Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 21, 1916, Image 6

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    Traurige Nährt.
Kchilderuiig des Nück'.ngS der serbische» Truppen nach Korfu
Eine lebhafte Schilderung der
Aleberfahrt eines Teiles c,er unglück
lichen Serbknarmec von der Ostküste
tes Adriatischen Meeres nach der
Insel Korfu entwirft der Korre
spondent eines Genfer Blattes. Es
Von Raschka bis Skutari hatte
verzweifeln; bald würden sie wieder
Brot erhalten. Geduld war das Lo
sungswort und der Befehl während
tern Montenegros Nahrung geliefert
hatten, waren jetzt ausgeblutet. Im
Aause der letzten vier Monate tvar
Dicht ein einziges Schiff eingelaufen,
um die Vorräte zu ergänzen. Di«
wenigen Lebensmittel, die die Bevöl
terung eifersüchtig gehütet hatte, wa
ren den vor dem Heere einher flie
henden Zivilisten und den Requisi
tionen der serbischen Behörden rasch
zum Opfer gefalle». Zehn, zwan
zig Denar wurde» für ein Stückchen
Ma'sbrct gegeben, wenn man über
haupt eins erhielt. Schrecklicher als
je erhob das Gespenst der Hungers-
I!nd immer drängle der Feind
riach. Er griff an zu Land, zu
Wasser und in der Luft In
Raiten des Kronprinzen siel eine^
Feldstecher den 'Marsch seiner Trup»!
xrn verfolgte. Dann wurde der
letzte Entschluß gefaßt, der Ent
setzten Korfu zu schassen.
Das erst« Schiff zeigte sich vor
San Giovanni di Medua am 31.
Dezember zur Zeit der Dämmerung.
Groß war die Freud«, ebenso groß die
Berwirrung. Jeder wünschte sich
zuerst einzuschiffen, sich zu retten.
Aber die Regierung ließ aus Vor
sicht mitteilen, das Schiff werde nur
die Minister und die höchsten Beam
ten ausnehmen. Da fingen die acht
zig Mitglieder des Parlaments, die
man aus Raummangel nicht auf
die Stimme des früheren Ministers-
Prodanowitsch, der in der Slupsch
tina so gern und ausmerlsam ange
hört zu werden pflegt. Auch NastaS
Petrowitsch, der engste Freund des
Ministerpräsidenten, war unzufrie
den; mit träger und spöttischer
Stimme wünschte er seinen ehemati
mung der Menge. Dieses einzige
Schiff steht zur Verfügung; die Ge
fahr steigt von Minute zu Minute.
Unglück, die Angst Meister.
entschließt sich, für feine Person erst
zuletzt sich einzuschiffen. Dieser Ent
schluß, der einer gewissen epischen
Ausrecht steht Pasckitsch da in ein
habeii sich sichtlich verändert.
verschleiertem Blick schaut er weit
hinaus auf das Meer, auf das so
heiß «sehnte Meer, das ihn nun mit
Jri">>- in die Verban-
Eine Woche später läuft um Mit-
Es beginnt der Transport der Trup
pen. Zueist in der Morgenfrühe
schiffte sich die Morava - Division
des Woiwoden Stepan. Diese Di
vision hatte der Regierung und dem
Generalstab den Weg zum Rückzug
gebahnt, nacktem sie in Pirot und in
Leskowaz mit den Bulgaren ge
tämpst hatte. Ter Sckisskomman
dant hatte ein Festessen gerüstet zu
Ehren der serbischen Offiziere, die
in den letzten vier Jahren schwerer
Kämpfe jede Gewohnheit der Behag
donnanzen ihre zerschlissenen, m»
Blut, Pulver, Erde, beschmutzten
Uniformen, sie die saubern
Gedanke, daß sie nicht mehr wie ge
hetztes Wild verfolgt werden, daß sie
nicht mehr im Schnee, im Schlamm
rer Brust: Wie wohl ist uns!
zerlumpten und doch ruhmreichen
Kleidern und den schweren Schuhen,
die so manchen steinigen Bergpfad
nen unfähig der Bewegung, ja sogar
des Wortes. Nur durch das regel
mäßige Atmen gaben sie einen Be
weis des Lebens. Ihre gespenstischen,
entfleischten Gesichter zeigten den
Ausdruck eines unsagbaren Heim
wehs und schneidenden Schmerzes.
Und diese unberühmten Märtyrer
trugen ihre Leiden in herzzerreißen
der Stille. Diese Menschen bergen
auf dem Grund ihrer Seele, ganz
tief innen, jenen großen Fatalismus,
aus dem das Heldentum empor
sprisßt. Niemals betlagen sie sich,
zu Land und zu Wasser blieben sie
die gleichen offenen, sympathischen
und rührenden Bursche. Sie wuß
ten nur, daß der „Vapor" sie von
der Heimaterde wegträgt und daß
das „Mütterchen", das große, das
heilige Rußland, ihnen nicht zu Hil-
Nach einer düsteren Uebersahrt
kam am frühen Morgen das Schiff
in Korsu an. Den ganzen Tag brach
te es im Hasen zu. Die hellenischen
Behörden glaubten das Heer nicht
begrüßen zu sollen, das sie im Un
glück im Stich gelassen hatten. Aus
diese Weise entgingen die serbischen
Truppen, als sie in Corsu den Fuß
auf griechischen Boden setzten, den
militärischen Ehren der Griechen, wie
der König Peter bei seiner Ankunft
in Saloniii.
In der Nacht, bei strömendem Re
gen ging die Landung vor sich. Mit
zerrissenem Herzen, aber unerschüt
terliche Vaterlandsliebe in der Seele,
marschieren die Soldaten nach ihren
zunächst bei Corsu gelegenen Dör
fern. Aus dem glitschigen Boden
bleiben sie manchmal stehen und beta.
Sv vollzog sich der erste Trans
port serbischer Truppen nach Kor
su. Bald folgten weitere. Der liins
nn deutsch-französischen Krieg einst
sein Vater in die Schlacht zog.
Die letzte» StimOi» <les Lrouenlob
„Frauenlob" ist bekanntlich nur ein
ganz kleiner Teil der Besatzung (L
Klopse) nach zehnstündigem Umher-
Maschmist Max Müller, sich nun
Der Fähnrich Stolzmann berichtet:
„Kaum hatten wir gesehen, wie ein
englischer Zerstörer mitten auseinan
derbarst und sank, getroffen vom zwei-
nen Arzt an Bord hatte. Mit den
Offizieren das Gefecht. Ich selbst
Schlußschiff plötzlich einen jirstörer-
Feuer zu eröffnen Es stell» sich bald
fünf Schiffen in i.ur etwa MV Meter
die fast alle das Achterschiff trafen.
Schiff bereits start nach Backbord ach
tern Überlegte. Ich ging schnell«»
Schrittes aus die achtere Brücke, um,
beleuchtet und auch nicht mehr beschos
sen. Mit dem durch die Exp!c,s>on er
folgten Ausfall der Maschinen blie
tieser zu liegen, vann mit zunehmen
der Geschwindigkeit zu sinken. Als
ich auf der achtern Brücke angekommen
Laufbrücke freihalten halsen, um nicht
durch diese erfaßt zu werden. In we
nigen Sekunden sahen wir den letzten
Rest des Schiffes ohne jede innere
Explosion versinken. Noch ,ils die
Geschützführer bereits im Wasser stan-
Kaiser, Go!t uno Vaterland.
Der gerettete Maschinist Max Mül
ler berichtet folgendes: Während dei
ganzen Tages ioaren an die Mafchi
mußten jedoch der Forcierung wegen
sehr häufig gereinigt werden. G«gen
12 Uhr 4(1 fand im Hinterschiff eine
heftige Explosion statt, die nur von
einem Torpedotreffer herrühren konn
te. Im selben Augenblick blieben
beide Maschinen stehen, wahrscheinlich
wellen, das Licht ging aus, und es
wurde ein heftige- Rauschen von ein
dringendem Wasser hörbar. Als ich
dem Geräusch nachging, um das Leck
festzustellen, strömt« mir schon das
Wasser über die Aturplatten entgegen,
so daß ich den Ort des Lecks nicht
ausfindig machen tonnte. Nach dem
Verlassen des Raumes erkundigte ich
mich durch das Sprachrohr nach der
Steuerbordmaschinc, ob der Maschi
nenraum noch intalt wäre. . Der lei
tende Ingenieur teilte mir darauf
mit: „Wir wollen versuchen, Back
bordmaschine zu lenzen". Dies nahm
längere Zeit in Anspruch; während
dieser Zeit wurde das Gefecht an
Backbcrdfeite mit erhöhter Heftigkeit
fortgesetzt. Das Schiff neigte sich hef
tig nach Backbord über. Zur selbea
Zeit strömte auch das Wasser durch
die geöffnete Reeling über Deck und
überflutete die Backbordseitz. Auf
der Steuerbordsene wurde in diesem
Moment ein dreifaches „Hurra" aus
gebracht. Zu dieser Zeit sah ich noch
den leitenden Ingenieur, wahrschein
lich als letzte», aus der Steuerbord
maschine hochkommen. Ich hatte ge
rade noch Gelegenheit, mir eine Kork
weste anzulegen und wurde dann von
der See, nachdem ich einigemal im
offenen Hängemastlasten hängen ge
blieben war, emporgehoben und fort
gespült. Nach längerem Schwimmen
erreichte ich ein Floß; nachdem ich
mich mit vieler Mühe heraufgearbei-
Schornsteine des „Frauenlob" ber
schwinden sehen. Eine Azetylenboje
zeigte nach längerer Zeit die Stelle ih
res Unterganges an.