Wem nie durch Tieke Teid geschah! lv. Fortsetzung.) stattlichen Hause seines Schwieger vaters stand. Die Wirtschafterin öffnete, begrüßte war. Vielleicht hatte sie soeben daran gearbeitet, denn sie hielt Palette und Pinsel noch in der Hand. Armin stand und betrachtete wie verzaubert das schöne Mädchen mit dem schimmernden braunen Haar^ stalt seine Braut. ficht mit dem ernsten, sinnenden Aus druck zu studieren. Eine große Zärt lichkeit wallte in ihm auf. Er hatte Edith doch eigentlich schon liebgewon nen. Der Gedanke, daß er sie wieder verlieren sollte, war ihm nicht ange nehm. Gewaltsam entriß er sich dem träu merischen Zustande, der ihn umfan gen hielt. Rasch trat er ein paar Schritte vor, seine Stiefel knarrten recht prosaisch, überrascht wandte Edith den feinen Kopf. Da war er ihn, daß es sein Portrait war, aus Wie stumme Abbitte blickte es ihr aus einziger Wunsch ist, daß du ebenso Ohne daß Edith es wußte, hatte sie die folgenschwere Frage, welche Ar vortrcssliches Bild."« Liebe den Pinsel führt?" Liebe. i G'.iis-en auf Ediths Besitz Verzicht zu leisten. Er liebte sie nicht mit der stürmi tt:n Leidenschaft, dk ihn zu Julie gezogen hatte, aber seine zartesten und sanftesten Regungen gehörten ihr, fei ner noch jugendlich kindlichen Braut. Diese Stunde enthüllte ihm, daß er ihre erste und einzige Liebe war. Wandlungen, durch welche ihm der selbe jede Freude zu verderben pflegte. Besonders früher, in ihren Kna benjahren, hatte Bruno ihm jedes Vergnügen mißgönnt. Armin hatte Spielzeuge, die ihm besonders lieb waren, stets vor dem Bruder verstecken und verschließen müssen, entdeckte Bruno sie, so ruinierte er sie ohne Bedenken. Strafe hatte er nicht zu fürchten; als der Jüngste war er der Liebling seiner Eltern, die seine Un arten immer zu entschuldigen wußten. Der letzte Druck wich von Armins Brust. Nein, er brauchte sich keine Gedanken darüber zu machen, daß Bruno unglücklich liebe und schwer darunter zu leiden habe. Es war jetzt, wie es früher gewesen, er gönnte ihm Edith nicht, das war alles. Bruno konnte gar nicht tief und auf großer Egoist. Seine dereinstige Braut und junge Frau war im vor aus zu bedauern. Jetzt beunruhigte Armin nur noch der Gedanke, daß Edith etwas über seine früheren Beziehungen zu Julie erfahren könne. Diese Geschichte voll glühender Leidenschaft auf der einen und kalt berechnender Koketterie auf der anderen Seite durfte nicht zu Ediths Kenntnis gelangen, sie mußte ihren Glauben an ihn erschüttern, ihren Sinn vergiften. Aber wenn nun doch ? Neid und Bosheit würden es sich angelegen sein lassen, das erblühende Glück zu zerstören. Eine heiße, fast wahnsinnige Angst erfaßte ihn bei dem Gedanken, daß man Ediths reines, goldiges Gemüt mit diesen häßlichen Dingen behelli gen könnte. War es nicht möglich, dem vorzu beugen? Aber wie sollte das gesche hen? Eine Warnung mußte Edith stutzig machen, der Verleumdung den Boden vorbereiten. „Edith", sagte er in seiner Be drängnis, „du bist mein Liebstes und wirst immer mein höchstes, heiligstes Gut sein. Aber ich kann nicht im mer in deiner Nähe sein. Würdest ich fern bin und man mich bei dir zu verleumden trachtet?" Voll sah sie ihn an mit den gro ßen, goldigbraunen Augen. „Ja, zweifelst du daran. Armin? Ich würde nicht eher ruhen, bis ich her ausgebracht, von wem die üble Nach rede ausginge. Aber sei unbesorgt, Papa sagt, du hast keine Feinde, und der weiß es. Ich glaube sogar, du Liebling all unserer Kränz „Nun.' um so besser", lachte er, aber es war ihm dabei nicht leicht ums Herz, „und nun habe ich mich noch eines Auftrages zu entledigen. Es geht Papa besser, und er wünscht nun, sein Schwiezertöchterchen kennen zu lernen. Papa ladet dich durch mich aus morgen zu einem Löffel Suppe ein." „Ich danke deinem Vater für die freundliche Einladung," sagte Edith schlicht, „und werde derselben Folge leisten." Edith schien sich über die Einla dung weder zu freuen, noch unange nehm berührt zu werden, sie nahm dieselbe als etwas Selbslverständli 7. Kapitel. junge Braut zum erstenmal hier speiste, ein festliches Gepräge erhielt. Rosen und Myrten lagen wie Hin- Seidendamast, der silberne Tafelauf satz, welcher nur bei festlichen An lässen prangte, war mit köstlichem Obst gefüllt, in den herrlich geschlif fenen Kristallrömern brachen sich die Sonnenstrahlen, die sich durch das Als der Oberst über die Schwelle schritt, blieb er wie geblendet stehen. Dann wurde er puterrot vor Aerger. Seine Hand griff nach der Klingel. Doch schon stand die Tante an sei ner Seite. „Nun, Willibald, habe ich noch etwas vergessen, oder was bringt dich so in Harnisch?" „Ich weiß nicht, was ich von dir denken soll, Klothilde! Wie kommst du zu dem festlichen Ausputz! Das dumme Ding muß sich ja Wunder Prinzessin empfangen wird! Den Tafelaufsatz läßt du sogleich wieder fortbringen, und die Weingläser, die Er näherte sich dem Tisch, um da» Werk ver Zerstöiung zu beginnen. „Dat beste Silber für die Tochter des Trödlers hervorzuholen!" räso nierte er. „Mir scheint, dein Kops wird schwach, du weißt nicht mehr, was du tust, meine gute Klothilde." Die kleine, zierliche Dame mil dem graumelierte» Scheitel und dem weiß? rosigen Gesicht schien ihrer Sache vollkommen sicher zu sein. Sie ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. „Ja, ja, ich hätte es wissen kön nen", meinte sie gleichmütig, „für Ar, min ist das alles zu schön! Es sollte sich nur um deinen Lieblings jungen, den Taugenichts, handeln, da hättest du selbst möglicherweise die vergoldeten Bestecke gewählt. Bruno hat nie den bunten Rock getragen, wird ihn nie tragen, aber das scha det ja nichts. Die Ehren, welche dem ältesten Sohn, dem Offizier, ge bühren, werden hier aufgespart für den Sausewind, der dem Vater noch den Beweis schuldet, daß er ein tüch tiger Mensch ist. Gerechtigkeit ja, die sucht man im Hause des Herrn Obersten v. Selnow vergeblich." „Bist du toll. Klothilde?" schnaubte der alte Herr, nachdem er vergeblich versucht hatte, zu Worte zu kommen. „Wenn du meinst, daß wir Armin dies« Ehrung schuldig sind, so mag der ganze Kram aus dem Tisch bleiben. Deine Anzüg lichkeiten verbitte ich mir. Ich gebe keinem meiner Kinder , den Borzug. Meine Bedenken gelten nur dem dum men Ding, das sich ohnehin genug „Das müssen wir abwarten. Ediths Bild zeigt uns ein liebes Kindergesicht, das von Dünkel und Ueberhebung nichts weiß." Der Oberst brummte noch etwas vor sich hin. Aber er schellte seinem Diener und befahl, Champagner kalt zu stellen. Bruno war sein Vorzug, aber er konnte es nicht hören, wenn man ihm den Vorwurf machte, daß er seinen jüngsten Sohn bevorzugte. Es lag ihm daran, für gerecht und unbestech lich zu gelten. Er ärgerte sich grimmig darüber, daß Klothilde es wagte, ihm diese Dinge ins Gesicht zu sagen. Aber er vermied es, sie zu reizen, weil er ihre scharfe Zunge fürchtete. Soviel mußte man sich nun schon in der Gewalt haben, um der Tochter des Trödlers keinen Anlaß zu geben, sich über den hier im Hause herrschenden Ton zu mokieren. Und seltsam, was diese Klothilde nlles erreichte! Ordentlich festlich wurde ihm init einem Male zumute. Er straffte seine hohe Gestalt und begab sich in den Salon. Vsn der Veranda tönten Gertruds und Herberts Stimmen herein, sie Doch plötzlich lief Gertrud ins Man hörte laute, herzliche Begrü ßungsworte, dann führte Armin, ge folgt von Tante Klothilde, dem Va trud umarmte ihre junge Schwäge rin. Der Oberst aber fuhr betroffen zurück, als er in das maienfrische, liebe Gesichtchen sah. Klothilde hatte seine Bewegung recht wohl beobachtet. „Dir geht es so wie mir, Willibald. Du wirst durch die Kleine auch unwillkürlich an deine verstorbene Schwester Me litta erinnert, nicht wahr?" sagte sie Der Oberst nickte. „Die Aehnlich hatte es nicht anders erwartet und vor dieser ersten Begegnung mit ihm sich ein wenig gefürchtet. zeigen." Edith sprechen." „Nun und - das Resultat?" „Wenn Edith dich liebte, Brun?, so Verlobung, wenn auch nur entfernt, in Betracht gezogen zu haben." mehr liebst?" er nur das Gegenteil von dem erreicht haben, was er wünschte. Nur durch absolute Kaltblütigkeit konnte er das Unheil abwenden. Man ging zu Tisch. Neben Ediths Teller lag ein herr licher Strauß von roten Rosen, Nel len und Myrten, sie war reizend in ihrer schüchternen Freude und ge wann sich alle Herzen im Fluge. Nur der Oberst war wortkarg und verstimmt. Bei einer heftigen Bewegung riß er den silbernen Serviettenring vom Tisch, so daß dieser weit durch das Flink sprang Edith auf, lief hin ter dem Flüchtling her und brachte ihn zurück; mit einem allerliebsten kleinen Kni; legte sie ihn neben den Teller ihres Schwiegervaters, der dem Vorgang mit sichtlichem Mißfallen gefolgt war. „In unfern Kreisen ist es nicht Sitte, daß eine Dame sich vom Tisch erheM und andern Dienst« erweist, die dem Dienstpersonal zukommen." tadelte er, »ich kann für die mir erwiesene Aufmerksamkeit nicht dan ken, weil sie gegen den guten Ton verstößt." Ein lähmendes Entsetzen hatte sich aller Familienmitglieder bemächtigt. Sekundenlang herrschte Totenstille im Wie mit Blut übergössen stand Edith da. Jeder mochte befürchten, daß sie von einem Weinkrampf oder einer Ohnmacht befallen werde. Doch schon zeigte sich ein Ausdruck leiser Schelmerei in ihrem lieben Ge sichts ben Vater all diese kleinen Dienste zu erweisen, Herr Oberst, natürlich nur, wenn wir unter uns oder mit ver kleine Aufmerksamkeit sollte Ihnen zeigen, daß ich mich hier ganz als Tochter Hauses Aber Ein leises Lächeln umspielte Klo thildes Lippen. „Die Kleine ist tat sie ihm Bescheids den Noten zu blättern. Wahl eines Liedes behilflich zu sein. Gesicht seiner Braut, als sähe er sie Tatsächlich hatte Ediths gelassenes. Durcheinander, eine künstlerisch« Auf. Fassung gab ihrem Vortrag das Ge präge. Als sie zulegt Bodenstedts herrliches Frühlingslied sang, ging sie noch mehr aus sich heraus, ju» belnd, mit wundersamem Wohlklang ging ihre glockenreine Stimme empor. Auch hier wieder drängte sich Ar min die Erkenntnis auf, daß seine Braut ein hochbegabtes, von der Na tur mit hervorragenden Talenten ausgestattetes Wesen sei. Tante Klothilde lauschte mit gefal teten Händen, selbst Bruno war er griffen. nur der eine Gedanke, wie er sich trotz allem Edith erringen kön ne. beschäftigte ihn. In Stunden ernster Einkehr er kannte Bruno recht wohl, daß er sich auf schiefer Ebene befand, und eine todliche Angst, daß sein Leichtsinn ihn zu einem Ende mit Schrecken treiben könne, erfaßte ihn oft. Er war überzeugt, daß nur -ine große, alles überflutende Liebe ihn halten und rette» könne, und Edith sollte diejenige sein, bei der er Ersatz fand für alles, was er an Liebhabe reien aufgeben mußte, um zu einem ordentlichen und geregelten Leben zu gelangen. kleine Hände feint Rechte mit festem Druck: „Laß, Armin, ich bitte dich! Wer weiß, was in deinem Bater vor geht. Vielleicht gilt seine Aufregung nicht mal meiner Person. Es mögen mich doch alle Menschen gern, warum sollte ich gerade deinem Vater miß fallen, ich habe ihm ja nichts getan!" „Das ist seltsam," nickte Edi'.h, hen, Armin," beschwichtigte Klothilde, Mütterchen, Tante Klothilde, dir er mit Hilt und Stock das Haus sich schlau und vorsichtig zu sein, damit Fast laufend legte er dann die kurze Strecke durch den Vorgarten bis zu dem Haufe zurück. Julie sollt« ihm uicht wieder entwischen. stand die schönt Witwe im Haus flur, «ben im Begriff, in den Gar!en hinauszugehen. ihre beiden, tadellos geformten Hän de. „Ich flehe um kurzes Gehör, gnädige Frau, weisen Sie mich nicht gültig. Er hofiert sie natürlich, weil sie Erbin verschiedener Millionen ist. Aber Armin den." Er hatte sich der französischen Sprache bedient, um von. dem Por zogen, nicht verstanden zu werdend Julie führt« ihn in «in lauschiges Boudoir, wo angenehm kühle, blu mendurchduftete Luft ihnen entgegen wehte. Hier nahmen sie beide Platz und Als Bruno wieder die Straße be trat, lächelte er befriedigt in sich hinein. So im Umsehen ließ sich na- Ausdauer führte vielleicht doch noch zum Ziel. Was aus Armin und Ju lie wurde, war ihm sehr gleichgültig. Mit strahlender Miene hatte Edith zertreten fühlte sie sich. gleich angesehen, daß da etwas nicht stimmte. Er hatte erwartet, daß sie bei ihm bleibe», seine Nengier sofort erzählen werde, was sie im Hause ihres Schwiegervaters erlebt halt-. Als sie aber fluchtig wie eine Ga hatte. und schüttelte sie drohend. Lautlos schlich er hinter Edith her/ Die Tür zu ihrem Schlafzimmer hatte sie nicht verriegelt. Geräuschlos ihre schlanke Gestalt zuckle und sich Namenloser Jammer bemächtigte sich des Mannes. Dieses Kind war H»Z, 't aus konnte durch diesen Schmerz heftig für ein junge? Blut von neun zehn Jahren, sie zerstören leicht die LibcnswiN'zel und rufen dauerndes Siechtum hervor. Das hatte Adolf Wernicke schon einmal erfahren. (Fortsetzung, folgt.) Hände hoch! „Merkwürdig, Wladimir, immer wenn Feinde uns
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