Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 28, 1913, Image 3

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    DitNeisenachAarieu.
(7. Fortsetzung.)
Martina gesellte sich hie und da
dazu. Es war aber kein erquickliches
konnten über jede Kleinigkeit wie
Kinder lachen. Heute sah Gerta "so
fort, daß etwas Ungewöhnliches in
Schatz, sondern fragte:
„Nun, Herr Velten, was ist ge
schehen? Sie sehen anders aus als
sonst."
„So? Das weiß ich nicht. Es ist
aber nichts Besonderes."
„Nur heraus damit! Sie wissen
schon, vor mir können Sie nichts
verbergen."
Velten seufzte gemacht lustig:
„Nun ja, es ist schlimm mit solch
sehenden Menschen. Also: ich sandte
dieser Tage mein Bild „Am WaldeS
jetzt sehr schwer."
sicht: „Sie müssen fort? Und bald
schon?"
und dann morgen fort in
aller Frühe wenn die Welt noch
Hut- sind wir n'cht hier
„Nein, das Schicksal hat mich litb.
Rosi ist unwohl, nichts Bedeutende»,
nur Zahnschmerzen. Da ist der Platz
im Auto frei. Ich will Fräulein
Martina bitten, mich gnädigst mitzu-
„Das ist schön. Das freut mich
doppelt. Denn Fräulein Rosi kön
nen wir immer haben, aber Sie nicht.
Aber sehen Sie jetzt her, was ich
Ihnen da bringe." »»
Sie sahen vorhin wahrhaft strahlend
aus."
im Birkenlessel Zurückgelehnt, und
sein Gesicht, das so ernst und hübsch
aussah, verriet tiefe Rührung und
Zch will mir meine Flügel nichk
schmelzen lassen. Aber wissen Sie,
ich beneide Sie eigentlich glühend.
Sehnsucht."
Ben. schattenlosen Straßen, zwischen
all den fremden Menschen. Nur im
Anfang übt die Großstadt einen Reiz
aus, oder auch aus den Vollblutgroß
aber nirgends gefällt es mir so gut
wie hier. Es ist alles da: Berge,
Schlösser, Gärten, weite Ebenen.
Und sehen Sie den Fluß. Wie der
diesem Bilde hier werde ich Sehn
sucht haben. Immer, immer. Und
morgen bin ich schon weit."
Gerta wußte ganz genau, daß hin
ter all dem Sehnen das Weib stand:
Martina. Doch sie sagte nichts. Vel
ten hatte ihr nie etwas Näheres er
zählt, auch Martina nicht. Sie
wußte nur, die beiden waren sich
nicht gleichgültig und tonnten doch
nicht zueinander sinden. Was zwi
schen ihnen stand, war Gerta ein
Rätsel.
Jetzt hörte man das Fauchen einer
Maschine draußen auf de? Straße
Als sie auf die heiße Straße tra
„Wo ist Rosi?"
Zahnschmerzen hat."
Martina lachte: „Sie scheinen sehr
unglücklich darüber zu sein. Aber
„Nossclenker? Der Johann?"
gendes darin. Also jetzt einsteigen.
Und rasch. Dort geht die gute Frau
Pohl. Der wollen wir wieder ein»
jagen." l st Pl tz
üppigste Zeche, wenn Sie so rasch
wie der Teufel mi Frau Pohl vor
übersausen. Himer der Stadt lön-
Erst ganz langsam setzte sich das
fauchende Ungetüm in Bewegung,
dann fiel es in solche« Rasen und
Rennen, daß Martina hell auf
jauchzte. Ueber die Brücke ging es,
durch die Bräuhausstraßc und am
unteren Part vorUber. Die letzten
Villen slogty wie Geistererscheinun
gen vorbei, dann mäßigte Johann
das Tempo. Der Schweiß stand ihm
auf der Stirn, und er murmelte:
„Eine sauer verdiente Zeche. Da
fahre ich doch lieber mit meinen
Braunen."
Die lleine Gesellschaft war aus
nehmend lustig. Scherzworte flogen
hin un!) wieder, und einmal zeigte
Velten linls hinüber zum Walde:
„Der Krebsgrund. Und dort die
Ruine Reichenstein."
Er sah Martina an und fing einen
heißen, beredten Blick auf. Es war,
als sprängen elektrische Funken her
über und hinüber. Ein wenig
schweigsamer geworden, sausten sie
durch die Dörfer Forst und Sörgs
dorf, und in Wildschütz mußten sie
vor einem Gasthause halten, weil her
brave Johann vergessen hatte, Benzin
vollzufüllen.
flache Land verschwand. Siebenhu
ben und Friedeberg lagen ganz in
den Bergen versteckt. Es war ein
»eines, elendes Nest, ohne jede poe
tische Schönheit. Nur die Berge
ringsum waren schön, aber das
Städtchen selbst war so nüchtern wie
möglich. Sie fuhren gleich in den
Garten ein. wo das Fest stattfand,
und Frau Born kam der Gesellschaft
freudestrahlend und stolz entgegen.
Sie mußten alle an den Holztischen
Platz nehmen. Die Bänle schaukel
ten bedenklich, als die beiden Män
ner sich setzten. Dann brachten
schmuck aussehen wollende Biirger
ge von Kuchen herbei und die Musik
kapelle spielte herzzerreißende Weisen.
Aber das alles löste eine unbändig
lustige Stimmung unter der kleinen
Gesellschaft aus. Sie aßen und tran
ken tapfer und gingen dann zwischen
klingender Walzer. Martina jstick
tcn die Füße unter dem Tische. Be
gehrlich sah sie zur Tenne hinüber.
„Ja? Sollen wir? Ich möchte füi
still sitzen."
Tanzplatz hinüber und bevor sie
fingen, sahen sie, schon zum Tanze
umschlungen, zu dem zurückgekliebe
ikneji bin: „Faust und Gretchen.
Macht es Jbnen nicht auch den Ein
druck?"
„Ja, mein Mann erinnert -an
Faust. Fräulein Martina aber hqt
nichts Gretchenhaftes. Sie ist viel zu
! Frau Marte."
! „Nein, kommen Sie, Frau Gerda,
wir tanzen auch. Der Walzer geht
ins Blut. Musik ist doch etwaS
Velten sah mit brennenden Augen
ins Gewühl. Er suchte Martina.
Er mußte sie einmal an seinem
Ende.
Mädchen still und lehnte das
schwenkte mit ihr davon. Da ver
l'eß Gerta den Tanzplatz. Velten
aber zwängte sich durch die Menge
zu Martina hin.
„Fräulein Martina dürfte ich
bitten?"
zerin mehr Raum. Sie tanzten
ganz selbstvergessen, selig, wie in ei-
Taumel. Immer enger preßte
„Martina liebste Martina." . .
Sie schloß die Augen. Wie eine
beiße, berauschende Welle floß daS
kosende Wort über ihren Körper. Sie
hatte sich denlen müssen, daß er auch
Frau Gerta, seine Kusine Rosi und
viele, viele andere so gehalten ha-
Rausch hatte. Wie hätte er sich sonst
erlauben können, sich so gehen "zu las
sen? Oder dachte er noch immer, er
brauche nur einen Finger auszüstrek
ken, und das Vöglein käme von
selbst?
Velten begriff nicht, warum Mar
tina sich so von ihm löste.
weg.
„Lassen Sie mich, Herr Velten,
Sie irren sich wohl in der
„Nkin,' Martina wie konnte^
ich. Ich liebt nur eine und Sie
wissen, wer das ist!"
Hohnlachend erwiderte das schöne
Mädchen:
„Sie scheinen einen Rausch zu ha
ben, schlafen Sie ihn aus. Und
übrigens fahren wir jetzt nach Hau
schweigend. Nur George Heide war
natürlich lustig, Martina lachte wohl
euch, doch tam es gezwungen aus ihr
z» lenken. Er hztte von der Erlaub
nis, eine üppige Zeche zu machen, so
ausgiebigen Gebrauch gemacht, daß
er tief berauscht in einer Ecke des
Gasthauszimmers saß. Ratlos stand
die kleine Gesellschaft. Da sagte der
junge Maler: „Ich tann lenten, Bin
in Berlin schon oft selbst gefahren.
Am besten, wir lassen Johann hi«,
Der Vorschlag fand Beifall. Die
Damen hüllten sich fest in ihre Män
itl und Tücher, Heide nahm ihnen
Hände fest an das Steuer. Martina
rief ängstlich:
„Bitte, ein mäßiges Tempo, Herr
Velten. Ich habe Angst."
bende Ungeheuer flogen die Bäume
vcrüber.
Die Insassen waren schweigsam
und ernst. Nur Heide versuchte hie
und da einen Geistesblitz leuchten zu
i,->en. Ohne Unfall kamen sie nach
Johannisberg zurück. Martina
sagte, aIA man am Ende des Par
kes war:
„Fahren Sie »ns noch bitte, durch
die Stadt, vor Ihr Hau». Die kur
ze Strecke lenke dann ich."
I Doch Velten sagte ablehnend:
„Nein, ich habe das Bedürfnis,
einen kleinen Marsch zu machen. Ich
fahre direkt zur Fabrik."
Im Hofe stiegen alle aus, und
Velten schüttelte Heide die Hände, in
dem er sagte:
„ES wird Sie wohl kaum schmerz
plötzlich?"
und fand nichts Geistreichere» zu er
widern.
Velten stand jetzt vor Gerta.
„Und Sie, liebste Frau Gerta
kämen im Leben noch einmal zusam
men." Fest und stark hielten sie sich
an den Händen. Gerta sagte leise:
„Viel Glück auf den Weg, Velten,
hilflos. Er wollte fort? Auf im
mer? Aber das konnte, das durfte
nicht sein. So konnte das Ende
nicht sein, dos End/ dts schönen,
kurzen Liebestraume». Es mußte
noch etwa» kommen etwa» Schö
nes, Herrliches . .
Sie streckte ihm flehend und stumm
die Hand entgegen. Doch Velten
tina starrte "ihm fassungslos nach.
Still trn'ite die laue, dunkle
Sommernacht ihre Arme um die Er»
de. Nickt einmal ein ferner Vogel
sang oder gar Hundegekläff war zu
vernehmen. Und doch konnte Mar
tina nicht schlafen. Weit standen die
Fenster Zossen, nnd doch kam kein^
nie, nie mehr scheu. Er hatte sich
ihrer Macht entzogen sie hatte es
ja genau gefühlt.' welche Macht sie
über ihn besessen, schien es ih^
huben lcnr.ie. Sie war nur feint--
w,ge>: zu Vellens gegangen, seinet
wegen !iüerh«mp! ht«r geblieben. Nein,
eS komiie gar nicht möglich sein
tr hatte sie nur schrecken wollen
hatte sie strafen wollen für ihr Ver
halten beim Tanz. Er konnte nicht
fori fein nicht so, ohne ein Hoff
nurigSwort auf Morgen
wußte Martina nicht recht. Sie ver
deckte ihren Kopf i» die Kissen und
lachte und weinte in einem Atem. '
le! fieberhaft auf eine Anrede der
jungen Frau. Als aber keine erfolg
te, wandte sie sich zornig der Laube
Zu.
„Frau Heide, entschuldigen Sie,
wenn ich Ihren Geistesflug unter
breche. Aber warum sagten Sie mir
eigentlich nichts davon, daß Herr
Velten heute abreisen will?"
Gerta hob kühl den Kopf. Sie
haßte beinahe das schöne, herzlose
Geschöpf. Seit gestern wußte sie, daß
Velten sie liebte und auch, daß Mar
tina mit ihm gespielt hatte. Sie be
obachtete sit beim Tanzen genau. Sie
te:
„Ich wußte es erst /«it ge
nes. Und warum hätte ich es er
wähnen sollen? Es hatte doch nie
mand weiter Interesse daran. Und
Martina empfand heftigen Aerger
und Abneigung für die ruhige Frau.
Wie tam sie dazu, bei dem jungen
Maltr tint drrartige Vertrauens
stelle einzunehmen!? Die kam doch
nur ihr zu. Aber sie würde ja Ge
legenheit haben, sich für ditfc Unge
fälligkeit zu rächen fit wußte ja
so gut. wo Gertas wunder Punkt
war. Gleichgiltig schob si« mit ihrtin
weißen Sonnenschirm den Sand de»
Wege» zusammen und sagte:
„Das ist wirklich rührend. Und
Sie nahmen vermutlich schon früher
irgendwo»innigen Abschkd."
„Nein. Fräulein Martina, ich pfle
ge nicht sielen. Ich bin eine
wa» schon einem andern gehört
Darin sind wir verschieden."
Martina errötete h«iß. Si« hatte
eine scharfe Antwort auf der Zunge
Doch klug unterdrückte sie dieselbe.
auch dem Direktor nichts anderes
übrig, als auf Seite seiner Frau zu
stehen. Und das paßte ihr nicht tn
den Plan. Sie warf den Kopf und
sagte:
„Ich verstehe Sie nicht im Gering
sten. Uebrigens glaube ich, Herrn
Velten noch zurückhalten zu können
Kunst erproben."
Ruhig versetzte Gerta: „An Herrn
Velten? Wenn Sie den Maler mei
>>tn, der ist schon fort. Heute früh
mit dem ersten Zuge fuhr er ab."
„Nein," stieß Martina hervor,
„das kann nicht sein. Ich glaubt ts
«icht. Sie wollen mich nur abhal-
Gerta zuckte die Achseln: „Bitte,
arbeiten unter den schattigen Bäu
men. Sie begrüßten Martina herz
lich, und Frau Velten sagte: „Das
ist schön, daß Sie uns ein wenig
trösten kommen. Wir sind über Gin
nords Abreise noch immer nicht be
ruhigt, weil sie so schnell und heim
lich stattfand. Nur einen Brief hin
terließ er, den wir heute früh in sei
nem Zimmer fanden. Die Künstler
s-nd doch seltsame Menschen."
Martina saß ganz still in ihrem
Sessel. Kein Zug in ihrem schönen
Gesicht verriet, was in ihrem Innern
frische Blüten knickte.- Mechanisch
erwiderte sie:
„Ja, seltsame Menschen. Und er
ist wirklich fort?"
„Ja, heute früh. Wir wollten'»
uns nun so an ihn gewöhnt. Und
ich muß Jhnep sagen, liebes Fräu
lein, mein Mann hat ein wenig
im Winter zu uns tam, schwer an
seine Art gewöhnen. Doch jetzt hin
gen wir alle sehr an ihm. Er brach
te uns sozusagen ein ganz neues, gei
stiges Element in's Haus. Wir la
sen Bücher, wirklich gute Bücher,
nicht etwa Schundromane. Nein,
von Tolstoi, Gorki, und Rosi
„Zola Mama."
„Richtig. Zola. Besonders Gorki
interessierte uns. weil wir immer un
sere Arbeitsverhältnisse mit denen
Rußlands verglichen. Und am mei
sten hat ui>Z wohl das Theaterstück
v.'n nicht wahr, Rosi, es war von
Hauptmann. Gerhart Hauptmann
und hieß „Die Weber" gefallen und
gerührt. Und Ginnord konnte so
tina mein Mann und Ginnord
kamen wohl oft ins Politisieren, und
da ging's oft stürmisch zu. Aber so
sehr sich mein Alter auch wehrte,
zum Schluß mußte er doch immer
weiß ich jetzt auch, daß vieles.
les anders werden müßte. Hier in
der Fabrik zum Beispiel."
Mutti, laß doch das Frau Lan
dein Martina."
„Ja, ja, mein Kind, ich weiß
Aber ich denke mir, Fräulein
Persönliches. So schnitt sie kurz die
politische Ader der rundlichen Frau,
entzwei und sagte möglichst gleich
gültig:
ich noch sagen wollte kommt Herr
Velten wieder?"
„Oh, wohl kaum. Er muß ja
auch fleißig s«in. Sein kleines Erbe
ist bald weg Bilder verkauft «r
fast keine, da wird er sein Brot
„Ja, vorläufig, wegen des ausge
stellten Bildes. Dann will er in die
Alpen. Vielleicht, meinle er, gelän
swsse' '
inatisch sei». Nachdenklich sah sie
der beiden Damen. Dann wandte
sit sich scherzen» zu Rosi und sagt« j
lachen Verschwinden ihres intessanten
Eousins?"
Rosi blickte verwundert aus: „Ich?
Nein, dazu war mir Ginnord zu
mir war es selbst oft so al«
wenn" Aber jetzt siel Frau Vel
ten wieder energisch in die Rede:
„Daß die zwei sich gern hätten? O
nein, da täuschen Sie. sich. Sie
neckten sich, stritien und vertrugen sich
wieder, weiter nichts. Ich glaubt,
meine gute Rosi wäre dem Herrn
Maler zu hausbacken gewesen. Der
strebt höher hinaus. Ich meine, was
ten Geist, die Bildung betrifft. Er
sagte immer: Wenn er einmal heira
tet, muß die Frau alle seine Inte
ressen teilen, muß ganz gleich mit
ihm sein! Sie darf keine gedanken
l fe Modepuppe, keine vergnüqungs
tolle Weltdame, kein naives Äürger
mädel sein, sondern ein ernstes, gu
tes, festes Menschenlind, mit dem
Ja, so sagte er immer„ O nein, die
beiden machten sich nichts auseinan
der. Frau Langenscheit sagte auch
einmal was Aehnliches zu meinem
Alten, und da kam sie schön an. Sie
wollte es förmlich meinem Manne
einreden, die beiden hätten was zu
sammen. Aber wir kennen unsere
gute Rosi. Auch ist sie ja nicht mehr
ganz frei. Herr"
„Mutter," flehte Rosi mit glühen
den Wangen, „es ist so unbestimmt
noch. Ich bitte dich, schweige."
„Nun ja schon, du dummes Mä
del. .Du tust, als wenn Fräulein
Martina nichts von Liebe und Män
nern wüßte. Die hat sicher auch im
innersten Herzenswinkel irgendein
Bild versteckt."
Und als das Mqdchen erglühte,
rief sie triumphierend:
„Ich weiß es ja. DaS ist bei all
den Mädels gleich. Und auch die
jungen Männer sind so. Was haben
wir Ginnord mit seinem Georgstaler
geneckt, den er so hoch hielt."
„Ich denke, er sagte einmal, er ha
„l Gott behüte. DaS sagte er
nur, um Riche zu bekommen."
Martina saß da und wünschte
nichts sehnlicher, als allein zu sein.
So viele Gedanken wogten stürmisch
in ihrer Seele. Tante Ernestine hat
te sie belogen: Rosi war nicht seine
Braut. Und» diese machte sich nichts
aus ihm. Was mochte er bei ihrem
veränderten Benehnien gedacht ha
ben? Er mußte sie sür ein kokettes,
kaltes Mädchen halten, das mit ihm
gespielt hatte. Und er war in die
sem Glauben von ihr geschieden. Sie
konnte sich nicht verteidigen, er war
weit fort und kam nie wieder. Und
er wollte sicher nichts mehr von ihr
wissen. Er würde sie bald, sehr
buld vergessen. Mit großen, ver
dunkelten Augen starrte sie in die
blühende Sommerwelt.
Sie fühlte es so gut: er hätte sie
besser machen können. Nun ließ er
sie allein allein in dem Gebrause
des Welttreibens, des gewohnten Lö
bens, zu dem sie zurückkehren würde.
Nein, das konnte sie nicht ertragen,
so gar nichts mehr von ihm zu hö
ren, so ganz verschollen durfte er nicht
sein. Hastig sagte si«:
„Herr Velten hat etwas bei uns
vergessen wie ist seine Adresse?"
„Ja, die wissen wir vorläufig selbst
nicht. Er nimmt sich jetzt eine ganz
neue Wohnung. Wer weiß, ob er uns
so bald schreiben wird. Er ist eben
auch darin sehr sonderbar."
Berlin, im großen Berlin, hatte viel
leicht keine feste Wohnung, würde
vielleicht bald Weiterreisen. Unit sie
konnte ihm doch nicht mit der Polizei
nachspüren. Nein, er mußte selbst zu
ihr zurückfinden.
Sie erhob sich müde. Nun fühlte
sie erst, wie schwer die Enttäuschung
auf ihr lastete, wie sehr sie gehofft
hatte.
Frau Velten war enttäuscht, daß sie
schon fortgehen wollte. Krampfhaft
suchte sie, sie zurückzuhalten. Endlich
siel ihr ein glücklicher Gedanke ein:
„Haben Sie schon da» letzt« Bild
gesehen, daS mein Mann mit seinem
neuen Apparat gemacht hat? Nein?
Warten Sie, ich zeige es Ihnen."
Sie eilte in« Haus hinein, so rasch,
großes Polster, an dem sie eifrig
stickte. Das diente wohl zur Braut
ausstattung. Und plötzlich sühlte
steigen, Neid aus das kleine, stille
der Fluch des Reichtums. Velten
(Forlsetzung folgt).
Für die Küche.
Gurkensalat mit Senf.
Man verrührt zwei Löffel Senf mit
drei Löffeln Oel, etwas Pfeffer und
Essig, gibt die geschälten, gehobelten
und gesalzenen Gurten dazu, mischt
alles und läßt den Salat gut durch
ziehen.
Einfache Stachelbeer»
speise. Man verliest 2 Pfund
reife Stachelbeeren, die aber noch et
was härtlich sein müssen, wäscht sie.
läßt sie abtropfen, wellt sie, indem
man eine große Messerspitze doppel
kohlensaures Natron hinzufügt, i»
siedendem Wasser ab, gießt sie ab.
läßt sie abtropfen, gibt sie dann mit
wenig Wasser und Zucker in eine
Kasserolle, kocht sie ganz weich und
rührt sie durch ein Sieb. Jnzwifche»
hat man 6—B von der Rinde
altbackene Milchbrötchen in Milch
oder Wasser geweicht, in gutgespü'l»
tem Seihtuch ausgedrückt und za
Brei gerührt. Mit diesem Brei mischt
man 2—Z nach und nach dazuge»
fügte Eidotter, etwas zerlassene But
ter, etwas Zucker, etwas geriebene
Zitronenschale, eine Tasse geriebene
Semmel, zuletzt gibt man den fein
geschlagenen Schnee der 2—3 Eiweitz
dazu, füllt die Massen in eine mit
Butter bestrichene, mit geriebener
Semmel bestreute Form, bäckt die
Speise St) —55 Minuten im Ose»
bei gleichmäßiger Hitze und bestreut
sie beim Anrichten mit Zucker und
Zimmt.
Sommerplinsen. Man wäscht
und hackt eine Handvoll verschiedener
beliebiger frischer Kräuter, z. B. Pe
tersilie, Majoran, Thymian und Ker
bel, läßt sie in ein wenig zerlassener
Butter gar dünsten und gibt sie i»
eine gut verquirlte Mischung von S—
k Eiern. 5—6 Löffeln Mehl. 2—S
Löffeln Milch und Salz. Aus die-
Pfanne in gelb gewordener Butter
kleine, nicht zu dicke Plinsen auf bei
den Seiten goldgelb.
Kirschen in Dunst. Hierz»
eignen sich am besten Sauerkirschen,
rolle mit frischem Wasser und stellt
besser ungedeckt in den heißen Brat
ofen. Kocht das darin sich befind«-
liche Wasser, so läßt man es schwach
Kasserolle alsdann vom Feuer und
läßt das Glas mit den Kirschen bi»
folgenden Tage darin,
I—2 Handvoll geschälte, in Stücke
geschnittene, mit kochendem Wasser
gebrühte, wieder abgetropfte Kartof»
stetem Mehl bindein Zuletzt wird
Minuten gekocht, darüber gegossen.
Kartoffelnudeln mit
Man kann übriggeblieben?
verwenden oder nach Belieben zwei
Pfund frischt geschälte Kartoffeln da
zu kochen. Ebenso lassen sich unao
sehnliche Käfereste von Schweizer
ober Parinesiinkiise dazu aufbrauche»».
Löffel geriebenem Parmesanliise und
etwas Mehl vermischt, so daß ein
ebener, haltbarer Teig entsteht, den,
man, wenn er nicht gleich hält, in^
stäubten Brett fingerstnrle Rollen da
von, schneidet sie in Stücke und rollt
diese zu zugespitzten Nudeln. Diese
Nudeln legt man vorsichtig in
des Salzwasser, läßt sie gar kocheir
(10—12 Minuten, bis sie obern?uf
Schaumlöffel auf eine erwärmte
Schüssel, bestreut sie mit geriebene«
Semmel oder mit geriebenem Käse
und füllt heißt, flüssige oder ge»