Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 18, 1913, Image 3

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    AirNeisk »achAams,
(10. Fortsetzung.)
Fast postwendend kam die Ant
wort. Alma Koreus schrieb:
„In, ich veranlaßte die Sendung
der Zeitung. Ich bekleide bis jetzt die
Stelle einer Redaktrice in einem grö
ßeren Verlage. Diese Stelle wird
nun frei, eine meiner Kolleginnen
rückt vor, und so kam es, daß eine
kleinere Volontär - Stelle zu besetzen
wäre. Wenn Sie sich bewerben woll
ten, müßten Sie natürlich nach Ber
lin kommen, vorstellen, einreichen
u. s. w. Daß man nicht auf Sie
wartet, ist bei dem Zudrang wohl
selbstverständlich. Doch da ich gut
angeschrieben bin, darf ich Bekannte
in Vorschlag bringen. Ich würde
dies bei Ihnen tun. Noch selten
machte mir jemand einen so festen,
ernsten, guten Eindruck wie Sie.
Haben Sie also Lust eine ähnliche
Gelegenheit bietet sich selten so
greifen Sie ohne langes Ueberlegen
zu. Sie werden den unendlichen
Vorteil noch gar nicht recht erfassen.
Ich kann es mir denken. Aber es
bedeutet direkt Glück für Sie. Sie
haben eine Zeitschrift zur Verfügung,
bei der Sie einen Teil Ihrer Arbei
ten unterbringen können, ein ständi
ges Gehalt, das, wenn auch anfangs
sehr Nein, doch vor dem Verhungern
schützt. Sie haben dann noch Zeit
genug, die schriftstellerischen Neben
arbeiten zu erledigen. Gefällt Ihnen
die Beschäftigung nicht, so können
Sie wieder austreten. Also ent
schließen Sie sich rasch. Binnen acht
Tagen muß ich eine entscheidende
Gerta war in heftigster Erregung.
Nun stand sie ani Wendepunkte. Nun
gab es kein langes Besinnen mehr.
ficht, wenn sie in der Redaktion
weilte.
Geld freilich würde das alles ko
sten. Doch ein wenig des schnöden
Zwei Tage vergingen, ohne daß
chen. Sie klagte Frau Langenscheit
ihr Leid, erzählte ihr alles, alles.
Sie sah nicht das wilde Triumph-
h
heute der Schriftstellerin, Ihrer
der Abwesenheit Ihres Gatten alles
Ende läßt Ihr Mann Sie nicht
fort!"
Ihren
Leidenschaftlich stieß Gerta her
nicht lange zu ertragen. Er atmete
förmlich auf, als er, zur Reise gerü
stet. vor Gerta stand.
ein wenig gerührt der Mann, »ich
kehre ja bald wieder. Und sei mir
dann schön vernünftig. Gerta, ja?
Dann sind wir wieder die alten."
Gerta wandte sich, noch immer
qualvoll schluchzend, von ihm ab.
Sie sah, wie er die Jungen küßte,
und dann war er zur Tür hinaus.
den ganzen Tag eingeschlossen darin.
Sie öffnete nicht einmal Frau Lan
genscheit.
Am nächsten Tage hatte sie die
weibliche Schwäche abgeschüttelt. Ei
gab ja lein Zurück mehr für sie. Sie
mußte einfach. Sie wählte einige
unumgänglich nötige Möbel aus und
war zwei Tage lang fieberhaft be
schäftigt.
Und dann Ruhe, unheimliche Ruhe
über der Wohnung. Oben bei Frau
Langenscheit trippelte ein kleines,
mutterloses Kerlchen umher, das von
Zeit zu Zeit fragte:
„Wo ist Mama und Gert? Wann
kommen sie wieder?"
Frau Langenscheit hatte kein Ver
ständnis für die tiefe Tragik dieser
Kinderfragen. Sie beantwortete sie
auch nicht. Sie faß am Schreibtisch
und schrieb an Martina:
„Komm' zu mir, mein Kind, ich
bin krank und trostlos. Aber bald,
wenn du ein wenig Mitleid hast."
Als Georg Heide von der achttägi
gen Reise zurückkam, fand er seine
Wohnung kalt, finster, leer. Es war
so unheimlich still in den Räumen,
als läge ein Toter darin.
umher. Er vermißte die ihm so ver
trauten Möbel, und ein banges,
wehes Ahnen kam dem einsamen
Manne. Hastig schritt er zum
Schreibtisch. Dort lag, wie er er
wartet, ein Brief von Gerta. Zit
ternd öffnete er das Kuvert und
las:
„Verzeihe mir, daß ich mich feige
in aller Stille davongeschlichen habe.
Mir fehlte der Mut, offen zu han
guter Vater zu Andr6, ersetze ihm
seine schwache Mutter. Und ich bitte
Dich, verstoße mich nicht ganz.
Oeffne mir Dein Haus und Deine
Ruf irregeleitet sein sollte. Willst
Du aber ein neues Glück suchen,
brauchst Du die gerichtliche Schei
dung, so stehe ich Dir nicht im Wege.'
Laß uns nicht Feinde sein, entziehe
mir Deine Freundschaft nicht. Laß
mich manchmal von Dir und meinem
Andr6 hören. Auch ich will Dir
Nachricht geben. Es war am besten
so für uns beide."
Zitternd las der Mann diesen
Brief, Zeile für Zeile. Und dann
murmelte er: „Weil sie nur das Kind
bei sich hat! O Gott wie soll ich
zen stieg ihm in der Kehle auf.
IM?« 'seltsam durch Vir mnischenlee?
Ren Räume.
Das also war Berlin! Gerta war
Großstadt kennen? Man besucht die
Zlrbeitstreiben der Weltstadt. Man
drängte rücksichtslos an ihr vor
über.
Sie umklammerte die Hand ihres
preßte. Ein wehes, würgendes Ge
fühl faß ihr in der Kehle. Wohin
sollte sie nun in der Riesenstadt? Sie
Elektrischen kannte sie sich noch nicht
au».
Den ersten Nachmittag unternahm
zerschlagen von der Reis- und all den
Aufregungen. Aber am nächsten
Tage empfand sie mit einem Male,
daß ihr kleiner Junge ihr im Wege
war. Daß sie auch daran nicht ge
dacht hatte! Sie mußte doch in die
Redaktion, mußte die Schriftstellerin
aufsuchen. Da konnt- sie doch un
wo es lassen während dieser Zeit'
Es war ihr ja ein Trost, daß sie
ein Wesen bei sich hatte, das ihr ge
doch wäre eS nicht besser gewesen, sie
hätte ihn im wohlbehüteten Vater-
Hause gelassen? Schluchzend um
klammerte sie sein kleines, weiches
Körperchen. Der Junge strich ihr
unbeholfen über das Haar.
„Mann, nicht weinen. Wieder zu
Gerta raffte sich auf. Nein, diese
krankhafte Schwäche mußte sie be
belw. lf w d ' n
Zinshaus wie alle übrigen umher.
Sie sah auf das Kärtchen, darauf
die Adresse stand. Im dritten Stock
empor.
Eine ältliche Person öffnete auf ihr
Läuten. Schüchtern fragte Gerta:
„Bitte, wohnt hier die Schriftstel-
Mißtrauisch schweifte der Blick der
Kurz antwortete sie:
„Hat hier gewohnt. Vorgestern ist
sie fort."
Gertas Herz klopfte. Sie fühlte
schon wieder das würgende Weinen
im Halse. Mit Anstrengung brachte
sie hervor:
„Und wo könnte ich sie finden?
Bitte schön!"
Instinktiv war sie iiberhöslich, bei
nahe demütig der fremden Frau ge
genüber.
„Sie ist fort aus Berlin ich
weiß nicht recht genau, wohin. Mir
scheint, nach der Schweiz.
Nun konnte Gerta ihre Tränen
nicht mehr zurückhalten. Wie' Bäche,
die entfesselt wurden, strömten sie ihr
über die Wangen. Das schien die
Frau doch zu rühren. Weicher fragte
sie:
„Was wollen Sie denn von ihr?
Sind Sie eine Verwandte?"
Gerta schüttelte den Kopf. Spre-
Da nahten sich Schritte, und ein
junger, hubscher Mädchenkopf sah der
Alte» llher die Schulter. Gerta faßte
Mädchen. Verzweifelt und hilfe
suchend stieß sie hervor:
„Ach, ich weiß nicht, was ich jetzt
m,)chen soll. Wenn ich wenigstens
«tin Kind nicht ohne Aufsicht hätte.
,yrau Koreus wollte mich empfangen,
sie versprach, für eine Wohnung zu
sorgen, und jetzt stehe ich hier, so
MiZfilind "mw-hikfioS."
Das Mädchen flüsterte der Alten
etwas ins Ohr. Und die sagte:
„Wenn Sie vielleicht die Wohnung
sagte erleichtert:
„O Gott, ich wäre ja froh.
Könnte ich die Wohnung sehen?"
Zimmer. Der Preis ziemlich hoch.
Gerta erschrak. Doch traute sie sich
nichts zu sagen. Sie war ja so froh,
überhaupt Menschen gefunden zu ha
ben.
„Möbel habe ich selbst." bemerkte
offener, zutraulicher. Sie gaben
Gert Obst und ein Butterbrot, und
er spielte, ganz heimisch geworden,
russ-, mit Kampfgenossen zusam-
Da sagte die Alte: >
„Drüben das Zimmerchen habe ich
daktion. Sie ißt auch bei mir."
„So? Das freut mich. Essen
würde ich dann natürlich auch hier.
fort bin?"
„Ach. bei uns. gnä' Frau! Er ist
ja so brav. Wir sind den ganzen
Tag zu Hause."
„Nun, vorderhand nehme ich Ihr
Anerbieten an. Doch später nehme
ich mir eine Wärterin für ihn. Er
muß ja auch an die Luft hinaus."
Gerta erhob sich. Sie wollte nun
zur Redaktion fahren. Sie fühlte
sich schon viel heimischer und leichter,
weil sie nun eine Wohnung halte
und Menschen, mit denen sie sprechen
konnt«. Da sah fie di« Großstadt
nicht mehr mit so bösen, feindlichen
Augen an. Gert weinte und wollte
sie nicht fortlassen. Mit gepreßter
Stimme sagte sie:
„Mit Mami gehen! Nicht allein
bleiben!"
Mit Gewalt trennte sich Gerta
In der Redaktion war sie schon
angemeldet. Der Chefredakteur
empfing sie und setzte ihr die Sache
auseinander. Tägliche Arbeit: Redi
belletristischen Manuskripte, Korrek
turlesen, Maschinenrevision. Arbeits
zeit von 8 Uhr morgens bis 7 Uhr
abends. Zwei Stunden Mittags
pause. Anfangsgehalt 80 Mark mo
natlich.
Gerta nickte nur immer. Sie
hatte kein Verständnis für die Ar
beit und nicht für die Niedrigkeit
des Gehaltes, wenigstens vorläufig.
Es sauste und schwirrte in ihrem
Kopfe, wie im Maschinensaal der
Seidenfabrik zu Hause.
Sie warf einen Blick durch die
offene Tür in den Nebensaal. Dort
saßen, abgeteilt voneinander, Männer
ten und schrieben. Sie hatte noch
nie eine Redaktion gesehen. Interes
siert flog ihr Blick umh«r. Hier also
wurde das Schicksal so vieler Tau
sender entschieden, hier wurde Gericht
gehalten über Gutes und Schlechtes.
Von hier aus liefen die Fäden in die
Welt, brachten sie Glück oder Enttäu
schung den tausend Harrenden.
Der Chefredakteur machte eine
Pause, die förmlich einen Abschnitt
anzeigte zwischen dem geschäftliche
und dem persönlichen Teil der Unter
redung. Seine geschäftliche Miene
nahm einen gemütlicheren Zug an,
und er sagte:
„Es waren natürlich eine Menge
Bewerberinnen um die Stelle da.
Allein Frau Alma Koreus empfahl
Sie Mit so warmen Worten, daß wir
gern die Wahl auf Sie fallen ließen.
Frau Koreus war eine langjährige,
treue Mitarbeiterin und Redaktrice."
„Wo ist sie jetzt, wenn ich frag«n
darf?"
„Vorläufig unternimmt sie Rei
sen durch die Schweiz und Frank
reich. Wo sie sich ständig niederlas
sen wird, weiß ich leid«r nicht. Aber,
da fällt mir ein, sie hinterließ ei
nen Brief an Sie, Frau Heide. Hier
ist er."
Der Redakteur entnahm «inem
Fach «in Kuvert. da» er Gerta reichte.
Sie hätte gern den Brief hier gele
sen. doch der Ch«sredakt«ur setzt« sich
nicht mehr, er wollte wohl so di« Be-
Gerta erhob sich und fragte, wann sie
eintreten solle,
„Am Anfang der nächst«» Woch«,
am Montag. In drei Tagen also,
Sie werden noch verschiedenes zu tun
haben. Hoffentlich richten Sie sich
bald ein."
G«rta empfahl sich und las dann
am Treppenabsatz draußen den
Brief. Es waren nur kurz und flüch
tig hingeworfene Zeilen.
„Meine liebe Frau Heide!
Wenn Sie den Brief erhallen, ha
ben Sie schon den größten Zorn und
die heftigste Enttäuschung überwun
den. Ich konnt« nicht anders, ich
mußte schon fort. Ich hätte Sie
sonst sicher «mpfangen und gebührend
untergebracht. Doch wozu sollte ich
einem fremden Menschen cin so unge
heures Opfer bringen? Und dann
war das Alleinzurechtfinde» ein« ge
sunde U«bung sür Sie müssen
Reihen treten wollen. Den Weg eb
nete ich Ihnen und kenn nur sagen:
Gehen Sie unentwegt weiter, wenn es
auch noch schlechter kommt. Gott be-
enttäuscht ließ Gerta d«n
Brief in die Tasche gleiten. DaS
waren ziemlich allgemein- Redensar
ten, billige Gem«inplätz«. Aber darin
hatte sie recht: sie mußt« hä'.ter wer
den.
Unten verabschiedete sie den Wa
gen und ging zu Fuß in ihr« Woh
nung. Es war nicht weit. Unter
wegs kaufte fie eine Karte und schrieb
einen Gruß und die Adcesse an
ihren Mann. Morgen kannte er
di« Karte haben, und wenn er gleich
Gerta schlenderte noch ein wenig
in den Straßen umher. b«sah sich die
Läden und tauste sür Gert ein
Spielzeug. Dabei sah sie. daß ihr
Geld im Portemonnaie riesig rasch
dahinschwand, Sie erschrak beinahe.
Wenn das so fortging! Achtzig Mark
im waren nicht gar viel. Da
auch den Andrö hier haben könnte!
Aber der mußte schon tm Herbst zur
Schule da war «s schon schwieri-
ficht, und Frau Möllns die Wir
spielen. Er beachtete auch weiter daS
schöne Spielzeug nicht, sondern
schmiegte sein verweintes G«sichtchen
an Gertas Brust. Sie sprach nichts
Sie strich ihm nur leise begütigend
über das schlichte blonde Haar. Sie
kam sich förmlich schuldig vor
hatte sie nicht die schöne Kindheit ih
res Kindes zerstört? Gehörten nicht
all« ins Vaterhaus?
„Nein, du mußt härter sein", sagte
sie sich tausendmal. „Die Kinder
hatten dich in letzter Zeit auch nicht
im vollsten Maße!" Sie hatte sich
ihrer immer zu entledigen gesucht,
weil ein Zwiespalt in ihr gewesen,
weil ihre Seile sich wund gekämpft
hatte. Jetzt stand sie am Ansang
ihres Zieles nur weiter, nur nichr
weich werden.
Frau Möllner fragte
„Wollen Sie mit uns zu Tisch
essen, oder soll ich Ihnen allein ser
vieren?"
„Das ist mir einerlei, liebe Frau
Möllner, so wie es Ihre Hausord
nung gibt."
„Je nun, das ist nicht immer gleich.
Manchmal haben ja so Schriftsteller
Ideen im Kopfe, die sie geschwind
aufs Papier schreiben müssen. Da
frag' ich schon immer an. Und inanch
speifen. Heute wird Fräulein Frida
Groner mit uns essen."
„Dann, bitte, wir auch."
Im Wohnzimmer war der Tisch
ganz sauber gedeckt. Gert saß dicht
bei seiner Mama. Die Schneiderin
war lustig und guter Ding«. Sie
war auch sehr hübsch mit ihren brau
nen Augen, der modischen Frisur.
Als sie schon be' der Suppe saßen,
kam Frida Groner herein. Es war
ein blasses Mädchen, nicht mehr sehr
lunx-e, mit dunklen, leidenschaftlichen
Augen, einfach frisiertem, dunklem
Haar. Si« reichte Gerta sreundschast
lich die Hand und sagt«
„Ich kenne Sie schon ganz genau.
Frau Alma hat eine Menge von Ih
nen erzählt. Ich bin Ihre Kollegin,
Schriftstellerin und Redakteurin.
Doch ich will jetzi m«in« St«lle aufge
ben."
„Weshalb?" fragte verwundert
Gerta.
„Weil ich etwas Großes schreiben
will. Da muß man Ruhe hoben
Nichts darf mich da ablenken. Ich
bin so. Vielleicht ander« nicht. Das
ist ja schließlich ganz individu«ll.
Freilich ist die Sache gewagt. Denn
wer weiß, ob ich jemals wieder eine
so gute Stelle erhalte."
Frau Möllner reichte das Rind
fleisch herum und sagte mütterlich:
.Jetzt «ssen Sie nur ordentlich,
Fräulein Frida, Sie sehen ganz blaß
aus."
Frida Groner aß nun hastig und
schweigend. Nach der Mahlzeit sagt«
si« zu Gerta:
„Ich habe noch eine Stunde Zeit.
Mollen Si« nicht zu mir herüberkom
men? Ich rauche gewöhnlich ein« Zi
garette."
„Sehr gern, nur will ich erst mei
nen Sohn zu Bett legen. Der kleine
Schelm schläft mittags noch."
Die Schriftstell:rin schien jetzt
erst Gert zu bemerken. Mit ei
ner weichen, mitleidsvollen Gebärde
strich sie d«in Jungen über den
Kopf.
„Armes Kerlch-n! Warum nehmen
Sie ihn denn mit in den Kampf hin
werden sehen."
Gerta zuckte di« Achseln. Ihr wur
de schon wieder ganz weich ums
Herz. „Ich glaub« es jetzt schon
selbst", sagte sie stockend, „doch ich
werde mich nie von ihm trennen kön
nen. Nie."
„Da werd:n Si« auch nie etwas
Großes leisten können. Denn Sie ge
hören auch zu den Menschen, die
will."
Als Gert in dem Bett, das Frau
stellen lassen, tingeschlasen war, ging
Gerta zu Frida hinüber. Das Mäd
chen lag auf dem schmalen, harten
Sofa und rauch!« blaue Ringe in die
Luft. Sie stand nicht auf, als die
junge Frau eintrat.
„Setzen Sie sich, bitte, in jenen
Schaukelstuhl. Und hier sind Zigar
retten. Sie rauchen nickt? Ich muß
und weiter ausg«sponnen."
„Was ist es? Ein Trauerspiel
Volksstück?"
.Ein Volksstück. Oh, ich sage Ih
nen es wird mir gelingen. Es
muß g«lingen. Denn ich s«tze ja
alle? auf eine Karte, alles. Schon
jahrelang habe ich gespart, jeden
Pfennig zurückgelegt, um einmal
angenommen, gut ausgenommen, so
bi» ich üb-r dem Wasser. Wenn
nicht"
„Was dann?" fragte Gerta be-
chen wir nicht darüber. Ich will
alles, alle» daraufsetzen, um etwas
restlos Gutes an die Oeffentlichkeit zu
bringen."
Ein« Weil« saßen die beiden
Frauen schweigend. Es kam Gerta
fast komisch vor, wie sie hier mit der
ihr völlig fremden Person zusammen
saß, von d«r sie nie vorher gehört
hatte, noch nie auch ihren Namen ver
nommen. Si« fragte interessiert
„Nein, nicht unier m«inem altmo
dischen, gewöhnlichen. M«in Pseu
donym ist Ruth Ruten. Sie kenn«.!
es nicht? Ich schrieb bis j«tzt nur
kleine Sachen,"
„Warum schreiben Sie nicht lieber
«inen Roman? Das kommt mir
sicherer und einträglicher vor."
halbwegs bekann'en Namen haben,
nimmt ihm keine bedeutende Redaktion,
kein Verleger wagt ohne Hersiellungs
kostei'.beitrag leine Herausgabe. Und
verzweifelt mäßiges Honorar im Ge
gensatz zu Ihrer Arbeit. Nach kur
zer Ze't erlischt das Flämmchen und
Sie können wieder anfangen. An
ders beim Theaterstück. Düs sehen
und hör«n Tausende, wenn es ange
rühmt werden und reich! DaS
bringt etwas eil.!"
Mit glühenden Augen starrte Frida
ins Leer«. Dann sprang si« Plötz
zu schr«iben, ohne mehr weiter auf
Gerta zu achten. Die stahl sich
dann hinaus. Si« wollte di« an
dere nicht stören. Sie kannte ja von
sich selbst aus die momentanen Ein
fälle, die man gleich notieren muß
te, wollt« man sie N'cht wieder ini
Dunkel des Vergehens zurücksinken
lassen.
Am Nachmittag kamen die mitge
bracht«n Möbel von zu Hause an.
Gerta begann mit Feuereifer ihre
Zimmer zu schmücken, und jauchzend
half ihr der Knabe. Bei jedem Stück
aus der Heimat feierten sie ein freu
diges und zugleich trauriges Wieder
sehen. Als alles wolmlich und hübsch
eingerichtet war, rief Gert
„Und wo ist Papi? Und Andr<s?"
bald"""
Und Gerta erfaßte plötzlich eine
mächtige, qualvolle Sehnsucht nach
dem verlassenen Manne und dem noch
verlasseneren Knaben. Da hclf k«in
Wehren und Sträuben. Ihr Herz
hing doch noch zu fest an den Ihren.
Doch das würde sich mit der Zeit än
dern, wenn sie nur erst recht viel Ar
beit hatte, daß nicht viel Zeit zum
Denken und Sehnen blieb. Fröhlich
wollt« sie sein und dem Kerlchen da
«ine gute Mutter.
„Komm, Schatz", sagte sie, „wir
gehen jetzt in Berlin herum. Da
wirst du staunen."
Sie zog ihn an. und si« verließen
die Wohnung. Es war ein milder
Märztag, schon Ende des Monats
Und das Leben flutet« um G«rta,
kräftig und fröhlich, da entschwand
die Bangigkeit, und s«st hielt fie die
Der heiß« Friihsomm«r lag über
Berlin. Die vornehm« Welt war
schon längst in die Bäd.'r oder Alpen
Verhältnisse nicht gestatteten, hielt
zwischen den dumpfen Häusern au«,
di? die Hitze doppelt zurückstrahlten,
Gerta hatt« sich in ihr neues Le
ben mutig hineingefunden. Sie ar
auSgearbeitet hatt«. Ihr Geisteskind
Beide krankten, woran, wußte Gerta
nicht. Und fie konnte sich weder dem
«inen noch d«m andern voll und ganz
widmen. Ihre größten Kräfte nabm
doch die Redaktion in Anspruch.
Schon oft hatte sie daran gedacht,
früh, wenn Gerta schon fort war.
bracht« die Zimmer in Ordnung und
ging dann mit Gert spazieren. Ueber
die zweistündige Mitiagsvaule sandte
sie Gerta stets nach Hause Sie wollt«
dann ihr Kind, den blassen, trauri
tFortsetzung folgt).
Gauner - Maxime.
„Wenn ich die Wahl habe zwischen
Wanzen und Gewissen, dann lasse
ffür die Küche.
Gebackener Blumenkohl.
Ma» kocht einen großen oder zn>«s
und übergießt sie mit einer Mischung
von I—2 in Milch oder Sahne ver
quirlten Eidottern nebst etwas ge
mesaiikäse. Pfeffer, Salz und Zitro
nensaft. Die Mischung muß gut auf
dem Blumenkohl hasten und nicht
K a >te Kaffeespeise, AuK
Obertasse kochenden Wassers ein star
bciseite gestellt. 8 frische Eidotter
dende süße Sahne, die Tasse Kaffee»
Extrakt und den steisgeschlagenei,
Hälfte der Kasfeemcisse gleichmäßiz
darüber, legt wieder Biskuits odet
Makronen darauf, wieder Sahne und
gekochtem Schinken wird fein gewiegt.
Dann geschälte Kartoffeln in Salz
wasser gar gekocht, abgegossen, zer
nimmt man eine Auslausform, streicht
sie mit Butter aus, bestreut sie mit
geriebenen Semmeln und gibt zuerst
geriebenem Weißbrot, 1 Löffel Nut
zender Weise herstellt: Man schält
det sie in Viertel, tut sie nebst etwa»
in eine tiefe Pfanne. l?ßt die Äepfel
Sauce.
Blankelte von Huhn.
Zwei Hühner werden, wenn ausge«
in Stücke gefchnitteir, in heißer But
ter leicht angedäinpft, ohne daß si?
Farbe bekommen, mit einem Löffel
Mehl aufgestäubt, mit Fleischbrühe.
Weißwein, Zitronensaft und etwaS/
Suppengrünem weich gekocht. Die
Sauce wird abgigossen. dicklich einge
kocht, mit Zitronensaft abgeschmeckt
und mit drei Eigelb abgezogen, über
die Geflllgelstücke durch ein Sieb ge
gossen, Die Hühnerstiicke werden
dann in der Mitte einer tiefen Schüs
sel angerichtet, mit den Nudeln um
legt, die Sauce darüber gegossen und
mit gehackter Petersilie bestreut.
Kartoffelsuppe mit s 11-- ,
Ber Sahne. Man kocht 2 Pfund
Kartoffeln tags vorher in der Schale
gar, schält sie am anderen Tag, reibt W
sie auf dem Reibeisen recht feinflockig D
und verrührt sie mit etwas nach und
nach dazu gefügtem kochenden Wasser
zu dickem Brei, Inzwischen hat man
2—3 kleine Obertassen süße Milch
in der Kasserolle über gelindem Feuer
zum Kochen gebracht, rührt allmäh
lich, damit er nicht ballt, den Kar
toffelbrei hinein, falzt nach Bedarf
und läßt die Suppe 6—7 Minuteir
bei unausgesetztem Rühren leicht ko
chen, Man kann sie anch. wenn man
scheiben "sind für diese Suppe eine
gute Einlage, .