Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 08, 1917, Image 3

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    Am Helena
<?. Faitlchungl.
Thassilo stand «ine Weile unter den
übrigen Gästen umher. Die schöne
Vortrag, und immer, wenn er. gerade
schon die Tasse vor dem Munde hat
te, um einen schlürfenden Schluck zu
den Tassenrand weg schrie. Georg
Altheer. sehr weinselig, mit roten
Backen und ungeheuer glücklich, ging
stern regte sich nichts. Und immerfort
dachte Thassilo: Jetzt geht sie mit ihm
als sein Weib
Er wagte nicht umherzublicken, ob
sie noch irgendwo zwischen den Gästen
standen oder saßen, oder still ver
schwunden waren.
Er ging endlich tiefer hinein
Garten, der sich in sanfter Senkung
ging. Diese Dornenhecke war uralt, '
wie ein Wall schützte sie den Garten.
Ihre glatt verschnittene obere Breite
User, das jenseit der Bucht sich halb
' allerlei Arbeitsschiffe verankert
gm
„Da bin ich!" sagte Hedi fröhlich
und eilig neben ihm.
höchster Wichtigkeit.
Es ist geschehen sie sind fort..
Pflicht, an Beate Mutterstelle zu ver
treten. Sie selbst hat Beate den Kranz
zu erklären, was sie wissen wollte.
„Dieser Bau kostet mehr Geld,
Wissen, Zeit und Sorgfalt unter der
pflähle gerammt. Darüber kommt
eine Betonschicht. Erst wenn diese,
ganz erstarrt und gefestigt, die Be
lastungsprobe aushält, wird mit dem
eigentlichen Bau begonnen. Es ist
Hjelmersens und meine Hoffnung,
daß wir vor Eintritt der Herbst
stürme mit der Fundainentierung
Natur, was wir geschaffen. Sie ist
immer die Todfeindin jeder Kultur
arbeit."
Hedi.
„Sie ist nur gebändigt und verwäs
sert zu ertragen. Im Menschen und
in der Landschaft ist alles Elementa
re auch ei» Kulturfeindliches."
Und er dachte an seinen Haß.
Er sprach ihr von den fernen,
überiippigen Zonen, die sich die Fes
seln der Zivilisation nicht anlegen
lassen, weil die Natur zu stark sei.
Hedi hörte so glücklich zu und frag
tc so wachsam und verstehenden Gei
stes dazwischen, daß er zuletzt ohne
Zwang, mit rriedlichem Interesse
weitersprach. Seine Erzählung trug
sie über weite Meere, an einsame Kü
sten. Er beschrieb ihr den geheimnis
voll tröstlichen Eindruck, den der Va
terblick eines Leuchtturmes hervorru
fe, wenn in der Nacht das Schiff
durch schwärzen Wogenschwall unter
sternlosem Himmel vorwärts schäume
und dann auf einmal am Horizont ein
Lichtpunkt ausglühe. Manchmal sei
das Licht es schwelle hin und
her, stetig und unveränderlich. Manche
gefiihl dem redenden Manne zu.
Da rief Georg Altheers Stimme
durch den Garten: ..Thassilo mein
Gott, wo steckt er denn Stürmer
Mensch...!
sucht mich meine Mutter."
Er ließ Hedi stehen. Sie hatte ihm
ja vorhin erzählt, daß seine Mutter
mit den Neuvermählten nach Mör
stadt hinuntergefahren fti. Wie konnte
er das nur überhört haben!
Langsam folgte sie ihm.
Thassilo traf Georg Altheer erst
hinter dem Hause, wo sich jetzt die
Hochzeitsgäst« um zusammengestellte
durch die blaue Dämmerung. Eine
Aufwallung von Unmut ging durch
Thassilos Brust.
wohltätigen Augenblicke gestört?
Aber Altheer nahm ihn beim Arm
und führte ihn in den Eßsaal, wo
eben noch das Mädchen und ein
Knecht auskehrten, während zwei
Lohndiener den Tisch zusammenscho
ben. .
Altheer preßte Thassilo beinahe ge
gen die Wand, hart Tür.
„Bester Thassilo, was Scheußliches
ist passiert...!'
Sein Atem duftete nach Alkohol,
seine Haltung war auf der Grenze
der Festigkeit, seine Augen glimmer
ten in schwimmendem Licht.
Thassilo stockte der Puls er
dachte irgend etwas ganz Wahnsin
habe daß Edlef tot fei
Telegramm bekommen ich denk', es
ist noch ein HochzeitSwunsch ich
mach' es auf ich denk mich
Mädchen bei!"
Gäste soll'n es doch auch nicht merken
> — so was ist doch scheußlich! Stört
die Stimmung Pid wo doch lei
he! fen!"
Thassilo stand erschüttert.
Das arme, liebe Kind! Ja, da wä
re freilich seine Mutter mit ihrem
weichen Herzen die einzige gewesen, es
zu sagen.
„Kann Hedi heute abend noch
fort?" fragte er.
„I, kein Gedanke. Anschluß ist
nicht mehr. Sie blieb- übn Nacht in
irgend einem Nest liegen warten
Sie mal, in in ich will mal
das Kursbuch —"
„Dann," sprach Thassilo entschlos
sen, „wollen wir ihr >och heute abend
Nur von einer ernsten Erkanlung sa
gen. Sie wollte ja so wie so morgen
früh fahren. Meine Mutter wird sie
begleiten und sie unterwegs auf die
ganze Wahrheit vorbereiten."
, „Reden Sie mit ihr —" bat Alt
heer weinerlich. „Sie stehen ihr fer
ner. Sie können beherrscht bleiben.
Ich hab' das Kind zu lieb. Es ist
Art kinderloser Mann seit deute. Es
Geschick und darüber, was er selbst
für ein furchtbar guter Kexl sei, ran
nen ihm in dicken Tropfen über die
heißen Wangen. Er reßte Thassilo
heftig die Hand, als wollte er auch
ihm Heimat und Vatertreu: und Mit
„Jch muß wieder zu meinen Gä
sten!" rief Altheer und hob lamentie
rend beide Hände. „Mein Gott, wenn
Seligmann zum erstenmal hier ist
zu fatal rein scheußlich!"
Das war. nun eine böse, schwere
er sich ihr während der letzten Stun
den gewidmet hatte.
Wenn sie au- feinen. Entgegenkom
men Hoffnung geschöpft hätte? Der
Gedanke war ihm schrecklich.
Wie beraubt, wie zerschlagen muß
te ihr dann die Zukunft erscheinen!
Und gerade jetzt...
Auf einem Wege, zwischen den
Wänden schwarz erscheinender Gebü
sche, kam eine welße Gestalt lanzsam
daher.
Auch Hedi hatte ihn erkannt, ob
schon die Dunkelheit nur' die Gesich
ter noch ungefähr erraten ließ.
„Was wollte Onkel Georg?" fragte
sie.
Er nahm ihren Arm. Er ging mit
ihr zurück bis iu der Dornenhecke, wo
sie vorhin gestanden hatten.
Nun war die Weite fast schwarz,
und ein kühler Atem kam vom Meer
herauf. Leise schaukelten dort, weit
unten, auf der bewegten Flut, die
glimmenden Lichter d.'r Schiffe.
„Liebe Hedi/ sprach er, „es ist gut,
daß Sie morgen früh mit Mama
fortreisen. Es scheint, Onkel Georg
hat Nachrichten bekommen, als 0b...."
„Als 0b../ fragte sie, ihn zum
Weiterreden ermahnend.
Und da er noch eine Sekunde
schwieg, rieh sie ihren Arm aus sei
nem und rief: „Es ist etwaZ passiert?"
Er fühlte, daß er kein Bote für
solche Botschaft war. Die kann nur
Liebe oder Mütterlichkeit recht aus
richten.
„Mit Papa!" schrie sie auf.
Eine furchtbare Angst erfaßte sie.
„Sagen Sie es nur gleich! Er hat
wieder einen Schlaganfall bekommen?!
O mein Gott, sprechen Sie doch
sprechen Sie doch! Mein Papa, mein
lieber, armer Papa! Und ich bin nicht
bei ihm!"
Er nahm ihre beiden Hände.
„Liebe, liebe Hedi seien Sie doch
ruhig es scheint in» der Tat, daß
es Ihrem Papa nicht nach Wunsch
geht Nein, laufen Sie nicht
Sie ließ sich halten. Es schien als
men.
„Georg Altheer hat eine Depesche
bekommen es war nur der Wunsch
darin ausgedrückt, Sie möchten
schneller heimreisen Georg Altheer
war so lieb un!> gut er meinte,
„O Gott!" stöhnte sie, „Papa ist
sagen Sie es "
Er fühlte ihre ihn krampfhaft um
klammernden Hände an seinen Armen.
Sie dauerte ihn über alle Maßen.
Er versuchte sanft, ihre Hände zu lö
sen. „Liebe Hedi," bat er, „seien Sie
ruhig! Mama fährt mit Ihnen mor
gen. Wenn Sie wollen, fährt sie ganz
mit bis in Ihr Haus und steht Ihnen
bei. Meine Mutter hat Sie sehr
lieb "
Da schluchzte das Mädchen auf,
und zwei.Arme schlangen sich um sei
nen Hals. Eine Stirn sich
und fort.
Was er von der Liebe seiner Mut
ter zu ihr gesagt, hatte sie überwältigt
nis empfangen zu haben? Hing sie
an seinem Halse als eine, die sich ge
liebt wähnt? Riß sie nur ihre Angst
hin? Klammerte sich ein junger, hilf
loser, banger Mensch nur ganz zu
traulich an dm festen, mannhaften,
trostgebenden?
Mit scheuen Fingern, zaghaft und
doch voll zärtlichen Mitleides streichel
te er das kurzhaarige Knabenköpf-
Keines konnte er mehr berühren,
keines, ohne daß es sich ihm wan
delte ...
Haar der anderen zu fühlen, und er
glaubte, ihre üppige Gestalt dränge
sich an ihn...
Er stieß sie zurück. Und dann streck
te er gleich seine Hände nach ihr aus.
Armen.
„Verzeih mir, Hedi!" murmelte er,
„verzeihe mir! ich..."
Sie neigte sich ein wenig herab und
legte ihre Hand auf sein Haupt.
Sie lächelte unter T:änen.
„Verzeihen?" fragte sie leise. »Ich
Freund..."
Wie milde sie >prach wie erge
ben Und er, der trösten sollte,
er lechzte selbst nach Trost. Uns in
der Dunkelheit, wie in "den Schatten
hinein, ins Wesenlose, vor dem es
kein Erröten, keine Scham und kein
Geheimnis gibt, flüsterte er: „Ich
liebe Beate!"
taste nicht von der Vorstellung des
Liebesglücks der beiden überraschen
zulassen. , t
Ben! Ihm alles Geld vor die Füße
hatte und was er nur irgend entbeh
ren konnte!
Seine eigenen Bedürfnisse, welche
stig sehr stark beschäftigten Mannes
iin Augenblick die beste Freiheit zur
Arbeit verschaffen diese Bedürf
nisse schränkte er sehr ein.
einen wie ihn Geld etwas anderes be
deutet als roher, schnöder Besitz. Es
bedeutete die Freiheit! Für geistige
Arbeiter, für die, welche am Webe-
Stadt Memel einen Konturrenzhafen
für Riga schaffen sollte. Er trug sich
auch mit einer neuen Idee über die
Freiheit völlig zu verlaufen und eine
gut besoldete Stelle als Wasserbau
direktor anzunehmen, irgendwo
in feinem Innern jene Wohltat in ein
Verbrechen gewandelt. Er haßte Edlef
nur noch mehr, weil er ihm danken
sollte. H kh
lich
Edlef trug denselben hellen Jackett
nen darüber merken zu lassen. Ja, er
hatte die Klugheit, sich dafür zu be
danken, als für eine zarte Rücksicht
des edelsten Weibes!
War die Liebe und die Ehe nicht
die große Erzieherin des Mannes?
Und zum Schluß, als sein Rede
strom versiegte und unter diesen steti
gleichsam einzutrocknen begann, fragte
Edlef, ob sich denn hier etwas Be
sonderes zugetragen habe.
Er saß auf dem gebogenen Stab
der Lehne.
Thassilo war vor seinem Schreib
hauptete, daß Söderlunds sich irren
müßten. Et stritt heftig, daß er sich
je irre. Aber da kam Hjelmersen,
gleich an den Mann gebracht hatte,
ihnen selbst also kein Schaden ent
standen war, murmelte Edlef was
Dann, auf einen Blick Thassilos,
entfernte sich Jrne Hjelmersen und
zog die Tür hinter sich zu.
Sie waren allein.
Auf der Stelle verlor Thassilo jede
innere Freiheit, jede Fassung.
verleit?
Herzschläge wng.
den Wagen der Feldbahn entlang zog.
Dem Pfiff folgten die puffenden Tö
ne des ausstoßenden Dampfes.
für welche sie sich bis vor kurzem
hielt?" fragte Thassilo endlich leise.
Er sah vor sich hin auf die Schreib
tischplatte. In diesem Augenblick
erblaßte.
„Allerdings" er stotterte gerade
zu, „allerdings ich weiß seit meh
gen aber wir wissen ja: meine
Mutter ist ein weltfremdes Kind und
in Geldfragen von einer fast unwahr
ne, ein Fremder könnte die Möglich
keit solcher Naivität fast bezweifeln.
Wir wissen aber, wie es ist. Und seit
jenem habe ich nur auf diese
Seine Mutter väre entsetzt gewe
sen: Rührung, Donk, Weichheit hätte
sie in diesem Augenblick für Edlef ge-
Edlef stand auf. Er trug den Stuhl
doch, die arme Frau namenlos auf
regen."
„Das sehe ich nicht ein. Du kannst
abfordern auf deutsch heißt: ich glau
be, du mußt bald sterben!" rief Edlef.
Thassilo besann sich. So ähnlich
Er begriff es auch. Aber doch... sein
Wunsch verzehrte ihn fast.
„Es liegt mir so aiel daran," mur
„Soll ich also die Roheit begehen?
mündig wurdest, Abrechnung fordern
dürfen!" sagte Edlef.
Was er für :inen kalten, geschäfts
mäßigen Ton anzuschlagen verstand!
„Eine Roheit? Nein!" 'antwortete
Thassilo.
Er verlor sich ckieder in Grübeln«».
Er dachte darüber nach, ob er es noch
Dank zu schulden. Ob der andere sich
jetzt als sein Herr fühle es gibt
Menschen, deren ganzes Herrenbe-
WohUäter sind, die sich nur selbst be»
Sohne n
hob er wieder an, „für uns ungefähr
abrechnen. Da du vermutlich Zah
len weißt, nenne sie nur! Die Ge-
sä - t - 't b d i»
hat, dachte der andere.
„Ich meine doch," fuhr Edlef mit
einer leichten Bonhomie im Tone fort,
te. Und besonders nicht nachträglich!
Ich denke doch, wir schieben dies alles
auf, bis meine arme Mama erlöst ist.
Das ist eine Ewigkeit jeder Tag
ist eine Ewigkeit, dachte Thassilo.
„Ich werde mich gedulden," sagte
er langsam. Denn ihm fiel nichts ein.
hallten. ..
Lange saß er nachher und sann. ES
erschien ihm auch wie ein Phänomen,
Stirne leuchten?!
Zwei Mysterien gibt es im Leben
des Weibes. Aus der Jungfrau wird
die Gattin, die Mutter. Das sind
auf ihrem Wege zur Vollendung die
beiden heiligen Stufen, die einporfüh
ren.
Wie hatte dies erste Mysterium auf
Beate gewirkt?
War sie selig in Liebe? Hatte die
Enttäuschung die Blüten ihres Her
zens geknukt?
Wenn ich sie sehen könnte, dachte
Thassilo, einmal heimlich und unbe
lauscht! Denn in ihm brannte der
hoffende Glaube, daß sie erkannt ha
be, wie der Mann an ihrer Seite nur
ein Blender sei
Und dann
Aber trotzdem vermied er ihre Ge- >
genwart. Wenn eine Einladung, wem»
eine zufällige Begegnung sie zusam
menbrachte, mied er jeden Blick, fast
jedes Gespräch.
Er wußte: jeder seiner Blicke würde
eine Frage, jeves Wort ein Geständ
nis werden das sie wie ein unkeu
sches Eindringen in ihr geheimstes
Weibleben beleidigen mußte
Aber es hatte das Auesehen, alz
sei die ungeheure Wandlung ihles
Daseins an ihr vorübergegangen, ohne
ihrer Seele zur Weckerin oder Er
zieherin geworden zu sein.
Denn jedem Auge erschien sie un
verändert. Noch immer stand das
vielsagende Lächeln auf ihren Lippen,
noch immer ging sie ruhevoll und
schön, strahlend in der lockenden Uep
pigkeit ihrer unvergleichlichen Gestalt
durch "das Leben.
Und dies Leben war ganz dem
sorgenlosen Genutz zugewandt.
Edlef machte zunächst feinen Vor
satz, „schauderhast" sleitzig zu wer
den, noch nicht wahr.
Man mußte doch auf allen Güter»
der Umgegend Besuch abstatten. Man
mußte sich doch als junges Ehepaar
ein wenig anfeiern lassen. Malte oo»
Holdin gab ein großes Gartensest. zu
welchem er aus Berlin einen Feuer
werker und Dekorateur kommen lieh.
Seligmanns veranstalteten ein glän
zendes Diner, bevor sie ihren Heros«-
aufenthalt in Italien antraten. Bei
Prancken fand eine Jagd statt, gleich
nachdem die Hühnerjagd offen war.
und Edlef und Beate selbst sahen all«
Augenblicke jemand bei sich. Der
Herbst war auch so schön. Es gab eia
Fahren und Reiten und Fröhlichsem
alle Tage. Malte von Holdin war
ebenso unzertrennlich von dem Ehe
paar. wie er es von dem Brautpaar
gewesen.
(Fortsetzung folgt.)
U? bers Zielgeschossen.
Hausfrau: „Ich bin nicht abgeneigt,
Ihre Tochter in den Dienst zu neh
me», ist sie aber Vilich an frühes Auf
stehen gewöhnt?"
Mutter: „Gewiß! Sie ist immer
die erste aus und besorgt das Früh
stück nd macht die Betten bevor
noch irgend ein anderer aufgestande»
ist.'