Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 22, 1914, Image 7

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    Die ewige Zsgck.
Roman von Adolph Sch-fsmeher.
(14. Fortsetzung).
Sie bemühte sich um ihn. schenlte
ihm den Kaffee ein, reichte ihm den
Toast, und plötzlich saß sie dicht ne
ben ihn.
„Vater, Du siehst nicht gut aus",
sagte sie eindringlich. „Laß mich den
Arzt rufen. Du mußt Dich schonen,
Du darfst mich nicht zurückweisen."
In einer Wallung von Zärtlichkeit
nahm er ihre Hand, die er streichelte.
„Ich habe eine schlechte Nacht ge
habt, Schmerzen, die aber"jetzt vor
über sind. Es ist die Aufregung.
Wenn Dobbs wieder hier ist er
wird jetzt in Bälde kommen. Es
ist das lange Warten, die Ungewiß
heit.
„Ja", stimmte Cynthia bei, „das
lann ich mir Wenn nur
erst alles glücklich vorüber wäre!"
Ein sorgenvoller Ausdruck spielte auf
ihren Mienen. „Ich habe manchmal
wirkliche Angst '
„Torheit! Die Dinge stehen glän
zend, nur daß Dobbs zu lange zö
gert. Wenn ich ihn erst wieder hier
habe, werde ich die Leitung in die
Hand nehmen."
„Vater, ich habe eine Idee", fuhr
sie leichteren Tones fort.
„Also los".
„Wir wollen nächste Woche aufs
Land ziehen; dort findest Du wenig
stens abends Ruhe."
Der Colone! warf sich in seinen
behaglichen Stuhl zurück und über
legte. Die Idee war nicht übel. Er
empfand selbst, daß Ruhe ihm not
tat, mehr als alles in der Welt. Er
hatte in der letzten Zeit auf feine
Nerven gewütet wie ein Jüngling,
der noch nicht die Entdeckung gemacht,
daß er Nerven besitzt.
Und dann am nächsten
Montag sollte Vivian in ihrer neuen
Rolle als „Tulip Girl" auftreten, da
waren die Abende mit ihr sowieso
zu Ende.
Er erhob sich. Ich danke Dir für
Deine Fürsorge, das ist gar lein
schlechter Gedanke. Bis morgen wer
de ich Dir Bescheid geben " Er
drückte Cynthia die Hand.
„Tu es, Pa, Du wirst sehen, wie
gut die frische Luft auf Dich einwir
ken wird", drängte Cynthia, „ich
werde einstweilen beginnen, die nöti-
Cynthia hatte sich entfernt, und
Jameson legte seine Zeitungen zu
sammen. Wieder spürte er den
dumpfen Druck an der Stirn, und
die Schwere in den Gliedern, die
bleierne Schwere, als ob die Beine
unter ihm wegsinken wollten. Und
wenn er die Arme hob, war es ihm,
als ob ein Gewicht daran hinge.
Wenn er auf dem Wege zur Bank
«inen Augenblick bei seinem Arzte
eintrat? Aber was der ihm sagen
würde, das wußte er. Ausspannen,
sofort, am selben Tage noch, sich
Ruhe gönnen, jede Aufregung ver
meiden das ewige alte Rezept der
Herren von der Medizin, die eben
seiner Stellung, Sklave des Geldes
ist- - *
Unmöglich jetzt mußte man es
durchhalten, bis der Sieg errungen
war. Dann allerdings wollte er
ausspannen, Monate lang. Dann
mochte Cynthia ihn rund um die
Erde schleppen.
Er war vor den Spiegel getreten
und betrachtete sein Gesicht ja. es
war nicht zu leugnen, die Farbe war
schlecht, wie Schimmel lag es auf
der Haut, und die Falten halten sich
in der letzten Zeit stark vertieft.
Nur jetzt nicht zusammenbrechen,
fuhr es ihm durch den Kopf; im glet»
chen Augenblick aber gab er sich ei
nen energischen Ruck. Zum Teufel
mit dieser Schwarzseherei, diesen
Einbildungen! ES war immer nur
s» in den ersten Morgenstunden; im
Laufe des Tages, im Drang der Ge
schäfte dachte er nicht mehr an diese
dummen Geschichten und fühlte sich
leicht und elastisch.
Wie lustig war es doch gestern
abend mit Vivian beim Champagner
gewesen, als Manager Tulipstone ihn
von neuem versickerte, daß die Kleine
ein wirkliches Talent sei. Und ihr
Kostüm - brandrot mit gelben Bän
dern, in dem sie den pikanten Rag
time singen und tanzen sollte.
Der Colone! schmunzelte schon.
Dann kam Peter und war ihm
hilslich, seinen leichten Ueberrock an
zuziehen. Als der Colone! endlich
aus die Straße hinaus trat, waren
die schwarzen Geister verjagt. Dei
Gedanke an Bivian schien sie vertrie
ben zu haben. Er wollte doch dar
an denken, ihr für die Premiere ir
gend einen kleinen Schmuck zu schen
ken.
Und Dobbs wollte er einen gehö
rigen Nippenstoß versetzen die
Zeit war reis. .
Dreizehntes Kapitel.
Am alten Hanover Square, der
schon in lolonialen Tagen eine ge
wisse Berühmtheit erlangt hatte, und
in dem heute Spuren von Alt-
New Uork noch nicht ganz verwischt
sind, steht ein massives, acht- oder
neunstöckigeS Steingebäude, das sich
an der William Street entlang bis
nach Beaver Street durchzieht und
hier an der spitzen Ecke seinen Haupt
eingang hat. In diesem von drei
beirasseln, und auch nur
eine flüchtige Minute Ruhe herrscht,
hat die New Dorker Baumwollbörse
ihr Heim aufgeschlagen.
Wolkenkratzer sich in die Höhe, gigan
tisch wie vorweltliche Ungeheuer, und
in diesen engen Straßen des älte
sten New Uork so nahe aneinander
gepreßt, daß sie dem Sonnenlicht
fast den Zugang verwehren. Südlich
aber nach dem East River hin hat
die moderne Bauwut noch nicht ihre
gierigen Hände ausgestreckt. Hier in
den schmalen, gewundenen, kreuz und
quer laufenden Gassen findet man
noch die altertümlichen, niedrigen,
schmucklosen roten Backsteinhäuser,
die uns einen Einblick in daS New
Morl vor hundert Jahren geben,
als die Stadt noch »ein und be
scheiden war und noch im Entfern
testen nicht ahnte, daß sie dereinst
die mächtige Metropole eines Kon
tinents zu werden berufen sei, die
heute ehrgeizig dahin strebt, die
vollsreichste des Erdenrunds zu wer
den. der Sammelplatz aller Völker
und Rassen.
Nur etwa einen Büchsenschutz von
der Baumwollbörse entfernt, liegt die
imposante, mächtigere und reichere
und auseinanderfließt, das heißt,
meistens nach einer Richtung hin;
aus dt» engen Taschen der viel zu
vielen in die weiten Koffer der we
nigen.
Allein auch in dem kleineren
Zentrum der Spekulation herrschen
die gleichen Leidenschaften, das glei
gleiche Fieberglut, in jeder Brust der
gleiche Dämon. Junge Burschen
und laum flügge gewordene Knaben
ten durch die Türen hinaus und
herein. An den zahlreichen Pulten,
die sich an den Wänden hinziehen
oder sich um die hohen Säulen bau
en, stehen Männer jeglichen Alters,
rechnend, schreibend, erwägend, re-
eine runde, in den Boden hinein
gebaute Oessnung. zu der Stufen
hinabführen, die Krateröffnung des
Jahres hatte Ruhe an der Börse
geherrscht. Friedliche Stimmung,
flaues Geschäft, von kleinen Preis
schwankungen nur kaum merklich un
fehlte der Führer Dobbs, von dem
Köpfe hatten schon die Witte-
schlechter Vorbedeutung; jetzt, da
Ruhe und unerschütterliche Festigkeit
die erste Bedingung des Erfolges
war, jetzt mußte feine Ungeduld ei
nen schlimmen Eindruck auf alle ma
chen, die im Geheimnis waren.
Auch der Colone! schien alt zu
werden.
In der ersten Maiwoche endlich
.ließ Dobbs die Minen springen. In
seiner lauten, siegessicheren Manier
hatte er wieder sein Evangelium von
der Zwanzig - Cent - Baumwolle
verkündet, und als hätte der Markt
nur auf das Stichwort gewartet, so
begannen alsbald seine Genossen, sich
um ihn zu sammeln, während die
Phalanz sich ebenfalls
eine kleine rothaarig« Talentlosigkeit
aus New Orleans eintrafen, bestätig
ten nur die Vermutung, daß Dobbs'
t«.
Ein neuer „Corner" in Baum
wolle das war die große Neuig
keit, die alle Zeitungen in den näch
kündeten, und das Kabel über das
Wellmeer' trug. Der Umsatz nahm
rasch gewaltige Proportionen an,
und das Toben an der Börse, bis
der Gong um die dritte Nachmit
tagstunde den Tagesschluß verkün
dete, schien von einem zum anderen
Tage an Wildheit zu gewinnen.
Dobbs das Signal zum Angriff
geblasen wurde. Tags zuvor war
er endlich, dem heftigen Drängen
Cynthias und seines Arztes nach
gebend, auf seinen Landsitz am
Sund übergesiedelt und hatte den
festen Entschluß gefaßt, hier wenig
stens nach Geschäftsschluß der Ruhe
Depression zu liimpsen gehabt, so
hatte die Aufregung des Tages ihn
doch belebt. Wohlgemut war er so
gar Nachmittags an Shirleys Pult
getreten, „Na, also jetzt schwimmen
wir endlich," hatte er ihm zugeflü
stert, und Shirley hatte die Gelegen
heit wahrgenommen, seiner Ansicht
Ausdruck zu geben, daß Dobbs den
Coup mit viel Geschick und diploma
tischer Finesse eingeleitet hatte.
„Wenn Sie sich jetzt ein paar Tage
ley noch hinzu.
„Nein, nein, ganz ausgeschlossen,
nicht eine Stunde jetzt," rief Jame
son. „Nur einen Monat noch die
alte Elastizität und GeisteSfrische,
und der Sieg wird unser sein."
Auch Vizepräsident Osborne, ter
von seiner Reise zurückgekehrt war,
saß wieder in alter, gefestigter Ge
sundheit an seinem Pult, voll Ar
beitslust, wenn auch innerlich unge
halten, daß der Präsident die Bcknk
in die Aufregungen des Baumwoll
marktes hineingezerrt hatte, indem
er Dobbs' Konto angenommen. Hät
te Osborne geahnt, daß alle Fäden
in Jamesons Hände zusammenlie
fen —! i d
Shirley blickte ihm mit ernsten, be
sorgten Mienen nach. Ihm fehlte
das Zutrauen. Das verwitterte Ge
sicht mit der ungesund grauen Far
be, die vorgebeugte schlaffe Gestalt,
man brauchte ja nur einen Blick
auf den Mann zu werfen, um zu
erkennen, daß es wirklich nur eiserne
Willenskraft und dje nervöse Ausle
gung war, die ihn aufrecht erhielt.
Seit Wochen hatte Shirley diesen
langsamen, stetigen Niedergang be
obachtet. Ein paar leise Andeutun
gen, die er sich gestattet, Mahnungen
oder selbst Bitten, dem Colone! ei
nen Teil seiner Arbeiten abzunehmen,
waren unbeachtet geblieben. Einmal
hatte der Zufall es gar gefügt, daß
Shirley den Colone! und Bivian
aus einem fashionablen Restaurant
kommen sah es war gegen 'ein
Uhr Morgens gewesen.
Ein Leben in Saus und BrauS
nach des Tages Last und Mühen.
Und auch als' Bivian vor Wochen
ihren Triumph gefeiert hatte, den
unerwarteten großen Triumph als
Star des „Tulip Girl", da hatte der
Colone! bis zum Schluß der Vor
stellung in einer der Logen gesessen.
Shirley hatte ihn gesehen. Er
selbst hatte ganz zufällig eine paar
Tage vorher die Ankündigung der
neuen Operette gelesen, bei der eine
Vivian Darcy die Titelrolle
spielen sollte.
Vivian Darcy welche Erinne
rungen weckte dieser Name in ihni
ton, wie er bei der Heimlehr den
Colone! aus dem Automobil steigen
hinter Vivian! Da
diva! DaS mußte den Colone! ei
nen hübschen Batzen Geld gelostet
haben, denn nur so war es denkbar.
Da man für Geld ja heute alles
laufen kann, Männer, Weiber, war
um nicht auch den elenden Bühnen-
Jansen hatte ihn ins Theater be
gleitet. Sobald sein Blick auf den
Automobil wieder; er tat einen lei
sen Pfiff und lacht« ein Auguren
lächeln und begriff sogleich das gan
ze Geheimnis der raschen Karriere.
Beide waren mit der ausgespro
chenen Idee ins Theater gelommen,
zu sehen, mußten sich aber alsbald
eingestehen, daß aus der Raupe wirk
lich so etwas wie ein Schmetterling
geworden war-
Unbegreiflich schien es ihnen, weil
sie eben nicht wußten, was ein un
ermüdlicher Regisseur und ein Toi
lettenkünstler aus einer geschmeidi
gen, ehrgeizigen Teuselsdirne machen
können, wenn ein Bankpräsident mit
einem Checkbuch dahinter steht. Und
ein Gran Talent und viel Tempera
ment.
Ein agiles Persönchen schwirrte in
einem raffinierten Kostüm auf die
Bühne hinaus und sang und tanzte
einen Ragtime, der sofort wiederholt
werden mutzte und bei der Wieder
holung noch besser gefiel. Ein ganz
kleines Stimmchen zwitscherte die
Melodie, und ein paar Füße, so be
hend und graziös wie die einer
Sylphide, wirbelten umher in tollem
Reigen.
Und dann erst im zweiten Akt
der entzückende Tanz der Tulpen.
Zuerst Vivian mit dem Sextett der
statuesken Beautös, dem der Chor
sich allmählich zugesellte, lauter blut
rote Tulpenblüten. ein wogendes
Tulpenbeet von raffiniertem Farben
reiz es war ein Blender, ein
Schlager. Dazu ein pikanter Wal
zerrhythmus, der im Ohr haften
blieb, vom Komponisten mit glückli
cher Findigkeit zusammengestohlen.
—'— Man hatte so etwas pikant
Reizvolles feit langem nicht gehört
und gesehen.
Vivians Ruf war gemacht. Bei
den Wiederholungen begann das
Publikum schon mitzusingen. Selbst
Jansen schüttelte besiegt den Locken
kopf.
„Sie hat's erreicht," flüsterte er
seinem Nachbar zu.
„Kein Zweifel, sie steht oben auf
der Leiter," bestätigte Shirley.
Wäre noch ein Zweifel darüber
geblieben, so hätten die beiden sich
am nächsten Morgen durch die Zei
tungen eines besseren belehren lassen
können. Denn Vivian Darcy war
erwacht und fand sich, wie Lord By
ron, berühmt.
Rasch waren alle diese Gedanken
und Erinnerungen durch Shirleys
Geist geschlossen, als er dem Colone!
nachblickte, der schlürfenden Schrit
tes, ohne seine frühere Elastizität, in
fein Zimmer zurückkehrte.
Es ging aus drei, zu welcher
Stunde die Banken ihre Türen schlie
ßen. Bizepräsident Osborne ent
fernte sich, so daß der Colone! al
lein zurückblieb, von Geschäften und
Sorgen eingehüllt, über deren Natur
der andere in völliger Unkenntnis
geblieben war. Denn diese beiden
Männer, Gegensätze in ihrem ganzen
Denken und Handeln, von rivmisie
renden Interessen in der Bank ge
halten, standen einander wie Feinde
gegenüber, stets bereit, einander zu
befehden und durch versteckte Stiche
sich gegenseitig zu schädigen. Das
hatte Jameson sich vorgenommen:
wenn der große Coup glücklich zu
Ende geführt war, und er wieder
über die nötigen Gelder verfügte, so
sollte es sein Erstes sein, sich die
Majorität an Bankaktien zu sichern
und Osborne über Bord zu werfen.
Unter Shirleys Aufsicht waren die
Gelder der Bank im Gewölbe ver
schlossen worden. Der Junge hatte
ihm eine Nachmiltagszeitung ge
bracht, deren Marktbericht er eben
aufmerksam las, als plötzlich in die
Stille das dumpfe Geräusch eines
schweren Falles aus dem Nebenzim
mer zu ihm hereindrang.
Sofort sprang Shirley aus und
rannte aus die Glastür zu. Groß
war seine Bestürzung, als er den
Chef auf dem Teppich hingestreckt
sah, bewegungslos, als ob eine plötz
liche Ohnmacht ihn niedergeworfen
hätte. Die rechte Hand, -die offenbar
nach einem Halt umhergeirrt war,
war vorgestreckt.
Schweratmend lag Jameson da.
Auch im vorderen Teil der Bank
war der Fall vernommen worden,
und mehrere Angestellten eilten jetzt
herbei, um den Colone! aufzurichten.
Kraftlos sank der Kopf auf die Brust
nicht entschwunden.
„Ein Schwindclanfall nichts
von Bedeutung," murmelte Jameson.
Einer der Männer brachte ein Glas
Wasser, und der Erkrankte goß ein
paar Schluck hinunter, die ihn zu
beleben schienen.
ken. Colone!?" fragte Shirley. .Es
hat einer hier in der Nähe sein
Jameson schüttelte den Kopf. Er
suchte sich aufzurichten, alles schien
aber mit ihm im Kreise herumzuwir
beln, so daß er plötzlich mit dem
Arm herumirrte, bis Shirley hinzu
sprang und ihn stützte.
»Ja, schicken Sie zum Arzt er
muß mich wieder aus die Beine krie
gen."
Nachdem man dem Jungen die
Adresse gegeben, rannte er davon,
in ein Handtuch gewickelt, da» Shir-
ley dem Patienten auf die Stirn und
ir> den Nacken legte. Dabei fühlte er,
wi« die Haut heiß und feucht war,
ein heftiges Fieber schien ihn ge
packt zu haben.
.Danke Ihnen, meine Herren",
sagte Jameson nach kurzer Paus?
mit der Hand ein« Bewegung ma>
chcnd, „es genügt, wenn Mr. Shir
len hier bleibt".
Die beiden blieben allein, Shirley
trocknete seinem Chef das Gesicht,
auf dem dicke Schweißtropfen lagen,
„Vielleicht sind's nur die abge
spannten Nerven", bemerkte er da
bei.
„Ich hoffe, ich hoffe zu Gott.
Nur jetzt nicht krank werden, das
wäre unsagbar —" Wie ein Grollen
aus tiefster Brust herauf klang es,
.Seit Wochen hab ich gefühlt, wie «s
näher und näher gelommen ist.
Nein, nein —vielleicht, daß ich
was gegessen habe —"
Shirley begriff die ganz« ungeheu
re Tragweite der Worte, die verzeh
rende Angst, jetzt von einer heimtück--
fchen Krankheit ergriffen zu werden,
jetzt, wo alles, alles auf dem Spiel
stand. Er war selbst so benommen,
laß es ihm unmöglich war, banale
Trostworte zu flüstern es war
ihm, als ob er in einen Abgrund
starrte. »
Glücklicherweise erschien der Arzl
wenige Minuten später. Er begann
sofort seine Untersuchung, maß die
Temperatur, stellte Fragen über Fra
gen und machte ein immer bedenlli
cheres Gesicht.
Als er vernahm, daß Jameson
schon auf dem Lande wohnte, schlug
er vor, ein Hospital in der Stadt
aufzusuchen, stieß dabei j«doch auf
den heftigen, fast ärgerlichen Wider
stand des Patienten.
dem Lande und außerdem einen Arzt,
der mich seit Jahren lennt", wehrte
er. .Geben Sie mir nur irgendein
nervenstärkendes Mittel". *
Der Arzt verschrieb es, und im
Laufe einer Stunde brachte er den
Colone! tatsächlich so weit, daß
in Begleitung Shirleys den Heimweg
antreten lonnte. Inzwischen hat!«
dieser durch einen Eilboten, der ei
nen früheren Zug zu erreichen ver
mochte, Cynthia in Kenntnis gesetzt.
Sie war selbst mit dem Automo
bil am Bahnhof, um den Bater in
nicht der Ausdruck des Entsetzens,
als sie die gebeugte kraftlose Gestalt
aus dem Waggon kommen sah, von
hilsbereiten Händen mehr getragen
als gestützt.
Obgleich Shirley bis zum Land
teilte, am kommenden Tage in aller
Frühe Dobbs auszusuchen und ihm
Mitteilung zu machen.
„Aber machen Sie es nicht schlim
mer, als es ist", murmelte Jameson.
„In zwei, drei Tagen bin ich wieder
hoch."
Als Shirley dann nach all den
Aufregungen wieder im Zug saß.
war sein Gemüt düster und bedrückt
In zwei, drei Tagen Der alt«
Hausarzt hatte ein sehr bedenkliches
5n Cynthias Blick, der so voll Eni--
Nur einmal hatte sie sich an ihn ge
wandt „Dies ist eine Katastrophe!"
bauibte sie kaum hörbar. Seltsam.
Tochter um das Wohl des Baters
Bielleicht ja, das mußte es sein
ahnte sie. wußte sie die ganze er
schütternde Gewalt deSVerhängnisses,
die in dieser so plötzlich und furchtbar
hereingebrochenen Krankheit lag
Bierzehntes Kapitel.
Noch vor Beginn der Börsenstunse
cm folgenden Morgen l«trat Shir
l-y das Bureau de: Firma David
B. Dobbs und C. Sofort wurde ee
in das Privatzimmer des Chefs ge
führt, dessen Tür er ins Schloß fal
len ließ.
Mit einer großen Havana im
Runde stand Dobbs am Finster und
Nickte auf die Straße nieder, auf da»
Getriebe der Menschen, die ihr Tage
werk begannen. A?i seinem Eintritt
wandte er sich, und Shirley sah ist
ein Antlitz, in dem sich ein ruhiges
Selbstvertrauen, heitere GemütSstim
mung, sah ein? derbe Lebenslust spie
gelten. In dieser behäbigen Gestalt,
diesen klaren, freundlichen Auge,',
bötte niemand den waghalsigen Spe
kulanten vermutet, der im Begrif'
stand, die Augen des ganzen Lan
des auf sich zu lenken und einen
Kampf zu führen, bei dem Mut, Ent
schlossenheit, Kaltblütigkeit, alle Ei
genschaften eines kommandierenden
Generals, erforderlich waren.
Er schüttelte dem Besucher d'k
Rechte. „Mr. Shirley. sehr erfreut;
Sie bringen mir jedenfalls Nachrich
ten vom Colone!."
Shirley nickte einen Augen
blick preßten seine Lippen sich aufein
„Ja aber leider, keine guten
Coline! Jameson ist erkrankt. Ge
iern nachmittag Kurde er plötzlich
vcn einem heftigen Sch oindel ergris«
fen in der Bank er
stürzt« zu Boden " Er sah, w!«
die Gestalt des anderen sich straffte,
der Ausdruck plötzlich hart wurde,
ein durchbohrender Blick in ihn
hineinzudringen schien. Ein ganz an
derer Mensch stand vor ihm .
„Heißt das. daß Jameson ernstlich
erlrankt ist?" Er bemerkte, daß
Shirley mit der Antwort zauderte.
„Ich muß die Wahrheit wissen
das ist imperatorisch," fügte «r kurz,
entschlossen hinzu.
»Der Colone! selbst ist der An
sicht, datz er in ein paar Tagen wi«-
der hergestellt sein wird sein Arz!
gab ausweichende Anlworten. Ich
befinde mich in einer difficilen
Situation Ich hoffe natür
lich, daß es nur vorübergehend fein
möchte. Der Colone! bittet Sie, ihn
heule abend auf seinem Landsitz zu
„Ich verstehe " Dobbs sank
!m selben Moment wieder auf und
schritt hastig im Zimmer aus und
ab. Eine schwüle, sich endlos dehnen
de Stille entstand, während Dobbi
in seinem Hirn die so plötzlich oer
„Was ist Ihre eigene Ansicht?"
„Meine Ansicht hat leinen Wert
lich« Natur, ein Mann von seltener
Energie "
«Ja ja —" Dobbs starrt« wi'-
an das Pult trat.
Dienst leisten?" fragte «r.
Ihres Chefs genießen "
.Danke Ihnen, Mr. Dobbs," sag-
Nachl."
Dobbs nickte, und Shirley war.
entlassen. Lang« Zeit saß der Malle:
Stimmungsmacher, die Zaghaften,
Stütze für die Wankenden, als Bei
riß die Leute nicht mit sich fort wie
Jameson, ihm fehlte die Macht des
Als Dobbs später aus der Börse
derbeS, lautes Lachen hatte den al
ten Bollllang, derselbe Optimismus
durchtränkte alle seine Worte, und
Erst Abends auf dem Landsitz
JainefonS, als er den Patienten wie
paar Tage Schonzeit bat.
Auch Hubbard war bei dieser Kon
ferenz im Krankenzimmer zugegen.
Worte beruhigten den Kranken, d«r
n«uen Mut schöpfte, und dessen er
schüttertes Vertrauen sich wieder hob.
Auch Cynthia halte ihn vorher schon
Blick, mit dem Dobbs Mr. Hubbard
mit Leib und Seele bei der Sache
Er war unsicher, wortlarg, der Glau
be, der Berge verfetzt, der lreiste ihm
nicht im Blute, der kühn zufassende
Wagemut, der den Sieg in sich trägt.
(Foriletzung folgt.)
spielte Max im Winter Karlen,
Jetzt muß er leider Kind«r warten.
Liir <iie «>iicde.
Ein feines Bohnenge
richt. Eine Kasserolle wird mit et
was Fett belegt. Wenn dasselbe heiß
ist, werden Schafskoteletten hineinge
legt, dann eine Lage grüne, zarte
Bohnen, auf diese eine Lage halbier
te, geputzte Tomaten, auf jede La
xe das nötige Salz und Pfeffer,
hierauf folgen wieder Koteletten, Bo
hnen und Tomaten, etwas Fleischbrühe
daran und zirka Stunden ge
locht.
Schaffleisch mit Peter
silie. Schaffleisch von der Brust
in Borlegstücke schneiden, dieselben
in einen Gußtopf legen, ohne Fett
auf schwachem Feuer etwa fünf Mi
nuten ziehen lassen, so viel wie.nö
tig Salz daran, bis das Fleisch Saft
zieht. Eine Zinke Knoblauch fei»
schneiden, eine Handvoll Petersilie sein
gewiegt, etwas Salbei, ein Rübchen,
einen Löffel Mehl, zwei Löffel gedörr
tes, fein gestoßenes Brot hinein, und
alles ein Weilchen schmoren lassen.
Dann kaltes Wasser daran, bis es
über dem Fleisch steht, gut zugedeckt.
oder Birnlompott dazu.
Gebackene Brodklöße. Er
satz für Fleischbouletten. Man be
sten altbackener Brode und weicht un
gefähr 11/2 Pfund in Wasser ein, um
es dann im Seihtuch vorsichtig auS
sili« dazu und rührt die Masse so
lange über kleinem Feuer, bis sie sich
vom Gefäß löst. Nun wird sie in
eine Schüssel geschüttet und muß
vollständig erkalten, wonach man 2
bis 3 Eier, ein wenig seingehacktes
Thimiankraut, etwas Salz und so
viel Mehl und geriebene Semmel hin
zufügt, daß ein gut haltbarer feste?
Teig entsteht. Aus diesem Teig
formt man gleichmäßig große slach«
Klöße, wendet sie in verquirltem Ei,
dann in geriebener Semmel und bäckt
sie in siedendem Backfett schwimmend
schön goldbraun. Man nimmt st»
mit dem Schaumlössel heraus, gibt
sie auf eine erwärmte Schüssel und
»eicht am besten eine pikante Sauce,
z. B. Senf- oder Meerrettich-Sauc«
dazu. Auch kann man diesen Kloß
teig, nachdem man einen Probelloß
probiert, mit einem Etzlöffel in >»'
chendes Wasser abstechen, läßi d,e
Klöße 15 bis 20 Minuten kochen und
serviert sie wie Kartoffeln zum
Fleisch. In diesem Falle läßt man
ober lieber den Thimian fort.
Petersiliensauce zußind
fleisch. 3 Löffel voll gehackter
Pelersili? gibt man in eine Butter
schwitze von 1 Unz« Schmalz und 2
Löffel Mehl, loch! dies mit Fleisch
brühe zu einer sämigen Sauce auf uni»
verrührt diese mit 2 ganzen Eiern.
Römischeßohnensppe. Et
was Zwiebel wird in Oel oder But
ter geröstet und mit den schon vorher
weichgekochten Bohnen unter Be
nutzung des Bohnenwassers und un
ter Beigabe einer Tomate gekocht.
Beim Auskochen fügt man noch Sap
penudeln hinzu. Statt der Bohne»
können auch Erbsen oder Linsen ge-
Gebackene Zunge. Die Och
senzunge wird mit Wurzelwert. Pfef
fer, Salz, Essig etwa vier Stund«,
was nbgekühtt, in lange, schräge
Streifen geschnitten. Man wendet
sie in Ei und einer Mischung von
geriebenem Schwarz- mrd Weißbrot,
Petersilie. Schalotte. Salz und Pfef
fer und backt die Scheiben in heißem
Schmalz auf beiden Seiten schön
braun, um sie mit Zitronenscheiben
zu garnieren.
Tomatensauee. Eine Nein«
Zwiebel wird mit Pelersilie und Sel
lerie ganz sein gewiegt und mit Oel.
Pfeffer und Salz in die Pfanne
gegeben. Dazu tut man 7—B Toma
ten und läßt alle? unter häufigem
Umrühren kochen. Ist die Mischung
dick geworden, so wird sie durch ei
nen Sieb getrieben. Diese Sauce
gibt man zu Rindfleisch oder zu
Malkaroni oder Reis.
Abgezogenes Gurkengt»
miife. Die geschälten Gurken wer
den in Hälften oder Viertel ge
schnitten, von Mark und Kernen be
freit, in Stücke geteilt und mit Salz
bestreut eine Stunde beiseite gestellt.
Dann schmort man sie in zerlassener
Butter nebst etwas Wasser und eini
gen Löffel mildem Essig langsam
über »einem Feuer weich. Die Brü
he darf nicht zu lang fein, man ver
kocht sie zuletzt mit etwas Essig oder
tut einige Tropfen Zitronensaft da
zu und zieht das Gemüse mit I—2
Gebrannte Mehlsuppe
mit Petersilie. Man läßt 254
Unzen Butter über »einem Feuer
lochend werden, rührt 3—4 Löffel
Mehl hinein und rühr! so lange, bis
es zu steigen beginnt. Dann fügt
man unter stetem Rühren 1)4 Quart
siedendes Wasser und etwas Salz da
zu, läßt das ganze zu seimiger Sup
pe kochen, gibt eine Obertasse saure
Sahne dazu und verquirlt zuletzt die
j Suppe mit 2 bis 3 Löffel seingehack
' ter Petersilie.