Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 29, 1914, Image 3

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    DieHrollömgs.
Roman von Carl Bulcke.
(11. Fortsetzung.
„Ich kann es sicher nicht erfül
len."
gann ihre Hand zu streicheln und
wußte kaum, daß er es tat. Zuerst
wollte sie ihm die Hand entziehen,
dann duldete sie es. „Raten Sie
doch."
„Mein Bild?"
! »Nein." ' ? Sll
ich Ihnen später einmal einen Brief
schreiben? Soll ich etwas Nettes
von Ihnen sagen soll ich einmal
Ihre Hand nehmen und die Hand
streicheln?" Sie sprach so leise, daß
Kuß." Sie wandte sich ab. „Nein,
ein Kuß ist es nicht." Er lachte mit
bebenden Lippen.
„Was ist es denn also?"
„Zwei Küsse."
Sie sah ihn mit ängstlichen Augen
ein, Kmz außer Fassung. „Ist es
Ihnen ernst mit dem Kuß?" .
.Ja.'
„Ganz ernst bei Ihrem Heilig»
sten?"
sten."
„Sie müssen Ihre Hand ausS
Herz legen." Er tat es. „So will
ich Ihnen die beiden Küsse geben."
begann sie zu schluchzen. „Mein
Gott, was tue ich . . . mein Gott,
was habe ich getan!" Er wollte sie
doch." Als er, seiner nicht mächtig,
stehen blieb, lief sie schnell voraus.
Sie lief wie gehetzt.
„Meine geliebte Schwester!
Die Aufgabe, die Du mir gestellt
hast, habe ich gelöst. Freilich auf
Fräulein Lolße Borgfeld ist daS fii-
Eeste Geschöpf der Welt. Du darfst
wie danke ich daß Du mich
hierher geschickt hast, wie will ich
Dir immer dankbar sein. Mein Le
das Beste, Schönste,
der Welt ist . Der arme Botho.
Nater gehen und ihn um die Hand
seiner Tochter bitten. Ich liebe sie
glühend, und sie liebt mich auch. Ich
bin Dein glücklicher Bruder
Bernhard."
Schnell schickte er den Brief ab.
Am Abend ging er nicht in das Hotel,
er hatte es versprechen müssen. Er
setzte sich in Strandkorb, blieb
lag das ganze Hotel bereits im Dun
keln. Nur in Lottes Zimmer war
noch Licht. Er stand lange, an ei
nen Baum gelehnt, und sah zu ihrem
Fenster empor.
Wieder war Bernhard am Morgen
der erste am Kaffeetisch. Er wollte
Lotte nicht wiedersehen, als bis er
der sagen mußte, daß sie den älteren
Bruder lieber hätte als ihn. Gewiß
würde sie ihm heute nacht geschrieben
bei, aus dem^sie am Morgen saß.
Neben ihrer Tasse lag ein Brief Bo
thos. Am liebsten hätte er den Brief
VergißmeinnichtblUte ab und legte
sie auf den Brief. DaS würde jetzt
eine schlimme Zeit sür Botho sein.
Erster Schmerz brennt tief. Vielleicht
er war, so sehr, daß er bebte. In die
dorf. Der Oberst schloß rasch die
Tür hinter sich und blieb'abwartend
weshalb wir kommen. Sie schlot
tern ja, Mensch. Sie stehen im Ver
dacht, die Taschendiebstähle im Her
,, Herrgott, was tue ich", dachte
Bernhard. „Ich muß zugeben" . . .
begann er stotternd.
„Also Sie sind geständig?"
Rangliste. Ich hatte hier bestimmte
nainen im Hotel einschreiben ließ."
„Das sind faule Ausreden!"
schnauzte der Gendarm.
steht mein Name. Legitimieren kann
ich mich nicht. Mein Regiment liegt
aus dem Truppenübungsplatz in Lech
nitz. Der Oberst wird Ihnen bestä
tigen, daß ich Urlaub nach Sellin
habe. Wenn Sie wünschen, telegra
der Hauptmann im Großen General
stab ist, und der Freund wird Ihnen
bestätigen, daß mein Beiname von
„Weshalb steht denn Ihr Beiname
nicht in der Rangliste?"
„Ich führe den Beinamen nicht
mehr."
Der kleine, dicke Oberst lief hastig
durch die Veranda aus und ab. „Kurz
unh gut, es handelt sich für Sie
darum, ob der Gendarm Sie jetzt
festnimmt oder nicht. Ich kann an
Ihre Unschuld nicht glauben. Sie
haben sich durch Hunderterlei in die
sen zwei Wochen verdächtig gemacht.
Gestern abend zum Beispiel suchten
wir Sie bereits, Sie haben das na
türlich erfahren und sich bis spät in
die Nacht versteckt gehalten." Und,
Durchsuchung halte ich für überflüs
sig. Wenn Sie der Täter sind, so
haben Sie das entwendete Gut längst
mann von Trostburg?" Er sing an,
Bernhard zu examinieren: über mi
litärische Fragen, über letzte Armee
ein Offizier wissen konnte. Bernhard
beantwortete alles. Der Oberst wur
de nun doch in seiner Ueberzeugung
schwankend. „Wenn ich mich geirrt
haben sollte, so werde ich Sie um
Verzeihung bitten. Ich werde jetzt
an das Regiment, das Sie mir an-
Sie können sich an Ihren angeblichen
Freund aus dem Großen Generalstab
wenden. Also, Herr Wachtmeister,
ich behalte den Herrn vorläufig un-
Es war ein unerquicklicher Vor
mittag. Je mehr Bernhard seine
Lage überlegte, um so abscheulicher
kam sie ihm vor. Der Oberst sprach
nicht mit ihm und ließ ihn nicht aus
den Augen. Die übrigen Badegäste
mußten Kenntnis von dem Vorgang
erhalten haben, sie standen abseits
und flüsterten. Zu Mittag aßen sie
beide an einem besonderen Tisch. Ein
Telegramm von Trissie kam. „Tresse
heute abend mit Julius in Sellin
ein. Halte Deinen Plan sür ver
rückt. Trissie." Bernhard reichte das
Telegramm dem Obersten hinüber.
„Was ist das nun wieder?" fragte
jener mit gerunzelter Stirn. Bern
hard schwieg und zuckte die Achseln.
Am Nachmittag kam Antwort aus
Lechnitz: „Hauptmann von Trost
burg 178 hoch, brauner Schnurrbart,
nindes, hlasseS Gesicht, Ansatz zum
!Nerck."
„WaS sagen Sie nun?" fragte der
Oberst. Und, als Bernhard schwieg:
ungefähr. Bon dem Embonpoint
habe ich freilich nichts gemerkt. Bleich
sehen Gje attch nicht aus, doch das
macht die Seeluft. Der Schluß der
Depesche spricht leider wieder gegen
Sie. Ich will Ihnen etwas sagen:
Verraten Sie mir, weshalb Sie sich
von Remminghos nennen. Ich neige
jetzt der Ansicht zu, daß ich mich
geirrt habe."
„Verzeihung, Herr Oberst, daß ich
diese Erklärung nicht abgeben kann.
Di« Depesche meines Freundes, die
ich jeden Augenblick erwarte, wird
Herrn Oberst, wie ich hoffe, wohl zu
friedenstellen. Mir selber liegt an ei
ner schleunigen Erleoigung schon des
wegen, weil ich in einigen Stunden
meine Schwester erwarte."
„Pardon", sagte der Oberst und
sah ihn strafend an, „Sie haben mir
beim Baden erzählt, daß Sie keine
Geschwister hätten. Si« werden das
zugeben müssen." Bernhard schwieg
verzweifelt. Der Oberst legte seine
Hände über den Tisch und redet« ein
dringlich Bernhard ein: „Sie
werden weiter zugeben müssen, daß
vieles zu Ihren Ungunsten spricht; ich
habe selber gesehen, daß Sie in eine
falsche Badelabin« gegangen sind und
dort ein« Zeitlang verweilten. Dem
betreffend«» Herrn fehlte freilich
nichts; wir haben ihn natürlich gleich
sich, daß er einmal sein« Zelle ver
wechselt hatt«. „Ich habe keine and«re
Erklärung", sagte er dumpf, „als daß
ich mich geirrt habe."
Der Oberst kämpfte mit d«r Mü
digkeit und gähnte. Ihm fehlte f«in
gewohnter Nachmittagsschlaf. Bern
hard würd« immer verzweifelter zu
mute: Kinder stellten sich io einiger
Entfernung auf und starrten ihn mit
offenem Munde an. Die Kellner, di«
an ihm vorbeigingen, machten halb
laut« B«merkungen und lachten frech.
Bernhard winkte einen Kellner her
an und verlangte Zeitungen. Der
Kellner tat, als höre er nicht. Bern
hard begann nervös mit dem Fuß zu
zu fahren.
„Spielen Sie wenigstens Sechs
„Zu Befehl, nein, Herr Oberst.
810 ß lustige Sieben. Hoffentlich be
lastet mich das nicht auch noch."
Der Oberst sah ihn wohlwollend
an: „Herr wenn, wie
„Zu Befehl, Herr Oberst."
„Es spricht ja auch vieles für Sie;
Ihre äußere Erscheinung, di« gegebe
„Zu Befehl, Herr Oberst."
nen das, Herr Oberst?"
„Das genügt mir, Gott sei Dank."
Beide Herren schüttelten Bernhard
die Hand. „Also wir vertragen uns
wieder," sagte d«r Oberst, „ich gratu
liere Ihnen."
Herr Borgfeld lachte verschmitzt:
! „Und nun machen Sie schnell. Meine
Tochter steht draußen und will mit
Ihnen spazieren gehen. Inzwischen
will ich den Herrn Oberst beruhigen
nun gehen Sie nur, gehen Sie
Bernhard war sehr verlegen. Wie
Herr dazu sich für
ner. Mit allem Hochmut, den er
übrig hatte, winkte er ihn heran und
kündigte sein Zimmer. Morgen früh
wollte er abreisen. Der Oberkellner
verbeugte sich zustimmend.
Draußen stand Lotte; sie sah ihn
von weitem und winkte mit dem
Sonnenschirm. Sie wollt« ernst blei
ben und mußte doch lachen, als sie
langsam näher.
„Nun, Herr von Remminghof?"
Bernhard sah sie bös« an. „Zu
nächst bitte ich um eins: nennen Sie
Be."
Sie lachte. „Aber nicht doch, des-
Er tat beleidigt. „Mir ist zum
mir passieren. Ich bin ein Pechvogel
erster Güte. Uno Sie haben gewußt,
in welch schwerein Verdacht ich stand,
Sie gingen die Promenade ent
lang. Ohne ihn weiter zu fragen.
tog Lotte vom Wege ab, und st«!
schritten dem Walde zu. „Mshalb
das alles geschehen ist? Weil Sie
falsches Spiel getrieben haben mit
Ihrem Doppelnamen. D«shalb.
Daß d«r Oberst Sie unter sein« per
erst vor einer Viertelstand« erfahren.
Ich will mich nicht schlechter machen,
als ich bin. Ich bin gleich zu Papa
gelaufen und habe hinter d«r Glastür
gestanden, bis ich sah, daß Sie erlöst
„Ist das wahr?"
„Nun ja doch", sagte sie ungedul
dig. „Daß Sie in den Verdacht ge
kommen waren, wußte ich freilich
schon vorgestern abend. Als Sie an
unserem Tische saßen, kam Herr von
Schmittersdorf und warnte Papa.
Papa sagte ihm, «r sei unbesorgt. Wir
haben, als wir zu Bett gingen, noch
furchtbar darüber gelacht. Das ge
schehe Ihnen recht, sagte Papa, Stra
fe müßte sein. Und das finde ich
auch. Doch nun haben Sie ihre Strafe
weg, und nun machen Si« wieder ein
vergnügtes Gesicht. Verstehen Sie
mich?"
ringste."
„Nun, dann will
bierherkamen. Ich denke mir sogar,
Sie sind nur deswegen hi«rh«rgetom
men. Daß Sie Bothos Bruder sind,
nxiß ich erst seit neulich abend, als
Sie Sekt tranken. Ich hatte an Botho
geschrieben, daß hier im Kurhotel ein
abscheulicher Mensch wäre, ein.Ekel
von Mensch, ein Hauptmann von
daß ich Sie näher beschreiben sollte.
Das tat ich. Na, und da schrieb
Botho, daß Sie zweifellos sein
ten."
„Spionieren ist wohl nicht das
rechte Wort", sagte Bernhard be
drückt.
Si« sah ihn von txr Seite an.
„Nun, so etwas Aehnliches war es
sicher. Papa hatte mir gleich gesagt,
daß die Famili« Trostburg nicht sehr
erfreut über Bothos Verlobung fein
würde. Und da Botho noch sehr
jung und ich von bürgerlicher Her
kunft bin, so konnte Ihre Familie
wirklich Bedenken haben. Nun sagen
Sie, weshalb sind Sie hierhergekom
m«n? Und sagen Sie die ganz«
Wahrheit."
Bernhard iviegt« unschlüssig den
Kops; er wußte nicht, was er ant
worten sollte. Sie blieb stehen und
sah ihn ernst an. „Sie sind also
hierhergekommen, um hier in Bo
thos Abwesenheit im trüben zu
fischen."
„Im trüben zu fischen ist wohl
nicht das rechte Wort."
„War das eigentlich sehr schön und
«del gedacht von Ihnen, daß Sie ohne
Bothos Wissen hierherkamen und un
sere Verlobung hintertreiben woll
ten? Antworten Si« mir, ja oder
nein?"
„Nein", sagte Bernhard l«ise.
„Haben Sie j«tzt «in wenig
Reue? Denken Sie jetzt anders von
mir?"
„Ja", sagte Bernhard, „jetzt d«nke
ich anders von Ihnen."
„Dann ist es gut. Wir wollen uns
auf diese Bank setzen. Hi«r hab« ich
oft mit Botho gesessen."
Vor ihnen lag die See. Unten am
Strande gingen Badegäste vorüber
-und sangen. Drüb«n lagen die Dü
nen von Saßnitz in Nebel und Dunst.
Lotte saß ruhig neben ihm. Sie sah
reglos auf sein Gesicht und wartete,
daß er sprechen sollte.
Nach langem Schweigek sagte
Bernhard mühsam: „Wissen Sie, daß
ich in Sie verliebt bin? Wissen Sie
das, Lotte?"
„Ja. Das habe ich getan."
„Ich bin mit schlechten Gedanken
hergekommen, Lott«. wissen das
nicht mit Ihnen gespielt. Mir ist,
spielt?"
len?"
Sie sagte tonlos: „Ich habe Botho
Aber Sie hatten beide dasselbe Gesicht.
Dieselben Augen, denselben Mund,
dieselbe Haltung, die gleiche Art zu
„Ich wollte heute zu Ihrem Vater
mir. Mein Herz ist voll Liebe für
Sie. Sie müssen wählen, gleich, aus
der Stelle."
Sie schüttelte den Kopf. „Ich hab«
den Brief, den ich gestern schrieb,
nicht lesen." Sie sprach so leise, daß
er sie kaum verstand. Sie preßte ihre
sich hin.
„Wann haben Sie telegraphiert,
Lotte?"
»Ja, Bernhard. ES ist alles aus.
„Ja", sagte Lotte leise, „mir ist
sage?^'
Bernhard lächelte betrübt. „Für
mich wird es «in Geheimnis blei
reden."
„Vor Ihrer Schwester ist mir nicht
mal verheiraten können. Erst mit
der Tochter eines Gutsbesitzers, dann
mit der Tochter eines Spielers, dann
mit Ihnen, Fräulein Lotte. Mit
jed«r von Ihnen dreien wäre ich
Ihnen, Fräulein Lotte. Ich will den
Wunsch: sehen Sie diesen kleinen
hübschen Stein? Ich möchte es gern
sehen, daß Sie den Stein in Jhr^
genblick hi«r die Düne
Nicht wahr, diesen Gefalle«" werden
Sie mir tun?" /
gestrüpp.
„Ist es nun gut?" i
„Ja, so ist es gut", sagte Bern-
Stock in d«r Luft fuchtelnd. Im
zu End« war. In zwei Cafts war
Musik. In dem einen spielte eine
Zigeuneurkapelle, quer gegenüber kon
zertierte Militärmufll. Meist lärm
ten beide Kapellen zu gleicher Zeit.
Di« Gärten vor den Caf<?s waren
standen die Zaungäste. Der Himmel
war seidigblau und voller Sterne.
Man hörte das eintönige, einschlii
fernde Rauschen der See. In kurzen
Zwischenräumen huschte über den öst
lichen Himmel das Blinkfeuer von
Saßnitz wie, «in weicher, weißer
Streif.
Auf der Promenade stand der
G«ndarm, würdevoll den Bauch vor
gestreckt, die lange graue Pelerine um
gehängt, seine Frau und seine vier
Jungen neben sich. Er hielt es sür
seine Pflicht, die ganze Badegesell
schast aufzuklären, oaß man zu über
eifrig gewesen sei, und daß d«r fal
sche Hauptmann sich als ein richtiger
Hauptmann entpuppt habe. Ein be
dauerlicher Irrtum. Ein Badegast
erzählte es dem andern weiter; in ei
ner halben Stunde war die Nachricht
in all« Häuser gedrungen, daß man
«inen Hauptmann habe verhaften
wollen, und daß jetzt die Unschuld
dieses Hauptmanns erwiesen sei. Ein
Dutzend Berliner Familien, die über
die Promenade mit Kind und Kegel
nach dem Schultheiß-Restaurant zo
gt n, griffen mit Hallo die Nachricht
auf. Man müsse dem Hauptmann
eine Ehrung erweisen, ihm einen
Fackelzug oder ein Ständchen brin
gen? der Badekommissar an der
Spitze müsse eine schwungvolle Rede
halten. Ein Spaßvogel rief, man kön
ne den Hauptmann ja einstimmig
zum Major befördern. Mitten auf
d«r Straße wurde Kriegsrat gehal
ten. Die Leute aus dein Ort wur
den herangerufen und befragt, ob .'s
hier in diesem Negerdorf Fackeln zu
kaufen gebe, und ob man einen Ge
sangverein noch schnell auf die Beine
bringen könne. Jemand ri«t, man
möge Stearinkerzen auf Bierflaschen
stellen und sich von der Militärka
pelle aus dem Cafö die groß« Pauk«
leihen; dann sei der Fackelzug fertig.
„Wo ist die Pauke? Hallo, wir müs
sen die Pauke haben!" Ein halbes
handenen Windlichter auf. Einige
Mißvergnügt« schrien: „Ni«der mit
d«r Badeverwaltung!" Ein kleiner,
ihr: „Aber Trissie, ich flehe dich an,
es ist alles geregelt. So hör'
doch wenigstens einen Augenblick
„Nichts will ich hören. Zuerst
vUmiert sich Botho, und dgnn setze
ich den Bock zum Gärtner. Gleich
gehe ich hin zu dieser Person, gleich
fordere ich Rechenschaft. Wir sind
eine gute angesehene Familie; ich lasse
mir das nicht bieten."
„Aver Trissie, so hör« mich doch!"
„Du schweigst. Du dankst Gott,
daß ich gekommen bin; du dankst auf
den Knien deinem Schöpfer, daß deine
arme Schwester für dich sorgt. Him
mel, di«se Hetze! Ich w«iß alles, st«
ist ein Engel und ein Tugendlamm.
Sie ist die Unschuld in eigener Per
son. Hat sich was. Eine kokette, abge
feimte Person ist sie. Na, ich w«rde
mit ihr reden. Sie soll sich wun
kern."
Zehn Schritt« dahinter ging in
stoischem Gleichmut Herr Julius
Guttmann. Er trug über seinem
neuen grauen Sonntags'.nzug den
alten, verregneten Havelock, weil
Trissiechen gesagt hatte, das Wetter
sei unbeständig. Er trug in der lin
ken Hand «inen Koffer mit sechs Blu
sen Trissies und ihrem Hellseidenen,
das zu Onkel Guttmans goldener
Hochzeit erst vor drei Wochen ange
schafft worden war; er trug in der
rechten Hand seinen eigenen kleinen
Koffer mit schwarzen Anzug
zieher, den er in Berlin noch nicht
hatte tragen dürfen. Den großen Kof
fer sollte der Hausknecht bringen. Da
aber Hausknechte stet! ein große»
Trinkgeld verlangen, das ein guter
Hausvater sparen kann, so trug Ju
lius auf Reisen das notwendigste Ge
päck stets eigenhändig. Ihm war es
sehr unbehaglich, so schnell zu gehen;
außerdem qualmte seine Zigarre, biß
ihm in die Augen, und e. hatte keine
Hand frei, um die Zigarre aus dem
Mund zu nehmen. Diese ganze
Reise war ihm unverständlich. Er
schimpfte leise vor sich hin über
lächerlich« Hast und unverständige
Menschen, die ihm den Weg versptrr>
'tN.
(Schluß Folgt.'.
Für die Küche.
Hammelfleisch mit Rü
ben. Man schneidet oder hackt ej»
Stück Hammelfleisch (dicke Rippe) in
Stücke, wällt sie in schwach gesalze
nem siedendem Wasser ab, kühlt sie
mit frischem Wasser, läßt sie abtrop
fen, bestäubt sie mit Mehl und legt sie
Rüben hat man in wenig Wasser
nebst Butter oder Fett langsam halb
weich gekocht, gibt sie zu dem Fleisch.
geröstetem Mehl.
lieniartoffeln oder auch abgekochte
Kartoffeln und Kopfsalat.
Ouarl- und Pumper nik»,
kel speise. Man rribt oder stößt
ein Stück altbackenen Pumpernickö»
solkn etwa 8 Unzen sein. Etwa 12
Unzen schönen, weißen, trockenen.
füllt die Masse in eine mit Butter
zen Mehl, U Pfund Zucker, zwei
der Dicke eines Fingers.
Gebackener Hecht, Der Hecht
wird gut gereinigt, gespalten und i»
lichen Tisch in Mehl um und läßt sie
lich Butter oder Backsctt gekocht und
still geworden, groß und hellbrauir
der weich werde, darf man ihn nicht
früher backen, bis es Zeit ist, ihn zur
Tafel zu geben.
Hummersuppe Den gut ge
nicht mehr zu heiß ist, aus den Scha
len. Das Fleisch schneidet man i»
Stücke und stellt es beiseite, während
man die Schalen und Beine zer
stampft. Schalen, Beine und ei«
Teil des Fleisches werden in 2 bis
Quart Milch über gelindem
Feuer eine halbe. Stunde langsam
ausgekocht und die Flüssigkeit durch
ein Sieb gerührt. Nun würzt man
sie mit Pfeffer und Salz, fügt ein
Stück frische Butter dazu, verkocht sie.
wenn sie nicht dicklich genug ist, mit
etwas in Butter gelb gedünstetem
Mehl und schmeckt ab. Man richtet
Rotkraut einzumachen. 22
Pfund Kohl werden fein gehobelt,
mit etwas feinem Salz vermengt
'und eine Nacht stehen gelassen. Dan»
läßt man 2 Quart Essig mit
Pfund Zucker, 5 ganzen Nelken, 3—4
Lorbeerblättern bis zum Kochen kom
men, drückt den Kohl leicht aus, gibt
ihn in den kochenden Essig und läßt
ihn etwa 8 Minuten kochen. Erkal
tet kommt der Kohl in einen Stein
topf, obenauf wird ein Tuch nebst
«inem Stein gelegt, dann der Koht
am kühlen Ort aufgewahrt. WA
man den Kohl zur Tafel bringen, p»
tut man etwas Salatöl dazu.