Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, July 06, 1841, Image 1

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    M e aVtNS, Denn. Gedruckt und herausgegeben von Arnold Pu»vell e, in der Süd Kten Strasse, Ecke der Sherry Alley.B ehm' s Wirthsbaus-Hof qcqeuWc^
MalZrzang 2, gaine Anmmsr 96.
edl n g un g e N.-Der Nlbrr«rlc 2Zeob«rclltrr erscheint jeden Dienstag auf einem grossen Superial-Bogcn mit schönen Lettern gedruckt. Der Subscrivtions-Prcis ist Ei n Tha l e r des Jahrs, welcher in halbjähriger Vorauöbe
-1!" deS Jahres nicht bezahlt, werden Hl angereämet. Für kürzere Zeit als Monat wird kein Unterschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann angenommen, wenn sie
v -Termin, geschehen und gleichzeitig alle Ruckstande abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen nnd für den gewöhnlichen Preis eingerückt. Unterschreibern in hiesiger
wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Po,t oder Träger, auf Kosten der Unterschreiber. und Mittheilungen müssen postfrei eingesandt werden.
Kräuter Pillcn.
Dir folgende Geschichte der obigen schätz
baren Pille», und Erklärung von Brand«
reth'6 Theorie, Krankheiten durch Purgie
re» zu heile«, mag uicht uniutkrcssallt sein.
sollte zur Beförderung
der Gesii«:dlieit und de«; Glücken der
VNen sckbeit beitragen."
Am achtzehnten May 1855, wurden diese
m«u wahrhast gepriesenen Pillen, zu erst i»
den Vereinigten Staaten veröffentlicht, ol"
wohl dieselbe» vorher in Europa schon fast
ein Jahrhundert vor den, Publikum gewe
sen. Das amerikanische Publikum betrach
tete sie zuerst natürlich ale verdächtig, aber
als sie beim Vcisuche gesunde» wurde» zu
sein was ste vorstellte», trat dac? größte Ver
trauen an dessen Stelle. Sie haben sich da
zu diesen Charakter nnter sehr schwierige»
Umständen gesichert, indem sie mit den bösen
Schlcndercie» zn kämpfen, durch Solche die
dabei intercsstlt sind die Menschen in Be
treff ihres Körpers im Irrthum zn halten.
Dr. Brandreth möchte hiermit seinen Freun
de» niid dem Publikum überhaupt begreiflich
machen, dass so Verschieden auch immer die
Wirkung der Pille» zn verschiedene» Zeiten
scin mag, dassso verschiede»? Wiiknng niche
von einer Veränderung der Pillen entsteht
sondern von dem Zustande des Körpers; sie
sollten daher beibehalte., werden bis iyreWir
kling durchdringend ist ; denn sie sind ein wir
kender Gehülfe der Natur, da sie dieselbe
Wirkuna auf den me,«schliche» Körper habe»
wie Stürme und Orkane auf die Lnft, oder
die Ebbe »ind Fliith auf den Ocean; sie rei
nigen. Was ist weiser als die Reinigung
der Wir sehen, dass sie sich selbst,
wenn sie die Reinigung wünscht, in Aufruhr
setzt, welcher die reinigeude Wirkung hat.
Und wir bringen, zur innern Reinigung des
Körpers, einen solchen natürlichen Aufruhr
hervor, durch Anwendung künstlicher Mittel
und Erfahrung hat denen gelehrt, welche die
sen Conrs angenommen haben, n. diese Pillen
in der Absicht qebrancbten, daß sie recht wa
ren, weil wirkliche Gesundheit das Resultat
davon war, oder in andern Worten, daß je
des Organ zn jenem reinen Stande kam, der
cinstimmiq mit ihren F«»ktio>ltn ist; und
obwohl es Viele gibt, deren Körper in sehr
schlechten Gesnndhtitsznstande sind und wel
che so wenig Hoffnung znr Besserung habe»,
daß alles was sie Ursache haben zu erwarten,
bloß eine temporäre tiuderuug ist; demnngi'«
achtet haben viele Personen die mit densel
ben den Ansang gemacht haben, unter höchst
mißlichen Umständen von körperlichen Leiden,
wenn alle andern Mittel nnd Medizinen sich
als unwirksam zeiqte», durch deren Gebrauch
Gesundheit und Wohlsein erlangt, nnd die
Folge davon »st, daß sie nnn durch Tausende
vou Persoutn empfohlen werden die geheilt
wurden von AnSzehrnng, Flußfieber Erkal
tungen. Uttvtrdanlicbkeit, schlechter Verdau
ung, Kopfweh uud eiuem Gcsühle von Fülle
des Hinterkopfes, gewöhnlich die Symptome
von Gchlagflttß. Gelbsncht, Fieber und kal
ten Fieber, Gallen-, Scharlach-, TyphnS-,
Gelben- uud qcwöhiillchen Fiebern, von alle»
Arten; Asthma, Gichten, RhenmatiSmns,
nerviöse Krankheiten, ieberschaden, Seiten»
stechen, innere Schwäche. Niedergeschlagen'
heit des Geistes. Bruche, Inflammationen,
wehen Anqen, Krankheitsanfällen, Schlag-1
flüssen, Wassersncht, Kinder-Pocken, Messel»
Stickhusten, schreienden Hnstcn.HalSgtschwi'i
ren, Kolik, Cholera Morbus, Grävel, Wür
meru, Durchlauf. Taubheit, kreisendes Sau
sen im Köpft, Kings-Uebel, Drüsen, Roth
lanf, oder St. Anthonies Fener, Salzstnß,
Weiß - Schwellungen, Geschwüren, einiqe
schon dreissig Jahre alt, Krebsschäden, Ge
schwülsten, geschwollene» Füssen und Beiue»,
Peils. Verstopfungen, allen Allsbrüchen der
Hant, schreckhaften Träninen, weiblichen Lei
den jeder Art, besonders Hinderungen, Er
schlaffungen, te.
Dr. Srandrelk'a Office, für den Ver
kauf der obigen schätzbaren Pillen, in Phila
delphia, ist in No. 8, Nord achte Strasse ei
nige Thüren oberhalb der Marktstrasse.
Folgendes ist eine Liste von
Agenten in Berks Caunty:
Wer von Leuten im Cannt? kauft, welche
nicht in dieser Liste benant sind, wird betrogen
Stlchter nnd McKnigbr, Readiug ; Miller,
Scheifly u. Smith. Hamburg; M. K. Bover,
Beruvillc; Daniel K. Faust, an der Rradin
ger Strasse »ach Bernville; Samuel Hecbler,
BaumStail«; H, u D. Boyer, Boim-Stau»;
Heury Diuglt, Friedeusburg; Richard H.
Jones, Unioi.ville- S. Schock, Ncnmans
tau» ;W. und T. Vaudeischleiß, Woomele»
dorf; Samuel Moore, Stouchstauu.
Erinnert euch, keine Pillcu verkauft als
Brandrelh's, sind ächt, ausgenommen von
obigen Agenten.— Philadelpia Office, No. 8.
Nord Bce Strasse. M. D.
Mai, 18. !84 l. bv.
.fuvvLiukn?' an<l Ltinus
Vor salv at tlns OtNcv
Wer Liberale Beobachter
Und Berks, Momgomery nnd Schuylkiil Camtties allgemeiner Anzeiger. <
Zur Unterhaltung nnd Belehrung.
Der Weldermarkt in Ungarn.
In einer gebirgigen Gegend am östli
chen 6nde von Ungarn, dicht an der sie
benbürgischen Grenze, erhebt sich ein Ge
birge, Namens Biha r, nach welchem eins
der Komitate deS Königreichs benannt ist.
Dieser abgelegene Winkel des ungarischen
Gebiets wird von halbwilden Hirten be
wohnt, die mit der übrigen Welt in fast
gar keiner Verbindnng stehen, und an der
fortschreitenden Civilisation, die sich in Un
garn bemerkbar macht, keinen Antheil neh
men. Sie haben kaum feste Wohnungen,
und leben in Hütten von sehr leichter Bau
art, die hie und da auf den Weideplätzen
vereinzelt stehen und selten ein Dorf bilden
Die Leute leben mehr unter ihren Heer
de» als unter Menschen, und durch Ent
behrungen aller Art abgehärtet, ziehen sie
ihr freies, sorgenloses Leben allen Annehm
lichkeiten der Städte vor, die sie zudem
nicht einmal kennen. Gleich den meisten
Gebirgsbewohnern halten sie viel auf ihre
Freiheit, die sie, erforderlichen Falls, aus
allen Kräften vertheidigen würden. Ih
rem Aeussern nach könnte man sie für Lap
pen oder Samojeden halten, ja sie haben
sogar einige Aehnlichkeit mit den Chinesen.
Statt des Kinnes scheren sie den Kopf, auf
dem sie nur einen Haarschopf stehen ha
ben, der in einen Knoten zusammen gebun
den wird, und über die Stirn, oberhalb des
linken Auges, herabhängt. Dagegen be
schattet ein dicker Bart und lange Knebel
bärte den untern Theil ihrer Gestalt.
Das Haupt bedecken sie mit einer Haut
von Schaaf- oder Gaisfellen. Die Klei
dung besteht in einer Jacke von demselben
Fell, einem breiten, ledernen Gürtel, in
Beinkleidern von grobem Tuch, daß von
den Weibern verfertigt wird, und endlich
auS Sandalen die mit Riemen
an den nackten Beinen befestigt werden.
Die Weiber kleiden sich weder kostspie -
liger noch gewählter; farbige Tücher die
nen ihnen als Kopfbedeckung, und die ü
brige Kleidung besteht aus zwei grossen
Schürzen von lebhaften Farben, von de
nen die eine vorn, die andere hinten getra
gen wird. Die Weiber von Bihar weben
diese Schürzen ebenfalls selbst, und verste
hen ihnen mit gewissen vegetabilischen Stof
fen eine sehr schöne Farbe zu geben. Ver
mögen sie es noch, an ihre Haarflechten
einige Münzen zu hängen, so halten sie
sich für sehr geputzt, und jemehr eine wa«
lachische Frau derer besitzt, um so mehr
bildet sie sich ein.
Der Vater, oder der Aelteste in der Fa
milie, behaupten auch bei diesen Leuten, so
wie bei allen Hirtenvölkern, ein unum
schränktes Ansehen ; gegen seine Entschei
dungen findet Widerruf statt. Es giebt
indeß in diesen Gebirgen, ausser den Fami
lienvätern, auch noch andere Richter, wel
che die Ordnung aufrecht halten und die
Schuldigen bestrafen; Niemand bestreitet
ihnen dieses Vorrecht, das durch ein Her
kommen geheiligt ist, das sich ins graue
Alterthum verliert.
Man darf indeß bei den Wallachen kei
neswegs jene Unschuld und Sitten-Einfalt
suchen, welche man den Hirtenstämmen ge
wöhnlich zuschreibt. Sie sind vielmehr
dem Branntwein bis zum Uebermaße er
geben, und Rohheit ist bei ihnen mit Ner
schmitztheit und Spitzbüberei gepaart.
Sie bekennen sich zur Religion der unir
ten Griechen, und haben auch ihre Popen ;
allein diese zeichnen sich hinsichtlich ihrer
Erziehung nicht hinlänglich genug vor ih
ren Gemeindegliedern aus, um auf diese
einen bedeutenden Einfluß üben zu können.
Bei einem im Gebirge und auf den
Weideplätzen zerstreut lebenden Volke wer
den die Ehen nicht wie in Dörfern oder
Städten geschlossen, wo beide Geschlechter
Gelegenheit haben sich zu nähern und ge
genseitig kennen zu lernen. Hier sind es
also, wie in den meisten Gebirgsgegenden,
die Kirchweihfeste, welche die Einwohner
einander nahe bringen, und wo unter den
Schutze der Heiligen die Ehen geschlossen
werden.
zu lsben und ohne Lurche zu tadeln."
Miöttslaq bett 6. Mttti 1841.
Vormals wallfahrte ten die russischen
Kolonisten, welche das Zempliner Komitat
in Ungarn bewohnen, im Jahre dreimal
nach dem Kloster Krasznibrod; hier stell
ten sich die jungen Männer auf die eine,
die Mädchen und Witwen aber auf die an
dere Seite. Die Mädchen trugen fliegen
de Haare nnd Kränze von Laubwerk, die
Kränze der Witwen aber waren mit Bän
dern verziert. Hier wählte sich ein jeder
Russe, welcher Lust hatte zu Heirathen, ein
Mädchen oder eine Witwe, und zog sie, oh
ne die Gewählte auch uur um ihre Einwil
ligung zu fragen, zu einem Geistlichen des
Klosters, der sogleich den Segen über diese
Ehe sprach. Zeigten sich mehrere Bewer
ber um eine Person, so schlug man sich,
und die Auserwählte wartete den Ausgang
des Kampfes ab, um dann dem Sieger
in seine Wohnung zu folgen.
War der Mann in der Folge mit seiner
Frau nicht zufrieden, so wartete er bis zur
nächsten Wallfahrt nach Krasznibrod, um
sie dort abermals unter den zu verheirathen
den Frauen auszustellen. Durch ein stren
ges Edict wurde diese barbarische Sitte im
Jahre 172 V abgeschafft.
In Bihar besteht indeß ein ähnlicher
Gebrauch. Alle Jahre am Feste des Apo
stels Petrus, das, wie bekannt, Ende Juni
! fällt, begeben sich die Wallachen auf die
Ebene von Kalinasa, um dort einem Jahr
markt beizuwohnen, auf welchem sie Ge
schäfte aller Art abzuschliessen, und Ver
käufe und Einkäufe aller Art zu besorgen
pflegen. Dieser Jahrmarkt hat für die
jungen Leute beiderlei Geschlechts besonde
res Interesse, denn hier werden auch Hei
rathen geschlossen, und man sucht sich hier
eine Frau eben so aus, wie jeden andern
Artikel, dessen man bedarf.
Alle Familienväter führen ihre erwach
senen Töchter sammt ihrer Aussteuer hier
her, die mit der Armuth dieser Gebirgsbe
wohner im Verhältniß ist, und gewöhn
lich aus einigen Stücken Hornvieh, Schaa.
fen, Schweinen und Geflügel besteht. Der
Schmuck, durchbohrte Münzen nämlich,
welche an die Haarfleckten befestigt wer
den, wird dabei nicht vergesse». Mit die
ser Begleitung kommt jedes Mädchen, das
sich verheirathen will, zum Markte; sie
verläßt das Väterliche Haus auf immer,
ohne zu wissen, welches LooS ihr am En
de des Tageö fallen werde.
Die jungen Leute, welche sich verheira
then wollen, erscheinen so sauber gekleidet,
als sie es vermögen, auf dem Jahrmarkte;
hier spähen sie unter den Töchtern des Lan
des umher, und hat einer gefunden, was
ihm gefällt, so wendet er sich an die El
tern,und fragt, waS sie verlangen und was
für eine Mitgift das Mädchen mitgebracht
habe. Mit Eltern, welche zu viel verlan
gen, fängt er an zu handeln, und kann er!
nicht einig werden, so geht er weiter, um
eine andere Wahl zu treffen. Wird man
aber Handels einig, so giebt man sich ei
nen Handschlag, daß alle Umstehenden ihn
hören, und der zugleich für alle Mitbe
Werber ein Zeichen ist, daß alles abgeschlos
sen und für sie nichts mehr zu hoffen sei.
Die beiderseitigen Familien versammeln
sich dann um die Verlobten, und nun wird
Branntwein getrunken. Dann ruft man
den Popen herbei, der sogleich sein Buch
herauszieht und den ehelichen Segen spricht,
wenn auch oft mit etwas schwerer Zunge,
denn auch er nimmt an dem Branntwein
gelage Antheil, und zwar nicht immer den
mässigsten. Ist dies geschehen, so folgt
der Augenblick der Trennung. Die jun
ge Frau nimmt Abschied von ihrer Fami
lie, besteigt den Karren ihres Mannes, den
sie nun erst seit einigen Stunden kennt,
und wird nun, unter dem Geleite ihrer
Mitgift, in das HauS geführr, das sie
künftig bewohnen soll.
Die Scenen, welche bei den Trinkgela
gen vorfallen, unter welchen diese Heiraths
Verträge geschlossen werden, geben natür
lich der jungen Frau oft Gelegenheit, den
künftigen Mann nicht von der vortheilhaf.
testen Seite kennen zu lernen, denn nur
elten geht ein solcher Jahrmarkt ohne
blutige Händel vorüber, und mehr als ei
ne walachifche Helena reizt, ohne es zu
wissen, ihre Freier zu Mord u. Todtschlag.
Die Negierung sucht deßhalb schon seit
langer Zeit diesen Jahrmarkt abzuschaffen,
und hat auch bereits mehrere Befehle deß
halb erlassen; allein ein solches Verbot
streitet zu sehr gegen alte Gebräuche und
gegen die Bedürfnissen dieses Hirtenvolks,
als daß es von Wirkung sein könnte. So
wird denn dieser Jahrmarkt noch jedes
Jahr gehalten, und immer noch kommen
die jungen Leute aus den Alpen von Bi
har auf die Ebene von Kilinasaa herab,
um sich da zu verheirathcn.
Wie der Herr, so ser Diener, oder
barbarische Willkühr.
Der Kaiser von Marokko, welcher zu
Ende des vorigen Jahrhunderts dort
herrschte, befahl dem Anführer der fran
zösischen Renegaten im Jahre 1780, die
Kopfe aller der Menschen, die er erwür
gen würde, aufzubewahren, sie auf die Zin
nen der Stadtmauer von Rabatte zu
stecken, und wenn er bei seiner Ankunft
eine dieser Stellen nicht mit einem Schä
del versehen fände, so sollte der seinige den
leeren Platz ausfüllen.
Der Renegat ließ alle von dem Kaiser
abgeschlagene Köpfe in Säcke stecken und
zog mit seiner Bande ab. Da er dem
nächst die Zahl dieser Schädel überzählte
und untersuchte, wie viele erforderlich wä»
ren, um den Befehlen des Kaisers zu ge
nügen, so fand er, daß ihm znr pünktlichen
Wollführung deS ihm ertheilten Befehls
noch fünfzehn Schädel fehlten.
Er war keinesweges Willens, nach der
ihm gemachten Drohung, seinen eigenen
Kopf mit zu dieser scheußlichen Verzierung
der Mauer um die Stadt herzugeben; er
sandte also einen Theil seiner Mannschaft
mit dem Befehl auf die Landstrasse, den
ersten fünfzehn Personen, welche sie dort
finden würden, die Köpfe abzuschneiden
und an ihn abzuliefern. Dies geschah.
Der Kaiser wußte genau die Zahl der
Schädel, welche der Renegat mit nach Ra
batte genommen hatte, und auch, wie viel
zur Ausfüllung der ganzen Zinne nöthig
wären. Er war daher nicht wenig erstaunt
als er bei seiner Ankunft Leine leere Stel
le fand.
Er fragte den Renegaten, wie er es am
gefangen habe, seinen Befehl so pünktlich
zu erfüllen. ?
Dieser erzählte ohne Rückhalt, welches
Mittel er gewählt, um dem Auftrag voll-!
ständig zu genügen.
Der Kaiser schien zwar anfänglich nicht
abgeneigt, dem Renegaten, statt der Be
lohnung für seinen Gehorsam, auch mit
eigener Hand den Kopf abzuschlagen und
zur Schau ausstellen zn lassen, aber er be
sann sich eines Andern, und gab ihm eine
ansehnliche Belohnung für seine Schänd
lichkeit.
Dieser Kaiser soll mit eigener Hand
4000 seiner Soldaten umgebracht haben;
endlich aber wurde er selbst durch einen
Soldaten, einen französischen Renegaten,
durch einen Dolchstich ermordet.
Edel und unedel.
Mue Kriegs-Scene)
Von Allem entblößt, mir vielen schwe
ren Wunden bedeckt, rettete sich schwim
mend ein Soldat von einem brennenden
Schiffe ans Ufer. (Wo? Davon schweigt
die Geschichte.) Der Befehlshaber der
dort stationirten Verpflegungs Commissi
on quälte den Erschöpften mit unaufhör
lichen Fragen, schlug ihm jedoch, wiewohl
derselbe sogar zu seiner Nation gehörte,
jede Art von Unterstützung ab, und ver
sagte ihm mit abscheulicher Hartherzigkeit
Nahrung, kleider und Obdach. 801 l Ver
zweiflung irrte der Unglückliche umher;
er war ganz nackend und klapperte vor
Frost. Da nahet sich ihm ein gemeiner
Soldat und bat ihn, mit ihm nach seinem
44.
Quartier zu gehen. Hier angelangt,
brachte der edle Mensch, was nur sein Vor
rath enthielt. Mit Speise und Trank
ward derAusgehimgerte erquickt, und nach
dem das dringendste Bedürfniß befriedigt
war, öffnete der Menschenfreund seinen
Schnappsack, reichte dem Nackenden sein
einziges Habe, ein Paar Beinkleider nebst
Kamaschen, und einen alten Mantel.
"Gern möchte ich Dir mehr geben," sagte
der Edle, "allein ich habe weiter nichts, u.
hätte Dir auch dies Wenige nicht angebo
ten, wenn ich nicht sah, daß alle jene Rei
chen Dich Hülflos liessen; denn ich schäm
te mich, Dir so Geringes zu geben."
Wie glücklich sind uns're Witwen'.
Wenn ein verheiratheter Mann aufden
Caribba-Jnseln stirbt,so begräbt ihn seine
Frau selbst, und giebt ihm seine Waffen,
Schürzen und Ohrgehänge mit ins Grab.
Dieses besucht sie dann ein ganzes Jahr
lang alltäglich, um Speise und Trank bei
demselben hinzustellen. Dieser Gebrauch,
so wie der Glaube, daß der Verstorbene
die dargebrachten Speisen geniesse, ist all»
gemein, und darum werden hierzu auch
stets die besten Speisen ausgewählt. Ist
dieses erste Trauerjahr vorüber, so begibt
sich die Witwe, mit den gehörigen Werk
zeugen versehen, an daS Grab ihres ver
storbenen Mannes, gräbt alle seine Gebei
ne wieder heraus und bringt sie nachHau»
se. Hier werden sie nunmehr von ihr ge
schabt, gewaschen und dann an der Sonne
getrocknet. Ist dies geschehen, so bindet
sie dieselben in ein Bündel. —Jetzt beginnt
daS zweite Trauerjahr, während des
sen sie daS Bündel mit den Gebeinen ih
res Mannes den Tag über auf dem Rük
ken tragen und des NachtS unter ihr
Haupt legen muß. —Mit dem Beginn des
dritten JahreS, von dem Tode ihreS
Mannes an gerechnet, legt die Witwe ihre
Bürde ab, und hängt sie an der Thür ih
rer Wohnung auf. Nur erst von diesem
Zeitpunkt an, also im dritten Jahre, darf
sie erst neuen Bewerbungen Gehör geben;
allein auch dieses Jahr wird noch zur
Trauerzeit gerechnet, und wenn sie wäh
rend desselben einen Mann gefunden hat,
mit dem sie sich verbinden will, so darf dies
öffentlich nur erst nach Verlauf dieses
dritten Jahres, das heißt im vierten Jah
re nach dem Tode ihrcS frühern ManneS
geschehen.
So roh und wenig gesittet sich diese In
sulaner auck zu benehmen pflegen, so
wacht die öffentliche Meinung unter ihnen
doch sehr streng auf die Beobachtung die
ser Sitte, von welcher keine Witwe sich
leicht ungestraft lossagen würde.
Ursprung des Wortes „Ball" für ein
Tanzfest.
Nach einer alten Sitte vereinigten sich
den zweiten oder dritten Ostertag in man
chen Gegenden Deutschlands die erwachse,
nen Landmädchen, um denjenigen Frauen,
auf deren Hochzeit sie sich vor einem Jah
re vergnügt hatten, im Wortverstande ei
nen Ball zn geben.
Sie brachten nämlich diesen jungen
Frauen einen Ball mit Federn oder Wol
le ausgestopft, geschmückt mit Bändern u.
Blumen, in einem feierlichen Aufzuge auf
einer bunten Stange- Diese Stange wur
de vor der Hausthür der Neuverheirathe
ten aufgepflanzt, dann der Ball von sol
cher heruntergenommen, in die Stube ge
bracht uud dort aufgehängt. Jedes Mä
dchen hatte Speise und Getränk mitgebracht,
Und damit wurde das junge Ehepaar und
die Gesellschaft bewirthet. Dafür mußte
aber die Frau sorgen, daß sie Musik und
junge Bursche herbeischaffte, damit die
jungen Mädchen bei ihr tanzen konnten.
Ein Landpfarrer copulirte einst 'inm
seiner Amtsbrüder m.t einer Kammering
fer. Zum Text der Traurede wählte er oie
Worte: "Ist denn keine unter den Töch
tern d-S Landes, daß du hingest und
nimmst eine von den Philistern .