Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 28, 1918, Image 6

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    Santa Margherita Nigure.
Eiu landschaftliches Paradies am Mittelmecr.
Von Ursula v. Wedel.
Zwei Straßen am Mittelmeerge-
Kade pries man alz die schönsten der
Welt: die Rue de la Corniche von
Nizza nach Mentone und die Felsen
straße von Salerno nach Sorrent.
Das war, bevor die Riviera di Le
vante entdeckt ward. Nun reiht eine
dritte Wunderstraße sich an: oft mitten
in den Felsen hineingesprengt, zieht
sie sich sanft um den Golf, den man
früher di Tuglione nannte, während
die neue Bezeichnung, Golfo di Ra
pallo, ihren Namen dem beherrschen
den Punkt der vielgezackten Buchtung
entlehnt, und führt durch reizvolle,
wechselnde Landschaft vom Ausläufer
der Bucht, dem alten Seeräuber
schlupf Portofino, in kaum dreivier
telstündiger Wanderung vorüber an
alten verfallenen Sarazenentürmen,
an Kastellen, die sich zu Klöstern ge
wandelt haben, und vom kühnen
Felsvorsprung tiefblaues Meer und
sonnenfrohen Himmel grUßen, und
an Villen in wunderbarem Stil go
tischer und romanischer Bauart vor
über nach Santa Margherita, einer
der ersten Perlen im Kranze der le
vantischen Städte.
Fernher grüßen schon in frohem
Farbenspiel die Häuser des alten
Ortsteiles, der vor der Entdeckung
der ligurischen Levante seine Flotil
len hinaus auf den Korallenfang
schickte. Lustig flattert die Wäsche in
Palmen wiegen sich dicht am Stran
de. Darüber bauen sich die Häuser
und Paläste der großen Hotels im
neuen Stadtteil auf. Drinnen in dem
Ort aber mischt sich
und einheimisch Wesen gar wunder
lich. Längs der Häuser in Arkaden
unter Palmen sitzt die bunte Schar
fleißiger Italienerinnen, deren Mund
werk mit den geschickten Händen glei
chen Schritt hält. Zarteste Spitzen
Wintertage in Startholm.
Schon die Fahrt von Malmö nach
der „Mälarkönigin" Stockholm ließ
erkennen, daß-Frau Holle im Norden
tüchtig die Betten geschüttelt hatte.
Wald und Flur prangten im weißen
Gewände, dem die typischen roten
Holzhäuser etwas Leben verliehen.
Die ausgedehnten vielen Waldungen
und zahllosen hölzernen Bauten be
weisen, daß Schwedens Holz Schwe
dens Gold ist. Kurz von der schwe
dischen Hauptstadt begannen die
Flocken von neuem zu fallen, so dicht,
daß man sich darauf gefaßt machte,
Stackholm im tiefsten Schnee zu fin-
breiten sich vor den Augen des Frem
den, zu dessen genußreichsten Zeitver
treib oft eine beschauliche Plauder
stunde diesen geschwätzigen und
steht und Rede mit Ausspucken
Oft unterbricht das Weiberge
schwätz ein gellendes Pizzi, Pizzi, das
dem durchreisenden Fremden gilt,
während der schon bekannte Forestiere
mit Kaufangeboten rücksichtsvoll ver
schont wird, oder es klingt ein Lied
in die Arbeit hinein, ein altes, schwer
mütiges Lied aus der Heldenzeit, das
endlos geht und dessen Refrain mit
melancholischer Regelmäßigkeit wie
derkehrt. Und wie sie singen! Sie
scheinen als Sängerinnen geboren zu
sein. Wie glücklich sie lind, wenn sie
einen Zuhörer haben. Die Männer
behandeln sie ihr leben lang wie Kin
der, und wie Kinder so harmlos, so
unwissend und neugierig, spielsüchtig
und gutherzig mit ihrem heißen Tem
perament gehen sie durchs Leben.
Während unter den Männern viele in
ihren ungelehrten Köpfen schwere
Fragen wälzen, tiefe Gedanken über
Leben und Tod, Religion und Leben
anstellen, die in seltsamem Kontrast zu
ihrer Unkenntnis des Lesens und
Schreibens stehen, schauen die Frauen
gedankenlos, in gläubigem Vertrauen
um sich. Die einzigen Konflikte, die
sie kennen, sind solche der Liebe, und
ihnen treten sie mit den urwüchsigsten
Begriffen von Recht und Unrecht ent
gegen. Auch gehen ihre unermüdli
chen Plaudereien meist nur auf Lie
besgeschichten hinaus. Das alles
scheint weithergeholt, nicht zu dem
Santa Margherita der Fremden zu
gehören, von dem ich schreiben will,
und doch ist es untrennbar davon.
Ohne ihre Einwohner verlören die
paradiesisch schönen Städte rings um
den Golf die Hälfte ihres Reizes.
Auch feine Sehenswürdigkeiten hat
Santa Margherita. In der alten
Hauptkirche am Marktplatz, die aus
dem 13. Jahrhundert stammt und
auf den Trümmern eines Mithras
tempels stehen soll, findet sich die von
Mommfen so gerühmte Urna Eine-
raria mit Apollo- und Mithrasemble
men. Mitten in das Blau und Grün
von Himmel, Meer und Olive, blinkt
das Bild ragender Denkmäler. Hart
am Strand, von Booten umwiegt,
steht das Denkmal des ersten Jtaliener
königs Vittorio Emanuele und schaut
hinauf zu den Felsenhängen und weit
hinein in den Golf. Columbus, Ea
vour und Mazzini haben ihre Mo-
> den. Aber der Mensch denkt, und
! das Barometer lenlt. Die zu milde
Temperatur, die bei unserer Ankunft
in dem nordischen Venedig herrschte,
.ließ die Flocken aus der Erde sofort
in ein Nichts zerfließen, in den be
kannten und gefiirchteten Matsch, der
jede Stadt, ob groß oder klein, im
traurigsten Kleide erscheinen läßt.
Im Laufe des Tages, besonders
gegen Abend, schien der Wettergott
sich eines Besseren besonnen zu ha
ben, um den Stockholmern ihren Hei
ligenabend nicht ganz zu verderben;
aber mit der fallenden Temperatur
setzte ein so fürchterlicher Sturm ein,
den von dem Schneesturm gepeitschten
Straßen ein reges Leben und Trei-
ben. Galt es doch, die letzten Weih
nachtseinkäufe zu machen, und sich
für die Feiertag- zu verproviantieren,
weil das schwedische Gesetz die strik
teste Feiertagsruhe gebietet. Der
Schwede betrachtet Weihnachten als
ein Familienfest, das so intim wie
möglich gefeiert wird.
Tos nordische Museum im Tiergarten.
Tatsächlich gewährte die Stadt am
ersten Feiertage einen fast ausgestor
benen Anblick. Nur im „Skansen".
dem sommerlichen Vergniigungsdorado
der Stockholmer Bevölkerung, herrschte
tvährend der Stunden, da „die Schan
ze" geöffnet war, ein reger winter
licher Betrieb; um so mehr, als wohl
am ersten Feiertage „Skansen" die
einzige Stockholmer öffentliche Weih
nachtskonzession sein dürfte.
Im Tiergarten dem „Durgar
einigt. Die Renntiere, Polarfüchse,
Eskimohunde, Bären und Wölfe paß
ten vortrefflich in das winterliche
Ritt auf einem der Efelchen oder
Ponys im „Skansen" nicht zu feh
len, denn die Tiere wurden von den
An, zweiten Feiertage ändert sich!
das Bild wie mit einem Zauberschla
aufmerlsam den Klängen der tonzer
tierenden Militärkapelle lauscht.
Konzerte überfüllt.
Die schwedische Hauptstadt ist heu
te reich an abendlichen Vergnügungs
behauptet wird.
Betritt der Fremde in Stockholm
ein großes Restaurant, so wird ihm
dZmpft, eine Wohltat, die nicht in
allen Ländern an der Tagesordnung
ist. Dem Fremden wird auch auffal
len, daß in den vornehmsten Lokalen
kein Weinzwang herrscht.
Allerdings erlischt das Stockhol
mer Nachtleben gar bald. Um Mit
ternacht ist im allgemeinen Schluß;
ich kann mich nicht entsinnen, in der
ganzen Welt eine so ruhige nächtliche
Stadt wie Stockholm angetroffen zu
haben.
Die Terrasse des „Operakaföet" im
Opernhause, vvn der sich dem Auge
im Sommer eine entzückende Aussicht
auf die Umgebung bietet, ist im Win
ter geschlossen. Aber auch dieser hat
seine Reize, wenigstens war das
nächtliche Bild, das ich durch eine der
Terrassen-Glastüren erspähte, sehr
stimmungsvoll.
«
Bergbau am Rhein.
Vom Rhein und seinen Neben
flüssen aus, wo schon die Römer
nach Blei, Kupfer, und Gal
mei gruben, rückte der deutsche Berg
bau allmählich nach Norden und
Osten vor. Im Jahre 833 verlieh
Kaiser Ludwig der Fromme das
Recht der Salzgewinnung «n das
Kloster Corvey, das bei dem heu
tigen Höxter lag. Die Salzgewin
nung bei Dieuze in Lothringen wird
893 erwähnt. Gegen wurde
unter Otto I. die Erzlagerstätte an?
Rammelsberg bei Goslar entdeckt,
und durch fränkische Bergleute in
Betrieb gesetzt. Ungefähr zur glei
chen Zeit begann der Bergbau im
Oberharz. Im 11. Jahrhundert
gelangte im Schwarzwald der Sil
berbergban zur Blüte. Der Zinn
bergbau am Südabhang des säch
sischen Erzgebirges geht auf die
Mitte des IS. Jahrhunderts zurück.
1477 Zentner Silber. Gegen
die Mitte des 12. Jahrhunderts
wurde in Schlesien nach Gold ge
schürft. Durch Waschen gewann
man in der Donau, im Rhein und
beutung des A.ansseldcr Kupser
schieserbanes setzte zu Anfang dcS
jährlich 20,M0 Zentner Kupfer.
Wer die Taschen zu schnell
vollstopft, läßt das V:ste liegen.
Markt m Verona.
Bon Marianne L. Wcstpfahl in Dresden.
Eine Sehenswürdigkeit von Verona
genießt man sicher nur auf Augen
blicke, so im Vorbeigehen, und ei
gentlich sollte man gerade hier längere
Zeit verweilen! Denn das Stück ita
lienisches Volksleben, was sich jeden
Tag auf der alten Piazza dem
Gemüsemarkt von Verona, abspielt,
ist so heiter und lustig, so humorvoll,
so laut und göttlich naiv, daß jeder
Nordländer seine helle Freude an dem
urwüchsigen, munteren Treiben der
Händler, Gemüsefrauen, Kinder.
Maulesel und Federtiere haben muß!
Zur Frühlingszeit, wenn die blühen
den Mandelbäume, rosigen, vom Him
mel gefallenen Wolken gleich die
braunen Niederungen decken, und die
bunte Pracht der Anemonen und Ra
nunkel auf den weiten Wiesen der al
ten Festung Verona erblühen, ist's
hier besonders schön. Von den ve
netischen Alpen, die allesamt noch mit
schlohweißen Schneekappen eingehüllt
sind, .weht ein frischer Wind hernie
der, aber golden funkelt die Sonne
am stahlblauen Himmel und herrlich
wärmend lost sie die rot und gelb und
blaßblau gestrichenen Fassaden der al
ten drolligen Häuser, welche die Piaz
za d'Erbe begrenzen. Bunte Ja
lousien und Vorhänge schmücken die
meisten Fenster der kleinen Palazzi
und in jeder Etage hängen in einfa
chem Holzbauer allerlei lustige Sing
vögel in der warmen Frühlingssonne
Hell singt der sprudelnde Quell des
Brunnens auf dem Platz, hell tönen
die bimmelnden Glöckchen der Maul-
Esel und Pferde am roten Bauchgurt,
und dumpf und brausend, gellend und
das Geräusch von Hunderten von
Stimmen im ewigen Auf und Ab wie
Meereswogen empor bis zur stolzen
Höhe des gewaltigen Rathausturmes,
der wie ein alter Wächter aus Riesen
geschlecht von Osten her zur Piazza
d'Erbe herabschaut und um dessen gi
gantische, rotschwarze Zinnen die wil
den Turmfalken ihre Kreise ziehen!
Drunten aber auf dem Markt wogt
die buntgekleidete Menge zwischen den
noch bunter flammenden Gemüsen,
Tine eiserne Uirrhe.
Es ist nicht allgemein bekannt,
daß sich Konstantinopel eines selte
nen Bauwerks rühmen kann. Es
ist das die 32 Meter lange, 15 Me
ter breite und 30 Meter hohe in
Wien konstruierte eiserne Kirche der
bulgarischen Gemeinde der Halb
mondstadt. In Anbetracht, daß der
nem Steiubaue keine sichere Basis
bot, mußte zum Eisen gegriffen
werden. Das Fundament mußte
erst 37 Meter tief Pilotiert werden:
der sestgemauerte Sockel geht um
das ganze eiserue Gebäude. Diese
Kirche war die erste, bei welcher
nicht blos das Gerippe, sondern der
ganze Bau nur aus Eisen ist, und
zwar sind die flachen Stützwände
aus Schmiede-, die reich Profilier
ten und ornamentierten oberen
Kirchenbaues beträgt s>Wl> Meter
welcher etwa 6 bis 8t)l> Personen
Stützsäuleu geteilt in ein breites
Mittel- und zwei schmälere Sei
tenschiffe, ferner die Apsis und den
vier Säulen getragene Turm an- i
schließt. Die Architektur trägt so
vollständig den Steincharakter, daß
gewölben überdeckt. Die Dachfor
men sind in >»r Mitte ein steiles
Satteldach und seitwärts ei» fla
ches Dach. Die Nrchitekturpläne
waren von dem Architekten Joseph
schen Ziegen, Lämmern und Körben
voll fetten Geflügels auf und ab. Die
ob sie einen Gemüsekorb oder den
kupfernen Wasserkessel auf ihrem
dunklen Kopf tragen! Die Männer
gioli (Bohnen),welche überaus schmack
hafte Suppen (minestra) ergeben, ver
kaufen! Dazwischen gackern die Hüh
ner, duften Zwiebeln, Kräuter und
cocomeri und cavolo siore (Gurken
und Blumenkohl) und an langen
Schnüren hängen Weintrauben ernst
haft wie kleine graue Männlein in
dem bunten Wirrwarr voll Farbe und
Licht!
- Gassenbuben, Soldaten und'fchöne
Blumenmädchen, Priester, Damen,
Köchinnen alles wandert im
ist ein Geschrei und Gekreisch und Ge
singe und Gejuble, als wäre auf der
Piazza d'Erbe zu Verona ein ewiger
Jahrmarkt, ein tägliches Freudenfest
und in Wahrheit wird wohl auch sel
ten eine Veroneferin an einem Tage
versäumen, mit koketten Schritten we
nigstens einmal über die Piazza nach
der Via nuova zu trippeln wenn
sie auch garnichts, aber auch rein gar
nichts auf dem Markt von Verona
kaufen will!
!Asnabour in Konstantinopel. die
Konstruktion aus dem technischen
Bureau der Meidlinger Eisengieße
rei. Tie Vorarbeiten der Ingenieure
spruch.