Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 23, 1915, Image 7

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    Wem nie durch
Liebe Neid geschah!
Fortsetzung.)
Aber sie hatte vergeblich auf ihn
gewartet. Wohl glaubte sie seine
markante Gestalt mehrmals in d«r
Jahnen einen Rat zu geben, eine
Bitte auszusprechen?"
Erschrocken hob Gertrud den fei
nen Kopf, und wieder trafen sich ihre
Blicke. Ein ungeduldiges Wort hat
te ihr aus den Lippen geschwebt,
ober si« unterdrückte es. „Als Ka
millos Freund haben Sie das Recht,
mir einen Rat zu erteilen."
„Nun denn Sie haben fast den
ganzen Nachmittag mit Baron Wal-
Bornstädt?" ,
„Ich muß Sie vor diesem Man
ne warnen, gnädige Frau, er hat
«ine böse Zunge, und es ist nicht
Herr v. Bornstädt, nun ist das Un
heil bereits geschehen. Ich habe in
meiner Harmlosigkeit keinen Anstoß
«in der Gesellschaft des Barons ge-
„Ich konnte nicht eher, ohne auf
fällig zu werden, zu Ihnen gelan
gen/'
der Baron sie scharf und unverwandt
beobachtete, mit Blicken, welche die
Dunkelheit zu durchbohren schienen.
Gertrud fühlte recht wohl, daß
Herbert in der besten Absicht sprach.
Aber sie zürnte ihm, und trotzdem
das eigene Herz ihr dabei weh tat,
gab sie ihm doch eine unfreundliche
Antwort, ließ ihm deutlich ihren
Unwillen fühlen.
„Ich bedarf leiner Aufsicht, Herr
v. Bornstädt." sagte sie in verletzen
dem Ton, „Sie haben sich wirllich
sellschafter, er tanzt gut und unter
hält mich tadellos, ich habe leinen
Grund, ihn fortzuschicken."
„So verzeihen Sie."
Bornstädt verneigte sich und trat
zurück. Gertruds kümmerte sich den
wie köstlich si« sich amüsiert h-'ve.
Zu schön fei es gewesen. Alle hat
ten sie ausgezeichnet, sich um ihre
Gunst bemüht, wie eine Glück und
Freude spendende Fe« sei sie sich vor
gekommen. Erst heute habe sie so
recht erkannt, was ihrem Leben feh
le. Es sei die Geselligkeit. DaS
Zusammensein mit vielen frohen,
gut aufgelegten Menschen könne sie
ferner nicht mehr entbehren.
Kamillo hörte ihr schweigend zu.
„Wenn dieser Trubel dir so viel
Vergnügen macht, liebes Kind, ist
es selbstverständlich, daß wir uns
daran beteiligen," sagt« er endlich,
„aber ich glaube, du wirst bald ge
ring davon haben. Die Sache war
so fade, daß ich mich glücklich schätz
te, mit Herbert ein ernstes, vernünf
tiges Gespräch führen zu können."
„Ach, wenn du erlaubst," unter
brach ihn Gertrud eifrig, fast be
schwörend, „es werden in den näch
sten Tagen einige Festlichkeiten statt
finden, zu denen man unS Einladun
gen senden wird. Ich will mich
später ja auch wieder in deine Ei
genschaften finden, mich ohne Mur
ren von allem zurückziehen, aber so
lange wir hier sind, mochte ich ein
mal in vollen Zügen das Leben ge
nießen."
„Es bedurft« so vieler Worte nicht,
mein Liebling, ich habe bisher jeden
deiner Wünsche erfüllt, warum soll
te ich es ferner nicht tun?"
„Oh, du beschämst mich," jubelte
die junge Frau, durch einen flüchti
gen Kuß suchte sie dem Gatten ih
ren Danl zu beweisen. „Aber ver
wöhne mich nur, einmal ist man ja
bloß jiMg. Für all das Schwere,
was ich früher gelitten, habe ichauiy
wirllich eine Entschädigung verdient."
Dieser Hinweis auf ihre erste
unglückliche Ehe genügte, um Bren
ken noch weicher und nachgiebiger zu
stimmen. Er war bereit, den Wün
schen feiner Gattin Zeit und Be
quemlichkeit zu opfern, so oft sich die
17. Kapitel.
Seit jenem Wohltätigleitsfest sah
man Brenlens bei allen geselligen
Veranstaltungen. Eine Einladung
folgte der anderen, Kamills nahm
Bald war Gertrud die tonange
bende Persönlichkeit, die Königin
»uu» jeden Feste». Sie entwickelte
schlichte Art, für Beifallsstürme zu
Ben die lockenden Blicke zarten
Aufmunterungen kalt. Für Flirt
und Ccurmacherei war er nicht zu
haben.
Man ehrte die Eigenart des be
rühmten Künstlers und ließ ihn
mutete. Sie wußte ja, wie wohl er
sich in seiner gänzlichen Abgeschlos
senheit von den Menschen gefühlt
hatte, wie unsympathisch ihm diese!
ganze Treiben war. Und doch fand
sie nicht die Kraft, die betretene
Bahn wieder zu verlassen.
Wie eine Wahnsinnige fürchtete sie
das Alleinsein. Nur nicht nachden
ken. keine stille Stunde, tein Ange
wiesensein auf sich selbst. Die Be
täubung tat so wohl, warum sollte
sie das Mittel, w«lches sie auf Stun
freite, nicht in Anwendung bringen?
Bereitete dieses Jagen von einem
Fest zum anderen ihr wirklich Be
j.rievigung? O nein, gewiß nicht.
Nur der Reiz der Neuheit hatte an
genehm gewi«»t. Wie bald durch
schaute sie das schale Treiben, durch
das sie jetzt schon oft angewidert
Oh, wie recht hatte ihr Gatte und
auch Bornstädt, daß sie diesen Ge
sellschaststrubel verachteten. Fast be
ein stilles Plätzchen, auch wohl den
Dritten im Bunde fanden zu einer
gediegenen Unterhaltung.
trug ein weißes Spitzentleid, im
Haar eine blaßrole Rose. Gertrud
wußte, daß sie bezaubernd schön war
und freute sich des Zaubers, den sie
auf ihre Umgebung ausübte.
ihres Gatten, und ihr war, als habe
sie einen Stich mitten ins Herz hin
ein empfangen.
Arme um feinen Hals und barg das
Gesicht an seiner Brust. „Wenn dir
dieses Gesellschaftsirciben nicht zu
sagt, Lieber, so will ich mich wieder
davon zurückziehen." In ihrer Brust
klopfte die Reue, Es war eine jener
Stunden, wo eS doppelt schwer auf
ihr lastete, wo es ihr zum Bewußt
sein kam. daß ihr Gatte Ursache Hat
te, unzufrieden mit ihr zu sein, sie
les, duftiges Haar und küßte es.
„Ich weiß, daß du gern in Gesell
schaft gehst, warum soll ich dir die
zurück können, ohne zu beleidigen."
„Was gehen uns die Menschen
an, Kamills, wir können tun und
lassen, was uns beliebt."
„Gewiß, mein Liebling; aber was
wolltest du mit all deiner freien Zeit
chem Berkehr ausschließt? Und wie
bald würdest du meiner Gesellschaft,
auf welche du dann -»-gewiesen
wärst, wieder überdrüssig werden."
Hatte er nicht recht? T:rtrud
empfand wirklich etwas wie Grauen
vor dem steten Alleinsein mit ihrem
Galten. Ihre Arme sanken herab.
„So mag alles bleiben, wie es ist,"
sagte Gertrud, „es war ja nur dei
netwegen, daß ich diesen Wandel in
Vorschlag brachte."
„Ich weiß, liebes Kind. Meinet
wegen aber sollst du das Lachen nicht
verlernen, ich will dir an Großmut
heit daraus rechnen, immer wieder
denselben Gesichtern zu begegnen.
Dies war auch wohl der' Grund,
daß sie mit einer nervösen Gereiztheit
dem Moment entgegensah, wo Baron
Waiden sie begrüßen würde. Er
brachte ihr seine Anbetung so unver-
schiedet hatte.
die nächste Quadrille bitten, gnädige
Frau?"
„Sie, Herr v. Bornstädt? Ach,
°
„Durchaus nicht", lächelte sie.
In diesem Moment hatte Baron
Walden sie erreicht. „Sie waren so
huldvoll, die nächste Quadrille mir
zu versprechen."
„Ich?" Gertrud hätte den lästigen
Baron am liebsten so schlecht behan
delt, daß sie für immer von seiner
Aber sie kannte und fürchtete seine
böse Zunge. Sie durfte ihn nicht be
leidigen. „Ich erinnere mich wirklich
„Oh, das kann Ihr Ernst nicht
ganz richtig beobachtet?"
Es war an den scherzenden Worten
des Barons durchaus nichts auSzu-
Verstohlen schaute sie v, Bornstädt
Am liebsten hätte sie Herbert jetzt
mir erlauben, Ihnen zu zürnen, und
Ich an Herrn v. Bornstädts Stille
Einer ihrer impulsiven Eingebun
gen folgend, löste sie die Rose aus
ihrem Mieder und gab sie dem Ba
gekränkt ,u haben, Baron, und ich
möchte Sie gern dafür entschädigen.
Tragen Sie diese Rose zum Zeichen,
daß Sie mir nicht böse sind."
Jetzt färbte sich Herberts Stirn
als wolle er Gertrud daran hindern,
dem leichtfertigen Baron die Blume
zu geben, welche sie getragen, doch
schon wandte er lanzsam den
als fesselte ihn eins der tanzenden
Paare in hohem Maße.
tin getröstet, schöne Frau, Sie haben
mich sehr glücklich gemacht."
Gertrud plauderte liebenswürdig
mit ihm weiter, ihre Wangen glüh
ten vor Erregung, sie war gefährlich
schön an diesem Abend, denn es war
ihr Wunsch, zu gefallen und zu be-
Während sie sich noch lächelnd mit
Walden unterhielt, forderte sie Born
städt zur Quadrille aus.
Sie freute sich auf den Tanz, aber
als Herbert stumm und steif blieb,
wurde sie ungeduldig. „Ich habe
ich Ihr Mißfallen erregt?"
„Ist es wegen der Rose?" beharrte
„Ich will aber Ihr Urteil hören,
ich bitte Sie darum!"
Er zuckte die Achseln. „Ich habe
noch nicht vergessen, was Sie mir
Gertrud legte einen Moment die
Oder sollen Ihre Worte etwa ein
stricken?",
Gesellschaft ihr so reichlich streut,
len.
an sein Herz zu ziehen?
Er hatte ihr verfehltes Leben zu
vetantworten, Herbert v. Bornstädt
und lein anderer. Dort ging er in
gemessener Entfernung au ihr vor-
Tiber, so gleichmütig, als habe er die
oberslachlichste Salonunterhaltung mit
ihr geführt.
wußte, daß sie einem Phantom nach
jagte, denn für sie gab es tein Ver
gessen, und die Betäubung, welche zu
weilen wohltätig ihre Sinne einschlä
ferte, hielt auch nie lange vor. Klch,
in dem lichtiiberflnteten Saal, um
geben von den lachenden, festlich ge
schmückten Menschen, mußte sie es sich
eingestehen, daß sie von allen nur
den einen sah, den sie liebte, bis in
alle Ewigkeit lieben mußte. Und ob
die feurigen Klänge der Tanzweifen
sie umbrausten, ob vor ihrer Villa
leise die Bäume rauschten, stets hörte
sie seine Stimme, diese geliebte Stim
folgte. h
O Gott, wie sie diesen Mann liebte,
wie sie ihn liebte bis zum Wahn
sinn. zur Selbstvernichtung! Was
half es, daß sie dagegen ankämpfte,
diese Liebe zu verleugnen trachtete,
sich belog! Die fremde Macht
Pflichtgefühl, sie mußte sich ergeben,
Wie ihr Gesicht glühte, ihre Schlä
fen hämmerten, vielleicht konnte man
von ihrer Stirn lesen, was in ihrem
Innern vorging, dort rang und
kämpfte! O Gott, nur das nicht!
Sie verschwand in einem künstlich
geschaffenen Boskett von duftigem
Flkeder, fast taumelnd erreichte sie
einen Platz. So aufgeregt war sie
nie zuvor gewesen. Wie die Ahnung
kommenden Unheils durchzitterte eS
sie. Die Gedanken aber tonnte sie
nicht losreißen von dem einen.
Mochte er auch ihren Herzensjam
mer verschuldet haben, sie liebte ihn
doch! Und war diese Neigung ein
Verbrechen, Gertrud war nicht im
stande, sie zu'überwinden, in: Gegen
teil, sie wurde davon dnrchglllht, wie
unsere arme, dunkle Erde von den
Strahlen der Sonne!
Sie hatte vergessen, wo sie sich be
fand, und zuckte heftig erschrocken zu
sammen, als jemand dicht neben ihr
sagte:
„So verträumt, meine Gnädige?
So ganz der Außenwelt entrückt?"
Baron Walden hatte sich neben ihr
niedergelassen, ein fatales Lächeln um
die spöttisch verzogenen Lippen.
Dabei hatte Gertrud ein Gefühl,
als erspähe der Baron die geheimsten
Regungen ihrer Seele, und als sei es
unmöglich, vor ihm zu verbergen, was
nie ein Mensch erfahren sollte, ihre
unglückliche Liebe und den aussichts
losen Kampf mit derselben.
„Sie sind erschrocken, gnädige
Frau, weil Sie einen andern erwar
teten?"
auf, in flammendem Stolz begegne
ten ihre Blicke den seinigen, die
lauernd an ihren Mienen hipgen.
„Durchaus nichts, was verschiedene
Deutungen zuließe. Gnädigste, es ist
doch nur natürlich, wen» eine schöne,
angebetete Frau in einem lauschigen
Bersteck ihren Gatten erwartet."
„Meinen Mann Sie haben
recht." Wie gut er sich herauszure
den wußte, und wie verlegen und ver
wirrt sie war. Es peinigte sie, daß
sie rot wurde und vergeblich nach ein
«Ja. ja, zwischen dem. was man
erhofft, erwartet und wirllich findet,
ist oft ein himmelweiter Unterschied,
das haben Sie heut' schon mehrmals
erfahren, Gnädigste, nicht wahr?"
Wie feine lauernde, arglistige Art,
sie zu verwirren, ihr verhaßt war.
Immer barg sich jetzt ein boshafter
Sinn hinter feinen Worten, wenn er
zu ihr sprach. Gewiß, sie hatte ihn
oft schlecht genug behandelt, sich da
heimtückischen Feind geschaffen.
„Wenn ich Sie verstehen soll, so
müssen Sie sich schon deutlicher aus
drücken," sagte sie kalt.
„Gern, wenn Sie es wünschen ...
Es wollte mir scheinen, als ob
Vergnügen an der Quadrille, derent
wegen Sie so viele Mühe hatten,
durchaus nicht Ihren Erwartunzen
entsprochen hätte."
Gertrud zuckte die Achseln. „Sie
sprechen in Rätseln, Baron."
Er lächelte überlegen. „Das Ta
lent zum Beobachten liegt mir im
Blut, gnädige Frau. Sie sahen
während des Tanzes echauffiert und
unglücklich aus. Ich kann nicht um
hin, meiner Meinung Ausdruck zu
geben: Dieser v, Bornstädtist es
nicht wert, daß Sie seinetwegen Ihre
ergebensten Freunde kränken und zur
Seite schieben."
„Herr v. Bornstädtist der beste
Big erhellt war und einsam vor ihr
lag.
Die kühle Nachtluft strich erquil
tend über ihre heißen Wangen und
scheu Gesicht.
von vorhin wieder aus, „und' ich
bilde mir sonst auf meine Menschen
kenntnis etwas ein. Jcy hätte darauf
schwören mögen, dag Sie sich arg
Gatten herumgestritten haben. "
Gertrud preßte die Lippen fest
aufeinander. Sie wollte eS ihm deut
lich sie seine Gesellschaft
entgegenkommender gewesen wäre?
so hätte sie ihn, als ihren ergebensten
Verehrer, um den kleinen Finger
wickeln können.
Er blieb an ihrer Seite. Sein
Atem ging schwer und ungleichmäßig.
„Schöne, teure Frau —sein heißer
Blick wurde trotz der lichten Däm
merung von ihr bemerlt „hören Sie
auf mich und lassen Sie den anderen.
Ich will Ihnen ein ergebenerer
Freund sein als der eingebildete
Gertrnd zuckte vor seiner Nähe,
seinen Worten zurück, als sei sie im
Begriff, auf eine Schlange ,u treten.
Sie vergaß alle Vorsicht.
„Ich habe Ihnen bereits erklärt.
Herr Baron, daß ich allein zu sein
wünsche. Bitte, verlassen «wie mich."
Seine Augen sprühten. „Frau v.
Brenken", keuchte er, „ich warne Sie!
Treiben Sie die Grausamkeit gegen
mich nicht aus die Spitze. Es wäre
möglich, daß meine Bewunderung
für Sie in Haß und Feindschaft um
schlüge. Und vielleicht weiß ich mehr,
als Sie vermuten, mehr, als Ihne»
lieb sein dürfte. Es liegt in meiner
Macht, Sie hier unmöglich zu ma
chen, zu verderben."
Wie entgeistert vernahm die junge
Frau diese häßlichen, drohende»
Worte; sie ließ ihn stehen und eilte
zum Hause zurück.
In der Nähe desselben blieb sie
stehen. Ihre Pulse flogen, wie im
Fieberfrost schauerte sie zusammen.
In welch einen Abgrund von Frech
heit und Gemeinheit hatte sie soeben
geblickt!
Und diesen zudringlichen, furcht
baren Menschen hatte sie gewisser
maßen bevorzugt, viele Stunden in
seiner Gesellschaft verlebt.
Da erllang dicht neben ihr eine
Stimme, die ihr die liebste auf der
ganzen Welt, trotzdem sie soeben in
ernstem Tadel zu ihc sprach:
„Hier im Freien also finde ich sie
endlich, Gertrud, nachdem ich alle
Räume nach durchsucht habe.
Das durfte» Sie drch nicht tun, noch
heiß vom Tanzen, ohne jeden Schutz
m die Nacht hinauszulaufen."
Die junge Frau ließ die Vorwürfe
schweigend über sich ergehen. Er hatte
sie wieder bei ihrem Vornamen ge
nannt oh, wie wohl das tat, ein
Balsam für ihre innere Zerrissenheit.
Sie nahm Herberts Hand. Tränen
ihres verletzten Stolzes, eines berech
tigten Zornes fielen darauf. „Oh.
wäre ich Ihnen beizeiten gefolgt, Sie,
mein einziger aufrichtiger Freund/
flüsterte Gertrud in abgerissenen
Sätzen, „war ich denn verblendet
daß ich unter all den oberflächlichen
arglistigen Menschen Vergessenheit
suchte? ... Ich will nach Haufe
und dann fort, weit fort! Erst wenn
Meilen zwischen mir und diesem
Orte liegen, kann ich mich wieder be
ruhigen."
v. Bornstädt sah betroffen auf die
heftig erregte jung- Frau. Von der
Qual, welche in ihm tobte, sollte sie
nichts ahnen. „Hat der fade Geck sie
beleidigt. Gertrud?" fragte er mit
einem drohenden Blick aus die im
Dunkel liegenden Wege.
Sie erschrak furchtbar und nahm
sich zusammen. Wußte sie doch, wie
viel von ihrer Antwort abhing, E»
hätte gerade noch gefehlt, daß sie
durch ihre UnUugheit Blutvergießen
verschuldete.
„Kann mich so ein Flaneur belei
digen?" fragte sie, sich zu einem Lä
cheln zwingend. „Ich trage die
Schuld daran, daß er sich einbildete,
mein bevorzugter Freund zu sein.
Man kann es dem Baron nicht ein
mal verargen. Sie wissen ja. daß er
ein verwöhnter Frauenliebling ist.
Ich bin fertig mit ihm. Wie ich
über ihn denle, das hat er unver
blümt zu hören bekommen. Er wird
mir aus dem Wege gehen."
(Fortsetzung foigt.)
Suinmarijch. Zechbruder:
„Das war gestern wieder mal eine
böse Sitzung! Deine Frau hat wohl
mächtig Lärm geschlagen?"
.Ja und mich."