Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 17, 1913, Image 2

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    tzannchen's Ferienreise.
»Tja" ... sagte der alte Abtei
lungsvorsteher Bendix und schaute
rastlosein Arbeitsfieber erfüllten
seit zehn Monaten. Sie hät
ten viel, viel lieber Ihr Examen als
Lehrerin gemacht, nicht wahr?"
„Ach ja. ... Aber es ging doch
Tod kam so plötzlich .. und Ulli ist
doch «in Junge und muß etwas Tüch
tiges lernen".
Der alte Mann nickte. Er hatte
plötzlich einen bitteren Zug, der diesem
bartlosem Mund.
„Die Melodie kenn' ich. In mei
nem Elternhause erklang sie nur just
für mich nicht zum Studium. Und
später, als die Mittel sich ganz uner
wartet fanden ... nun ... da war
geworden."
Eine schüchterne Frage wurde laut.'
„Herr Vorsteher, glauben Sie
wirklich, daß ich dies alles hier so
gut und sicher lerne wie die anderen
Mädchens?"
„Na, warum sollen Sie denn nicht!
Natürlich werden Sie das. Daß es
Ihnen schwer wird, ist schließlich kein
Wunder. Dies trockene Rechnen ist
nicht jedermanns Sache. Sie sind
«us, als ich Sie vorher bat, noch die
Arbeit zu Ende zu bringen. Die an
deren sollten es doch nicht hören. ...
Fräulein Hannchen, Ostern konnte ich
Ihnen leider diese kleine Freude noch
nicht machen. Aber jetzt, nach Pfing
sten, wird's gehen. Sie sollen, ob
gleich das sonst erst nach einem Jahr
passiert, ganz ausnahmsweise drei
Tage Urlaub für eine kleine Reise
haben. Nun ... was sagen Sie jetzt?"
Der blonde Mädchenkopf neigte
sich noch tiefer auf die Zahlen und
Punkte. Aber der erwartete Jubel
ist. Sie fahren in die Mark. Vier
zig Mark genügen bei Ihrer Veschei
denbeit völlig."
Er begriff sie nicht.
„Ja, ja, damit reichen Sie wirt
lich! Viel Leckerbissen können Sie
sich freilich nicht leisten. Aber ein
mich ein bißchen."
Ihre schmalen Hände zitierten
Plötzlich über dem sauberen, weißen
Bogen.
„So viel Geld ist nicht für mich
da, Herr Vorsteher. Was würde
wohl die Mutter sagen und Ulli.
Nein, es geht nicht."
„Aber Sie verdienen doch schon
achtzig Mark, Mädel", wunderte sich
der alte Mann.
jg
weg. Machen Sie meinetwegen da
mit, was Sie wollen. Schlafen Sie
... essen Sie ... sitzen Sie auf dem
denn einen Baikon hiben
Sie doch?"
„Auf ihm sieht Ullis Liegestuhl,
ihm viel frische Luft verordnet."
.Und Ihnen ... he ... was hat
„Mir?" fragte sie erstaunt. „Ja,
lassen. Er hatte ja selbst vier Jun-
Sie voch manchmal in Ihren Frei
stunden noch spazieren gehen müssen.
Ich seh' sie immer in mächtig
kostbarem Zeug rumhumpeln. Mein
Gott, was wär' denn schon dabei".
Nun mußte Hannchen Lauk doch
lächeln.
Das alte Fräulein Pleßner und
... jemand eine unverdiente Freude
machen? Eher hätte Bruder Ulli ihr
wissen Sie".
..Sie sind sehr stolz, Fräulein
Hannchen. Es könnte mir wohl ge
fallen, aber es bekommt sehr schlecht.
Klappen Sie mir bloß nicht zusam
men ... Na, na, ängstlich brauchen
Sie deswegen noch nicht zu sein Ich
mein' es bloß herzlich gut mit Ihnen.
Sehen Sie, sonst würde ich mich ja
wohl gar nicht so viel mit Ihnen be
schäftigen. Aber wir wohne»
nun doch mal so viel in demselben
Fräulein oder sonst irgend etwas, da
packt mich allemal eine Wut, daß ich
nicht Millionär bin".
„Was täten Sie dann?" fragte sie
fest an.
ist erst 26 Jahre und soll schon in
der hiesigen Großbanken hat ihn seit
einer Woche probeweise eingestellt!
50<X> Mark Gehalt! Na, was sagen
wie vorher die vierzig, die ihre
Ferienreise gekostet hätte. ... Ihr
blieb vor Staunen und Andacht ein
wenig der Mund offen stehen.
Fast ängstlich verabschiedete sie sich
von dem gütigen alten Mann.
„Na, gucken Sie mal zu, ob der
Ulli vielleicht noch ein Schäfchen !m
Verborgenen weidet. Oder die Frau
Mama. Wenn Sie irgend können,
machen Sie die paar Tage ins Freie.
Glauben Sie mir, es erfrischt Sie
so sehr, daß Sie nachher alles viel
leichter schassen und ... daß ich viel
leicht schon in Bälde eine kleine Ge
haltsaufbesserung befürworten kann".
Nun durchlief Hannchen Lauk plötz
lich die kommenden Stunden mit Hast
und Sehnsucht. Ja. wenn sie doch
hinaus ins Freie dürfte. In der en
gen, kleinen Wohnung erholte sie sich
Alle Augenblicke hieß es: „Ach,
Pen fast blutig. Aber es half alles
nichts. Sie war todunglücklich und
zum erstenmal verbittert und trotzig.
Als das alte, reiche Fräulein die
dem Rufe folgen. Aber die Mutter
Als sie längst alles begriffen h.itte,
soll^hierfür^W?
Es ging alles viel schneller und ge
dies große Geschäft vorgestellt hatte.
Ein schlanker, blonder Mensch zähl
te ihr die Scheine hin, sie mußte
en, wäre es heute nicht das letztem«!
gewesen, daß sie ihn zu Gesicht be
kommen hätte.
Jetzt stand sie draußen, fühlte das
ängstlich in einem sorgsamen mitge
brachten Umschlag zwischen Daumen
und Zeigefinger festhielt, und ward
mit Schrecken inne, daß sie drinnen
ja vergessen habe, diese Scheine selbst
nachzuzählen.
... Es stimmte ja doch nicht !
Als sie dessen ganz sicher war, kehr
te sie um.
nicht".
Aber es half nichts.
der:
Die Mutter sah ihre stille, blasse
wenig Geld. ... Ich laufe viel^...
Willen gehabt? Wenn die sich
Was wollte sie tun? —' Es war
hatte Derartiges schon einmal gehört.
... Vergnügte sie sich dann nicht
mit fremdem Geld?
Sie begann zu fiebern. Ihre
Sehnsucht nach Freiheit und Grün
ging in einer anderen, viel stärkeren
und reineren unter. Sie ... mußte
suchen ... den jungen Mann allein
zu sprechen.
Er war noch in der Bank ... heute
ausnahmsweise. Schüchtern tat sie
eine Frage vor dem Halbfensterchen.
er nervös und aufgeregt. „Ich schlie
ße sogleich. Wenn Sie mich draußen
erwarten könnten".
zum erstenmal an der Seite eines
fremden Mannes durch den Frühling
ging.
Sie war auch plötzlich ganz sicher
und gar nicht mehr verwirrt.
Da hob ein tiefer, befreiender
Atemzug die Brust dessen, der neben
ihr dahinfchritt. Er preßte ihrc
Hand, daß sie vor Schmerzen am
„Es ist ja nicht bloß um das Geld
der Probezeit dies Versehen unter
lausen." sagte er leise. .Es ist viel
mehr um das andere."
Sie erfuhr vorläufig dies „an
dere" nicht.
Sie sagte endlich verschämt und
ein ganz wenig traurig:
„Bitte, ich will jetzt Adieu sagen
... hier bin ich nämlich zu Hause."
Da strich er über die Augen, lach
te ganz hell und fragte: „Hier woh
nen Sie, in diesem Hause? Ach.
dann sind Sie Hannchen Lauk, nicht
wahr?"
Ihr wurde förmlich ängstlich.
„Woher wissen Sie das nur? ...
Sie haben ja meinen Namen auf dem
weißen Streifen gar nicht gelesen.
Sie schoben ihn ja sofort dem an
deren Herrn entgegen."
„Das stimmt", bejahte er. „Es
war heute entsetzlich zu tun. Und bei
der einfachen Umsetzung von Papie
ren tut der Name ja nichts zur Sa
che. ... Aber ich kenne Sie doch
schon lange. Aus den Briefen mei
nes Vaters sogar, denken Sie nur.
...Ich bin nämlich der Aelteste des
Borsteher Bendix und habe ebenfalls
die Ehre, seit zehn Tagen in diesem
Von der einsamen Ferienreise wur
de nun zwar nichts. Aber ins Freie
hinaus kam das Hannchen doch. Der
nächste Tag war ein Sonntag, und
Max Bendix zeigte ihr an diesem
Tage den Frühling aus der Nähe,
diesen wundervollen, - seligen Früh
ling. der sich ordnungsgemäß
zu emem Sommer auswuchs und als
wohlgeratene Frucht einer soralich ge
hüteten Ernte für Hannchen Lauk
einen schmalen, goldenen Berlobungs
reisen mitbrachte.
S«»vel «n»
Aus dem Jahr 1857 berichtet Her
mann Josef Landau von einer merk
würdigen Szene, die sich in Hamburg
am Wirtshaustisch abspielt«, wo der
bekannte humoristische Schriftsteller
Julius Stettenheim die Bekanntschast
Hebbels machte. „Hebbel und ich", er
zählt Landau, „saßen um 11 Uhr
vormittags in der „Tonhalle", einem
damals besuchten Lokal, wo man sehr
gutes Bier trank, und sprachen ge
mütlich. Hebbel freilich mit seiner
philosophischen Ruhe, aber immer voll
Humor, der aber einen Anstrich von
Bitterkeit annahm, sobald man auf
das Thema von Ausführungen, oder
besser Nicht-Aufführungen seiner Dra
mich sah wir waren befreundet
trat er an mich grüßend heran, ergriff
den leeren Sessel mit den Worten:
Sie erlauben doch? Störe ich die
Herren nicht? Letzteres wurde ver
neint.
Es blieb mir nichts anderes übrig,
als die Beiden einander vorzustellen,
mit den üblichen Worten: Herr Fried
rich Hebbel! Herr Julius Stetten-
Heim, Schriftsteller. Stettenheim
hocherfreut und angenehm überrascht,
sich vom Sitze erhebend, schrie fast:
„Das freut mich ungemein!" Hebbel
erhob sich ebenfalls, jedoch-sehr gelas-
Hebbels mildes Antlitz, er erhob sich
mich meine Herren!" und war ent
schwunden. Lieber Freund Julius!
Wenn ich jetzt zurückdenke, wie Sie da
daß ich die indirekte Veranlassung des
für ihn nicht erfreulichen Borfalles
war. Da sprach Hebbel: ..Bergessen!
Lassen wir das, der gute Mann kann
ja nicht dafür. Sie noch weniger,
erinnert werde: und was sollte ich
ihm auch sagen? Es war besser, ich
ging."
Darum. Ede (der billig
e:nen alten asthmatischen Leierkaste»
gekauft, dessen vierter Ton nichts als
Wind ist): Teufel, damit werde ich
taum Geld verdienen.
Lude: Was? Im Gegenteil, man
du wieder machst, daß du mit dem
Ding fortkommst.
Die Reise nach Rom.
.Das erlaube ich nicht, das kann
niemals gut enden!" sagte Onkel Leo,
als zuerst davon die Rede war, aber
es zeigte sich, daß diesmal Tante
Ludmillas Entschluß sehr fest stand
und durch keinerlei Warnungen zu
erschüttern war. Sie wollte nach
Rom reisen, und sie blieb dabei!—
Dort hatte sie im ersten Schrecken den
Kopf durch die Scheibe ihres Coups
fensters gesteckt, war blutend in ein
Hospital und beinahe in «in Irren
haus gebracht worden.
Die Arme kann nichts dafür, daß
man beständig um sie in Sorge sein
muß, daran ist ihre Erziehung schuld.
Bis zu ihrem dreißigsten Jahre ha
ben ihre Eltern sie als Kind behan
delt, von da ab bis zum vierzigsten
durfte sie Backfisch sein, endlich
wurde sie für erwachsen erklärt, aber
noch lange nicht für mündig. Sie
war ein langaufgeschossenes Ding
von fiinsundvierzig Lenzen, als die
Eltern kurz hintereinander starben
und sie nun als schutzloses Waislein
in der bösen Welt zurückließen.
Jetzt schien die ungewohnte Frei
heit ihr plötzlich zu Kopf gestiegen zu
sein, sie begann ihre Flügel zu regen,
sie wollte reisen. Seit Monaten
schon sprach sie von nichts anderem
nach Rom und traf alle Vorbereitun
gen dazu. Sie las nur noch Bücher,
die von Rom handelten, studierte die
italienische Sprache und überraschte
uns im Gespräch oft durch seltsam
klingende Worte, die kein Mensch zu
beuten wußte. Sie sang sogar ita
lienische Lieder es war furchtbar!
Bierzehn Tage »or dem Tage der
Abreise wurde sie vom Reisefieber be-
Minuten sollte Tante Ludmillas Ziig
gesehen!"
Sie schlief und schlief bis Plötz-
er freundlich.
Empört protestierte Tante Lud
milla gegen einen solchem beleidigen
den Verdacht. „Ritte sehr! Was fällt
Ihnen denn ein? Ich bin die Baro
nesse Ludmilla Stark von Strackwitz,
mein Bater war der Oberst Stark
gen."
Bette liege, wie sich das um die Mit«
„Mitternacht?!" schrie Tante Lud
„Halt! Wohin?"
wenn Se das nicht können, kommen
Se mit uff die Wache."
Da wurde Tante Ludmilla ernst
kaltblütig wegen Beamtenbeleidigung
und Widerstandes gegen die Staats
gewalt für verhaftet erklärte.
Nun wollte Tante Ludmilla sich
legitimieren, faßte nach ihrem Reife
täschchen, aber wer beschreibt ihr Ent
setzen, als sie entdeckte, daß man sie
beraubt, während sie schlief, Reise
geld, Fahrscheinheft nach Rom, Legi
timationspapiere, nebst Täschchen,
alles war weg. Weinend und stam
melnd suchte sie ihr Unglück dem
Manne des Gesetzes klar zu machen,
ihn zu veranlassen, sogleich nach dem
„Vorwärts, zur Wache! Dort
wird sich schon herausstellen, was für
eine Prinzessin Se sind!" sagte er
grimmig.
Alles Flehen und Sträuben half
der armen Tante Ludmilla nun
nichts mehr, sie mußte mit und be
kam als eine bei verbotenem Niichti-
Nachtquartier im polizeilichen Hast
Tante Ludmilla im
Wer hatte ihr das an der Mtge ge
sungen?!
gen:
„Was wie wo? In Po
komme sofort. Das ist 'a ein fürch
terliches Mißverständnis!"
Tante Tea, seine Frau, kam
als lebendig, mußte gleich zu Bett
hysterischen Anfall. D?r Hausarzt
cher Erregung befunden habe.
Tante Ludmilla ließ die Flügel
hängen, fragte man sie, wann sie zu
Rom.
Boshaft. Reisender: ,WaS
Reisender: „Na, die werden diese
Aacht eine reiche Beute in ihren Zim
mern gemacht haben!"
Sie verrottn nichts.
Bon einer kleinen reifenden Thea
tergesellschast wird „Maria Stuart"
aufgeführt. Da das Personal nicht
ausreicht, engagiert der Direktor für
den Abend einige junge Männer aus
dem Ort, welche als Statisten ge
braucht werden. In der Szene zwi
schen Elifabet und Leicester werden
die Statisten irrtümlicherweise mit
hinausgeschickt auf die Szene. Der
Direktor ruft ihnen immer zu, sie
sollen abgehen, doch es wird von den
Statisten überhört. Als der Vor
hang fällt, stürzt der Direktor wütend
auf die jungen Leute mit den Worten
zu:
„Ihr Schafsköpfe, Ihr solltet doch
rausgehen, Ihr dürst doch das gar
nicht hören, was Elisabet mit dem
Leicester verhandelt."
Eine kleine Weile stehen die beiden
ganz verdutzt, doch endlich öffnet sich
der Mund des einen:
„Sei'n Se ganz ruhig, Herr Direk
tor, mer verraten nischt."
Der Heuchler.
„Aber, Alte, schimpf doch nicht!
Kracht?"
„ Nein, in das Krankenhaus."'
Ta»^
Student Ä.: Sieh mal, die
junge Dame dort, welch' auffallend
schmales und kleines Gesichtchen.
Student B.: Schau sie nicht
so unverwandt an, sonst wird sie rot.
Student A.: Ach bewahre! Die
hat ja gar keinen Platz dazu übrig!
Benutzte Gelegenheit.
Gattin (in der Zeitung lesend):
Diese grauenhaften Kriege! Kann
man die denn gar nicht verhindern?
Pantoffelheld: Bielleicht durch gute
Beispiele, Luise!
Auch eine Spekulation.
Die kleine Ellh: Du, heirate
Herr (geschmeichelt): Deine
Schwester hat mich wohl sehr lieb,
oder willst du mich nur gern als
Schwager haben?
Die kleine Elly: Ach, da»
beides nicht, aber wenn meine
Schwester Hochzeit macht, kriege ich
einen Tag schulesrei.
Frauen untereinan
der. „Biel Geschmack scheint Lies
beth nicht zu besitzen, wenn sie sich
ein neues Kleid machen läßt, ahmt
sie immer eines von mir nach!"