Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 26, 1913, Image 2

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    N« ««i».
Vo» Alfred Günther.
Rasche Zug
Das Lebenselirier.
„Alter Freund!
Natürlich stehen mein Haus, sowie
die ozonreiche Lust von Unterweiler
Deinem Sohne zur Verfügung.
Konntest ihn einfach anmelden!
Brauchtest nicht erst so feierlich an
zufragen. Aber daß Dein Ludwig
diesmal als „Nervöser" zu uns
kommt, das will mir nicht recht in
den Sinn. So gewaltig hat ihn der
„Dr. Phil." angegriffen? Da waren
wir doch andere Kerle! Wie strah
lend dampftest Du z. B. nach be
standenem Examen direkt der Verlo
bung entgegen! Na, ich will schon
wieder einen forschen Jungen aus
meinem sogenannten Neffen machen.
waS meine Erna anbetrifft, so hat sie
im letzten Jahre so schöne Fortschritte
in der Küche gemacht, daß sie mit
Dein Jugendfreund und Pillendreher
Tobias Becker."
Als der praktische Dr. Hel
seine Nervosität! AIS ob ihm, Lud
yefallen wäre! Etwas ganz anderes
ihv, nervös gemacht
einem Jahre! Niemand sonst als
gentlich unter seiner Würde?
Ach, was, Würde! Gewißheit muß
te er haben! Sehen wollte er, wie
des gastfreien Apothekers ein.
„Junge, Du hast wohl die Sprache
verloren?" frug während des Essens
anbetrifft!"
„Ein unterhaltsamer Gesellschafter
versorgt . . , Oder ist Forstassessor
sollte er von >/,5 Uhr morgen? an
sein Bett prinzipiell als eine Hölle
betrachten, der man unbedingt mit
Windeseile zü entfliehen hat. Zwei
teller saure Milch essen!
reich um ihren Genuß zu drücken ge
wußt. Aber freilich, bisher war er
auch noch nicht als „nervös" und „er
daß ihm der Apotheker beim Zubett
gehen den wohlgefüllten Suppenteller
in die Hände gab mit der tröstlichen
Schweren Herzens trat Ludwig mit
seiner sauren Milch in das ihm zu
gewiesene Fremdenstübchen. Reue und
Rührung überfielen ihn, als er sah,
wie freundlich dieses hergerichtet war,
zähligen Möbeln ausgestatteten Ne
benraum, der eigentlich Ernas kleiner
„Privat-Salon" war, hatte das junge
Mädchen ihm zur Verfügung gestellt.
Und er? Geärgert hatte er sie gleich
bei der ersten Mahlzeit! Was für
Verzweifelt bestieg er sein Bett,
denn der Schlummer brachte ihm ei
nen Traum, der ihn mit Ingrimm
erfüllte: Onkel Tobias zwang ihn im
Beisein des Forstassessors Bär, nicht
nur einen Teller saure Milch auszu
löffeln, sondern auch noch das Ge
schirr nach Katzenart abzulecken!
Stöhnend wachte der Philologe aus.
In, die Milch! Bis morgen früh
mußte die vom Teller verschwunden
sein. Sonst gab es den ganzen Tag
über Sticheleien zu hören. Er mußte
sie also wegschütten. Aber wohin?
danke, der tatsächlich ungemein prak
tisch aussah:
Dicht unter dem Fensterchen von
Ernas kleinem „Privat-Salon" floß
mit sanftem Rauschen die Weilach da
hin, Willig würden ihre Wellen sich
mit Onkel Beckers Lebenselixier ver
mählen, ohne daß ein Mensch es
merkte! Nacht für Nachts konnte man
sich auf diese Weife von der unbegehr
ten Delikatesse befreien.
Mit einem Ruck richtete Ludwig sich
empor: Aus ans Werk, so lange noch
das Dunkel der mondscheinlosen Nacht
lich deckte!
Licht brannte der Schlaumeier lie
ber nicht an! „So was vollzieht
man besser ohne bengalische Beleuch
tung!" flüsterte er vor sich hin, nahm
in die linke Hand den Milchteller
und tappte sich mit Hilfe det ausge
streckten Rechten in das Nebenstüb
chen,
Hier stießen seine Fingerkuppen
bald gegen die gesuchte Scheibe. Er
fühlte auch den hölzernen Rahmen,
merkte, daß das Fenster angelehnt war
und öffnete es nun weit und bequem.
Dann ergriff er mit der rechten Hand
den Teller, um mit genialem Schwung
die Milch hinauszuschwappen.
Doch o weh! Schneller als es sich
sagen läßt, erfuhr die kühne Geste
eine schroffe Hemmung! Ein merk
würdiges Klirren und Krachen bildete
zu dieser Ueberraschung die Musikbe
gleitung.
Entsetzt tappte Dr, Ludwig Helding
sich in seinen Schlafraum zurück und
entzündete sein Stearinlicht.
Unbarmherzig enthüllte ihm diese
gleich darauf seine Heldentat: Er hat
te leider, leider den Teller nicht zu
einem Fenster hinaus-, sondern viel
mehr in ein Möbel hineingeschwun
gen, das in seiner unteren Hälfte eine
Art Kommode, in seiner oberen dage
gen einen Glasschrank darstellte, in
dem Erna Nippessachen und Anden
ken aufbewahrte. Einigen von diesen
nicht gut bekommen. Ein jetzt voll
ständig mit saurer Milch überzogener
Amor, der auf einem Baumstumpf
saß, wies z. B. eine dauernde Ent
stellung des Gesichtes auf. Und war
da nicht auch ein Stücklein Rand ab-
Bleib' mir 3
4^4!?
Das war thüringischer Dialekthu
mor und bedeutete Aatiirlich:
dürfen, Erna diesen Scherzteller zu
schenken? Wahrscheinlich der Forst
assesfor gelegentlick des letzten
Jahrmarkts! Nun. daS wollte er
schon herausbekommen: Morgen wür
de <r mit dem frühesten Aufstehen und
Obacht geben, wann Erna aus ihrem
Zimmerchen herausschlllpfte. Dann
zeigte er ihr diese ganze Bescherung
hier und gab genau acht, waS für ein
merkte, daß auch der zärtliche Teller
lädiert war. Mit finsterer Miene
suchte er wieder sein Lager auf, das
ihm jetzt wirklich fast wie eine Hölle
vorkam, obwohl es noch lange nicht
i/>5 Uhr war.
« » »
nannten Zeitpunkt kam der Armesün
der in die Lage, zu beichten. Lachend
stand Erna vor ihrem Glasschrank.
„Erst beschau Dir nur alles, was
ich ruiniert habe, eh' Du Dich so
ist auch angeschlagen!"
„Ach!" entfuhr es da dem jungen
Mädchen in wirklich bedauerndem
Wirtschaft. Aber den Teller gerade
„So? Na . . . hoffentlich ..."
„Wie?"
Souvenir zertrümmert, das einen
ähnlichen Wert für Dich besitzt,
Erna?"
stiger Mensch, Du! Mein Esel hat ja
Mit aufleuchtendem Blick entdeckte
drei Jahren hatte er selber ihn ja
„Das . . . das ist Dein '.iebsteZ
Andenken?"
„Mein allerli ..."
Ludwigs Mund die Lippen.
„Du . . Du . . Du," stammelte er,
während er sie umschlungen hielt und
„Ach, Du ... Du hast ja alles
mißverstanden, damals! Ich wollte
Dich zum Geburtstag mit einem
Spaß überraschen . . . Assessor Bär
sollte mir dazu eine Kleinigkeit aus
mit Pastorlieschen zu flirten, Du bö
ses Kerlchen, Du!"
„Aus Verzweiflung!"
„Aber ich dachte, es wäre Dir ernst
-
TobiaS Becker war hocherfreut, alz
stubenfenfter heraus: „Wie steht'»
denn mit der Milch?"
Mit strahlendem Gesicht brüllte es
»«« husten»« Pst«»,«.
In verschiedenen Tropen-Gegenden
gibt es eine .hustende" Pflanze. Ihre
Früchte sind bohnenförmig, und ihre
sein verzweigtes Netz von Luftkam
mern, durch welche die Pflanze at
met. sich nun Staubkörner
P'rotz: „Nu . . . wenn er gerade
will! . . . Notwendig hätt' er'S ab
solut nicht."
„Die Sterne lügen nicht —"
regendes, wie malerisch eindrucksvol
les Stilleben präsentierte.
Sein Tischgenosse blickte ihn ei
gen, als ihm die heimische Sparkasse
von Feldkirch zahlte. Adolar war zu
seinem Gelde ohne eigenes Verdienst
dere Leute auch, und er hatte von den
Zinsen schlecht und recht gelebt, qhne
den Ehrgeiz nach höheren Einkünften
nicht zu kleinen Freiersfüßen und
hatte die Tochter des Feldkirchener
Lehrers als Gattin erkoren. Deren
Vater aber war für den Fortschritt,
und so belehrte er denn den biederen
Adolar, daß vorhandene Kapitalien
.arbeiten" müßten, und bemühte sich
selbst von keiner Sachkenntnis ge
trübt dem Schwiegersohn das We
sen der Börsenkurse und ähnlicher
erbaulicher Dinge klarzumachen. Ado
lar hörte die Botschaft wohl, allein
ihm fehlte der Glaube, und als der
Versucher nicht von ihm wich, da fuhr
milie als hochgelehrtes Haus galt, sich
Rates und Hilfe zu holen. Schwep
permann nannte sich „Rendant", in
Wirklichkeit war er Buchhalter in ei
nem Kientopp von Berlin I. D. (janz
draußen). Aber in Feldkirch hielt
den äigt?
holt, ihn in ein .besseres" Restau
rant geführt und sich bei ihm zu
Tisch geladen. Nun ließ er sich'S
wohl sein und vertagte die AuS-
Happen Huhn und einem Schluck
Bier ein Wort wie der Schwepper
mannsche Ausspruch „ich Habe noch
Adolar schüttelte den Kopf. „Und
Schreckliches!"
Falten. . Schicksal es so!
„Ach nee!" Adolar staunte.
„Ich Hab'S sogar schriftlich!" fuhr
Schweppermann fort und holte aus
der Tasche seines Jacketts ein Kon
volut von Briefschaften, Zahlungsbe
fehlen. Steuermahnzetteln, unbezahl
ten Rechnungen und ähnlichen Do
kumenten. Er blätterte in den Pa«
griff schließlich ein starkes Blatt her
aus, das er umständlich entfaltet«
und Adolar herüberreichte.
„Institut für Astrologie" stand auf
der linken Seite in wirkungsvoller
Ziersckirist. Darunter: „Leiter: Pro
fessor Duclerc." Im Text war vom
Wendelreis des Krebses, von Ame
lich unbekannten Planeten die Rede.
Dann fanden sich einige recht schwie
rige Rkchenexempel, in denen sich in
merlwürdigen Zusammensetzungen die
Zahlen des Geburtsdatums Schwep
permannS nach Tag, Monat und
Jahr fanden und schließlich eine Ta
belle der Glücks- und Unglücksjahre.
die dem „Herrn Rendanten" vom
Schicksal beschieden sein sollten.
sungsloS über diesen papiernen Blick
hinter den Vorhang der Zukunft und
fen sei; selbst der für das Jahr 1912
verheißene Glücksfall sei eingetreten,
denn er, Schweppermann, habe in der
Roten-Kreuzlotterie einen Treffer von
500 Mark gemalt. Sintemalen also
sagt habe, müsse er mit Sicherheit
1913 das Zeitliche zu segnen.
Adolar staunte weiter! Er hatte
ja keine Ahnung, daß der listenreiche
wendigen Barmitteln niemals in der
Roten Kreuzlotterie gespielt, also
auch niemals 500 Mark gewonnen
konnte und just sogar für daS Jahr
1912. Der Herr Rendant aber schaut?
höchst unbekümmert darein und kippt
zusrffchen. .
irdischen Jammertal zurückziehen
auS!"
Der Vetter fand angesichts dieser
Kaltblütigkeit nach geraumer Zeit die
Worte: „Aber ist es denn auch wirk
lich wahr?"
Schweppermann schüttelte unwillig
den Kops. „Du zweifelst nach den
Beweisen, die ich Dir erbracht habe?"
„Nein, nein, ich zweifle ja gar nicht
aber es muß Dir doch schrecklich
sein —"
und knipste überlegen mit Daumen
und Mittelfinger. Plötzlich wurde er
ernst, starrte finsteren BlickeS aus das
Tischtuch und seufzte auS Herzens
grunde.
des Vetters Arm: „Jetzt ist Dir doch
nu?"
chimhte auf und «r
blinzelte mit seinen Aeuglein den dem
Tode geweihten Rendanten an. „Für
mich ja wie denn?" stotterte er
schließlich etwas betreten.
„Na, verdient hast Du eS nicht,
mein Lieber. Denn als es mir vor
ging, da hast Du mich eklig in der
Tinte stecken lassen von wegen der
paar Pfennige, die Du mir borgen
solltest. Aber ich bin kleinlich
fetzen —^
Der.Vetter wurde blaß. „Hast Du
denn was ?"
Schweppermann schnitt ihm lä
chelnd das Wort ab:
„Ich werde haben, mein Lieber.
Er setzte sich in Positur und be-
Äugen sehend:
„Glaubst Du an das Horoskop?"
Der Vetter stotterte etwaS Unver
ständliches.
20,000 Mark das Geld wird Dir
Mar?—
.Ich?" fragte Adolar und sah noch
„Natürlich Du! Glaubst Du
tragen werde? Nee, mein Lieber!
Du zahlst die Prämie von 1400
Mark es kommt ja nur noch ein
zahlst für die Prämie 1400 Mark,
mir gibst Du aus Dankbarkeit 3<XX>
20,000 Mark, d. h. Du hast, ohne
den Finger zu rühren, 15,000 Marl
verdient. Na?"
stirbst?"
Adolar schüchtern ein.
„Du hast nichts doch erst und so
entweder ich mache mit Dir das
Geschäft oder wenn Du keinen Mumm
hast, mit jemand anderem. In Ber
lin gibt es genug gerissene Ge
schäftsleute. Also ja oder nein?
Denke 15,600 Mark Reingewinn! Nie
wieder wird's Dir so gut geboten.
Also gemacht?" Er streckte den Vet
ter die Hand hin, in die dieser zö
gernd und widerstrebend einschlug.
Dann begaben sich beide zum Gene
ralagenten Majunke, der Schwepper
manii an der entfallenden Provision
beteiligen mußte, um sich den lohnen
den Antrag nicht entgehen zu lassen.
Solches geschah am 23. Mai 1912.
Am 23. Mai 1913 aber wurde bei
Rendant Schweppermann, der sich mit
Hilfe der 3000 Mark als Kientopp
besitzer selbständig gemacht und nicht
unvermögend verehelicht hatte, der
erste Junge getauft. Adolar Bierwirt
in Feldkirch aber vergeblich
auf die Todesanzeige des Vetters und
wurde schließlich im Prozeßwege zur
weiteren Prämienzahlung angehalten.
Diesesmal hatten die Sterne doch
gelogen.
S«l,r w«»ll
In Neustadt a. H. hat sich im dor
tigen Bahnhofsrestaurant ein spaß
haftes Vorkommnis zugetragen. Es
saßen da, so wird erzählt, etwa IM
Herren im schwarzen Anzug, Bahn
beamte verschiedener Stationen in
Begleitung eines Gesangvereins aus
Mundenheim. Die Herren hatten
dem Bahnverwalter, der in Munden
heim stationiert war und in seinem
Heimatsort Königsbach beerdigt wur
de, das letzte Geleit gegeben. Sie war
tete nun auf den Abgang des Zu
ges. Warten aber macht Lange
weile. Und deshalb entschloß man
sich wozu ist man auch ein Ge
sangverein? ein Lied anzustim
nnen. Es -war das bekannte
daß wir scheiden müssen!" So ernst
ganze Gesellschaft heiler stimmte. AIS
tönte sein Ruf: „Nach Haßloch,
Schifferstadt, Ludwigshafen"
„fahr wohl!" „nach Mannheim.
Karlsruhe!" Abermals stürmisches
Gelächter. Wieder mußte man ab
weil's jetzt Zeit zum Einsteigen war.
B»,«l u«» T«I«»rapl»«n»r«ht.
Die Frage: Tötet elektrischer
Strom ine Vögel? wird öfters im
Volke diskutiert und lauten die Mei
nungen oft noch sehr verschieden. Ein
zeln« schieben sogar die Verminderung
der kleinen Singvögel und den all
mählichen Rückgang des Vogelbestan
des den immer zahlreicher werdenden
Starkstromleitungen zu. Die Möglich
keit einer solchen Vogeltötung ist je
doch höchst unwahrscheinlich. Der Vo
gel, der sich einen elektrischen Stark
stromleiter als Ruheplatz wählt, ris
kiert absolut nichts, da er vermöge
seines kleinen Umfanges weder mit
cft statt, auf Wunsch noch öfter.
Die Vorstellung.
(Eine Bildergeschichte in 4 Szenen.)
Gatte: Meine Frau.
Violinvirtuose: an.
schenehm!
Gt In Meine Tochter.^"
Violinvirtuose: Szärr an
sckenehm!
Glück. .
(Nach der Vorstellung des Studiosui
N i d i B d
Er zahlt du staunst und dein«
Seele
in diesem «ugcnbNck:
Liebt, Sport und Alkohol.
der
Liebe."
.Wieso?"^
nüchtern bleiben."
Unter Freunden. Herr
Z.: Am 13. Juni, hat mir ein Pro
fessor der Astronomie gefaxt, wird die
Welt untergehen, und am 14. soll ich
meine Eulalia heiraten.
s Jungge-
Drr dicke Bauch.
Die Kinder: .Da kommt der
Papa' um die Ecke... Die Uhrkett»
sieht man schon!