Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 02, 1914, Image 6

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    Der Sturmvogel des Bürgerkrieges
war Zehn Brown ein „Goiteöftreiter", »in Meuchelmirder »der ein Geislc»>
peslZ» Icr?
Von Wilhelm Kaufmann.
Aus der Feder von Oswald Gar
rison Villard ist unlängst ein«
ausführliche Biographie John
Browns erschienen. Der Versasser
ist der Enkel des Abolitionisten Gar
rison und der Sohn Henry Billards
(Heinrich Hilgard auS Speyer). Bei
derartiger Herkunft ist wohl anzu
nehmen, daß der Verfasser mit dem
von ihm behandelten Stoffe sozusa
gen aufgewachsen ist. Das merkt
man übrigens auch aus der Ueber
schwenglichkeit, mit welcher Herr
Villard die Tollhäuslertat Browns
bei Harpers Ferry feiert. Er sagt:
.Wenn John Brown in Bezug auf
die Sklavereifrage ali geistesgestört
zu gelten hat, dann hätten Lucretia
Mott, Garrison, Phillips und Horace
Greeley sicherlich nicht frei umher
laufen dürfen. Wenn John Brown
das Opfer einer fixen Idee war,
dann war eS auch Martin Luther
und jeder Märtyrer der Gewissens
freiheit."
bei Billard:^
Waffe Ä e 112 "
Jahre später schreibt, sollte doch wohl
John Brown >m Jahre IS6S.
Puritaners vor Gericht als einen
.Ausstieg zu geistiger Größe" und
erinnert an Lmher und jeden Märty
rer der Gewissensfreiheit! So weit
mir bekannt, hat diese Darstellung
Billards kewen Widerspruch erfah-
FreiheitShelb gefeiert, sein .Idealis
mus", der sicherlich nur auf einer
Wahnvorstellung beruhte, wird noch
immer als vorbildlich hingestellt.
Bei der Beurteilung von Browns
unheilvollem Wirken in der Geschich
te wird viel zu viel Gewicht gelegt
aus sein Auftreten vor seinen Rich-
tern, derart, daß man darüber mei
stens feinen nur durch Unzurechnungs
fähigkeit entschuldbaren Uebersall
aus Harpers Ferry vergißt. Aber
die beiden Dinge gehören untrennbar
zusammen. Man kann Brown nicht
als Märtyrer feiern, ohne den Alten»
täter Brown mit in den Kauf zu neh
men. Die Einzelheiten jenes Ue
berfalls sind jetzt fast vergessen, noch
weit weniger weiß man aber von
Browns schauerlichem Rekord in
Kansas, und nur der Brown, wel»
chen das Kriegslied feiert, schwebt
als ein» Jdealgestalt, als ein echter
Held und Märtyrer der heutigen
amerikanischen Jugend vor.
Es ist deshalb notwendig, zu
nächst den Uebersal! so kurz wie mög
lich zu schildern:
Am 16. Oktober 1869 zieht
Brown mit nur zwanzig Begleitern
zur Nachtzeit nach Harpers Ferry,
überrumpelt das dortige Bundes
arsenal, um Waffen zu erbeuten, und
nachbarten virginischen Pflanzungen,
um die Neger zu befreien und fünf
Pflanzer als Geiseln einzubringen.
Er vergreift sich zunächst am Bun
deseigentum, setzt sich also der Ver»
Wenn mein Plan scheiterte, so war
es, weil Gott einen besseren mit mir
vorhatte." Brown hat sicherlich nicht
aus Selbstverherrlichung oder um
nach Nachruhm zu buhlen, so gespro
chen. Sr wollte bewußt mit dem
letzten, längst verspielten LebenSsun
ken ausreizend Wirten. Wer daS lo
ben will, wer darin Seelengröhe, ei
ne» plötzlichen Aufstieg zum Kampfe
mit geistigen Waffen, einen Idealis
mus, welcher Brown Unsterblichkeit
zusichere, erblickt der muß nicht
nur in der gewaltsam durchgeführten
Emanzipation der Schwarzen ein
verdienstvolles Werk erblicken, son
dern sich auch mit denjenigen weni
gen Fanatikern identifizieren, welche
den Bürgerkrieg hervorrufen wollten
hätte vcrmieden werden lönnen, wenn
die Bundessoldaten, welche daS Ar
senal von Harpers Ferry stürmten,
den allen Fanatiker ganz totgeschla-
Talsache, daß nur ein Verrückter je
nen Putsch ins Werl setzen konnte.
wohl bald beruhigt. Die Rolle, wel
che Brown im Gerichte spielte, wäre
dadurch in Wegfall gekommen und
die «Gemüts - Athleten" im Norden
hätten wohl ihr kaltes Blut be-
Es ist heute schwer zu verstehen,
wie die Sympathiekundgebungen
nächst imponierte die pathetische
tung des alten Puritaners. Auch
Browns Abstammung spielte eine
Roll«. Einer seiner Vorfahren hatte
den Mayflower-Pilgern angehört.
bel wirkte sehr stark auf die ortho
doxen Kreise Neu - Englands.
Seine Schlagfertigkeit bei der Vertei
digung wurde übermäßig bewundert.
Und zumal den Frauen galt er als
fleckenlos-: Held. DaS alles verdich
tete sich zu der Gestalt d«s Miirty
gegeben haben, als bekannt geworden
ist. Die Begeisterung für Brown
zog von Neu-ENgland aus wie ein
Wildfeuer durch den ganzen Norden.
Vorherrschend war dabei ein weich
licher Zug, einigermaßen zu verglei
chen mit Stimmungen, wie sie die
religiösen Erweckungsbewegungen
auszustrahlen pflegen. Und doch
gab es kaum wildere Brown-
Schwärmer, als die atheistischen
deutschen Achtundvierziger. Bei die
sen Idealisten war die Negerbesrei
ung das leitende Motiv. Sie wollten
die Sklavenfesseln lösen, selbst auf
die Gefahr eines Bürgerkrieges hin.
Daß die damals riesig fortschreitende
Entwicklung des Nordens eine fried
liche Auseinandersetzung mit den
Im Herbst 1869 war die Span
nung zwischen Norden und Süden
sehr bemerkbar abgeflaut. Es war
eine Periode verhältnismäßiger Ruhe
eingetreten. Zwar tobten die Heiß
sporne im Süden nach wie vor, und
die nördlichen Fanatiker antworteten
im selben Sinne, aber es war doch
eigentlich nur ein Kampf, der sich
auf der Oberfläche abspielte, die tie
feren Schichten des Volkes im Nor
den sowohl als im Süden nahmen
nur wenig Anteil daran. Viele Jahre
schon hatte dieser „papierne Krieg"
gedauert, man hatte sich an das Ge
zeter bereits gewöhnt und man war
der Sache herzlich überdrüssig ge
worden. Auch war das Jahr 1859
ein sog. .okk ?eur" ohne besonders
wichtige Wahlen und ohne Gelegen
heiten zur Verschärfung des alten
Haders.
litionisten, niemals eine Kriegspartei
gegeben. Zur Befreiung der Neger
in den Krieg zu ziehen, galt als eine
Absurdität. Und südlich vom Poto
mac dachten die Massen damals
tanischer Präsident im Jahre 1860
Rücktritt des Südens friedlich
vollziehen müsse. Der Gedanke an
einen möglichen Krieg wurde kaum
erwogen. Jesserson Davis sagt in
seinen Erinnerungen, daß er einer
der wenigen südlichen Führer ge»
Wesen ist, welche an die Möglichkeit
eines Krieges glaubten. Bon Kriegs
stimmung im Süden, von dem
Willen deS Südvolkes, feine
RücktrittsfoHerung durch einen
Krieg zu »kämpfen, davon war im
Herbst 1869 nichts zu spüren.
John Brown im Jahre 18SS.
Es mußte etwas Außeror
dentliches geschehen, um das
entflammen, der notwendig für die
Durchführung eines Voltskrieges ist.
Das Südvolk mußte vom Norden
geschehen, lange vor der Wahl im
November 186 V. Eine Kriegsstim
mung läßt sich nicht im Handumdre
welche trotz der seit einem Jahre
durch Brown geschaffenen Kriegsstim
mung noch bei der Gründung der
Sezession im Winter 1860 —61 zu
den Kampf, den der spätere Vize
präsident Alexander Stephens in
seinem Heimatsstaate Georgia gegen
den Rücktritt dieses Sklavenstaats
Texas der Union zu erhalten, u»d
namentlich an das lange Zögern
Virginiens, sowie der beiden von
Birginien beeinflußten Staaten,
Nord-Carolina und Tennessee. Wer
die Vorgeschichte der Sezession au«
nur oberflächlich studiert hat, kann
daß die Bildung eines zusammenhän
genden Komplexes von elf Rebellen
staaten ganz unmöglich gewesen wäre
ohne die Herausforderung durch
Brown, ohne die Wirkung seiner
Berteidigung auf den Norden und
ohne die Rückwirkung jenes nörd
lichen GefühlSüberschwangeS auf den
Süden.
Die zahlreiche arme Bevölkerung
des Südens, welche txr Konsödera
livn die Soldaten zu liesern hatte,
war furchtbar rückständig. Wohl ein
Drittel dieser weißen Bürger bestand
aus Analphabeten. Wer kann es
diesen Leuten übel nehmen, wenn sie
glaubten, daß der Norden hinter
Ärown stehe? Die gewaltige Sym
pathiebewegung zu Gunsten Browns
war doch nicht abzuleugnen. Daß
Brown diese Sympathie gar nichi
nllnstiger Mann im Norden für den
Attentäter Brown eintrat, daß
im ganzen Norden nur fünf Leute
sich an den Vorbereitungen Browns
durch Zahlung von P 4.000 Kriegs
wissen, was Brown mit dem Gelde
anfangen werd« das alles ersuh
gar nicht. Und daß man menschliches
Mitleid sür einen Mann empfinden
konnte, der plötzlich der Tagesheld
im Norden geworden war, ebenfalls
ohne das zu verdienen, dafür hat
te man im Süden überhaupt kein
Verständnis. Di« Folgerung,
gefähr diese: .Der Norden billigt
durch seine Sympathie für Brown
den von diesem begangenen Verfaf
sungsbruch. Der Norden will uns
unseres Eigentums, der Sklaven, be
rauben. Der Norden will uns an
zeitig darauf vorbereiten."
John Brown ist durch sein Auftre
ten vor Gericht der unentbehrliche
Nothelser der Rebellion geworden. Er
hat eine Sympathiebewegung im
Norden hervorgerufen, und nur da
durch war es möglich, die KriegS
stimmung im Süden rechtzeitig
zu erzeugen. Das rechtzeitige
Auftreten des Brown war aber das
wichtigste, denn der Süden gewann
dadurch ein ganzes Jahr zu seinen
Borbercitungen.
ES ist durchaus anzunehmen, daß
der Süden beim Bekanntwerden von
Lincolns Wahl völlig unvorbereitet
sür einen Krieg gewesen wäre, wenn
die Episode Brown ausgeschaltet
werden könnte. Abe: als Süd-
Carolina am 8. November 1860 tat
sächlich rebellierte (der amtliche Rück»
tritt mußte etwas später erfolgen),
standen dort bereits 18,000 Mann
unter Waffen, und in den iibrigzn
Baumwollenstaaten waren die mili-
Kriegslieder am Rappahannock.
tärischen Borbereitungen schon stark
vorgeschritten. Das verdankt man
Brown und namentlich der von ihm
entfesselten Gefühlswoge im Norden.
Beweisen läßt es sich allerdings
nicht, aber mil großer Wahrfchein
lichleit läßt es sich annehmen, daß
die Heißsporne im Süden die Rück
trittsgedanken nicht so leicht in die
Tat umgesetzt hätten, wenn man über
die Stimmung der Massen des Süd
volkeS noch im Unklaren gewesen wä
re. Sicherlich hätten dann Lincolns
warmherzige Erklärungen, .daß er
die Sklaverei nicht abschaffen wolle,
und daß er es gar nicht könne, auch
wenn man ihm den Willen dazu zu
trauen würde", ein willigeres Ohr ge
funden. Der »riig ließ sich
nicht allein mit den Offizieren, den
Sklavenhaltern, führen, der Sol
daten mußte man erst sicher sein,
und das hatte Brown und sein kopf
loser Schwärm von nördlichen Be
wunderern bewirkt. Brown hat das
Rebellenheer rechtzeitig mobil
gemocht.
Brown in Kansas. Vil
lard schildert die .Taten" Browns in
Kansas mit großer Ausführlichkeit,
und ohne von Bron n? blutigem Re
essiert, findet jedoch eine kürzere und
alles Wesentliche enthaltende Darstel
lung in Rhodes vorzüglicher Ge
schichte der Ver. Staaten, Band 11,
Seite 162. Wer beide Schilderun
gen 'gelesen hat, muß die Frage stel
len: entweder war John Brown gei-
Zeit. Nach den Schandtaten der
Missourier Grenzstrolche in Lawrence,
Kansas (April 1866), schwor Brown
den Sklavereifreundcn in Kansas
Rache. Er hatte festgestellt, daß bis
her fünf Unionsleute in Kansas er
mordet worden waren. Deshalb
sollten süns Sklavereisreund« abge
schlachtet werden. Be'. Dutch Henry'S
Crossing am Pottawoltoniie-Flusse
In der Nacht deS 24. Mai wurde
Söhne wurden aus den Betten ge
.issen und fortgeschleppt. Dann zerr-
Die Leichen dieser fünf Männer
wurden 200 JardZ von ihren Häu
sern aufgefunden. Sie waren sämt
schneiden und wurde dadurch un
kenntlich. Er verstai.d es, sich der
Verhaftung zu entziehen, aber an»
einzelte Ermordungen von Unions
treuen in Kansas vorgekommen. Nach
der Bluttat am Pottawatomie häus
schrecklicher Weise.
Hingewiesen sei auf manche Aehn
lichkeiten im Auftreten Browns bei
Ferry. Hier wie dar, die unbedingte
Herrschaft über seine Sippschaft,
Söhne, Schwiegersöhne, Vettern.
Brown muß eine unbegreifliche Be
einflussung feiner Gesolgschast be
sessen haben, wenn man nicht anneh
men will, daß die ganze Bande auS
Verrückten bestanden haben möge.
Hier wie dort die Vorliebe Browns
sür die blanke Waffe, Hackmesser in
Kansas, Sensen in HarperS Ferry.
Und bei beiden Unternehmungen be
trachtet sich Brown als auSerwählteS
Werkzeug seines Gottes, der, nach
der Ansicht von Rhodes, der Gott
des Jvsua und des Gideon gewesen
ist, der Gott des Zornes.
Man möge dem John Brown zu
billigen, daß er geistesgestört gewe
sen ist. Aber ein Wahnsinniger taugt
doch ebenso wenig zu der Gestalt ei
nes .Gottesstreiters" und eines na
tionalen Helden, als ein bluttriefen
der Meuchelmörder dazu taugen
Unter John Browns Geiseln,
welche bei Harpers Ferry eingebracht
wurden, befand sich Oberst Lewis
Washington ,tzer Urenkel des Bruders
von George Washington. Oberst
Lewis Washington war einer der be
kanntesten und geachtetsten Männer
Virginiens. Der Ehrensäbel, welchen
Friedrich der Große George Wash
ington geschickt hatte, befand sich in
seiner Verwahrung. Browns Leute
stahlen den Säbel und sollen ihn
Brown übergeben haben. Diesen Sä
bel führte Brown angeblich bei der
Verteidigung des Arsenals. Letzteret
ist wahrscheinlich erfunden, aber schon
die Wegführung Washingtons hat un
geheure Erbitterung in Virgtnien her»
vorgerufen. Mit dieser Geschichte
und namentlich mit der Frechheit
Browns, den.Ehrensäbel des Vaters
des Vaterlandes geführt zu haben,
gingen die Sezessionisten in Virgi
nien ein gan es Jahr lang hausieren.
Unbedacht. Der kranke
Gatte: „Einer von den Aerzten be
handelt mich am Magen und der
andere an der Leber! Versprich mir,
Laura, daß Du mich sezieren läßt,
wenn ich vielleicht an dieser Krank
heit sterbe . . . ich bin neu
— Selbsterkenntnis. Gat
te: „Heute begegnete mir der Hei
ratsvermittler, durch den ich Dich ken-
Frau (erschreckt): „Um Gotteswil
len, es hat doch kein Unglück gege
ben?"
Recht deutlich. Freundin:
„Wo willst Du denn mit der großen
Wurst heute am Sonntag hin?"
Schlächtermanfell (freudestrahlend):
„Zu einem Rendex-vous! Die soll ich
als Erkennungszeichen in der Hand
tragen, hat mir der betreffende Herr
—Amts müde. Vater: Nun,—
zeit?
„Hurra, Alte! Einen Lorbeerkranz
verdienst Du für Dein Klavierspiel!
Soeben haben die letzten beiden Mie
— Aufbruch, oder die klu
gen Dackel. Oberkellner: .Fritz,
gehen Sie mal an den Tisch, wo der
Herr mit den beiden Dackeln sitzt!
Da ist .Zahlen" gebellt worden!"
Kinderlogik.
Deutlicher Wink. Prin-
Urlaub! H 2