Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 10, 1916, Image 6

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    Die Hm Her imSerne« .kickWUleii,
Auch die größte» Geschütze, die im
Hegenwärtigen Krieg! oerwendet wer
den, teilen das Los aller Ueberra-
Pckhl/ Neues unter der Sonne. Das
«erste durch seine gewaltigen DiitHH
Bionen das Erstaunen der Mit- Ms
Viachwelt erregen:- Geschütz ist die
»Tolle Grete von Gent". Sie befin
det sich noch in und be
ist aus 32 schmiedeeisernen Stäben,
Ringe herumgelegl sind, faßartig ge
bildet. Auf das Hintere Ende die
ses Rohres wird der die Puloerla
dung aufnehmende zweite Geschütz
teil, die Kammer, aufgeschraubt. Die
se besteht aus 20 untereinander ver
schweißten Ringen? von diesen sind
zwei mit eckigen Vertiefungen ausge-
stattet. In diese Vertiefungen kön
nen Hebel eingesetzt werden, um das
Hintere Stück, das Kammerstück, an
das eigentliche Rohr, das sogenannte
lange Feld, anzuschrauben. Wahr
scheinlich ist die „Tolle Grete" im
Aahre 1382 hergestellt worden. Das
Taliber beträgt 79,5 Zentimeter,
übertrifft also um fast das Doppel
te das der heutigen 42-Zentimeter-
Geschütze. Das Nohrgewicht beläuft
sich auf 16,400 Kilogramm. Die
Kammer sagt 60 Kilogramm Puloer.
Das Rohr ist 6,7 Meter lang. Das
Geschütz verfeuerte Steinkugeln, 340
Kilogramm schwer, außerdem aber
auch mit Eisen- und Glasstücken ge
füllte Tonnen, die eine kartätschen
artige Wirkung hatten» Vielleicht
Hai dl« „Tolle Grete" ihre Feuertau
fe beieits im Jahre ibrer Herstellung
bei sei Bel.igerung von Oudenard.'
Grete" in die Hände von Ouden
arde fiel. Länger als ein Jahrhun
dert verblieb das Ri«sengeschütz in
Oudenarde als Siegesbeute. wurde
Jahre 1578 nach Gent übersührt, wo
es noch heute als pensionierter riesi
ger Vertreter der ultima rstio sich
bewundern läßt.
Eine zweite Kanone von ähnlichen
Größenverhältnissen war die „Möns
Meg", ein Meisterstück der Schmiede
kunst. Ihr Name sagt dasselbe wie
! „Tolle Grete"! denn Möns ist die
Abkürzung von Monstrum, Ri«se,
und Meg ist gleichbedeutend mit Gre
te. „Möns Meg" besitzt im Wesen!»
„Tolle Grete". Ihr Kaliber be
trägt 63,6 Zentimeter, Rohrgewicht
6600 Kilogramm und die Rohrlänge
5,07 Meter. Die Granitkugel wog
ISO Kilogramm, Ueber die Entste
hung dieses Geschützes erfährt man:
Als das schottische Parlament im
Jahre 14öS über das mächtige Ge
schlecht der Douglas die Reichsocht
verhängt hatte, unternahm König
Jakob 11. die Belagerung desSchlvs
f«s Threave, das den letzten befestig
ten Zufluchtsort der Geächteten bilde
te. Unter-den Landleuten, die aus
der Gegend herbeiströmten, um den
Fortgang der Belagerung zu beobach
ten, befand sich auch ein Grobschmied
Namens M'Kin oder M'Kew mit sei
ne» Söhnen. Als er bemerkte, daß
des fiöiiizs Artillerie gegen die festen
Mauern des Schlosses nichts aus
zurichten vermochte, erbot er sich, ein
wirksameres Geschütz anzufertigen,
wenn ihm das hierzu erforderliche
Eisen geliefert würde. Mit Freu
den nahm der Konig dieses Anerbie
diesem löblichen Unternehmen eine
Stange Eisen her. M'Kin machte sich
sosort an die Arbeit und schmiedete
in d«r Nähe des Lagers des Königs,
in Buchan's Crost ein Rohr, das
„Möns Meg" getauft wurde und txs
bme König belehnte den Krupp des
fünfzehnten Jahrhunderts zum Lohne
mit de» Ländtreien von Mollance,
Jakob ließ nach dem Muster von
„Möns Meg" ein zweites G«schütz
herstellen. Dieies explodierte aber
bei der Belagerung des Schlosses
Roxburgh und tötet« den neben ihm
stehenden König. Vierunddreißig
Jahre später trat „Möns Meg" bei
der Belagerung von Dunbarton wie
der in Tätigkeit und wurde dann
nach Edinburgh gebracht. Im Jah
re 155 L gab sie Salutschüsse zur Fei
er du Hochzeit der Maria Stuart
mit dem Dauphin von Frankreich und
im Jahre 1682 zu Ehren deS Her
zogs von Uork ab. Bei dieser Ge
legenheit zersprangen einige Ringe
des nach Willes Mei-
Noch ein drittes, aus Schmiedei
sen hergestelltes Riesengeschlltz ist vor
mehreren Jahrzehnten in Indien aus
dem B«tte des den Eingeborenen als
heilig geltenden Flusses Bhagirath
ausgegraben und vor dem Palaste zu
Moorschedabad ausgestellt. Dasselbe
stimmt in konstruktiver Hinsicht mit
Die Vereinigten Siaaie» als Kriegölieseranten im Hahre 1870. (Nach eine,»
Holzschnitt i» Franl LcSUes JU. Ztg. von 1370.>
sitzt insbesondere auch eine abschraub
bare Kammer. Die Gesamtlänge
oes Rohres beträgt einschließlich
Kammerstück 5,1 Meter, das Kaliber
in späteren Jahren sind Ka
ien worden So 1411 die «Faule
Messe" in Braunschweig, die bereits
aus Bronze gegossen war. Zur
Orientierung für unsere Leser
mag noch bemerkt weisen, o.iß
Der fahrende Mörjer. dessen köstliche
Wirkung aus unserem Bilde humori
stisch genug gezeigt wird, aus dem
siebzehnten Jahrhundert stammt, also
etwa aus der Zeit des dreißigjährizen
Die ckuiiilio»snttei'. -
Vene neue ÄeseUlchaststlasse.
„Der Krieg hat in England eine
neue Gesellschaslstlasse er>lehen las
sen. Es sind die neuen Herren des
izieldeS, ruhmlose, aber häufige Er
scheinungen, strahlend von heiterster
Laune, maßlos in ihrem Hang zum
Wohlleben und wüst in ihrem Appe
tit auf Unterhaltungen und Festlich
liiten!" So schreibt Twells Brex,
der Feuilletonist der „Daily Mail",
über die englischen .Munitionsrit
ter", die merlwürdigen Existenzen, die
aus der namenlosen Menge hervor
gingen und den Krieg als erstklassiges
Gelegenheitsgeschäst auszunützen wuß
ten. „Die Munitionsmacher sind
die neuen Herren Englands, lein Ein
berufungsbefehl droht ihr üppiges
Leben zu stören, und alles ist ihnen
Untertan. Die Juweliere machen
ganz unerwartete Geschäfte, und die
Munitionsritter und ihre Familien
wandeln beringt und mit Kostbar-
Mäichenfürsten umher.
Die Nachfrage nach riesenhaften
goldenen Uhrkellen und nicht minder
hördlichen Anschlägen kann man le
sen, daß das Automobilsahren zum
Vergnügen gegenwärtig aus Gründen
des Krieges unterlassen werden müs
se; aber auf allen Landstraßen in der
Umgebung Londons sieht man eine
Unzahl kostspieliger Autos, in denen
die Munitionsritter sich stolz und
sorglos dem Volle zeigen. Auf den
behördlichen Anschlägen ist weiterhin
zu lesen, daß ausfallende Kleidung
nicht nur geschmacklos, sondern ge
genwärtig wegen der hierzu Verwand
aus ihren Hüten wahre Türme exoti
scher Federn an. Es ist ein Karne
val der Geschmacklosigkeit und des
Egoismus, nichts ist tadelnswerter
und verdächtiger als diese neue Ge
sellschaftsklasse, die dem öffentlichen
Leben Englands ein bisher unbekann
tes Gepräge verleiht...."
Tie Zukunft der französischen Rasse.
Das Problem der Reinerhaltung
der französischen Rasse beginnt be
reits ängstliche Gemüter in Frank
reich mit großer Sorge zu erfüllen.
„Wer wird die heilige Erde Frank
reichs bebauen, wenn ihre tapseren
Verteidiger zurücklehren werden
so klagt Rem"' Bazin im „Echo de
Paris". „Nicht alle werden die Hei
mat wiedersehe», und, um den Boden
nicht brach liegen zu lassen, werden
neue Arbeitskräfte herangezogen wer
den müssen." Gegen die naheliegende
Möglichkeit, farbige Franzosen aus
den Kolonien und Chinesen in grö
ßerem Umsange zu beschäftigen, äu
ßert Rcn6 Bazin schwerwiegende Be
denken. „Ich habe nichts gegen die
Marokkaner und die Asiaten, ich weiß
auch, daß der Chinese ein bewun
derungswürdiger Mann ist, aber in
China.' Sie gehören nicht zu unserer
Völkerfamilie und sind nicht einmal
mit uns verbündet. Können wir
Söhne der schönen Frauen von Ar
les eines Tages geschlitzte Augen ha
ben werden?! Es handelt sich, wie
man zu vergessen scheint, um unsere
Rasse...."
fen! .
Im fünfundzwanzig
jährig e n K r ieg. Jubilarin: Als
ich meinem Manne vor fünfund
ist «r ein robuster, starker Mann.
Gastteilnehmer: Ein Beweis da
für, daß ein langer, ewiger Krieg
starte Naturen schafft.
Molbvnien.
Das „Waldland" Wolhynien, das
durch die russische Offensive neuer
romantischen Beinamen mit vollem
Recht. Denn fast ein Drittel dteses
unabsehbaren Gebietes ist mit Wal
der.
Waldbestandes hat in Wolhynien
frühzeitig der Handel mit Brenn-
und Bauholz großen Umfang ange
nommen. Er bildet einen der Haupt-
Ben Städten verfrachtet. Mittel
punkte des Holzhandels sind Rowno
und Shitomir, die Hauptstadt des
den Wolhyniens dient den Leuten
als sehr ergiebiges Ackerland. Fast
40 Prozent des gesamten Verwal
tungsbereiches sind mit Getreide und
hauptsächlich im Norden, wo das
Wasser des Pripet und seiner vielen
schlammigen Nebenflüsse jährlich gro-
Wolhynien, das seit den ältesten
Zeiten mit der russisch«» G«schichte in
Beziehung tritt, scheidet sich nach fei
ner Terrainbeschaffenheit deutlich in
schon wegen der vielen Steppen und
Moräste größere permanente Ansie
delungen nicht möglich gewesen, wäh-
folgedessen wirtschaftlich auf eine be
dauernswerte Stufe herabgesunken.
Erst mit dem Beginn des 19. Jahr
hunderts bat sich Madimir Wvl
trotzige Stadt im Jahre 1648 zur
Beute. Ein denkwürdiger Zeuge ih
rer kriegerischen Wirre» ist das alt«
politischen Revolution ini Jahre 1832
das berühmte Ll>zeum von^Kremenitz,
allen Mitteln unterdrückt. Am Germ,
slawischer Kunst und Wissenschaft.
inen worden ist. Mit dem Name»
Ostrvg verknüpft ist die erste slawische
Bibelübersetzung, die ILBI hier zur
Zarenreich geeignet erscheinen, durch
Anlage von Festungen dos russische
JnnenlSnd vor feindlichen Einbrüchen
zu schützen. Aus solchen Erwägun
gen ist das vielgenannte „wolhymsch«
Festungsdreieck" entstanden, das die
obert haben. Als stärkstes Bollwerk
wehr galt Dubnv, das auf drei Sti
len von der Jkwa umflossen wird,
und auch wegen feines gebirgigen
im Jahre 1429 die osteuropäischen
Fürsten zu gemeinsamer Beratung.
Die dritte befestigte Stadt des wol
hynischen Kernlandes, Rowno, hat
Ausbaues besondere Geltung. Di«
meisten übrigen Städte Wolhynien»,
selbst Shitomir, und das als Kreu»
zungspunkt strategischer Bahnen wich
tige Kowel sind weder früher von
entscheidendem Einfluß auf die Ge
genwärtig für die südrussische Kul
turentwictlung von wesentlicher Be
deutung.