Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 29, 1916, Image 3

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    Km Am« der Riese»
Roman au» der Gegenwart von Philip»
Berge».
Zweiter Teil.
(5. Fortsetzung).
Richard Perlins, ein bildschöner,
typisch englischer Offizier, seinem
Range naq »apitän und seinem
Wesen nach ein liebenswürdiger Welt
mann. Ladenburg suhlte sich durch
sein Erscheinen nun allerdings nicht
,m geringileii unangenehm berührt,
sondern von seiner Erscheinung sogar
angezogen, wie beiden jungen Män
ner hatten sich häusig mileinander
Ziehungen der Weltanschauung zuein
ander eiitdeat. bis aus gewisse Gegen
satze, die aui das Stoaengländertum
zurückzuführen waren. Es ist wahr,
der englische Offizier machte seiner
schönen Eousine Ven Hof, aber in der
reipettvolisien Weise, auch nahm
Estella di« Huldigungen, die ihr nicht
nur von dieser Seite dargebracht
ohne irgend jemand aus d«r Gelell
sqast deionders auszuzeichnen. La
denburg war ganz ruhig geblieben,
er sreute sich beinahe all dieser Hul
digungen, die b«r Schönheit EsteUas
gezollt wurden, in der inneren seligen
Gewißheit, daß dieser Reiz, der selbst,
wie es ihm Ichien, die paradiesische
Natur ringsum überstrahlte, ihm
allein entgegenblühte.
Nur noch drei Tage waren übrig
geblieben, dann sollte das nächste er
wartete Schiff beide entführen und
durch den Suezlanal zurück nach
Europa bringen. Ein Zufall hatte es
gewollt, daß die Reise nach Kandy
jetzt allein von Ladenburg und
Estella unternommen wurde. Der
Kapitän, der eigentlich zum Führer
ausersehen war, mußte plötzlich auf
einige Tage in seine Garnison zu
rückkehren, die Konsuln waren durch
hohen Besuch verhindert, und andre
Reisebegleiter hatte Estella mit Ab
sicht ausgeschlossen. Nun saßen sich
die beiden allein gegenüber und fühl
ten auch den Zauber des so lange
ersehnten Alleinseins, aber das er
lösende Wort wollte sich nicht auf die
Lippen wagen. Heiter floß die Rede
dahin, man bewunderte die wechseln
den Lanoschasten, machte einander
auf die interessanten Bolkstypen auf
merksam. Estella erzählte' von Ham-
Altmark gesessen hatten, Erinnerun
gen zum besten. Auf die zarten Aus-
Miß Ellen. Mit den Hotelbedienste
drängte, das Friihmähl ein. Das
nächste Ziel war der Besuch deS
.Zahntempels", dieses hochberühmten
Heiligtums d«r buddhistischen Welt.
aufbewahrt: ein Zahn aus dem
Munde des Erleuchteten. Zwar wur
de dieser Zahn schon im Mittelalter
von den Portugiesen weggenommen,
tum den Gläubigen zu erhallen.
Aber der Erzbischof von Goa wies
den Preis zurück und ließ den Zahn
feierlich und öffentlich verbrennen.
So erzählt die buddhistische Chro
nik, aber sie fügt hinzu, daß den
Portugiesen ein falscher Zahn in die
Hände gefallen und daß der echte im
Besitze der Priesterschaft verblieben
sei. Noch heute also befindet sich der
«chte, hochheilige Zahn im Tempel
zu Kandy; er ruht auf einer gol
denen, reich mit Edelsteinen inkru
stierten Lotosblume, die wiederum
von vielen goldenen Behältern um
schlossen wird. Eine glänzende Prie
sterschaft sieht dem Heiligtume vor,
und aus weit entfernten Gegenden
strömen feit Jahrhunderten fromme
Menschen nach Kandy, um des Se
gens der Erleuchteten an dieser ge
weihten Stätte teilhaftig zu weiden.
Bor der Umfassungsmauer der
Dalaba Maligawa nahm die Euro
. Gelb gelleidekr Mönch in Empfang,
der Englisch sprach und sie sozusagen
durch Himmel und Hölle des ver
zweigten Tempels führte. Die Bud
dbastatuen sahen geruhig von hohen
Sockeln herab, große Reliefs versinn
bildlichten Höllenstrafei, für aus Er-
st« teils erwartet, teils verlangt wur
den. Wie in allen Tempeln des Bud
dhismus saßen auf jedem freien
Als der Offizier mit seiner Be
lichkeit in der Stellung Buddhas da
sitzenden alten Mann, dessen Ge-
Der Anblick dieses schönen Greises,
der dennoch ein Bettler sein mußte,
war so überraschend, daß Ladenburg
stehenblieb. Der Alte erwachte aus
feiner Bersenkung, erhob den Kopf
verstehen?" fragte Ladenburg.
Der Alle lächelte und antwortete
in einem so reinen Englisch, daß es
„Du hörst, Sahib, daß ich des Eng
lischen mächtig bin. Wie sollte ich
auch nicht, habe ich es doch in meiner
Brite zu sein; Leute deiner Art pfle-
Das Gesichts des Alten verklärte
Angesicht, und warte auf die große
Ruhe, die unser aller Ziel ist"
.Unbegreiflich," sagte Ladenburg
Wunder des Buddhismus. Vielleicht
stehen wir mitten in einem orientali
schen Märchen. Der GreiH, der als
Bettler aus der Erde vor uns sitzt,
nach der Erlösung von den Wirr
nissen des Daseins. Und eines
Nachts, wenn alles schläft, erheben
Hemd, in den Händen die Schale des
Bettlers. So beschließen sie einsam
und unerkannt als Heilige ihr Le-
ser Herr Buddha, der Erleuchtete,
da« Wahre gelehrt hat. Ist nicht al>
im All verloren gehen? Wohin sollte
es sich verirren? Kehrt nicht alles
wir, die Geistes die alle diese W^
Denker bist, muß ich dir dann sa
gen, daß die Natur sich über die klei
ne Erde in Höhen und Tiefen noch
fortsetzt bis in ferne Unendlichkeiten?'
Der Schluß gibt sich von selbst. Wir
alle, die wir Brüder sind und
Schwestern, sofern wir nur Men
schen sind, sind schon vorhanden seit
Ewigkeiten, und durch viele Gestal
ten mögen wir schon hindurchgegan
gen sein, und wer weiß, wie viele
Wandlungen uns noch bevorstehen,
bis die große Ruhe in Gott uns
naht. Auch du und du, dich meine
ich, S.'chib und deine Memsahib, ihr
wäret schon auf andern Sternen
oder in anderen Leibern hier auf
Erden vorhanden, ehe ihr euch in
dem gegenwärtigen Leben begegnetet
und Mann und Weib wurdet."
Estella war plötzlich wie von Glut
übergössen. Der Offizier warf einen
zärtlichen Seitenblick auf das Mäd
chen und sagt« dann zu dem Greis:
„Wir sind nicht verheiratet."
.Doch," sprach der Alte. „Ihr seid
Mann und W«ib, ihr gehört zuei
nander. Mir ist es, als ob ich das
feste Band mit meinen Augen sehen
kann, das eure Seelen verknüpft.
Und seid ihr jetzt nicht verbunden
nach Menschenbrauch, so wart ihr es
doch einmal in einem früheren Le
auf das andre gewartet haben. Und
nun. Fremdlinge, lebt wohl, ich bin
alt und schwach, und ich fühle, daß
ich schon zu viel gesprochen habe."
Der Greis schwieg, senkte den
schönen Kopf tief auf die Brust und
schloß die Augen. In seltsamer Ver
wirrung entfernten sich die beiden
Europäer. Es war, wie wenn plötz
lich eine Tür in ihrem Innern sich
geöffnet hatte, durch die sie weit hin
abschauten in die Tiefe ihrer Wesen
heiten. Schweigend bestiegen sie die
die sie rasch nach
Botanischen Gartens selbst des
wunderbarsten, den die Erde auf
weist, steigerte sich dieses irdische Pa
radies zu einer Feenlandschaft. Alles,
der Erde.
Kein Laut weit und breit. Nur ein
Da wollte der Mann das Mäd
schauerten Kuß. Als Estella das
10. Kapitel.
I Staunen versunken, eins über die
l Schönheit und Liebenswürdigkeit des
Augen.
.Wie schön du bist, meine Estella,"
sagte Hans, .ich kann mich nicht satt
Estella schmiegte sich eng an den
.Auch das hast du bemerkt, du klu
ger Mann? Du weißt nicht nur in
den Tiefen des Himmels Bescheid,
sondern auch in den verborgenen
ich will beichten aber beunruhige
dich nicht, es ist nichts, was uns
schrecken muß."
„Sprich nur, Liebste, wir wissen
noch so voneinander. Auch
Glück mit kühner Hand genommen.
Du mußt mir Helsen, es festzuhal
ten, wenn es auch dein Glück ist."
.Jetzt laß ich dich nicht wieder,
und wenn ich auf Tod und Leben
.Das ist es, Geliebter. Schwere
Kämpfe erwarten uns, wenn mich
nicht alles trügt. Mein Vater, den
ich über alles liebe denn er ver-
Estella schüttelte den Kopf. »Du
kennst du meinen Bater und seine
strenge, herrische Willensart nicht.
Der Mann, der Hunderten gebietet
Estella. Wenn du es willst, soll auch
bleibt.'
Estella drückte sich noch fester,
leS", flüsterte sie. »Es wartet in
dich besitzt?"
.Erschrecke nicht, Liebster, ich will
„Ihr wäret nicht verlobt, Estella?"
Ladenburg schloß Estella den Mund
ernst: »Der Mann liebt dich?"
nie eine andere geliebt. Und er weiß
es nicht anders, als daß ich für ihn
bestimmt bin. Mein Bater liebt ihn
und betrachtet ihn als seinen Sohn
es ist schrecklich".
„Der arme Mann dauert mich
auch. Jetzt begreise ich, warum ich
»och im Hintergrunde bleiben muß".
.Du siehst es ein und verzeihst mir,
ich wußte es. Und nach seinem Na
men darfst du nicht fragen, du sollst
ihn nie wissen, wenn ihn nicht ein
Zufall zu deiner Kenntnis bringt.
Jetzt weißt du alles, geliebter Mann,
ich atme wieder frei auf. Glaube auch
nicht, daß mich die Zukunft sehr be
unruhigt. Ich bin, wie ich glaube,
die echte Tochter meines Vaters, und
wie er seinen Willen besitzt und ge
wohnt ist, ihn durchzusetzen, so habe
ich auch den meinen und werde mich
nicht weniger stark erweisen als er.
Nun aber zu dir, Liebster, solltest du
mir gar nichts zu beichten haben?"
Die ernste Miene des Offiziers
ward von Heiterkeit durchleuchtet.
.Nein, mein Schätzchen, nichts. Du
bist meine erste, große und einzige
Liebe, du bist das Weib, das mir
bestimmt ward, und auf meiner Seite
sehe ich keine Macht in der ganzen
Welt, dir mir deinen Besitz streitig
Estella sah den Geliebten mit strah
lenden Augen an.
„Ich stamme aus einer alten Beam
tenfamilie, die seit Menschenalkrn in
der Altmark angesessen ist. Amts
hauptleute, Soldaten und Förster wa
ren iniine Vorsahren, und einer der
Forstleute, ein Oberjägermeister in
der Letzlinger Heide, hat als' Freund
des Großen Kurfürsten eine politische
Rolle gespielt. Der Zweig unseyr
Familie, dem ich angehöre, hat seitdem
den Adel abgelegt Grund: die
Stellung eines meiner Vorfahren im
Auslande. Dies nebenbei.. Mehrere
der fruchtbaren Wische, zwischen Elbe
und Uchte. Die Altmark ist im all
gemeinen sandig, und nur ein Fleiß
ringt ihrem Boden Früchte ab, aber
wie Odysseus sage auch ich: „Nichts
weiß iHSüßeres wo, als eigenes Land
zu erkennen". Die Lust zum Kriegs
handwerk muß von meinen Altvordern
auf mich gekommen fein, denn schon
als kleiner Knirps verlangte ich, Sol
dat zu werden. Deshalb bin ich auch,
obwohl der einzig« Sohn meiner El
tern, in der Kadettenanstalt erzogen
worden. Du weißt vielleicht nicht, daß
diese Knaben, die fern von den Ih
ren erzogen werden, eine viel tiefere
Heimatliebe entwickeln als jene, die
zu Hause aufwachsen. Du hast schon
bemerkt, daß ich den Wissenschaften
zuneige. In dieser Neigung wurde ich
von meinem Vater unterstützt, der
selbst so etwas wie ein Gelehrter ist.
Ich habe keinen besseren Freund als
ihn, er ist der feinste und gütigste
Charakter, den ich kenne".
„Und deine Mutler?" fragte
Estella. -
Das Gesicht des Offiziers verklärte
sich. „Estella, sagte er, „du wirst ei
fersüchtig werden, denn ich gestehe dir
ich in s« verliebt bin".
.Diese Nebenbuhlerin lasse ich mir
gern gefallen", lachte Estella.
füllt".
liebte, daß es für mich nirgends ein
Hindernis gibt. Vater und Mutter
werden sich in dich verlieben, wenn sie
auf eines unserer Güter",.
„Nach allem, was ich höre", scherzte
Estella, „habe ich eiiM guten Griff
deine Wahl billigen?"
Auch ist sie ganz ohne die Vorurteile,
die der Vater hegt. Du weißt, sie ist
eine geboren« Engländerin, ist in ih-
Kolonien gewesen und hat einen wei
ten Blick mit heimgebracht. Wenn
man den Stolz auf das meerbeherr-
Engländerin fange ich jetzt schon an
zu lieben", sagte Ladenburg zärtlich,
„bist du doch ein Teil von ihr".
Unter Alchen Gesprächen flog d«
Zeit unmerklich vorüber. Viel zu früh,
wie es den beiden Verliebten schien,
kam man in Kandy an.
rem scheidenden Schützling ein große»
Abschiedssest. Alles, was Namen von
Klang besaß in der deutschen sowohl
umgab. Nach dem fanden die
Gäste Sessel auf dem Rasenplatz auf
gestellt. Braune Diener trugen den
Richard Perlins, der englische Bet
schien. '
„Es ist das .erstemal", sagt« er,
„daß einem deutschen Offizier
gemacht habe. Zum gegenseitigen
Verständnis des Volles würde es viel
ten".
Zu welchem Zweck braucht ihr zum
Beispiel eine große Flotte?"
»Da sind wir bei dem richtig««
unserer großen Handelsflotte und un
serer Kolonien eine stark« Kriegsflotte
gebrauchen, ist jedem ganz klar, nur
nem Bedauern leiden auch Sie an die
ser englischen Verstocktheit, mein lie
ber Kapitän".
nen vorhanden ist, das schaffen wir
beiden doch nicht aus d«r Welt".
Bon diesen gegensätzlichen Anschau
ungen war allerdings .in der aus
Deutschen und Engländern gemischte»
Gesellschaft nichts zu bemerken. Jir
ungetrübter Heiterkeit floß der Abend
die Gäste, nachdem der deutsche Kon
sul herzliche Abschiedsworte gesprochen
hatte.
In der nächsten Morgenfrühe steu
erte das Schiff, das Hans Ladenburz
und Estella Martins in die Heimat
wie wir alle, unbekannten Schicksalen
«ntgegen.
(Fortsetzung folgt).
Mitgift 1916. Verehrer
hält): „Und was kriegt Ihre Toch
ter mit?"
Vater: „A Ausstattung . . . fünf
fünf Kilo M«hl!"
Verschnappt. Bub: „Mei'
Mutter schickt mi um 30 Pfg. Jnset-
Apotheker: „Wohl für ins Feld?"
Bub: „Die Hälft' davon!"
Marke Bahnwärter.
Landwehrmann Lamla raucht eine
rad: .Wie heißt die Marke, die Du
sein," erklärt der Kamerad.
Der Patriot. A.: .Wie
B. (dessen Frau sehr r«ch ist):
.Ja, weißt Du, ich wollte ib?«
Kriegsanleihe zeichnen."
In der RindvtehauS
stellung. Der kleine Emil (zu,
.Och»" sage» darf?"