Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 12, 1916, Image 3

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(S. Fortsetzung.) ' "
„Ihre Sachen sind also hier im
-Hause?"
nomine», wie wenn ich aus eine län
gere Reise ginge, Herr Inspektor.
Seit zwei Wochen wohne ich bei Frau
Achilles-Allee gewesen."
Der Inspektor strich sich nachdenk
lich das Kinn. Herr Feller war der
Besitzer der Villa Ajax, er allein
Derrick.
„Er ist viel in der Welt herumge
reist, so viel ich weiß. Meine Schwe
ster überredete ihn, in das Geschäft
meines Bruders einzutreten, was er
„Hm," machte der Inspektor, dem
diese Mitteilung nach keiner Richtung
hin einen Anhalt gab. Dann ließ
er seine Augen in dem Zimmer um
herwandern. „Eine merkwürdige Ein
richtung, diese hier, Fräulein Mason.
Ist es die Idee Ihrer Frau Schwe
ster?"
„Nein, mein Schwager hat es ein
gerichtet. Das ganze Haus war fix
und fertig möbliert, ehe meine Schwe
ster heiratete."
„Aber doch wohl für das Ehepaar
Feller?"
„Nein. Mein Schwager wohnte
sechs Monate als Junggeselle hier."
„Dann waren beide wohl lange
verlobt?"
„Nein, sie kannten sich erst drei
Monate, als sie heirateten. Herr Fel
ler hat das Haus nach seinem eigenen
Geschmack eingerichtet."
„Ich danke Ihnen herzlich, Fräu
lein Mason," sagte Derrick, „daß Sie
mir so offen geantwortet haben.
Wenn ich etwas zu neugierig gewesen
bin, so müssen mir die außergewöhn
lichen Verhältnisse als Entschuldi
gung dienen. Jetzt wollen wir zu der
Leiche gehen".
Laura erbleichte jäh, erhob jedoch
keinen Einwand. Schweigend folgte
sie dem Inspektor. Als sie vor der
Tür des Zimmers anlangten, in wel
chem die Ermordete lag, wich das
„Sie haben die Leiche in mein Zim
mer getragen!" stieß sie entsetzt her-
„O, das tut mir aber leid," erwi
derte der Inspektor, die Tür öffnend.
«Ich hatte natürlich keine Ahnung,
wessen Zimmer es war."
drinnen schlafen können," murmelte
Laura und schritt durch die Tür, die
Derrick für sie offen hielt.
Aus Zartgefühl für die junge
Dame trat der Inspektor nicht mit
ein, sondern blieb draußen und dachte
über das soeben Gehörte nach. Sei
ner Ansicht nach hatte Feller ziemlich
schnell geheiratet, er hatte seine Frau
in diese Villa geführt, die nicht für
sie eingerichtet worden war. Für ei
nen Junggesellen war das Haus viel
zu groß; es schien von Anfang an
Fräulein Julia Mason überraschend
schnell geheiratet? War das der
Fall, dann war das weiße Zimmer,
dete.
dL' d 'sich ?"^
traurig hinzu, „sie hat ein so kindli
ches Gesicht. Ich möchte nur wissen,
warum sie hierherkam."
„Ja, das möchte ich auch wissen
und wer sie ermordet hat," sagte Der
rick.
„Es ist ein schreckliches Geheimnis,"
seufzte Laura und wandte sich zum
Gehen,
.Es wird nicht lange el« Ge-
heimnis bleiben. Da nur Herr Feller
einen Hausschlüssel zu der Villa be
saß, muß er sie kennen."
„Eigentlich ja. Nur hat er —"
Laura brach plötzlich ab und streifte
Blicks „Wollen Sie damit sagen,
sel besitzt —"
„Sie sagten doch, der junge Mann
mit dem Spitzbart, den Ihr Unter
gebener traf, habe auch einen Haus
schlüssel gehabt?"
„Ja. Trägt Herr Feller einen
Bart?"
„Nein, er ist glatt rasiert."
„Vielleicht hatte er einen falschen
Bart angelegt?"
„Wie dürfen Sie so etwas sagen?"
rief Laura entrüstet. „Ich bin über
zeugt, daß Herr Feller nicht das ge
ringste weiß. Gestern abend lag er
in Westkliff krank zu Bett. Ich kann
ich heute ebenfalls hinfahren wollte,
mir telegraphierte, ich solle lieber
nicht komme», da Walter krank sei
und zu Bette liege." ,
„O!" rief der Inspektor überrascht
„Können Sie mir das Telegramm
zeigen?"
„Ich werde es Ihnen nachher schik
ken. Wenn Sie Herrn Feller sehen,
werden Sie ihn nicht einen Augenblick
lang beargwöhnen. Es gibt keimn
gutmütigeren Menschen als ihn. Wie
mag mein Schwager weiß jeden
falls nichts davon. Auf welche Weise
„Sie wurde unter das linke
Schulterblatt gestochen, während sie
sang."
während sie sang? Die Frau
sang? In einem fremden Hau^e?"
rief Laura verwundert.
„So?" fragte Derrick in scharfem
Ton. „Ihre Frau Schwester ist auch
in Westkliff?"
„Wollen Sie vielleicht auch meine
Schwester beschuldigen?" fragte Laura
entrüstet.
fetzte Derrick. „Ich suche nur überall
Theorie zu bilden."
„Warum suchen Sie nicht lieber
nach Schuldbeweisen?"
„Wie meinen Sie das .Fräulein
Mason?"
wurde."
„Wir haben überall gesucht, aber
nichts gefunden. Wahrscheinlich hat
der Mörder die Mordwaffe mitge
nommen. Der Arzt meinte nach Be
sichtigung der Wunde, sie rühre von
den," meinte Laura unwillkürlich.
„Wie meinen Sie?" fragte Derrick
rasch.
pflegen."
„Das stimmt allerdings. Aber es
ist nicht ausgeschwssen, daß auch eine
hin. „Ich weiß nicht, was ich sagen
schloß selber das Haus auf. Wie sie
zu den, Schlüssel kam, weiß man
Derricl zog die Stirn in Falten.
„Es ist eine rätselhafte Geschichte,"
erwiderte er. „Ich tappe überall im
weiter tun, bevor ich nicht Herrn
Feller gesprochen habe. Er mich doch
wissen, wie die Frau —"
„Nichts weiß er!" fiel Laura unge
stüm ein. „Er kann nicl'ts wisse«.
Er liegt krank in Westllifs und —"
„Jedenfalls warte ich ab, wa! er
betrachte. Als »r die Tür öffnete,
trat Tracey hastig herein.
„Mein Auto ist gesunden!" rief er
hastig.
„Wo?" fragten Laura »nd Derrick
wie aus einem Munde.
S^da"l^°auw»k'
Croß-Bahnhos aus nicht nach West
spektor schroff zurück.
k. Kapitel.
Es gab natürlich eine ungeheure
jetzt wie ein aufgeregter Ameisen
haufen. Reporter, Detektivs, Poli
zisten, Neugierige und allerhand un-
Billa Ajax geschafft wurde.
Schloß. Da sehen Sie selbst." Er
zeigte. Die beiden Schlüssel sahen
Duplikat existiert."
„Woher haben Sie den Schlüssel?"
kenlager aufgestanden, um dem Ruf
des Gesetzes Folge zu leisten. Die
letzte Frage Derricks schien ihn in
sehr glücklich miteinander. Und wenn
gesagt sein, daß ich zur Zeit des
Mordes krank in Westkliff zu Bett
nicht gebucht!"
derte der Inspektor besänftigend. „Es
fällt mir gar nicht ein, Ihne» das
Schlüssel, Herr Feller! Ist er je aus
„Nie. Ich trage ihn, wie Sie
sehen, an einer Stahllitte. Des
Abends lege ich sie ab und Morgens
den Sie hoffentlich nicht verdächtigen,
Herr Inspektor?" fragte Feller iro
nisch.
! „Nein. Weder in die Wäsche, noch
Karte oder Brief bei sich. Wir wissen
absolut nichts über sie. Vielleicht er-
„Jch hoffe es," sagte Feller. „Die
Spitzbart?"
herbeigeführt. Er behauptete mit
aller Bestimmtheit, die Fremde sei
bereits fünf Stunden tot gewesen, als
Dr. Garfon blieb fest bei seiner An
sicht; er setzte dadurch die Gerichts
jenes, jeder hatte seine eigene Ansicht.
Aber die Anhaltspunkte fehlten. Herr
Feller behauptete, der Hausschlüssel
niemand wußte, wie es dorthin ge
kommen. Das Urteil des Gerichts
lautete auf Mord Mörder unbe-
gen", meinte Inspektor Derrick zu
Feller, als die Menge sich zerstreut
hatte. „Die Frau ist tot, begraben
Ich habe mit meiner Frau darüber
gesprochen, sie ist derselben Ansicht".
„Aber Sie kennen doch die Frau
gar nicht".
„Das ist allerdings wahr. Wenn
Sie aber weitere Nachforschungen an-
Derrick schüttelte den Kopf.
„Ich glaube kaum. Ich weiß nicht
mehr, wo ich nachforschen soll. Es ist
alles in Dunkel gehüllt. Es ist aber
freundlich von Ihnen, Herr Fel
»Das ist längst geschehen. Wir
dem vorliegenden Falle- haben wir
wenigstens die Leiche der Frau. Aber
wer sie ist, von wannen sie kam und
scheinlich nie erfahren".
„Nun", sagte Fester, „wenn Sie
etwas entdecken sollten, dann lassen
sen?"
„Natürlich. Er schwört darauf,
keinen zweiten Schlüssel angefertigt
sicht. „Keinen Abdruck? Ich denke,
zählte, Herr Inspektor", hegte» Sie
anfangs auch gegen mich Mißtrauen".
Derrick hüstelte verlegen. „Ja, se
hen Sie, die Sache war doch -sehr
rätselhaft. Jetzt bin ich überzeugt,
daß Sie nichts damit zu tun haben".
„Ich danke Ihnen", versetzte Feller
„Ja, das ist ein Glück für Sie",
Schlüssel gegeben? ist ein Glück
ich w,rde es Ihnen mitteilen, wenn
ich etwas Neues entdeckt habe. Aber
Sie müssen auch mir Mitteilung ma-
Felier zuckte die Achseln. „Ich wer
de keine Schritte in der Angelegenheit
unternehme». Ist die Frau erst be
graben, dann fällt die Sache der Ber-
Villa Ajax."
er darüber nach, ob nicht trotz Frau
Fellers Aussagen deren Gatte doch
etwas mit dem Fall zu tun habe. Uni
Ja, wenn das Opfer ein Mann wäre!
Aber es war ein Weib! Eine eifer
süchtige Frau wie Julia Feller würde
sie betrog".
Die Unbekannte war beerdigt wor
den. Tracey und Feller wohnten dem
große Zahl Neugieriger, die dem be
dauernswerten Opfer dieser Tragödie
das letzte Geleit gaben. Jedermann
fand es riesig nodel von Feller, daß
er die Ermordete auf seine Kosten be
graben ließ. Feller sah entsetzlich
bleich und elend aus, als der Sarg
Angst und Schrecken versetzen. Daß
eine Frau auf solche Weise ums Le
ben kommt, ist schon an und für sich
nisierte Polizei nicht mal ihre Iden
tität feststellen konnte, ist traurig. Die
Behörden sollten es sich zur strengsten
Pflicht machen, nicht eher zu ruhen,
bis dieses Rätsel gelöst ist.! Wenn
ge" weibliche Wesen, welches das Lied
kannten. Der Polizist Miller schwört.
!es - Allee des Abends ziemlich be-
„Was nun den Mörder betrifft,
war wahrscheinlich der junge
Mann, der mit dem Polizisten Miller
sprach. Da er einen Hausschlüssel
besaß, ist anzunehmen, daß er di«
Frau eingeladen hat. Er war viel
leicht vor ihr da und hat im Hause
auf sie gewartet. Die Aerinfte ging
in eine Todesfall«. Er führte sie in
Hierdurch gewann er die beste Gele
genheit, sie hinterrücks zu ermorden.
Nach ihrem Tode wird er durch dai
Fenster gesehen haben, ob die Lust
rem war. Wahrscheinlich hielt ihn
entwischte in der bereits ausführlich
geschilderten Weise. Das ist unsere
entkräften, indem sie schriebt
„Der Anzeiger ist in seinen Mut
maßungen zu voreilig. Wie die Aus
lage des Polizisten Miller beweist,
rend der nach Ansicht des Anzeigers
„vermeintliche" Mörder sich mit Mil
ler an der Gartentür unterhielt. Der
Wir sagen absichtlich „Frauen? denn
wir sind überzeugt, daß es sich um
zwei Frauen handelt, das Opfer und
die Sängerin. Die beiden Frauen
kamen entweder allein oder in Beglei
tung des jungen Mannes in die Villa
Ajax. Als sie im weißen Zimmer
waren und die Frau am Piano saß,
wurde sie ermordet. Die beiden
Schuldigen der Mann und die
Frau waren Verbündete warteten
dann die Gelegenheit zur Flucht ab.
Es ist nur zu verwundern, daß sie
es drei Stunden lang in dem Hause
ausgehalten haben vielleicht sogar
in dem Zimmer, in welchem das Ver
brechen begangen wurde. Die Schuld
macht die Menschen furchtsam. Wahr
scheinlich wagten sie sich nicht aus dem
Hause, so lange die Allee noch belebt
war. Gegen elf beschlossen sie zu flie
hen. Da erscheint der Polizist. Um
ihn zu täuschen, falls ihm etwas Ver
dächtiges aufgefallen, singt die Frau.
Der Mann geht hinaus, um den Be
amten fortzulockcn. Es gelingt ihm,
währenddessen entwischt die Frau. In
der Nähe steht Herrn Traceys Auto
mobil. Sie fährt mit demselben da
von. Wenn sie direkt nach dem
Charing - Croß - Bahnhof fuhr,
muß sie gegen halb zwölf dort ange
langt sein. In dem dort herrschenden
Gedränge fällt sie natürlich nicht auf;
sie fährt das Auto in eine Ecke. Daß
Frauen Automobile steuern, ist heut
zutage etwas so Alltägliches, daß es
gar nicht mehr ausfällt. Wahrschein
lich hat die Frau dann London gleich
verlassen. Jede Spur von ihr ist ver
loren; das Auto wurde ein paar
Stunden später aufgefunden".
„Das ist unsere Theorie und sie ist
glaubwürdiger als die unseres Kon
kurrenten. Da Herr Feller den Na
men der Ermordeten nicht kennt, ist
es um so unbegreiflicher, wie und
warum sie in sein Haus kam, wo sie
einen so tragischen Tod fand. Die
sämtlichen Dienstboten des Fellerfchen
Haushalts waren mit in Westkliff.
Herr Feller lag krank zu Bett, er
kann also nichts wissen. Er behaup
tet, außer ihm besitze niemand einen
Hausschlüssel und der Schlosser, der
diesen anfertigte, schwört, er habe kein
Duplikat gemacht".
„Auf einen seltsamen Umstand müs
sen wir unsere Leser und Leserinnen
ooch aufmerksam machen: das ist die
Einrichtung und Dekoration des Zim
mers, in dem der Mord stattfand.
Dieses Zimmer ist ganz in Weiß ge
halten. Das schwarze Kleid der Er
mordeten muß einen schaurigen Kon
trast zu der schneeigen Umgebung ge
boten haben, als Miller die Leiche
entdeckte. Herr Feller scheint einen
ganz besonderen Geschmack zu be
sitzen, daß er sich ein Zimmer ganz
in Weiß einrichtete. Das Verbrechen
erhält dadurch einen romantischen
Anstrich. Dieser geheimnisvolle Mord
wird wahrscheinlich nie aufgeklärt
werden. Warum die Frau in die
Villa gelockt und dort ermordet wur
de, wie der Mörder in den Besitz det
Hausschlüssels gelangte das wird
voraussichtlich für immer in Dunkel
gehüllt bleiben. Aber wir sind über
zeugt, daß der Mord gemeinsam von
einem Mann und einer Frau ausge-
(Fortsetzung folgt).