Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 24, 1916, Image 6

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    Das heutige Kerbten.
——! '
Major du Bois, ein schweizer Of
fizier, schildert seine Eindrücke in
Serbien in einer Korrespondenz von
Ende Mai:
Der nördliche Teil Serbiens, mit
Ausnahme einer Zone im Osten,
die sich der Donau entlang gegen
Rumänien hin erstreckt, ist unier
österreichisch-ungarischer Verwaltung,
der Süden Serbiens dagegen unter
bulgarischer. Militärischer Gouver-
N'ur des österreichisch - ungarischen
Teils ist Feldmarschall von Salis-
Seewis, sein Generalstabschef ist
Oberstleutnant Gellineck. Beide ha-
Bezirke zerfällt. Jeder Kreis besitzt
«>ne eigene Verwaltung mit dem nö
tigen technischen Personal. Die Be
zirke sind in derselben Art organi-
zWUGD -
bischer Nationalität. Ihnen ist ein
österreichisch - ungarischer Beamter
beigegeben, der mehrere Gemeinden
zusammen überwacht. Die serbischen
Gesetze und Gebräuche sind beibehal
ten worden und sind die einzig gül
tigen. Ebenso steht es mit den Ge
richtshöfen, die nach den serbischen
Gesetzen richten. Das Serbisch« ist
die offizielle Landessprache und alle
Beamten müssen es beherrschen. Di«
Militärverwaltung hat die Machtbe
fugnis der alten serbischen Regierung
übernommen, anerkennt aber im ein-
zeknen alle früheren serbischen Be
amten, denen sie 50 Prozent ihrer
Besoldung zahlt, falls sie sie nicht be
schäftigt. Desgleichen zahlt sie Pen
angehören, die reglementarischen Pen
sionen zukommen, selbst wenn sie ge
gen Oesterreich kämpften. Einer gro-
Leben in Serbien wieder herzustel
dle steinernen und hölzernen Böden
wieder hergestellt, die aufgerissenen
Kanalisationen und Leitungen für
das Kraftwerk für die elektrische Be-
ist strahlend hell erleuch
tet, die Trams haben ihre fahrplan
mäßigen Fahrten wieder ausgenom
men, mit einem Wort, die öffentli
chen Einrichtungen sind wieder in Be
trieb gesetzt und der Verkehr funk
tioniert tadellos. Die Stadt ist
von einer erstaunlichen Sauberkeit.
Das Handelsleben ist nach einem
vollständigen Stillstand wieder in
Cang gekommen. An Handwerker
und Handelsleute aller Art, die ihre
Arbeit wieder aufgenommen haben,
sind 6000 Arbeitslizenzen vergeben
worden. Die Kaufläden sind zum
grüßten Teil geöffnet, desgleichen die
Hotels und Cafös. Alle Bedarfs
artikel sind in Belgrad wieder zu
haben, ivennfchon Luxusgegenstände
natürlicherweise teuer sind. Für die
nötigsten Gegenstände aber sind mä
ßige Preise festgesetzt worden. Nach
und nach nimmt die Zivilbevölke
rung ihr gewohntes Leben wieder
auf und beginnt wieder zu arbeiten.
Wenü man an den Abenden und
Sonntagen die schönen Toiletten der
Damen auf den Straßen und Pro
menaden sieht, denkt man kaum mehr
an die schreckliche Krise, aber man
wird wieder daran erinnert durch die
große Zahl von Trauer tragenden
Personen, die man in diesem Lande
sieht, das in nicht ganz vier Jahren
die schrecklichen Heimsuchungen ver
schiedener Kriege erlitten hat. Der
Verkehr zwischen der Zivilbevölke
rung und den Okkupationstruppen
ist korrekt, kein Zeichen von Gereizt
heit ist zu konstatieren. Die Be
völkerung weicht den Soldaten nicht
aus, sie wickelt ihre Geschäfte mit
ihnen ab, und die jungen Mädchen
sind den Reizen der Uniform gegen
über keineswegs blind. Man muß
hier allerding» bemerken, daß ein
großer Teil der österreichisch - unga
rischen Soldaten aus Kroaten be
steht, die dieselbe Sprache sprechen,
wie die Bevölkerung.
Die Militärverwaltung hat viel
getan, um die Wohlfahrt der Be
wohner von Belgrad zu heben. Für
die Arbeitsuchenden hat sie Placie
rungsbureaus eingerichtet, die die
Wiederausnahm« der Arbeit erleich
tern, und sie beschäftigt selber eine
große Anzahl männlicher und weib
licher Handwerker sür die össentli
chen Arbeiten. Sie hat auch ener
gische Maßnahmen ergriffen, um die
Volksgesundheit durch Sauberkeit zu
sichern. Es amtet eine Gesundheits
kommission, die vielfach wegen schlecht
gehaltener Läden Bußen verhängt.
Sie beschäftigt sich auch eingehend
mit der Armenfrage und verteilt au
ßer Kleidungsstücken Tag sür Tag
14,1X>0 Mundportionen an die Br-
Es erscheint in Belgrad eine Ta
geszeitung, die „Belgrader Nachrich
ten", die in deutscher und serbischer
Sprache versaßt ist! in nächster Zeit
wird auch eine ungarische Ausgabe
erscheinen. Diese Zeitung wird von
emem Reserveoffizier redigiert, der
im Zivilleben Redakteur an der
„Neuen Freien Presse" in Wien
ist. Dieses Blatt bringt alle offi
ziellen Nachrichten, nicht nur d«r
Zentralmächte, sondern auch der Al
se Presse Lügen, die behauptet, die
se Zeitung erzähle ihren Lesern, die
Deutschen hätten Verdun und die
Türken den Suez-Kana! erobert.
Außer dieser Lokalzeitung finde! man
in Belgrad alle guten österreichischen
und ungarischen Blätter. Die Stadt
den Verwaltungen unserer schweize
rischen Städte viel Kopfzerbrechen
macht die der Kinematogruphen
theater auf einfache Weise gelöst,
errichtet hat, sie selbst verwaltet, und
natürlicherweise ausgezeichnete
Einnahmen macht, die zu guten
Zwecken verwendet werden.
Trotz alledem leidet die Bevölke-
macht sich bereits fühlbar. Das wird
besser als durch alle Worte durch das
folgende Faltum bewiesen: Vor dem
Sturz der serbischen Regierung zähl
te Belgrad mit seinen Vororten un
gefähr 120,000 Bewohner. Im Ok
tober 1915 war diese Zahl aus 40,-
000 gefallen, während sie jetzt wie
der auf 80,000 gestiegen ist. Und die
se Zahl ist noch im Wachsen be
griffen, denn Tag für Tag treffen
serbische Ausgewanderte in Belgrad
ein.
Vi-ulltlov.
In der Wiener „Neuen Freien
Presse" sindet sich ein interessanter
Artikel über die Persönlichkeit des
russischen Kommandierenden Brussi
low, von Dr. Philipp Menczel, dem
wir folgendes entnehmen:
Brussilow war seit 1911 Korps
ihm fast automatisch das Kommando
über die gegen Ostgalizien operieren
den russischen Truppen zu. Von
Winnitza aus wurde auch in Frie
denszeiten der russische Kundschafter
dienst in Ostgalizien und der Buko
wina geleitet.
Günstling des Großfürsten Nikolai
Nikolajewitsch sei.
Beim Brückenkopf von Nizniow
und später bei Halicz traien in de»
letzten Augusttagen 1914 die Grund
durch Umgehung. Wer die Berichte
der russischen Zeitungen seit Ausbruch
des Krieges genau verfolgt hat, dem
Brufsilow immer wieder als der
Mann der blendenden Teilerfolge ge
priesen wurde. Wiederholt tonnte
man lesen: „Wieder ist es Truppen
der Armee Brussilow gelungen, im
chen."
Man konnte also schon vor einein
halb Jahren voraussagen, daß sich
Brussilow zum „kommenden Mann"
machen ließ. In der zweiten Schlacht
bei er bekanntlich von
worden, und mit Rücksicht, auf die
späteren Ereignisse galt Brussilow
als unbesiegt. Im Mai 1915 tonnte
sonders in den Kritiken Michailows
kis im „Rußkoje Slowo" lesen, Brus
silow sei in einen Sack geraten und
nur durch die beispiellose Bravour
Kurilows, der sich am Ujzoker Paß
mit seiner Division den zur Absper
rung der Sanlinie vordringenden
Oesterreichern entgegenwarf und dort
bis zum letzten Mann standhielt, vor
der vollständigen Umklammerung ge
rettet worden. Aber das Gros der
russischen Berichterstatter stellte die
Sache so dar. daß Brussilow die
Hauptteile seiner Armee in geschickte
ster Weise über den San gebracht
habe. Selbst der Kriegsminister Po
liwanow spendete in öffentlicher Sit
zung der Duma im Frühjahr 1915
der Armee des Brussilow besonderes
Lob und der Berichterstatter der Pe
tersburger Te!egraphenagcntUr in
Salizien teilte in periodischen Zeit
abschnitten dem russischen Publikum
sifche Armee brauchen jetzt Berichte
mit der Marke Brussilow. Nach ei
nigen Tagen wird man wahrfchein
marsch in der Bukowina geht mit un
widerstehlicher Gewalt vor sich und
die Karpathen sind wieder erreicht."
bürgen reden, um von cor! den Bal
kan zu erreichen, obwohl die russi
schen Strategen wissen, daß sie ge
rade in der Bukowina ai<s ein Ne
bengeleise verschoben wurden und das
Hauptgeleise inzwischen von den
Mittelmächten verlegt wurde.
In dem russischen Generalstabs
berichte drückt sich auch oas Wesen
Brussilows aus, der mit dem Er
folge eines Tages den Endsieg vor
spiegeln möchte. Wir erinnern uns
aus der Zeit der Karpathenkämpse,
in den offiziellen und inoffiziellen
russischen Berichten jeden Uebertritt
Brufsilowscher Truppen auf ungari
sches Gebiet mit den Worten eingelei
tet gelesen zu haben: „Auf dem Wege
nach Budapest haben wir diesen oder
jenen Punkt erreicht." Diesmal heißt
es: „Auf dem Vormärsche nach Lem
berg", und Brussilow hat trotz seiner
Neigung zu Kunststücken aller Art
in diesem Punkte wohl keine Täu
schung beabsichtigt: Er wollte wirtlich
nach Lemberg.
Torpedofackcl über Schlachtfeld.
Wie eine technische Zeitschrift mit
teilt, hat ein texanifcher Erfinder
zu spät gekommen.
Zweck dieses Apparates besteht darin,
Spähern der Lüste zu jeder Zeit der
zen als eine wichtige direkte und in
direkte Waffe angesehen, da wo ei
aus rasche Leistungen ankommt.
Wie es weiter heißt, ist der Ap
parat jedenfalls imstande, einen be
deutenden Teil eines Schlachtfeld-
Geländes zehn Minuten hindurch un
ausgesetzt glänzend zu erleuchten, und
er bietet während dieses Zeitraumes
auch mächtigen Selbstschutz gegen
Störungen irgendwelcher Art.
Schließlich aber exploriert die Tor
tt"')
pedo-Fackel und zerstört alles, waS
sich im Umkreise von etwa 40 Fuh
von ihr aus der Erde und in der
Luft befindet, ausgenommen natür
lich die eigene Flugmaschine.
Zehn Minuten will im großen
und ganzen natürlich nicht viel hei
ßen, kann aber für ein bestimmtes
Unternehmen viel bedeuten und z. B.
das Schicksal eines Nacht-Angrifsel