Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 22, 1917, Image 6

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    Wrenzkamp? :m österreichisch'italienischen Alpcngebict.
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Englische Munitionsfabriken.
Erzeugung von Geschossen seit I
Eine: von einem englischen Jour
nalisten stammenden Korrespondenz
in einer schweizer Zeitung über eng
lische Munitionsfabriken und die ge
waltige Vermehrung ihrer Produtte
entnehmen wir das Folgende:
Als an die englischen Behörden
und die englische Technik die gewaltige
schen Krieg mit dem gleichen Nach
druck wie die Großstaaten des Fest
, landes einzugreifen, da handelte es
lichtn Behörde des Munitionsaus
schusses gestellt wurdet Diese Aus
schüsse begannen mit der Aufnahme
aller Werkstätten des Bezirkes, die in
zuziehen, wandte man in weitgehend
estem Maße, den Grundsatz der Ar-
!915 angeblich verhundertfacht.
beitsteilung an. Das Ministerium
! schließt Verträge mit Unternehmer
! verbänden ab, die sich zu einem
Pauschalpreise zur Lieferung einer
! bestimmten Menge verpflichten. Diese
suchen innerhalb ihres Be
siungsfäh'gsten Fabritanten aus, um
die gewünschte Ware herzustellen.
Handelt es sich um eigentliche Muni
tion, so werden die Geschosse mei
' stenteils in ihren Einzelteilen her
j gestellt; das heißt, jedes Haus liefert
!vie Teile, deren Herstellung mit sel
tner früheren Arbeit am nächsten ver
wandt ist.
, Man darf nicht übersehen, daß
>die Herstellung der Munition, und
j namentlich-der Granaten, überaus
Kompliziert ist, und namentlich pein
liche Genauigkeit oerlangt; gewisse
Teile müssen mit der Präzision der
Bestandteile der feinsten Uhrwerke
gearbeitet sein. Eine der großen
!gen Forderungen des Pslichtenheftes
entsprechen. Dieser Prüfungsdienst
beschäftigt gegenwärtig
mit einer Geschicklichkeit und
Pünktlichkeit, wie man sie ehedem
nur bei, auf besonderen technischen
!geben.
Außer den Werkstätten, die für die
worden. Diejenigen, die Granaten
herstelle», sind so eingerichtet, daß sie
während des Kciegsjahres, das mit
dem 1. A»gust schloß, viermal so
viel Geschoß an die Zeughäuser ab
liefern konnten, als ganz England
während der elf ersten Kriegsmonate
überhaupt produziert hatte. Diese
nationalen Werkstätten bergen zehn
tausend Maschinen. Wenn alle diefe
Maschinen erzeugen sie in
einem Tage die Halste dessen, was
England liefern muß, um allen sei
nen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Die Zahl der Leute, die in den von
den Amtsstellen des Kriegsministeri
ums beaufsichtigten Werlstätten be
schäftigt sind, beläuft sich auf zwei
und eine halbe Million, wovon unge
fähr fünfhunderttausend Frauen.
Da in Frankreich die Bergwerkge
ger.den besetzt sind, liefert ihm Eng
land einen Drittel der von ihm her
gestellten schweren Geschosse. Den
übrigen Verbündeten liefert Großbri
tannien die zur Herstellung der
Sprengstoffe notwendigen Substan-
Gegenwärtig werden zwanzig Pro
zent der Erzeugnisse der englischen
Metallindustrie und der englischen
führt, und noch soll diese Leistungsfä»
higkeit in der allernächsten Zeit we
sentlich gesteigert werden.
Als der europäische Krieg im Hoch
sommer 1914 ausbrach, da wurde in
den englischen Werkstätten ohne Hast
und Fieber gearbeitet; man verfuhr
lich niedriger als die der Gegner war,
und dazu noch mit so unzureichender
Munition, daß sie sechs deutsche Ge
schosse nur mit einem einzigen eige
nen beantworten tonnten.
Im Juli ISIS rief die englische
Regierung einen besonderen Muni
tionsdienst ins Leben und stellte an
dessen Spitze Lloyd George. Die Mo
natsproduktion an großkalibrigen
Geschützen beträgt heute ungefähr das
Doppelte des Gefchützmaterials, das
zur Zeit, als Lloyd George das Mu-
Überhaupt vorhanden war. Die Her
stellung der Haubitzen wurde verdrei
facht, und die der 18er-Geschütze stieg
vom Juni 1316 bis zum Juli 1916
auf das fünffache dessen, was seit
Kriegsausbruch bis Ende Mai 191 S
hergestellt worden war. Nicht weni
ger schwierig war die Aufgabe, ge
nügende Munition für alle die Ge
schütze zu beschaffen, die täglich in
den Fabriken fertiggestellt werden.
Aber trotz aller Hindernisse ist heute
die Erzeugung von Geschossen gegen
über der von 1915 ungefähr verhun
dertfacht. Wenn man die Gesamt
zahl der Geschosse, Kugeln, Schrap
nels und Granaten in Betracht zieht,
so ergibt sich, daß England gegen
wärtig in einer einzigen Woche eine
Menge Munition herstellt, die nicht
kleiner ist. als die gesamten, in den
Zeughäusern aufgestapelten Vorräte
zur Zeit des Kriegsausbruches.
Warnung. „Denke Dir,
Mieze: ein adliger Herr hat mir ei
nen Heiratsantrag gemacht!"
Der Tebensretter.
Skizze von Paul Blitz.
Fräulein Mariechen war Verkäufe
rin, sie war eine hübsche, stattliche
dennoch aber in den besten Jahren.
Natürlich war sie, wk jedes brave
deutsche Mädchen, voll glühender Va
sere braven Soldaten, die da drau
ßen für unsere Freiheit kämpften und
litten. Jeden Augenblick freier Zeit,
die lieben Jungens im Felde zu ar
beiten, zahllose Strumpfe, Puls-
und Kniewärmer, auch Kopfschützer
—» !
für die liihlen Nächte war, so bestand
er doch aus zarten? weichem Wollstoff
Als sie dann wieder hinter dem
Ladentisch stand und Kunden bediente.
empfand sie die stille Freude, eine gute
Tat vollbracht zu haben.
Wie ihre Augen glühten! Wie ihre
Backen heiß wurden! Ach, sie gab ja
so gern! Sie war ja so voller Güte!
Wenn doch nur der richtige Mann
Hoffnung.
Als vor 5....s ein Ruhetag war
und man es sich in den Schützen^rä
schung zuteil. Erstens kam die Feld
post, dann aber wurden die Liebesga
ben verteilt.
Das gab ein Leben in den Höhlen!
Da liefen alle zusammen. Jeder hielt
die Hände offen.
Aber die Gaben waren auch in
solcher Menge vorhanden, daß ein je-
Als der Feldwebel das Paketchen
mit den Würsten aufhob, rief er hei
ter: „Na, Unteroffizier Berger, Ihnen
wird hier diese Wurstsendung wohl
besonders anheimelnd sein, wie?"
„Danke gehorsamst, Herr Feldwe
bel. sehr willkommen sogar!"
So kamen Mariechens Würste und
der Brustwärmer in die Hand des
Herrn Unteroffiziers der Landwehr
Fritz Berger.
Lächelnd besah er die stattlichen
Würste, und dann las er den Vers.
.Aha," dachte er, „von zarter Hand,
das klingt ja recht vielverheißend!"
Da aber hier im Schützengraben
nicht viel zum Träumen war, so zog
er kurzerhand den Nock aus, kroch mit
dem Kopf durch die Oeffnung des
Brustwärmers und legte ihn fest an.
Als er dann den Rock darüber zog,
bekam sein Gesicht einen freudigen
Ausdruck, denn er mußte sich gestehen,
daß das Ding wirklich gut warm
hielt. Und darüber sich sehr.
Von dem versteckten Schatz aber
merkte der Herr Unteroffizier vorerst
noch nichts.
Bald darauf war das Idyll im
Schützengraben zu Ende, denn es
wurde Alarm geblasen, weil der Feind
mit neuen Verstärkungen anrückte.
Im Nu waren unsere grauen Jun
gen an den Waffen, und mit Bra-
Ein heißer Kampf entbrannte.
Sausend zischten die Kugeln durch die
Lust. Der Feind war freigebig. Zum
Glück waren es wenig Treffer. Dafür
aber strichen unsere Maschinengewehre
die Reihen des Feindes unbarmherzig
Linien an.
Der Unteroffizier Fritz Berger war
immer in der ersten Reihe? todesmu
tig ging er seinen Leuten voran. Aus
einmal wurde er getroffen.
Aber was war das? War das ein
Wunder?
Er hatte gefühlt, wie die Kugel
ihn traf, dann fühlte er in der Brust
und Schuller einen Stich und merkte
de Anprall der Kugel? Das begriff er
nicht.
Aber jetzt blieb ihm zum Nachden
ken nicht viel Zeit, denn sein Arm
wurde lahm; das Gewehr entsank ihm
fast schon; er mußte zurück anöden
Verbandsplatz.
Nach einer halben Stunde wußte
er dann alles.
Die feindliche Kugel war aus das
eingenähte Fünfmarkstück gestoßen,
halte es durchbohrt, und dadurch war
die Durchschlagskraft des Geschosses
Echlob Marchars IN
gemildert, so daß jetzt nur eine leicht«
Schulterwunde entstanden war.
Lächelnd meinte der Arzt: „Si«
können von Glück sagen, die
Münze war Ihr Lebensretter, sonst
wäre es ohne Zweifel ein schwerer
Lungenschuß geworden."
Da lächelte Fritz Berger still und
glücklich, und dann dankte er seinem
Schöpser, aber auch zu seiner Ret
terin seine Gedanken in stiller.
Als er dann in das Lazarett einer
kleinen rheinischen Stadt eingeliefert
war, sah er sich den Brustwärmer erst
mal etwas genauer an. Und da fand
er dann auch das zweite Fünfmark
stück, das er lächelnd aus der Einnii
hung heraustrennte. Das zerschossene
Stück, den Lebensretter aber, das
auf.
Und sowie er einigermaßen genesen
war, schrieb er an leine Retterin einen
ausführlichen Brief, schilderte ihr
alles und dankte von Herzen. Und
ganz zum Schlüsse schrieb er dann:
„Auf Wiedersehen!" —»
Als Mariechen diesen Brief bekam,
las sie ihn mit brennenden Augen wie
der und wieder, aber endlich standen
ihr die Augen so voller Tränen, daß
sie nicht mehr lesen konnte.
Sie hatte einem braven Krieger das
Leben gerettet! Ach, das war doch
wirklich das beste, was sie sich nur
Mit stiller Glückseligkeit ging sie
nach Geschäftsschluß in ihre kleine
Wohnung. Und ob es draußen auch
naßkalt und trübe war, in ihrer
Seele war es sonnig hell, denn die
reine, hehre Freude lebte in ihr.
Und dann, eines Sonntags nach
mittags, trat ein feldgrauer Krieger,
den Arm in der Binde, in Mariechens
Zimmer.
Natürlich war es der Herr Unterof»
fizier der Landwehr Fritz Berger. Er
war bereits soweit genesen, daß er
te, ehe er wieder ins Feld ging.
Nun saßen sie sich gegenüber.
Eigentlich doch zwei wildfremde Men
schen, die bisher nie etwas von einan
der gewußt hatten. Aber als sie nun
so ungezwungen und heiter zusammen
gelebt.
Und als dann für den Herrn Un
teroffizier die Stunde des Abschieds
kam, da küßte er dem errötenden,
Wiedersehen!"
Her? Unteroffizier Fritz Berger
aber fiigte im stillen hinzu: „Wenn
der Herrgott mich aus dem Kriege
gesund heimkehren läßt, dann weiß ich
jetzt, wo ich eine Frau fürs Lebe»
finde!"