloren. Man sieht hier schöns
Pferde einen so schnellen Trab laufen, daß
dem im Schlitten Sitzenden der Athem
fast vergeht.
Der älteste Baum in der Welt.
Hr. Loudon liefert in einem kürzlich
publizirten Werke eine Abbildung des Zy
pressenbaumes von Somma in der Lom
bardei, den man für den ältesten Baum
in der Welt hält- In Mailand hat matt
eine alte Chronik, welche schreibt, daß die
ser Baum sckon zur Zeit vou Julius Cäs
ser 142 Jahre vor Christi GeburtZ gestan
den habe. Er ist 121 Fuß hoch, und der
Stamm mißt, l Fuß vom Boden ab,
23 Fuß im Durchmesser. Napoleon ver
schonte dieses Ueberbleibsel des Alterthums
als er seinen Plan zu einer Straße üwr
den Simplon entwarf, und machte lieber
eine Krümmung, um nicht den Baum zu
beschädigen.
Sonderbares Zusammentreffen.
Vor den Assisen zu Gloncester wurde
John Rüssel, 22 Jahr alt, angeklagt, daß
er eine Stute gestohlen habe, die dem Jo
seph Jordan gehöre. Er bewies vor den
Geschwornen, daß er diese Stute gekauft
habe, und er wurde daher freigesprochen-
Das Merkwürdige bei diesem Rechtsstreit
war aber, daß die Stute, der Kläger und
der Angeklagte sämmtlich blind waren.