Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 27, 1916, Image 3
IWAaimedttßichi (9. Fortsetzung.) „Gut. Aber wie ist es denn, wenn ivir alle ins Feld müssen? Du weißt doch, daß der Krieg vor den Toren D w d w hl d s M'dch Das steht in Gottes Hand." Der Offizier legte seine Hand auf ine Schultern des Burschen. „Das war ein gutes Wort und im rechten Art Wiedersehensseier. Im Arbeits der sein Volk so gut gekannt und in seinen Reisen des Kapitäns Gul liver mit so ätzender, nie vergängli letzt eilte der Gast noch in da? Fa rnilienarchiv. Alle Räume waren offen. Der Vater kannte seinen Sohn. Der Offizier konnte sich nicht enthalten, rasch «inen Blick in einen bestimmten Aktenschrank zu w«rfen. Großen Kurfürsten Friedrich Wil helm an den gelehrten Ahnherrn, mit dem riesigen Siegel unter d:>? vier eckigen Streifen Papier und der kraft vollen Unterschrift des Fürsten unter dem stereotypen: „gegeben Potsdam, Anno 1681" oder da herum. Gongschläge schollen duich das Haus. Der Offizier unterbrach seine Andacht und begab sich in den Speise saal zu ebener Erde. Vater und Mutter und auch die dünk!« junge Dame warteten schon. „Nun, hast du dein« Revision be endet?" sagte die Landrätin, indem sie den Sohn zu Tisch führte. „Ich glaube, die Zeit kommt ein mal," sagte Ladenburg, .wo ich mich Mittelpunkt all meiner Gedanken steht. Meine Besuche sind immer nur wie ein längeres oder kürzeres Der Landrat sah den Sohn mit Zärtlichkeit an, in dieser Ui.igebung vermocht« «r nie den Knaben vom Mann zu trennen. „Der Junge sieht noch ganz verträumt aus," sagte «r. Wirklich schien in den Augen des Offiziers ein ferner, verschleierter Glanz zu liegen. Das Wort vom Abschiednehmen war ihm von unge- Tiefe des Unterbewußtseins? War dies wirtlich ein Abschied vom Vater haus« und für lange Zeit? Vielleicht fll, immer? Ging es in den Krieg Wie über dem ganzen Hause, so lag auch über dem Mahl der Geist der Ruhe, der Ordnung, der Wohlerz»- genheit. Ein sauberer Bursche be diente lautlos. Das Wechselg<sprach hatte einen heiteren Choral!» und Hauses hinaus. Einmal erzählte der Wochen verlebt hatte. Da das freundlich beantwortete. .Nicht wahr, das ist das Land der ..Wie gescheit du bist. Base. Man Seite der Welt machen?" Das Mädchen neigte den Kopf. .Wie gern," sagte sie leis: und er fügte: „Mit dir." „Viel besser, mein Junge Ihre lächelte. .Wie trug sie ei?" .Kein Mensch kann das tragen. Sie brach zusammen und wurde schwermütig. Die Aerzte rieten, sie in eine Heilanstalt überzuführen, ich hab« mich aber dagegen geivehri und recht behalten. Langsam ist sie wie der aufgewacht, aber ihre völlige Hei- Heimkehr stattgefunden." Der Offizier stutzte. „Wie soll ich das verstehen, Mutter?" Die Mutter lächelte. „Mein kluger Sohn hat doch gewiß den .Zma thustra" gelesen? Da heißt es ein mal: .In jedem Manne ist ein Kind gut ist?" „Nein." sagte der Offizier ganz er staunt und erschrocken. .Gut wohl, das bin ich ihr ja auch, aber wie d u es meinst nein." .Du Kind, ich habe es gewußt, als du hast nie etwas bemerkt." „Bielleicht deshalb nicht, weil ich sie nicht liebte oder doch nicht anders als meine Schwester." und kannst mir glauben. Als du zurückkamst, erholte sich ihr Wesen wieder und sie warf die Schwermut wie etwas Fremdes ab." Der Offizier blieb stehen und sah beglückwünsche ich und freue mich für die Mütter in seine Arme. „Die Zeit ist kurz, ich kann dir jetzt nichts ron ihr erzählen. Aber, will's Gott, siehst ihre Eristenz bestellt?" Gedanken nicht mit Estella, die für ihn schlechterdings das Weib war. Aber ein anderer Gedanke tauchte in die Bande des Blutes suhlte er zu schnell das Dunkel Abends. Sie meinten, die Vernunft müsse siegen." „Ach mein Sohn," sagte der Lind- und aufgestachelt sind. Was ist Ver nunft? Wissen wir Vielleicht zum Stoffwechsel de« Körpers unsrer Mutter Erde. Freilich sind wir da» bei der leidende Teil." Vater." „Alles, was ruht, olles, was stag niert," fuhr der Alte fort, „beginnt in der Malerei hirnverbrannke Fu turisten und Kubisten, die Michel sich „Alles das ist wahr, Bater, es „Aber die Opfer —" Landwirt. „Auch Wissenschaft und zuschließen scheinen. 'Was wissen wir denn? Unser Wissen ist viel innere wie äußere, gegen Krankheit und Tod? Urffere Kleinheit ist es, die uns den Blick trübt. Wir wissen, wie der den Tod fürchten? Sollte das Weltganze etwa ein Nichts, ein unsinniges Gebilde ohne Geist und dem wir Menschlein wie Staub sind; er ahnt, daß, wie jeder im Kleinen, so auch das Ganze einem Ziele höch strebt, die auch unsere Schicksale in sich mit einschließt. Deshalb getrost, mein Sohn! Was ist, und sei es auch der Krieg, ist von Gott." Alle schwiegen einen Augenblick er griffen,' dann sagte die Mutter, eine verräterische Träne von der Wan ge wischend, in heiterem Tone: „Ba ter, du hättest ein Geistlicher werden sollen." dem Bibelglauben zuwider." Die Landrätin schüttelte den Kopf. „Das habe ich früher wohl ich fromm die Hände falten." Der alte Herr sah nach der Uhr. „Geht zu Bett, ihr Frauen. Es ist Sprich dich aus. Vertraue dich dei nem besten Freund. Wie steht's in Hamburg?" fach ratlos." „L»ß hören! Weißt du noch, wie manche Nacht wir beide auf die ser Terrasse verplaudert haben? Du kamst zuweilen heim, deinen Kna wahr?* -tehe/ Hamburg vorgeht. Estella schreibt m!r herrliche Briefe voll Liebe und Zärtlichkeit, aber das erlösende Wort finde ich in ihnen nicht." schreibt?" .Nein." . . . „Ich auch nicht, Vater. Die Mut „Das fühle ich auch und bringe Heimlichkeit nur Estella. Verkenne sie deshalb nicht, Vater. Es walten in diesem Kaufmannshaus Verhältnisse stehen." „Das ist ein Irrtum, lieber Sohn. Ob Kaufmann oder Beamter, ob Soldat oder Bauer, die Ehre ist im mer und überall dieselbe. Gerader Sinn, gerades Wort, gerader Weg so muß es sein." sig, Vater." Ist-Zeit, daß sich die Sache ent^ch« kam ich zu dir. Ein Kampf scheint in dem Haufe des Konsuls stattzu finden. Sicherlich soll Estella der ungeliebte Gatte aufgezwungen wer genpartei mürbe ist und nachgibt. Aber wenn sie nicht nachgibt? Da ist der Berg wieder, Vater, nun ver suche deine Kunst!" Der Landrat lächelte, als er in dem Offizier, dessen silberne Ach selstücke und blanke Knöpfe im Schei ne des Lichtes glimmerten, wieder so ganz den Knaben fand, der Rat und Hilfe von seinem alten Freund erwartete. „Du bist ein Pionier, mein Sohn", sagte der alt« Herr zwischen Ernst und „Du weißt, daß bei der Beobachtung eines Berges alles auf den Standpunkt des. Beobach ters ankommt. Von Norden erscheint er unübersteiglich, man wechselt den Standpunkt, und siehe, im Süden fällt er in sanften Terrassen zu Tal. So ein Block wirkt zuweilen aus der Ferne ungeheuer und drohend, sich abschrecken zu die Lusi vergrößte. zu sein." „Wie, Vater?" „Das Mädel ist dir gut, du ihm auch. Anständige Leute ftnd's, na, wir auch. Ihr liebt euch nu mal und wollt nicht von einander lassen. Das muß der Mann doch einsehen und Grillen aufgeben. Ich weih auch eine, die ich dir zur Frau geben möchte, kassiere aber meine Grille einfach, da du eine andre liebst. Das muß der Mann auch können. Weiß Gott, ich würde selbst Hinreisen und schleunigst. Aber triff deine Estella Geh auf sein Kontor, wenn er es schon fertiggebracht hat, die Vorstel lung rinei Lavenburg abzulehnen. Du hast jetzt für dich wie für deine Familie Konzessionen genug ge bracht, mehr wäre zu viel. Du hast Estella dein Wort gehalten und ge schwiegen und gewartet. Aber jetzt steht, wie es scheint, der Krieg vor der Tür, .es ist leine Zeit mehr zu verlieren. Reise mit Gott, mein Sohn, dringe durch mit Kraft und Feuer und erkämpfe dir das Deine. So haben wir Ladenburgs es immer „Recht, mein Sohn. Und jetzt gute Nacht! Es ist spät geworden. Uns staltele sich auch der Abschied Mit kraftvollen Händedruck, die Mutter Als Regine dem Better die Hand Landstraße und fuhr »osch in den frischen Morgen hinaus. 7. Kapitel. Am Nachmittag des ersten August wogte auf der Uferstraße des Rin nensees, den die Alster darstellt, dem altberühmten „Jungsernstieg", eine erregte Menschenmenge auf und ab. Das nervöse Treiben stimmte nicht zu der gemessenen norddeutschen Ruhe, die nur schwer aus ihren seeli schen Verankerungen zu heben ist, und seltsam kontrastierte es auch mit der abgeklärten, satten Schön- Derbyvvrabend, wenn auf diesem Platz die große Tursbörs« stattfindet. Aber es ist jetzt keine fröhliche Er- Weite hinaus. ist es, als ob gen zogin die kleinen Alsterdampfer, die den Verkehr auf den Wasserstra ßen des nordischen Venedigs ver seits der Brücke weitet sich'die Alster der Riesenstadt. Ueber dieses reizvolle Bild, daS festhielt. Berlin gerichtet. Was wird wer den? Was wird der Kaiser tun? Worauf wartet er noch? Sei es gefunden werden. Es ist die oroße Stille vor dem Orkan. Glaub' mir, auf den Zustand der drohen (Fortfetzung folgt). »Können Sie mir wohl sagen, wo in der Stadt das Rathaus ist?" Student: „Ja, das is wohl über dem Ratskeller."