Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 04, 1916, Image 3

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    M Omlickm mW
MÜH LZ ÜMÜR.
(17. Fortsetzung.)
Gräfin Eckhoff klingelte wie sonst
uni neun Uhr nach ihrer Zofe. Rosa
jßries.
den Neunuhr-Zug benutzt und bitte
um Entschuldigung," sagte sie dabei.
Die G'.äsin sah Rosa verwundert
an.
„Von wem sprechen Sie, Rosa?"
„Von Komteß Pia, Frau Grä
"s Eckh ff I r ew h t hr
rufe," sagte sie ohne sichtbare Erre
gung.
Als sie allein war, öffnete sie ha-
Jhr Gesicht nahm bei der Lektüre
las: ' !
schicke mir Martha mit meinen Sa
chen nach. Ich habe ihr gesagt, daß
ich mich mit Dir besprochen habe
für undankbar und sei mir nicht
tböse. Du bist so klug und so gut
und wirst verstehen, daß man manch
mal etwas Außergewöhnliches tun
muß, wenn man sich nicht anders
zu helfen weiß. Ich habe Dich
lieb, sehr lieb, und möchte Dir um
keinen Preis wehe tun. Schilt mich
nicht ich mußte fortgehen.
Hätte ich es Dir vorher gesagt. Du
hättest mich sicher halten wollen,
und das darf nicht sein weil ich
Hans jetzt nicht begegnen kann. Le
be wohl, meine liebe, teure Tante
Maria. Tausend Dank für alle
Liebe und Güte, die Du mir erwie
sen hast. Zürne nicht Deiner Pia."
Als die Gräfin zu Ende war, ließ
sie den Brief herabsinke».
„Mein Gott das unbesonnene
Kind was ist denn nur gesche
hen?" dachte sie erschrocken.
Aber ihre Art war es nicht, bei
ungewöhnlichen Ereignissen den Kopf
zu verlieren. Jetzt hieß es vor al
len Dingen Ruhe bewahren und je
des Aussehen vermeiden.
Sie klingelte nach Rosa.
„Ist Martha hier?" fragte sie.
.Nein, Frau Gräfin, Martha ist
«och nicht vom Bahnhof zurück. Sie
begleitet vie Komtesse."
„Gut, sagen Sie draußen, daß
Martha gleich zu mir kommt, wenn
sie heimkehrt. Und dann kleiden Sie
mich an."
Rosa kehrte schnell zurück und vie
Gräsin machte ruhig wie sonst Toi
lette.
Inzwischen kam Martha zurück
und trat bei der Gräfin ein.
„Sie haben doch die Komtesse gut
versorgt, Martha?"
„Gewiß, Frau Gräfin."
„Hat Ihnen die Komtesse noch
etwas aufgetragen?"
„Nur eine Depesche mußte ich
noch aufgeben an den Herrn Grasen
Buchenau, damit er einen Wagen
nach der Station schickte."
Heimlich atmete die Gräsin aus.
So ganz unbesonnen war Pia doch
„Und sonst nichts?"
„Nein. Die gnädige Komtesse
meinten. Frau Gräsin würden mir
weitere Befehle geben."
„Ja, ja. Also fangen Sie so
fort an, die Sachen der Komtesse
einzupacken. Sobald Sie fertig sind,
'"melden Sie es mir. Bielleicht kön
nen Sie heute abend noch abreisen
sonst morgen früh."
„Sehr wohl, Frau Gräfin, sonst
nocli Befehle?"
„Nein, Sie können gehen, Mar
tha."
Als die Gräsin ihre Toilette be
endet hatte, befahl sie Rosa, nach ei
nem Wagen 5» telephonieren.
Inzwischen nahm die Gräfin et
was hastig da? Frühstück ein, unv
als der Wagen vorfuhr, war sie
zum Ausfahren bereit. Sie fuhr
nach dem Hotel, wo Hans Ried
Wohnung genommen hatte. Dort
inern.
Sie schickte ihm eine Visitenkarte
hinauf mit der Meldung, daß sie
ihn sofort sprechen müsse.
Er ließ sie in seinen Salon bit
ten.
Sie fuhr mit dem Lift hinauf,
und Havs stand schon wartend auf
der Schwelle. Schnell kam er ihr
entgegen.
„So früh, Tante Maria? Es ist
doch nichts Unangenehmes gesche
hen?" fragte er etwas beunruhigt.
Sie antwortete erst, als sie »,
er die Tür hinter sich geschlossen
hatte.
„Etwas Unerklärliches ist ge
schehen, Hans. Pia ist fort."
Er erschrak furchtbar.
„Um Gottes willen was ist
geschehen?"
„Nach Hause ist sie gereist."
Er atmete auf. Was er im er
sten Augenblick gefürchtet hatte,
wußte er selbst nicht. Aber unwill
kürlich hatte er an Liane v. Bren
ken denken müssen. Wenn Pia aber
nach Hause gereist war, dann hatte
das kaum etwas mit Liane zu tun.
Die Gräfin hatte den Brief für
HanS hervorgezogen.
„Lies das, Hans. Hoffentlich fin
dest du eine Erklärung für diese
Flucht. Hier ist dann auch ihr
Brief an mich, der mir nichts c»-
klärt, als daß sie nach Hause gereist
ist."
Hans öffnete hastig das Schrei
ben. Er sah blaß aus und seine
Hände waren unsicher. Er las:
„Lieber Hans! Du mußt nicht
erschrecken, wenn Du hörst, daß ich
nach Hause gereist bin, zu Papa,
und darfst mir nicht böse sein, wenn
ich Dir sage daß ich Deine Frau
nicht weroen kann. Als ich Dir
mein Jawort gab, war ich noch ein
so törichtes Kind und wußte nicht,
was ich tat. Ich kannte nichts von
Welt und Leben und dachte nicht
darüber nach. Jetzt weiß ich, daß
alles ganz anders ist, und nun
ich schäme mich so sehr, daß ich es
nicht gleich gewußt habe, daß es nicht
geht. So bin ich feige geflohen.
lich nicht anders. Verzeihe m^
gegangen.
Pia schreibt?" fragte die Gräfin be-
Als sie gelesen hatte, fragte er
gepreßt:
„Verstehst du das?"
Sie schüttete den Kopf.
„Nein. Lies ihren Brief an
mich. Sie erklärt noch weniger/
rechte Flucht vor mir. Sie hat
jetzt wohl erst einen Begriff davon
bekommen, was es heißt, die Gattin
eines Mannes zu werden den man
nicht liebt. Das allein erklärt alles.
Vielleicht hat sie gar ihr Herz einem
andern geschenkt. Sie ist ja mit vie-
Die Gräsin schüttelte den Kopf.
Pias Brief herab.
Wahl traf. Jetzt trifft es mich hart,
dies holde Geschöpf liebe mit einer
tiefen, innigen Zärtlichkeit. Ich sah
das Kind zum Weibe erwacht vor mir
Fingern/
Nach einer Weile raffte er sich aus
und reckte sich in den Schultern, als
Die Gräfin berichtete, was sie selbst
noch ganz heiter."
Er schüttelte dm Kopf.
„Nein, ich fand sie sehr scheu und
für mädchenhafte Schüchternheit. Nun
weiß ich es besser. Vielleicht hat sie
mir angemerkt, daß in meinem Jn-
Die Gräfin seufzte.
„Wie leid mir das alles tut. Nun
Pia zugewendet hatte. Mit Bedacht
sind wir Menschen! Da bauen wir
kunstvolle Pläne und Lustschlösser
und dann läuft so ein kleines Mädel
Mund.
Endlich Meb er stehen vor seiner
Tante. „Es nützt nichts, daß wir
uns den Kopf zervrechen, Tante Ma
ria. Das eine steht fest sie ist
geflohen, weil sie meine Frau nicht
geht? Da spielen sich oft sehr subtile
sen,"
die Gräsin ein:
„Was sagen Sie, Teuerste, die
schöne Frau v. Brenlen ist gestern
liebste Gräsin?"
Gräsin. Fürst Jrlow hat gestern
gelehrt und hat befohlen, daß alles
zur Abreise vorbereitet wird. Er
soll sich eingeschlossen haben in sein
Zimmer bis heute morgen. Und hat
abschiedet, als diese gestern abend
abreiste. Und die kostbaren Orchi
deen hat sie dem Zimmermädchen ge-
Gärtnerei zurückgebracht und hat
sicher ein gutes Geschäft damit ge
macht. Was sagen Sie nun, liebe
Gräfin?"
einen kurzen bedeutungsvollen Blick
getauscht. Es zuckte wie Spott um
den Mund der Gräfin als sie nun
erwiderte:
„Ich sage, daß ich sehr erstaunt
bin am meisten darüber, daß Sie
das alles in Erfahrung gebracht ha
ben, Exzellenz."
mir entgeht so leicht nichts, was in
Baden-Baden vorgeht. Aber ich be
greife, offen gestanden, diese Frau
sie hat sich in ihren Schwager ver
liebt. Mir sind da ein paar Blicke
aufgefallen, die mir zu denken geben.
„Oh, ich habe Zeit! Wo haben Sie
lene?"
Pia.
In welcher Verfassung sie wohl
die Reise zurückgelegt hatte. Wie
Ausflug in die Welt? War auch ihr
wäre?
„Kleine Pia süße kleine Pia
ach, daß ich dich doch wiederfände in
süßes Kind?"
Hof. Pia."
das bedeuten? Kam
Was war geschehen?
Unruhig ging er in seinem Zim
mer auf und ab. Der Stock, aus
gend etwas Ungewöhnliches mußte
doch geschehen sein, daß Pia jetzt
plötzlich gegen alle Verabredung heim
kehrte.
Voll Ungeduld sehnte er die Stun
de herbei, die Pia heimbrachte und
ihm Aufklärung gab.
Er beschloß, selber zum Bahnhof
zu fahren, um Pia abzuholen.
Jetzt ließ er zuerst Frau Dorne
rück, Frau Dornemann. Sie sor
gen wohl dafür, daß ihre Zimmer
in Ordnung sind", sagte er anschei
nend ruhig und selbstverständlich.
Frau Dornemanns gutes Gesicht
es kam, daß ihr Komteßchen so
plötzlich heimkehrte. Der Herr Graf
war eben ein sonderbarer Herr, er
genug, um Schloß Buchenau wieder
mit Sonne zu füllen. Wie still war
es gewesen all die Zeit, da sie fort
war.
Buchenau vorzubereiten. Blumen
wurden herbeigeschleppt und eilig ein
Kuchenteig eingerührt, daß Komteß-
Endlich konnte er zum Bahnhof
fahren. Er wählte einen geschlosse
nen Wagen, denn noch immer hatte
sich seine Menschenscheu nicht sonder
lich gehoben. Und durch das Auf-
Als der Zug einfuhr, stand er
wartend, auf seinen Stock gestützt,
auf dem Perron.
Pia bemerkte ihn gleich, als sie
ausstieg und eilte auf ihn zu. Ihre
Augen hingen scheu und beklommen
an seinem blassen, erregten Gesicht.
„Papa lieber Papa!"
Es lag eine heiße Bitte in die
sen Worten.
Wortlos zog der Graf Pia an sich.
Das Glück, sein Kind wiederzuha
ben, brachte vorläufig alles andere
zum Schweigen. Auch er merkte so
fort die große Veränderung in Pias
Aeußerem. Unwillkürlich nahm er
dieser eleganten jungen Dame gegen
über eine chevalereske Haltung an.
handelt hatte. >
Als er seine aufsteigende Rührung
bezwungen hatte, fragte er leise:
„Du kommst allein?"
„Ja, Papa."
„Und dein Gepäck?"
heimkehrst?"
sagte sie ganz im Tone des ehemali»
gen kleinen Mädels:
„Ich bin ausgekniffen, Papa."
„hattest du dazu einen Grund?"
Sie schluckte tapfer die Angst vor
dem Zorn des Baiers nieder.
„Ja ich hatte einen Grund.
Aber bitte, Warle bis wir zu Hausse
„Ja ich habe Tante Maria
ganzen Wege. Pia sah zum Feniier
scheu das blasse Gesicht des Baters.
Dieser ließ kaum seine Augen von
Pias Gesicht. ES schien ihm blasser
m die
hatte.
„Das liegt in den Frauen wie ein«
gelangt.
sehen!"
Während Pia Hut und Mantel
„Nun sprich, Pia. Was ist ge-
Nach einem tiefen Aufatmen sagte sie
tapfer:
„Lieber Papa ich kann HauS
Wonnen, Pia?"
Das helle junge Blut schoß ihr ins
Gesicht, aber ihre Augen blickten nun
Er blickte düster,
den?^
(Fortsetzung so^gt).
die Gehaltsaufbesserung gekriegt habe,
gen!