Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 16, 1914, Image 2

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    S»tn letzte» «t «»»cht.
»m Hantsch.
«ücksicdtsks.
Ein Klingeln, leise, wie bittend.
das Mädchen schnell.
.Aber Papa" es klang mehr
«rpaunt als erfreut „woher kommst
du denn jetzt, vor zwölf? Ich er
warte dich doch um drei zu Tisch.
Du wir haben noch ein paar
„Sei nicht böse, Kind. Ich hatte
Sehnsucht, euch zu sehen. Der
Herbstwind macht melancholisch. Laß
«ich -,ier ein Weilchen im Klubsessel
om Fenster sitzen und die Sonne
fühlen Der Weg hat mich müde ge
macht."
Er legt? seine lange, schlanke, jung
Ablieben- Gestalt zurück und schlug
die Beine langsam übereinander
«was Abwesendes über allen seinen
Bewegungen.
Der Mittagssonnenschein wob sein
hel>S Licht um den Kopf mit den
durchgeistigten, nervösen Zügen. Er
Zwang seine Blicke los von dem Wege
draußen, wo der Herbstwind die Bäu-
Me bog und in wirbelnden Kreisen
Sa» schwarzgesprenkelie, lose Laub
zum Tanze lud
Langsam gingen seine müden Au
«rn umher und streiften das Eichenge
<äsel an Decke und Wänden.
Die hohe, stolze Gestalt seiner
Tochter stimmte wundervoll hierher,
ihr weißes, fließendes Gewand und
hochmütig regelmäßiges
Er wußte sich in einer Atmosphäre
V°n Frieden und Korrektheit geb»r
«en, Ei» wenig pharisäisch freilich
»ar auch er. der Mann, der diese
Atmosphäre mit ihr teilte, aber auch
das paßte zu ihr und in ihr Milieu
Hinein. Sein Blick flog vergleichend zu
dem Bilde im goldenen Rahmen hin
aus. Zu ihr dort oben, die sein
Weib gewesen war. hätte der Klang
hier nicht gestimmt; ihr Leben war
«in steter Wunsch gewesen, alles zu
begreifen, um alles verzeihen zu dür
lrn.
Die silberne Schere, mit der die
schöne Frau Traubenzwüge geschnit
ten. klirrte auf die Erde. Er schrak
„Ist dir etwas, Papa? Ich glau
be. du siehst blaß aus heute, blasser
als sonst. Schmerzt xin Kopf wieder
fo? Mach' noch eine Fahrt durch
den Tiergarten, ehe du zu Tisch
kommst. Ja?"
Sie strich mit der vollen Hand über
sein seidenes, dünnes Haar, daß er
die Ringe ihrer Finger erkältend
fühlte.
Plötzlich mit einem unterdrückten
Laute, einem Aufschluchzen ähnlich,
riß er sie an sich, bog ihr Gesicht her
unter und bedeckte ihr duftendes, blon
des Haar mit Küssen.
„Papa, was bist du nervös!" Sie
machte sich los, lachend und doch ge
schmeichelt von seiner spontanen Zärt
lichkeit.
Für Stimmungen fehlte ihr jedes
Feingefühl. Sie verstand nur das
gesprochene Wort.
„Laß mich die Kinder sehen, ehe ich
«ehe."
„Wie kommst du darauf, Papa?
Die schlafen doch jetzt."
„Ich bitte dich, ich möchte sie s»
gern noch so gern sehen und spre
chen hören."
Aber du kommst doch dann, Papa!
In drei Stunden bringt Mademoi
selle sie in neuen, weißen Svitzen
kleidchen mit dem Nachtisch Herein,
dem lieben Großpapa die Hand zu
küssen. Und du mußt dir, bitte, mer
ken: Ma hat ihr Haar an der
Schläfe mit blauen Schleifchen ge
bunden und Mi mit weißen. Du
darfst sie nicht wieder verwechseln,
sie sangen an, das drollig übelzuneh
men."
Sie merkte nicht, daß er nur ihr
»Nein" gehört, daß sie vergebens viel
gesprochen.
„Und wenn ich dich doch bitte,
Kind," beharrte er, »ich habe dich nicht
um viel gebeten im Leben, wecke sie
und laß mich ihre Gesichtchen fühlen
und ihre Hände."
Sie war wider ihren Willen und
zu ihrem eigenen Verwundern ergrif
fen, vielleicht von dem verhaltenen
Ton in seiner Stimme. Sie antwor
re!e geduldiger, als sie sonst getan
hätte einem so töricht eigensinnigen
Wunsch gegenüber.
„Papa, ich verstehe dich nicht. Du
bist doch wirklich sonderbar heute.
Wer weckt denn Kinder mitten ors
dem Schlafe! Das ist doch eine Lau
ne von dir. Sei nicht böse, daß ich
.So laß mich wenigstens in ihr
Zimmer und an ihre Gitterbettchen
heran.
„Aber das ist ja doch dasselbe. Sie
erwachen, wenn man sie ansieht. Ich
erlaube auch nie, daß nachgesehen
wird, ob sie ausgeschlafen haben, weil
elektrische Klingel jedem Bettchen,
Sie sprach immer weiter, weil sie
des alten Mannes Enttäuschung zu
fühlen begann, mehr als sie sonst mit
anderen fühlte.
Eine sonderbare Laune heute!
Und er war sonst immer so gleich
mäßig und beherrscht und bei allem
Idealismus, den sie schon als Mäd
chen still belächelt hatte, so selbstlos
„Trinkst du ein Glas Sherry, Pa
pa?"
Sein Gesichtsausdruck störte sie.
Sie trug die Kristallflasche zu ihm
ans Fenster und goß ihm ein.
Er hob das' Glas. Ein Sonnen
strahl fiel darauf und ließ es für
einen Moment aufblitzen, als ob Blut
darin flösse. Er trank es hastig und
erschauernd leer und setzte das Glas
so harj nieder, daß es auf der Ma
lachitschale in das schwüle Schweigen
wie ein Klagelaul klirrte, ehe es zer
sprang.
„Leb'wohl, Erpreßte ihtt
Hand, daß die Steine an ihrezi Rin
gen in seine feinen, fleischlosen Fin
ger schnitten. Schon einmal hatte
An der des Kinderzimmers
schlich er vorüber, als hielte der Bo
den seine Füße fest. Seine Hand
Aber es war spät geworden.
Der silbergraue Chiffonstoss, de:
die weiße Seide verschleierte, gab ihr
sten entgegen.
net. Er läßt sich für heute entschul
digen", hatte ihr Mann ihr eben zu
geflüstert. Und als die Gäste sie
verlassen hatten, sagte er rasch: „Es
war hohe Zeit. Ich habe Vater ver
sprechen müssen, vor Abend eine
Stunde allein zu ihm heranzufahren.
„Ich will nicht gestört sein, Fried
rich. Ich habe zu arbeiten. Stel
len Sie mir nur Kognak und Was
ollein sein. Bist eine anständige
Seele. Friedrich." Weich klang die
Stimme und freundlich sah er ihn.
Ein lautloses Schluchzen schüttelte
Lächeln sollte nicht mehr weichen von
seinen Lippen.
So er sich zum Schreiben
herrschten, ruhigen Händen.
Die etikettelose Flasche mit der
wasserhellen Flüssigkeit und die
Spritze prüfte er sorgfältig und sach
lich. Er schien vertraut damit.
Schnell, als fürchte er ein Besin
Arm. Er ließ sie stecken, nur die glä
serne Röhre entfernte er. Er füllte
sie wieder und immer wieder und trotz
Bewußtsein langsam vornüber auf
die Platte des Schreibtische, an dem
er sitzen geblieben war. Niemand
Schlaf.
« « »
Sein Schwiegersohn trat ein. Im
Momente er wußte auch später nie
sucht.
Licht über die gelbweißen Züge, die
den Ausdruck friedvollen Schlafes
trugen.
Grauen.
Schreibtisch. Das Gesicht des Toten
hielt ihn fest.
Taumelnd fast ging er. Seine
nach hintN» sich stützende, tastende
Hand griff in das offene Etui.
kenden Knall, der unheimlich schrill
in die Stille kling.
Sonderbar, daß er so ruhig war.
Mechanisch betrachtete er den weißen,
pulverigen Niederschlag um den
Br»f. von dem sein Name ,hn an
des Brieses und stehend noch las er,
auf die Platte gestützt:
gesehen. Aber es geht über meine
Kraft. Verzeiht, wenn Eurem Ideal
von korrekter Lebensführung mein
„Tumor im Gehirn" bedeuten könnte,
trösteten einstimmig: „Alles!" Siche
res Siechtum und Verblöden und
Erblindung, gelähmten Leib und eine
sieche Seele!" Daß ich das abwarte,
nur um zu leben und korrekt zu sein,
kann niemand fordern, auch Ihr
nicht. Meine Angelegenheiten sind
geordnet, meine Bestimmungen nie-
Eure Kinder lieb. Ich haAe
Lebt wohl!
Er las es noch einmal, dann zer
riß er das Papier, peinvolles Mit
leid in den Zügen, auch Mitleid mit
sich selber. Mit gequälter Stirn
wartete er, bis die Flammen im Ka
min auch den letzten Schnitzel, den
Beweis eines gesuchten Todes, zu Asche
gebogen. Dann öffnete er hart die
sten Blick in das Gesicht des Toten
tert sei.
ganz Unerwartetes. Du n.ußt ru
hig sein. Bleib ruhig dein Vater
ist tot.
.Der Vater ist tot! Das ist^ja
Brief vernichtet, weil ich dich schonen
wollte."
.Das ist auch das Furchtbare dar
dürfte. Er selber! Die Schande!
Uns das anzutun! Dir und mir!"
Jetzt weinte sie auf. „Dieser Skandal!
Was soll man den Leuten sagen?
Gott weiß, was für Motive sie suchen
werden. Ich schäme mich ja so!" Sie
doch nicht! So rücksichtslos gegen
uns. Dieser Skandal!"
Er sah ihr mit seltsamem Lä
ten.
fürchtet! Das hatte er nicht nötig
gehabt. Aber so viel Kälte und Her
zenshärte! Das war ja schon beinahe
eine Sünde gegen den guten Ge
.Mitleid? Warum sollte ich Mit
leid mit ihm haben? Was hat er
entbehrt? Auch wenn er krank war,
was hätte er entbehrt? Er hätte sich
alles schassen können, was er brauch
te, und er hatte doch uns und die
Kinder."
Die Kinder! Sie hielt inne.
Wenn sie das gewußt hätte, heut mor
gen, sie hätte ihn sicher hineingeführt
an ihre Betten, sicher. Sie war
stolz auf diese Regung. Fast weich
wurde sie im Bewußtsein davon, wie
gut sie im Grunde war.
„Kom, wir werden Hinsahren müs
sen, gleich. Ich will nur ein dunkle
res Kleid anziehen."
Die Kinder mußten ein Wort auf
gefangen haben, als sie sich zu den
„Wo ist Großpapa? Was ist denn
bei Großpapa? Mich will Großpapa
liebhaben."
„Bringen Sie mir die Kinder
fort, Mademoiselle. Meine Nerven
halten das nicht aus. Das sehen Sie
Sie hielt beide Hände vor die klei
nen Ohren. „Rücksichtslos gegen uns
alle!" das war der Gedanke, der sie
nicht losließ und alles Gefühl ver
>ch!ang.
Und wie sie die Treppe hinunter
ging, klang es ihr noch bis in den
doch nicht tot. Sei doch nicht tot,
Großpapa!"
«itmor« «l» »ropl,«».
nach einer naiven Frage eines pom
merschen Gutsbesitzers, wie lange
Louis Napoleon wohl noch auf dem
Thron bleiben würde, in Barzin die
Prophezeiungen zu Sprache, die gele
gentlich von phantasievollen Franzosen
für den Fall Napoleons berechnet
worden waren. Die Zeitungen hat
ten eine Prophezeiung gebracht, die
ihm das Jahr 1869 für verhängnis
voll erklärte. Louis Philipp hatte
nach seiner Thronbesteigung 1830 so
viel? Jahre regiert, wie die Addition
der Zahlen seines Geburtsjahres 1731
ermb. und es sollten für ihn auch
die Addition der Zahlen seines Hoch
zeitsjahres 1827, wie G. oon Wil-
Bismarck" mitteilt, das Jahr 1848
Für Louis Napoleon, geboren 1808,
vermählt 1853, sollte nun dieselbe
eine Regierungszeit von
Philipp sich gehalten hat? Halten
Ende"?"
Witwe geraten, >ah'lens fünfund
zwanzig Pfennig Strafe!"
Die «lecb-ttte.
scheert. Wilhelmch«, hatte sich wohl
dieser seiner Vorsicht war sein Ga
bentisch mit den schönsten Geschenken,
mit allem, was ein Kinderherj er
freuen kann, schwer beladen.
Aber all die kostbaren Spielsachen,
die Pupp« in Seidenhöschen und im
Spitzenkragen, der farbige Steinbau
kasteii, das Märchenbuch in Pracht
einband, die handgroßen Bleisoldaten
sie alle hatten auf die Dauer den
kleinen Besitzer nicht fesseln und er
freuen können. Die kleine, grell be
malte Blechente, die auf zwei steifen
Beinchen lief und die das Dienstmäd-
Straßenhändler für einige Groschen
erstanden hatte die hatte allgemach
die ganze Konkurrenz aus dem Feld»
„Gra-Gack Gra-Gack Gra—
hend aus Schrauben und Metallfe
dern, versagten langsam.
Da wurde der Papa und Mama
tagsüber gequält, um den streikenden
anzuhalten. Bald hatte Frau Mül
ler in der Küche und Herr Müller
chen.
Die neue Ente blieb stets im
„Stall" und der abgediente lahme
des Abends ins Bett, auf den Nacht
tisch.
gen. Aber Wilhelm ließ sich auf ei-
Lehrmeisterin konnte. Und er hatte
Erfolg. Der „Nikolaus" zog das
Blechviehchen wieder aus dem Kehricht
chen seinen geliebten Vogel.
Doch eines Tages hatte Herr Mül
ler eine wichtige Berechnung auf sei-
Wilhelm hielt das Unglück seiner Ente
nein blondlockigen Einzigen endlich
die Geduld verließ.
„Nicht aus dem Arbeitszimmer zu
Wilhelm heult oder nicht. Er soll
stört hat".
Abfallkasten bevorstand. In seinem
Zorn nahm Herr Müller das Un
glücksvieh und stellte es auf den Bo
den des Nebenzimmers. Er wollte sie
aus den Augen haben. Auch das er
trug die Ente gleichgültig.
» « »
Die Glocke hatte Mitternacht ver
kündet. Das Müllersche Ehepaar war
über seinem Disput eingeschlafen.
dem die Ziffern nicht stille stehen
wollten. Wilhelmchen aber schnarchte
sorglos und hatte sein Däumchen in
Mäulchen gesteckt.
Da raschelte es leise im Nebenzim
mer. Eine Maus schien ihr Spiel
zu treiben. Dann ward es wieder
still.
Die Uhr tickte, die Schläfer atme
ten. Da raschelte es wieder. Ganz
leise! Und horch? Knarrte da nicht
eine Diele?
Im Mondenschein, der durch di«
Vorhänge matt in das Nebenzimmer
undeutlich eine schwarze
Sie stand still, regungslos, wie er
schreckt über das Knarren der Boden
diele.
sie lauschend still.
ficht. Vorsichtig streifte der schmale
gefährliche Nachbarschaft. Aus
tallenen Gegenstand.
„Gra-Gack Gra-Gack Gra-
Gack— Gra-Gack."
schießt ein unbekanntes Etwas hinein
„Gra-Gack!"
Ganz entsetzt läßt der Dieb bei
„Wer da?" Mit einem Satz ist !llMer
!llMer aussein Bett. Er saßt
tapferen Ente: „Gra-Gack!" Gra-
Gack!"
Und nun versteht Müller das
Abend auf den Fußboden des Neben-
Die Gänse hatten dereinst den Rö
kleine Blechente ihre Ruhestätte, —-
nein, sie ziert noch heute den Schreib
tisch bei Müller? und ehrfurchtsvoll
lauscht der Besucher der Erzählung
„Ära Gack!" I
Trost.
„Liebe Claudia, die Leute sagen
immer, Du hättest mich nur wegen
meiner fünf Millionen genommen!"
„Glaub' doch nicht solche Dinge!
Ich hätte Dich genommen, und wenn
Du nur drei gehabt hättest!"
Allzu ängstlich. Brief-
Pen eintritt): „Hier ist ein Brief für
Ihren Mann ... der kost«t aber
Frau (erschreckt): „O je, da soll er
Herr: „Sagen Sie, Herr Direk
tor, wie ist denn das Feuer in Jhret
Fabrik ausgebrochen?"
Direktor: „Ja, darüber kann
ich Ihnen nichts Näheres sagen!" ,
Herr: „Aha, Geschäftsgeheim
nis!"
Zweifelhafte Schmei
chelei. Gatte: „Beim Anblick die
ser herrlichen Rosen muß ich immer
an Dich denken."
Frau: »Aber sie sind ja künstlich!"
Gatte: „Na ja, aber so natürlich
gemacht!"
„Ach, Emil, ich bin so traurig, Du
hast das Versprechen gebrochen, dai
Du mir gegeben hast!"
Er: »Na, weine nicht, Kind, ich
geb' Dir'n anderes!"
Mißtrauisch.
Tante: »Nu, mei Baulchen,
warum willste denn durchaus nich
mit d' Ferienkolonie bei uns nauS
vss'S Land?"
Junge: »Nee, nich um de Welt!
Mei Vater hat gesagt, osf'n Land da
»dreschen" se mit Maschinen!"
Der Schwerenöter.
Fremder: »Also die Saison hat nach
Ihrer Ansicht bereits angefangen
- J Eifer. JunggeseNe:
dig!"
T-Ttrahlea.
»Du strahlst ja heute so. Manne?"
»Weil ich Dich sehe, mein Engel!"
„Ach, Du Oller; ich dacht«, es kä
me von der Diamanienbrosche, die
Du mir schenken wolltest!"