Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 06, 1917, Image 3

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    K Zauber des Südens S
Roman von HanS Dominik.
(2. Fortsetzung.)
Die Strahlen der Nachmittags
sonne sielen bereits start schräg aus
Bäume und Häuser, als sich Fritz
ster ausmachte, um im Atelier r.n
Professor Engelhardt einen Besuch
abzustatten.
klärte die Schwester. „Das Licht
über Firnis, Oelfarbe und Pastell
So gibt es ein stets wechselndes Bild
Untied- FachMpel« ,st ausgeschlof-
Fritz Overhoff schüttelte den Kcpf,
„Ich will Dir's schon glauben,
Trudchen, obwohl mir das alles ein
Bruder auf die Schulter.
„Hör' damit auf, Fritz. Wenn
«uch nur der zehnte Teil von dem
unter der Marle „Schwabing" ver
öffentlicht, so stünde es schlecht um
uns. Wir sind ein heiteres, lebens
lustiges Völtchen, aber wir verzichten
auf die zweifelhafte Ehre, außerhalb
der bürgerlichen Gesellschaft zu ran
gieren. Wir leben in unseren Ate
liers und nicht im Kaffeehaus."
„Schon gut!" lenkte der Ingenieur
ein.
Erst im Laufe dieses Tages bei
dem Zusammensein mit der Schwe
ster war es ihm so recht zum Be
wußtsein getommen, daß er sie doch
Jahre hindurch völlig sich selber über
lassen hatte, und zwar in einem Be
ruf, der zum mindesten manche Ge
fahren birgt. Um so mehr war er
erfreut, seine Schwester in einem ge
sellschaftlich völlig einwandfreien
Milieu zu find/n, und mit mehr
und Spannung, als er
sich äußerlich merken ließ, betrat er
das Atelier des Professors.
Ein großer Atelierraum. Die eine
ganze Seite nur in Glas und Eisen
erbaut, so daß auch jetzt das tief ro
safarbene Sonnenlicht noch jeden
Winkel mit seinem Schimmer erfüll
te. Daran anschließend aber eine Rei
he von Gemächern, ausgestattet mit
wertvollen alten Möbeln und Stof
fen und so recht geeignet, eine große
Schar von Besuchern mit verschiede
tungen aufzunehmen.
Dann zog ihn seine Schwester zu
dem Professor hin, um ihn betannt
zu machen. Eine hohe elegante Ge
stalt, den Charakterkopf von weißem
Haar und langem weißwallenüen
Vollbart umrahmt. So hatte Fritz
Overhoff die Erscheinung von Rein
hold Begas in der Erinnerung und
es bedurfte mehrerer Sekunden, be
vor er seine Blicke von diesem Ant
litz losreisen konnte.
Worte von seiner Seite und an der
Seite seiner Schwester schritt er wei
ter, um andere Besucher kennen zu
lernen und auch die Kunstwerke zu
betrachten, die sich hier in reicher Zahl
vorfanden.
Jetzt hatte seine Schwester gefun
den, was sie suchte.
stellen."
Er hielt seine Schwester am-Ber
mel fest.
ijlterer Damen und welche ist
es denn?"
Stehenbleibend flüsterte sie ihm zu:
ausgesprochenen Nase und der Brille,
eine tüchtige Kraft, das darfst Du
wirtlich glauben und sehr moralisch."
nette mit dem interessanten Köpfchen,
die i-anel'en Trude, sei
nicht vöse, adcr ich nehme .Reißaus"
doch her und hilf inir diesen Herkule»
fesseln."
mit fragenden großen Augen vor den
Geschwistern.
Trude lachte und ihr
„Also, liebste Margott," nahm
Trude feierlich das Wort. .Hier stelle
beste und einzige Freundin Fräulein
Margot Reichard. Nun seid nicht
steif. Kinder, sondern reich! Euch die
unge Dame ihr
wohl auf gut Deutsch. So bin ich
also Deutsche, Französin und Ameri
kanerin in einer Person, und Sie
„Wer die Wahl hat, hat die Qual,
die Herren mindestens ebenso für die
Abwechselung."
Die beiden jungen Leute hätten sich
melte etwas von „sehr angenehm"
Fräulein Ollmann hatte sich erho
ben, und stand nun in ansehnlicher
Overhoff sah das alte Mäd
mir."
Gertrud hvtte inzwischen Margot
um die Taille gefaßt und ihr zuge
kurzem Ueberlegen. „Du weißt ja,
daß mein Vater Geschäfte in Oester
reich hat und mich treffen möchte. Er
ten gestillt werden soll. Weißt Du
Wirklichkeit! Mit den beiden liebsten
für ihn, der doch gewiß mit Dir un
gestört allein sein möchte?!"
.O behüte!" entgegnete Gertrud
wirst!"
»Meinst Du wirtlich?"
fragenden Augen.
.Aber sieh! es dunkelt schon und
wir wollen zum Professor und ihm
uns gewiß gut raten, wohin wir un
sere Fahrt lenken sollen."
.So will ich nach Haus gehen und
Margott Reichard. .Mit
ins Reine ich bin also mit von
der Partie —"
„Adio Ollmanchen," rief sie der
grüßend gegen den Ingenieur.
»Herr Overhoff, Ihr Fräulein
Schwester trägt die Verantwortung,
für alles, was Sie erfahren' wer
den," scherzte sie, .und ich empfehle
mich Ihrem geneigten Wohlwollen."
Und ehe Fritz Overhoff noch etwas
erwidern tonnte, war sie schon fort
geeilt.
Allmählich verblich das Licht der
Skizzen und Studien vorlegten. Jetzt
fand auch diese Art der Arbeit ihr
Ende und die zwanglose Unterhal
tung trat in ihr volles Recht. Schon
Räumen und' durchfluteten den gro
ßen Ateliersaal mit rein weigem
Licht, als Gertrud Overhoff sich wie
der an ihren Bruder wandte:
„Jetzt wollen wir sehen, Fritz, ob
der Professor etwas Zeit für uns
hat."
dem Künstler gegenüber und die jun
ge Malerin begann die Pläne ihres
Bruders zu entwickeln. Daß er eine
und daß sie ihn begleiten solle.
.Die alte Sehnsucht der Deutschen
nach dem sonnigen, lockenden Sii
deutschen Künstler ohne Italien.
D0ch...."
Der Professor strich sich mit der
seinen wohlgepflegten Hand über die
Stirn.
an.
.Das läßt sich in Kürze erklären,
Herr Professor. Ich habe sechs
neue Menschen kennen lernen..."
Professor Engelhardt wollte et
was sagen, aber Fritz Overhoff fuhr
schnell fort:
.Und noch eines, Herr Professor.
Es gibt bei unS im Westfälischen
LeOte, die sahren heute nach Rom
und morgen nach Bukarest und ein
habe.
Fritz Overhoff fuhr fort:
„Ich will nicht mehr reisen, um
Professor Engelhardt strich sich
den die alte Brecnenwache Jahrhun
derte hindurch gegen den Ansturm
von Norden her gehalten hat, als
in jene Gebiete, in' Venen einst Tiu
dareits, der Vollssürst sein Goten-'
reich errichtete, den die Römer Theil-
lier. Doch Professor Engelhardt
glücklichen Gegenden geherrscht habe,
bis schließlich Krieg und Pest a'le
dem ein Ende setzten. Bon den al
ten Sagen sprach er, die heute noch
als dunlle Erinnerungen an jene
Zeiten dort im Volk« sortleben.
Er berichtete, wie die Hohenstau
fen in Pergine am Fuße der Burg
des alten Langobardengrafen Peizo
dal erste deutsche Berggerlcht einge
setzt haben, und sprach vom Albergo
ai onapi, dem Wirtshaus zu den
Knappen, welches noch heute oom
zweifellos ans das Wüten der Pest
auf die Stunde geachtet. Als aber
dec Ingenieur jetzt das Atelier ver
ließ, da war ihm das Land, in wel-
Tatsache nichts ändern, daß er sich
beim Abschiede von Westfalen fest vor
genommen hatte, für die nächsten
jenen Erzählungen eines ehemals
blühenden und jetzt aufgegebenen
Bergbaues hatte Professor Engel
hardt sein Interesse ganz besonders
gefesselt. Daß Römer, Goten und
Langobarden dort gekämpft hatten,
war ihm schließlich ziemlich gleichgül
tig. Aber daß dort einmal Silber
seinen Träumen mit Lichtern und
Hacken einen phantastischen Reigen
tanz aus.
An demselben Abend, an welchem
Fritz Overhoff im Atelier des Pro
fessors Engelhardt saß und oom schö
sich vorschwärmen ließ, wurde am
anderen Abhang der Alpen und
dreißig Meilen sudlicher so mancher
in einer gemütlichen Nische im
Speisesaal des „Tiroler Hoses" in
Meran um eine Karaffe ves edlen
gem schwarzen Schnurrbart und
dunkelen Augen, der Wirt dieseL gro
ßen Hotels, der andere hochgewach
bart seit wenigen Tagen dort zu
Gaste, ein deutscher Arzt Georg
Brandt.
Ein Medizinmann also. Aber er
sprach den Wirt gelegentlich als Kot
vesaß, so ist der umgetehrle Schluß
erlaubt, daß nämlich sein Gegenüber
auch zur löblichen Zunst der Medi
zinmänner gehörte. Und das traf in
der Tat zu. Der Besitzer des Hotels
war gleichzeitig auch ein prattifcher
Arzt, nicht nur der Wirt, sondern
auch der Doktor seiner Gäste.
Man findet dies eigenartige Ver
auf beschränkt, für ven medizinilchen
Teil allein zu sorgen, und seinen
Patienten allerlei Tränklein und Lat-
Mochte nun Dr. Brandt solch« Ur
hong zu und sein Wirt unterstützte
Jetzt betrachtete Dr. Brandt nach
denklich sein Glas.
»Die ersten vier Tage sind schon
Berufes."
Praxis Ihnen leine Sorge zu ma
chen braucht . . . Prost Kollege,
die Vertretung soll leben! Ich
tat Bescheid.
langen Schluck.
„Wer weiß, zu was es gut ist."
tröstete ihn der andere. „Ein Ur»
chin."
Abwehrend streckte Dr. Brandt bei»
de Hände von sich.
beherrschen."
„Nun besser ist jedenfalls besser.
Und dann. . ."
Der medizintundige Wirt setzte
ein verschmitztes Lächeln auf. „Sie
schluß finden. Wie alt sind Sie
daß Sie ans Heiraten dächten. Schon
mancher ist als Junggeselle über die
Alpen gefahren, und beweibt zurück»
getommen."
Wieder machte Dr. Brandt eine
energische Abwehrbewegung, aber
sein Gegenüber blieb mit Hartnäckig
keit bei dem einmal angeschlagene»
Thema.
„Warum und wieso fragen Sie,
Kollege. Eine ganze Reihe ooa
Gründen gibt's. Bor allem den:
ich. Ich bin auch verheiratet und
habe es bis jetzt nicht bereut. Die
Geschichte, wie ich meine Frau auf
bedingt!"
Der Wirt gab dem Kellner einen
Wink und wenige Minuten später
ivnter.
„Das Heiraten, bester Kollege, ist
eine heikle Sache. Besonders in ei
ner Stadt, wie Braunschioeig. Sie
Wirt. „Junger Arzt, gute Praxi».
Ohne Ihnen Komplimente mache»
zu wollen, wie eine Vogelscheu»
che sehen Sie auch nicht gerade
aus. . ."
.Machen Sie den Steckbrief nur
gleich ganz vollständig," warf Dr.
Brandt ein. „Etwas Vermögen ist
auch vorhanden. So rund hundert
Mille werden's sein. . ."
Dr. Brandt wunderte sich selbe»
über seine Osfenherzigteit, denn er
nicht zur Genüge.
„Alsdann, da stimmt's ja," lachte
der Wirt. „So etwas ist gerade in
kleineren Städten begehrte Beute. Da
(Fortsezung folgt.)
Lakonisch. A,: „Sie sind