Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 06, 1916, Image 6

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    Mch« Ulli» Mick.
Das Leben in Konstantinoptl zur
Jetztzeit schildert ein Korrespondent
nachstehender anregender Plaude
rei:
Der ziemlich breite, graue Strei
ken, der das tiefe Blau des Meeres
durchschneidet die Brücke zwischen
Stambul und Galata wird plötz
lich leer, als ob sie durch eine gigan
cksche Hand von Menschen reingesezt
worden wäre. Die letzten Wanderer
beeilen sich mit einer für orientalische
Beine ganz ungewohnten Schnellig
keit, noch über die Brücke zu kommen,
ehe sie geöfsnet wird. Es scheint, daß
«in paar Schiffe von einem erfolg
reichen „Raid" iin 'Schwarzen Meer
den Jnnenhafen des Goldenen Horns
eingelassen werden sollen. Daher
wurde mit gebietender Gebärde dem
Straße.
Auf beiden Seiten staut sich der
-Strom von Menschen, Reitern, Wa
nach der Sitte der alten Byzantiner
am Fischmarkt Bolyk Basar
Lauf in die blaue Weite des Baspo
»us hinaus. Tie Menge um mich
men wird. Die Leute in den Hinte
ren Reihen stehen auf den Fußspitzen
und lauschen andächtig aus die tiefen
Baßstimmen großer Dampfer, die sich,
aus der Ferne hören lassen.
Inzwischen spricht man von den
eigenen kleinen und großen Sorgen.
Dicht hinter mir steht ein städtischer
Beamter in Uniform. Er hat in ei
ner alten, würdig aussehenden tür
kische Frau eine alte Bekannte wie
dergefunden. Sie sprechen vom Krieg
und den Opfern, die man für ihn
bringt. „Ahmed", so erzählt die
Alte, „ist in Tortanal Kaie. Es
geht ihm gut. Wenn das Kismet
will, werde ich ihn bald wiederse
hen —" Ich entnehme dem Gespräch,
daß das Haus der alten Frau beim
letzten Brande in Taphane ein Raub
der Flammen geworden ist. Der
städtische Beamte sollte die Obdachlo.
sen unterbringen. Er hat ihr in
Beschiktasch am Bosporus ein, Haus
gefunden. Da sind sie nun gut auf
gehoben. Die Greisin und der alte
Herr in Uniform erzählen sich ihre
i-chicksale mit behaglicher Breite.
Aber aus allen Reden der alten Frau
tönt die Sehnsucht nach ihrem Ahmed
heraus, nach ihrem einzigen Kinde.
Dann kommen die teuren Lebensmit
telpreise an die Reihe die Brot
srage, die Reisfrage und die schlimm
ste die' Zuckerfrage. Man denke
sich: der teuere Kasse« den man
früher in regelmäßigen Zwischenräu
men zu nehmen pflegte, um das ein-
Ein Efsendi, der die überlegene
Miene des Allerweltspraktikus an
nimmt, mischt sich in das Gespräch.
einige andere äußern Zweifel an
seinen Feststellungen. Das Gespräch
wird ganz lebhaft.... Ein großer
Absichten. Ein Hamal, der in der
Nähe des Brückenkopfes saß, mit ei
ner großen, strohuinflochtenen Alko
begrüßte die Menge das stattlich«
I Schiff, um dessen Masten noch vor
h wie einen Sieger mit stummer
- surcht. Und im Frühlingswind flat
e terte die rote Flagge mit Halbmond
n und Stern, die deutsche Seeleute wie
>, dem die Engländer alles getan hat
. !>en, um über sie Unehre zu bringen,
h i Und wenn ich um mich schau«.
sehe ich unsere Feldgrauen, die sich
hier als eine Art neuer „Orientrei-
einem einheimischen Treiber geführt,
seine und seiner Kameraden Sachen
trägt. Gemütlich schmaucht er feine
Pfeife und schaut philosophisch in
das bunte Gedränge hinein. Ich
srage ihn, wie ihm Konstantinopel
gesällt. „Furchtbar teuer!" war
die Antwort, die ich erhielt. Dann
kam mit einem Male ein jäher Ruck
in die Menge hinein. Die Schiff«
waren herein, und die Brücke schloß
sich. In dicht geschlossenen Reihen,
wie ein angreisendes Bataillon, fetzte
sich von hüben und drüben ein Men
schenstrom in Bewegung. Auch die
Büffel meines Feldgrauen zogen an.
Die Hupen der Autos tönten, und
einige zehn Minuten lang bot die
Brücke das Schauspiel eines Wirr
fals von Menschenmassen, Pferden
und Fahrzeugen atter Art, bis sich
Wer nun' nicht warten will, bis
die Brücke wieder geschlossen ist, der
geht hinunter zum Fischmarkt und
besteigt das Boot. Wer da? Volks-
vollzählig sind, fährt Kaildochi
nicht ac. Diese sechs
ncssen für den Fall, daß das
was bisweilen vorkommt sind ge
wöhnlich eine Musterkarte der Be
völkerungen des türkischen Reiche»,
chcn, Araber, Inder usw. Sie stellen
die „osmanische Einheit" in der schön-
Und bei der Ueberfahrt erzählt oft
../»öv»i"-Gescb!cdten.
Ein Vsi-n nennt der englische
Matrose die teils seltsamen, teils
abergläubischen Geschichten der see-
fe), „der etwas nötig" hatte oder et
was erfahren wollte". Und erst als
ein Leutnant zur See plötzlich auf
ihrem Deck stand und ihnen mitteil
te, daß der „Landstreicher" ein
deutsches Kriegsschiff sei, ging ih
nen ein Licht aus.
te, der Kanonier, hatte den Ver
fchlußteil seines Geschützes in die
See geworfen, um es unbrauchbar
der „Möwe" zu, und vierzehn auf
der „Westburn". Während dieser
Kreuzfahrten stießen sie eines Tage»
Vogel auf sie zueilen da löschten
sie ihre Lichter, und das Dunkel
nahm sie auf. Die „Horace" hatte
weniger Glück oder weniger Witz
sie sah daS dunkle Schiff, signa
lisierte: Deine Lichter sind aus
auch schon, warum sie nicht bran
Biele Geschichten weiß der Segel-
Die Frau eines Wehr
mannes aus Eickel bei Wanne, der
Das Gesuch hat Ersplg gehab^Nach
Gemischte Gesellsrhukt.
Ueber die Verhältnisse in Saloniki
trachte ein Korrespondent des „Nieu
wen Rotterdamschen Courant' nach
stehenden Bericht vom 2. Mai: Die
eigentliche Gewalt liegt in den Hän
richtet haben. Jeder Fremde erhält
einen Paß, den er bei jeder Begeg
nung mit französischen Wachposten
haben, haben die Franzosen im März
noch 20X> Mann neue Truppen ge
landet. Jedoch sollen jetzt wegen der
zur Verstärkung auf britische Trup
pen in Aegypten zurückgegriffen wer
den. Auch hat man von Portugie
sen und Italienern als Reserve für
den äußersten Notfall gesprochen.
Das sogenannte serbische Heer ist
höchstens M,o<X> Mann nach Korsu
mit Seuchen beyaftet. Im Januar
und Februar starben täglich Hunder
te, und augenblicklich wird in Korfu
ihre Zahl immer noch durch Cholera
und Flecktyphus dezimiert. Außer
dem sind die Serben unter dem Ein
sie nach dem einen oder andern
Kriegsschauplatz zu vcrsenden, so wi
dersetzen sie sich und gehen bis zur
rischsten waren, mußten von Korsu
nach Bizerta gebracht werden. Die
serbischen Offiziere sind zum größten
Teil ins russische Heer eingereiht, um
dort dem Offiziermangel aufzuhelfen.
Streichern geworden, betteln und wer
den von französischen Patrouillen in
den Bier- und Kaffeehäusern aufge
griffen
Ein große? Mißgeschick haben die
Franzosen dadurch erlitten, daß die
von ihnen herbeigebrachten Maultiere,
die für die Bergartillerie bestimmt
waren, sofort nach ihrer Ausschif
fung krant wurden und fast alle star
ben. Vergebens versuchten sie, im
Lande selbst di? nötigen Maultiere
anzulaufen. Die Eigentümer brach-
! mindert worden. Aus dem Dorf«
Kiredschi-Köi, 10 Kilometer östlich
blicklich ungefähr 2S!),RXI Alliierte
sein, darunter höchstens M.tXXZ eng
lische Truppen. In der Stadt selbst
sind bloß wenig Truppen, höchstens
30tX) Franzosen, 5<ZO englische Jn-
Engländer und Franzosen verkehren.
Im allgemeinen ist die Stimmunz
im griechischen Heere für die Zen
tralinächie nicht .-»günstig. Den Alli
ierten hat man sehr übel genommen,
daß sie ihre Munitionsmagazine und
ihren Artilleriepark in Hallen bei dem
Zentralbahnhof, also unmittelbar bei
dem vornehmsten, sogenannten euro
päischen Viertel der Stadt, unterge
bracht haben. Das einzige, wodurch
die Bewohner von Saloniki die Ein
dringlinge ärgern können, ist der
Kurs, zu dem sie ihr? Napoleons und
Sterlings annehmen. Dieser ist au
genblicklich unter der Halste des ge
wöhnlichen Kurfts. Auf diese Weise
sucht man sich einigermaßen für das
Stilliegen des Handelsverkehrs mit
der Außenwelt und für den Abbruch
des Verkehrs mit den griechischen
Inseln schadlos zu halten. Line be
denkliche Folg- der fremden Besetzung
ist der demoralisierende Einfluß, den
sie auf einen Teil der Bevölkerung
ausübt. Nach dem letzten Luftbvin
bardemeiit, haben hie Abgeordneten
von Saloniki in der griechischen
Kammer den Ministerpräsidenten
skuludis aufgefordert, bei der En
tente ohne Zöger» durchzusetzen, daß
sie ihre Truppen und ihr Kriegsma
terial aus der Stadt entferne. Sollte
dem keine Folge gegeben werden»
dann wäre die Bevölkerung genötigt,
wirklich die Stadt zu verlassen, wie
das französische Hauptquartier ihr
uis ihre Klagen hin kurzweg geraten
hat.
De: französische Mini
ster hat durch besonderes Dekret die
Witwe eines Majors, der lange
Jahre vor dem Kriege gestorben war,
ihrer Pension für verlustig erklärt,
weil sie in Deutschland geboren ist.
Die Offizierswitwe besaß die Nutz
nießung eines Tabakbureaus. Sie
soll sich nach Ausbruch des Krieges
in ihre Heimat, Trier, begeben und
dort mehrere Monate ungestört ge
lebt haben. Der Finanzminister
zieht daraus den Schluß, daß die
Witwe sich noch als Deutsche be
trachtet, und hat ihr infolgedessen
das ihr zugestandene Einkommen
entzogen.