Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 24, 1913, Image 3

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    ImvmrnnnMst.
Roman von E von Winter,eld»
(g. Fortsetzung.)
Eva, die schon lange keine Trauer
mehr trug, erschien in einer wunder
vollen. mattgrünen, schillernden,
spitzenüberrieselten Empire-Toilette.
Auch Elfe, in «in weißes Spitzen
kleidchen von rosa Unterstoff gehüllt,
war zugegen, h«ute ganz das Elfen
lind mit ihren offenen, blondeif Haa
ren und d:m feinen Gesichtchen. l
Klara fand es sehr «rkehrt, daß
das Kind auch anwesend war, und
daß sie, wie eine Puppe geputzt, die
Gäste mit empsing. !
Beim Diner verschwand sie übri
gens zu Klares Befriedigung. Nach
dem Essen sollte xetanzt werden.
Eva ließ sich umwerben und um-
schmeicheln. S>e strahlte.
Und auch Trudelchen war heute
sehr glücklich. Ihr erster BalU^Sie
schwebt« leicht im Tanz dahin und
blühte wie eine Rose.
Viele der Herren wußten nicht,
wem sie die Palme des Abends zuer
teilen sollten, der schönen, glänzen
den Wirtin, oder der fröhlichen, kind
lich glücklichen Gertrud!
Doltor Jenssen fand jedenfalls
die Jugend lockender. Er meinte so
gar. bei Gertrud 'eine Ähnlichkeit
mit der schönen Schwester Gilse zu
finden. Es war ja bei dem jungen
als bei Gilft, aber der Schnitt des
Gesichts war derselbe, und selbst der
Raum. Aber traumhaft war den
der Hitze und Fülle des Tanzsaales
«rholen wollten. Sie lachten lustig
Ihnen schenkte das Leben und die
Jugend heute all« ihr« Gaben.
Justizrat Salburg, der stets zu al
die aus dem lichten Grün zarter
Schlingpflanzen lockte, ein Zehnpsen
nigsiück als Trinkgeld in die aus
gestreckte Hand gelegt habe. Doktor
Jenssen versuchte, ob die Flpra das
gereichte Geldstück auch festhalte
Sie lachten beide darüber wie
harmlose, glückliche Kinder.
Dann sagte Gertrud: „Jetzt w«r-
Ach
langen Korblehnstuhl, lasse das Licht
der rosa Ampel auf mein Gesicht fal
len. hebe den Fächer bis zu den Au
gen, daß sie nur darüber hinaus
blicken, und reiche Ihnen gnädig die
Hand zum Kuß. Sehen Sie so!"
Er wollte die runde, kleine Hand
ergreifen. aber da zog sie sie schon ei
lig zurück.
„I bewahre, alles begucken, nichts
anfassen! Ich bin doch jetzt eine
schöne Statue, nichts weiter, oder
ein Meißner Nivpfigürchen. Ach, hö
ren Sie den Walzer? „Dollarprinzes
sin!" Da muß ich hin. Kommen Sie,
Herr Doktor, der Walzer ruft."
Er zog ihren Arm durch den seini
gen.
An der breiten Doppelglastiire
trat ihnen ein Lohndiener entgegen.
„Herr Doktor, da ist ein Mann aus
der Ziegelei, Sie möchten zu ihm kom
men. Fräulein Brachmannn will
mitgehen. Sie läßt bitten, daß Sie
gleich kommen möchten."
Eine tiefe Enttäuschung glitt über
Gertruds eben noch so leuchtende?
Gesicht.
„Wie schade! Müssen Sie geben?"
.Das ist das Los des Arztes,
Fräulein Gertrud! Wie schwer es
mir brüt« wird," setzte er leiser hin
zu, „werden Sie vielleicht fühlen!"
Sie trat mit ihm in die Vorhal-
D«r Mann, der ihn holte, war
Emil.
Klara stand bei ihm. Sie war
schon in Hut und Mantel.
„Nehmen Sie mich mit, Doktor!
vergebens."
„Ja, diese versl . . . Wunden!
Verzeihen Sie, Fräulein Brachmann,
den Kraftausdruck! Ab«r sie machen
so oft alle Kunst des Arzte« zu
schanden."
Er nur an den Kranken!
Der Beruf nahm f«ine Gedanken
röllig in Anspruch. Gertrud fühlte
sich Und doch konnte sie
mußte, wenn sie ihn lieben sollte.
„Tu bleibst hier, Kleinchen!" ent
schied s?liira noch. „Ich sprach scho»
stören."
Das kleine Automobil des Dok
tors fuhr vor. Beid« stiegen ein, und
fort braust« es auf der Chaussee der
Stadt zu.
Nachdenklich schritt Gertrud zurück
in den Saal. Was sollte sie nun
noch hier? Das Schönste war nun
vorbei.
Ein vorübergehender Offizier sah
sie eintreten.
Sie gestatten?!"
Er legte seinen Arm um sie. Und
im nächsten Augenblick walzten sie
Der Bote, der die Nachricht aus
der Ziegelei gebracht hatte, stand noch
unbeachiet in dem hellerleuchteten
Vestibül.
Er nahm sich da seltsam aus. Die
Mütze saß, wie immer, etwas schief
ins Genick gerückt. Der Anzug und
die Stiefel waren vom Gang durch
den Novemberschmutz befleckt. Die
großen Augen blickten starr in all
den Glanz, und die Ohren horchten
aus der Stadt kommen lassen. Der
kekrackte Diener sprach ihn unwirsch
an, was er da wolle.
„Emil geht nicht, Emil will klei
ne Elfe sehen. Kleine Elfe auch
k«ute fein ist sehr fein! Kleine
Elfe hat es Emil erzählt. Emil will
sie sehen."
„Sie können hier niemand sehen.
Wer ist dcnn die kleine Elfe? Ein
„Wer kleine Elfe ist? Unser El
fenkind! Weißt du nicht, wer Elsen
kind ist?!"
„Ich bin nicht Ihr Duzbruder!
Machen Sie jetzt, daß Sie hier h«-
»Oho!" Emils Stimme wurde lau
ter. „Oho! Emil kennt Elfenkind
besser als du! Emil kann hier st«-
„Menfch, machen Sie mich nicht
wütend! Sie müssen hinaus hier!
Ich kann Sie hier nicht stehen las
sen!"
„Oho! Jnspunnen, inspunnen, du
„Was ist denn hier los? Ach, was
will denn der hier?"
„Gnädige Frau, der Mensch ist
nicht fortzubringen! Ich habe schon
„Elfenkind sehen!"
„Elfe ist nicht hier! Gehen Sie
fort!"
„Doch Elfe sehen!"
ist nicht hier! Gehen Sie!"
„Doch Else kehen!"
„Unverschämter Mensch! Hinaus!"
Sie zeigte mit unzweideutiger Ge-
Schleppe zusammen und drehte sich
verächtlich um. Als Emil trotz alle
dem nicht ging, machte der Diener
die Faust zu den hellerleuchteten
„Du! Du!"
Das Fest war zu Ende. Tie
Wagen waren einer nach dem an
dern vom Hose gerollt. Der Nacht
zug hatte die letzten Gäste entführt.
Eva hatte sich voller Befriedigung
über das wohlgelungene F«st und
über die Triumphe, die sie gefeiert
batte, zur begeben. Wilh^m
danken bewegten ihn. Endlich
l schlief auch «r ein.
Elfe war für diese Nacht mit einem
Mädchen in einem der oberen Frem
denzimmer untergebracht. Ihr hüb
sches, kleines Stübchen neben dem
Wintergarten war heute für das Fest
mitbenutzt worden, da es in der
Flucht der Wohnräume lag. Nur
I ihr Bett hatte man nach oben getra
gen. Die hübsch«», hellen Möbel mit
dem Rosentreton, das Rosenmuster
der Tapete in E!sriedes Zimmerchen
i hatten heute alle Besucher entzückt,
i Das Mädchen, das bei Elfe schla
fen sollte, hatte unter aus der
um noch ein wenig
mit ihm zu plaudern. Elfe schlief
ja fest. Da tonnte es nicht schaden,
dem Vergnügen bekam, das die Herr
schaft heute so reichlich genossen
hatte.
! Draußen auf dem Hofe trieb sich
unterdessen nun schon stundenlang
ein Mensch umher, der in seinem be-
verachtete und mit Füßen trat, wo
sie ihn traf.
„Du! Du!" sagte er immer wieder
von Zeit zu Zeit.
Er hatte die Wagen fortfahren
getreten. Plötzlich sah er ein einsames
Licht vom Pferdestall herüberleuch
ten.
Der elegante Kutscher August hatte
heute mit serviert und sich den Cham
pagner seines Herrn recht gut
schmecken lassen. Dann hatte er
noch die Leutnants zur Bahn fahren
müssen. Und nun war er totmüde
auf sein Bett gesunken und hatte ganz
vergessen, die Laterne im Stall aus
zulöschen. Da hing sie und baumel
te hin und her.
Emil sah das blinkende Licht, und
es zog ihn magnetisch an. Der Pfer
destall lag dicht neben dem Herren
bause. Er barg oben auf feinem
Bodenraum das Heu und Stroh für
di« Pferde und die zwei Kühe. Auch
der Hühnerstall war hier angebaut.
Das Lichtlein lockte.
Emil stand jetzt vor der Tür.
Ein Griff, er hatte sie geöffnet.
Scheu blickt« er sich um. Die Pferde
klirrten leise mit den Halstern,
l Sonst kein Laut.
Neben dem breiten Gang, der zum
Stand der Kühe hinübersiihrte, lag
ein Haufen Stroh, den sich der Fiit
terer morgen zur Streu hergebracht
hatte.
Ein Pfiffiges Lächeln glitt über
das Gesicht des Blödsinnigen.
Dann ein Griff nach der Laterne.
I Der Haken gab nach, er hatte sie in
d«r Hand.
In demselben Augenblick flog sie in
hohem Bogen in den aufgeschichteten
Strohhaufen.
I Noch einmal sah sich Emil scheu um
und floh dann in das Dunkel des
Hofes zurück. Aber er verließ den
Hof nicht. Er wartete.
Alles still. Eine ganze Weile.
Endlich brüllte «ine Kuh ängst
lich. ls b d St ll
der nach Emils Tat ganz finster ge
wesen war, wieder Licht aufflammte.
Es wurde hell! Leise zischt« es und
knackte es.
Di- Kühe brüllten lauter.
Auch die Pferde schlugen ängst
lich mit d«n Hufen.
Unverwandt starrte Emil auf die
Fenster des Stalles, hinter denen es
immer Heller würd«. Da sprang mit
einem Knall eine Scheibe entzwei,
und «we kleine Flamme leckte her
. ob sie weitergehen
könne. Und da nichts im Wege war,
ging sie weiter.
Sie leckte mit gierigem Griff nach
dem all das Heu und Stroh lag. der
ganze Bedarf für das Winterhalb
jahr. das eben erst begonnen hatte.
Prasselnd ergriff sie die Dachfvarren.
Und dann glitt sie leis« unter dem
Gebälk entlang.
Auf einmal kam vom jenseitigen
! Hofe her ein alter Mann gelaufen,
der Kuhfütterer. den das Brüllen
seiner Kühe aufgeweckt hatte. Er lief,
so schnell seine alten Füße ihn tra
gen inollt«». Zuerst sah er aar nicht.
j Plötzlich erblickte er den hellen
! Halfter der Pferde, daß sie ins Freie
schmerzten, doch, gottlob, er hatt« di«
Kühe gerettet.
Aber über dem Reltungswerk an
So war wieder eine Vi«rt«lftunde
weitergefressen. Und als er jetzt zit
ternd und bebend draußen stand und
zurückblickte, schlug eben eine große
feurige Lohe zum Dach heraus.
„Feuer!" schrie er nun. „Feuer!"
Aber kein Mensch hörte ihn. In der
' Mann als Wache bei der Glut, die die
ganz« Nacht hindurch unter dem
schwacher
! So schleppte er sich zurück über den
den Betriebsinspeitor. gellte
Endlich erschien ein Arbeiter, der er
staunt fragte: „Was ist denn loS?"
Der Alte zeigte nur rückwärts, i
„Es brennt! Aha! Wie kommt denn !
das?"
„Der Herr muß geweckt werden!
Schnell!"
„So? Muß? Und schnell?
Weck' du ihn doch! Meinst du, ich ha
be Lust, mir wieder solchen Hunde
lohn zu holen, wie neulich, wo ich
ihn auf einen Fehler im Betrieb auf
merksam machte? Da hat er mich
schön angeschnauzt! Das habe ich noch
nicht vergessen."
„Aber man muß doch retten. Hel
sen! Die Zeit vergeht! Da lommt
der Steinert! —Steinert, so geh' du
doch!" l
Der Arbeiter, der eben um die Ecke
law, torkelte bedenklich und sang in I
grölenden Lauten: „Die Fahne der
Freiheit ist rot! Es lebe die Fahne d:r
Freiheit!"
Und indeß der alte Mann hände
ringend bat und flehte, sammelten !
sich immer mehr Neugierige. Alle
guckten und gafften, aber kein« Hand
rührt« sich.
„Laß doch brennen!" sagte einer,
den sie Beyer nannten. „Er ver
dient's nicht besser, der Hund! Hat >
er mir nicht am letzten Lohntage lau- j
!er Abzüge gemacht? Abzüge, weil
ich bei meiner Frau geblieben war. i
die in Kindesnöten lag. Freilich.
»echt hat er, recht schon, denn ich hatte
ja nicht gearbeitet. Aber das hätte >
oer alte Herr nie getan niemals!
Und das Fräulein Klara tut's auch
nicht, sagt mir der Struck von der
Ziegelei. Nächstens gehe ich zu ihr
'rüber!"
„Die nimmt dich nicht auf. die
nimmt leinen auf, der hier fort
läuft!"
„Herr Gott," jammerte der Alte
wieder, „ihr redet und redet, und in
zwischen brennt's dort immer wei
ter."
Ein allgemeiner Schrei antwortet«
ihm. Der Dachstuhl war mit Ge
polter eingefallen.
„Na, die haben heut' einen geseane
t«n Schlaf im Schloß," sagte Stei
nert.
„Ich weiß nicht, mir ist doch so
komisch! Ich glaube, ich weck' ibn!"
Na, dann hol' dir deinen Lohn!
Willst wohl lieb Kind werden beim
Brachmann? Hast wohl alles ver
gessen h«?!" schrie Beyer. „Wes
halb schlafen sie denn heute alle so
fest? Weil sie den Sekt aus Was
sergläsern gesoffen haben! Die sollen
wohl schlafen! Feiern und prassen
bis in die Nacht hineins Dann schläft
man schon nachher! Laß ihn doch
schlafen!"
Hoch flogen die sprühenden Gar
ben des oben lagernden Strohes in
die Luft. Und in dem grellen Licht
sahen die Leute einen Mann vor dein
Stall stehen, den sie nicht erkannten.
Er stierie zu den Flammen auf. und
jedesmal, wenn eine Garbe in die
Luft flog, schlug «r die Hände zu
sammen, freue er sich.
„Donnerwetter, wer ist denn das?"
Steinert ging näh«r. Aber als
er hinkam, war der Mann verschwun
den.
Der Alte war dem Steinert nach
geschlichen.
„Komm', wir wecken den Herrn!"
Damit trat er schon in den Vor
garten ein.
Mit zitternden Händen schlug er
gegen das große Tor. Jetzt kam auch
wurde ein Laden ausgestoßen. !
„Herr Gott, es brennt! Ich kom
me!"
In ein paar Minuten war Wil
helm Brachmann unlen, im selben
stürzte. lH Z s j
„Aber, Leute, so helft dochi"
heraus! Wo ist der Inspektor?"
„In der Stadt."
„Und August"
„Weiß ich's?" war die mürrische
Antwort.
Hilf«, ist morgen entlassen!" donner
te er. Aber damit erreichte er «rst
recht nichts.
„So gehen wir. schön!" murrten
sie. „Wir gehen gern! Wollten
schon immer gehen!"
Wilhelm rannt« zur Glocke und
läutete Sturm. Widerwillig und
langsam zogen nun einige Leute die
Feuerspritze aus dem Schuppen und
n«r herüber. Man hatte die Flammen
dort bemerkt. Nun würde bald Hil
fe kommen.
Einen Augenblick stand Wilhelm
aufatmend still. Er blickte gen Hiin-
Leuten, befehlend, bittend; doch es
I Endlich zischte der erste Wasser
strahl in die Flammen. Der Feu
erherd war mittlerweile schon so
groß geworden, daß hier kein Lö
schen mehr half. Brachmann selbst
richtete den Strahl aus das nahe
liegend« Haus. Aber schon waren
Funlen auf das Dach des Herren
hauses gefallen und hatten da ge
zündet.
Eva hatte entsetzt die Augen aus
gerissen bei ihres Mannes Ruf Der
helle Schein von draußen blendet«
ihre Augen. Sie schloß sie wieder,
ganz verwirrt und noch vom Schlaf
Doch dann fuhr sie empor.
„Feuer!" hatte er gerufen. „Feu
er!" Sie sprang aus dem Bett und
warf «inen Morgenrock über.
Als sie die vielen Stimmen hör
te, eilte sie ans Fenster.
! Sie blickt« in «in Flammenmeer.
Halb blind vor Schrecken eilte sie
hinaus. Auf der Treppe stieß sie
mit der Wirtschafterin zusammen,
„Wo wo?"
penbau."
! „Ueber uns," kreischte Eva auf.
Sie hörte und sah nichts mehr
! In diesem Augenblick rasselte die
den Hof und gleich darauf folgte
das Automobil des Doktors Jenssen
mit dem Arzt selber und Klara.
l Die fliegenden Garben mußten
schon viel früher gezündet, und das
fangen haben.
Es war Evas Bettkammer, die
brannte, und von der aus sich das
zen Boden verbreitete. Auf dem
eingeschlossenen Hof« herrschte schon
eine furchtbare Hitze.
der Stadt mit dem Rad an und
mehrere von Klaras Leuten aus der
Ziegelei.
Da war Thieme und Below und
Strack und eine Menge andere
Klara sagte zu ihrem Ziegelmei
ster! „Aber mein Gott, Thieme,
weshalb stehen die Leute denn alle
und gucken blos zu! Das ganz?
Schloß wird noch herunterbrennen!"
übel. Es ist Ihr Herr Bruder. Es
ist nur, daß ichs sage. Sie hassen
ihn alle und die gnädige Frau noch
viel mehr!"
Entschlossen trat Klara zu den
Leuten heran. „Ab«r so Helsen Sie
doch! Soll denn alles herunterbren
nen? Wenn das nun Ihr Hau»
wäre und keiner hülfe Ihnen?"
i Und Below trat hinzu und flü
sterte: „Tut ihr's zuliebe. Sie ist gut!
Jungen. Im Gesellschaftskleid« kam
sie und genierte sich doch nicht, dem
Doltor die Binden zu halten und die
blutig«» Wattestücke.
Langsam kam Bewegung in die
Massen. Doktor Jenssen war schon
vorn, faßte selbst an und half, wo
«r konnte.
Nun galt's auch die Fabrik zu
schützen. Bei der Hitze im Hofe spran
gen einige Fensterscheiben drüben.
j „Wo ist denn meine Schwägerin?"
fragte Klara, die sich bisher vergeb
lich nach Eva umgesehen hatte, die
Wirtschafterin.
derte diese. „Ich sprach mit ihr!"
l „Und Else?"
I „Die wird wohl mit ihr unten sein.
Martha sah ich auch schon hier bei
den Mägden."
„Warum Martha?"
„Na, die schlief doch heute nacht
mit der Elfe zusammen."
In dem Augenblick schlug die
Flamme aus d«m kleinen Fenster
des Treppenturmes.
Angstvoll fragt« Klara: „Wo
schlief Elfe? Nicht bei meiner Schwä
gerin?"
I „Nein, nein, für heute nicht! We
gen der Gesellschaft!"
„Eva?!"
„Laß mich laß mich! Ich kann
di« Flammen nicht sehen! M«in
Haus! Das hat mir der Kerl getan."
»Wer?" fragte Klara verständnis
los.
Schützling! Geh w«g geh weg
ich will dich nicht sehen!"
„Eva, besinne dich! Was redest du
da? Wo ist Eis,?"
„Elfe ist b«i Martha!"
.Und wo ist Martha?"
'Mit Elf«?"
„Eva, das weißt du nicht? Wo
hast du dein Kind?"
Jetzt blickte die verängstigte Frau
cus. „Das weiß ich nicht! Mein
Gott, ich weiß doch nichts nichts,
als daß es brennt!"
»Gut, so w«rde ich Elfe suchen."
Klara wandle sich um. Wo war!
das Kind? Sie fragte jeden. Keiner
wußte es. Aber Martha halten sie !
alle gesehen. Die würde doch nicht
ohne das Kind h«runttrg«kominen
sein.
Da fand sie Martha, jammervoll
weinend.
„Ich bin beim Bingert gewesen,
ich weiß nichts von Else. Ich: war
Feuer ausbrach."
. Klara schrie auf.
„So ist das Kind noch oben?"
I „Ich weiß eS nicht!" i
Oben am Fenster des Treppenhau
ses erschien eine helle, lies«« Ge
stalt.
„Tante Klara," rief eine ängstlich«
Stimme, „ich tan» doch nicht hi
„Meine Elfe, mein geliebtes Kind,
Klara wollte durch die Reihe»
der Männer vordring«». Eine Hand
schob sie beiseite. Es war die
Emils.
„Ich ich tun! Ich Elfe holen!
Und er stürzte hinein, die Wendel
treppe hinauf. Sie wichen ihm alle
aus, als er über die brennend« Trep
pe nach oben eilte.
Diese gräßliche Wendeltreppe. Der
Gedanke durchbebte Klara. Wie wird
Eb«n iam Wilhelm von der Spritze
fehlt? Elfe!" Auch er wollte!
ins Haus stürzen.
Aber viele Hände hielten ihn zu
rück. „Der Verrückte holt sie. Da
ist er ja schon am letzten Treppen
absatz!"
Emils war verbrannt. Aber
die kleine Elfriede trug er sicher
cuf dem Arm. j
Balten ihm von hinten aus die
Schulter, und er ließ das Kind fal
len.
I Es hatten viele Hände zugegriffen,
und doch war die Kleine unsanft
auf die Erde aufgeschlagen. Mit ei
nem Wehlaut brach sie zusammen.
Klara riß sie in ihr« Arm« und
zog sie weiter von dem Hause fort.
Bein! Ich kann es nicht auffetzen.
! Tante Klara!" Mit einem wim
'.nernden Weinen blieb Elfriede li«-
stürzte d«r Treppenbau zusammen.
Ein allgemeiner Aufschrei! Emil
war ja noch darin. Die Treppe be- >
grub ihn unter ihren Trümmern. !
Und kein Mensch konnte hinein,
um ihn zu retten.
Die Flammen schlugen haushoch
rmpor, und von oben kamen wie ein
Regen von Splittern dt« Glas
wände des Wintergartens nachge
poltert.
„Doktor Jenssen beugte sich über
di« Kleine.
„Was ist es, Doktor?"
wenn sie oben erstickt wäre. Der
Emil hat feine Rettertat mit dem
Leben bezahlt."
stand. !
In Klara war alles I» Aufruhr.
Was hatte Eva gemeint? Emil hätte
das Feuer angezündet? Emil hätte es
> Doch Doltor Jenss«n, während er
Elfe untersuchte und sorglich bettet«,
sprach, was sie dachte: „Wissen Sie,
Emil als den Brandstifter bezeichnet?
Er soll sich hier schon vorher herum-
„Schweigen Sie schweigen Siel
Um Gottes Willen. Herr Doktor,
sagen Sie das nicht! —Daun trüge
ja ich die Schuld an all dem Un
glück !" ,
! „Sie?"
„Ja, ich, weil ich den Emil frei
herumlaufen ließ!"
i „Fräulein Brachmann." sagte er
da sehr ernst, „ich kann hier kein an
klaqendes Wort aegrn die Eltern
dieses Kindes ausspreche», trotzdem
eS bewußtlos zu sein schiint. ES
das will ich Ihnen sagen: „Meinen
Sie, daß irgendein Moisch, sei er
vernunftbegabt od«r nicht, durch ein«
s«lch« Behandlung, wi« sie dem armen
Blödsinnigen hier zuteil wurde, nicht
erbittert worden wäre. Was er getan
daben mag. er hat «S durch die R«t
tung dieses Kindes und durch seinen
Tod gesühnt."
Er schwieg, d«nn eben trat Wil-
I Helm herein und beugte sich über da»
Bett des Arbeiters, auf dem sein
(Fortsetzung folgt).
Nette« Brüderchen.
Fritzchen: .Mullerchen, gih nal
schnell unser Baby her! Ich hat'
n.it Müller'S Willy getauscht; er gibt
mir seinen Dackel!" ,
Für die Küchr
! Tomatenfleisch. Anderthalb
Pfund mageres Schweinefleisch schnei
det man in fingerbreite, halb fin
gerlange Streifen, die man in Mehl
wendet und in einer feuerfesten Kasse
roll«, in der inan das Fleisch zu Tisch
bringen kann, nebst einer großen ge
hackten Zwiebel in 4 Unzen Butter
oder Fett von allen Seiten anbrät.
Düon gibt man einhalb Quart schö
nen Tomatcnbrei sowie 6 Unzen vor
her abgeblüht«» Rlis zu dem Fleisch
und so vi«! kochendes Wasser hinzu.
»Nb Ps«ss«r ab.
Frzscher Schinken. Ein
praktischer. köstlicher Braten für
ße Familien ist ein frischer Schin-
Äouch gewesen. Man läßt d'.s in
te Einschnitt« zu kleinen Würfeln
Salz und PMer eingerieben, schön
in die Osenpfanne gelegt, ein kal
be« Quart Wasser dazu und so drei
! SjHiden gut braten öfters abfet
ten und gut beziehen. Aller Speck
fließt zusammen, die Würfel sind
Koldqclb und rösch, schmecken gut und
das Fleischest prächtig zum Essen
Etwa 3 Pfund Spitzbrust. Quer
rippe oder Schwanzstück übergießt
man in einem passenden Gesäß mit
i Pint kochendem Essig, dem man
gemischtes Gewürz, einige zerschnit
tene Zwiebeln und seine Kräuter zu
gesetzt hat, und läßt das Fleisch bei
wiederholtem Umwenden zwei bis
drei Tag« in der Beize liegen. Dann
reibt man es in Salz ein und schiebt
niit spitzem Messer dicke Speckstücke
hinein, brquut Fleisch in Braten
fctt von allen Seiten und gießt nun
Ouart kochendes Wasser, in dem
zwei Bouillvnwürfel gelöst wurden»
über das Fleisch. Auch die Hälfte
d«s durchgeseihten Essigs gibt man
daran, auh«rd«tn ein Lorbeerblatt,
einige Körner Nelkenpfeffer und ein
Stück Schwarzbrot (vielfach statt
dessen dicken Pfefferkuchen). Man
schmort das Fletsch unter mehrfachem
Umlegen gar in knapp zwei Stun
den, bindet di« Sauce, streicht sie
durch und gibt si« nebst großen Kar
tofselklößen zu dem Fleisch.
! Pfirsich-Schnitten. AuS
altbackenem englischen Kastenbrot
schneidet man nicht zu dünne Schei
ben, sticht sie rund aus, röstet sie auf
beiden Seiten goldbraun
sie erkalt«». Man
Scheiben gleichmäßig mit' '?o
-sen-Marmelade auf einer Seite, legt
darauf ein« große eingemachte abgt
lropfte Pfirsichhälfte mit der Oeff»
»ung nach ob«», füllt diese erhöht
mit steifer Schlagsahne und legt
obenauf eine kandierte Kirsche.
! KalbSkopf-Ragout. Eitr
Kalbskops wird, nachdem er sehr
sauber mehrmals gewaschen ist, in
Salzwasser weich gekocht, dann alles
Fleisch sorgsam abgelöst und in
kleine Stücke geschnitten. Nun nimmt
man ein gutes Stück Butter, läßt
> cS zergehen, rührt Mehl hinzu und
lischt davon eine kleine, von zwei
Nelken bespickte Zwiebel, Salz, Pfef
fer, Lorbeerblatt, etwas Zitronen
saft, ein kleines Gläschen Wein und
etwas Essig daran und läßt alles
gut durchkochen, nach und »ach von
d«r Kalbsbrühe zugießend. Nach
dem die dickliche Sauce durch's Sieb
gerührt ist, legt man die Fleifch
fiiicke hinein und bringt alles noch
mals zum Kochen. Eine kleine Büch
se ringeinachtir Champignons ver
bessert dieses feine Ragout, das auch
om Tage vor dem Gebrauch fertig ge
stellt werden kann. Zuletzt garniert
man Blätterteig um die Schüssel.
! Hühnerragout mit Cur
ry. Man benutzt das Huhn der
SonntagSsuppt, sowie etwas von der
Suppe zurückbehaltene Brüh« zu dem
Gericht, außerdem «gebraucht man eine
. kleine Dose eingemachte Champig
nons. Das Suppenhuhn zerlegt
na» in paffend« Stücke, die Pilze
schneidet man in Scheiben. Aus 2
Unzen Mehl bereitet man eine brau
ne Mehlschwitze, die man mit der
Hühnerbrühe und dem Champignon
wasser zu gebundener Sauce ver
kocht und dann darin das Hllhiier
flcslch gaiu jquzsam heiß "werden
läßt. Erst setzt'gibt man etwas Zi
tronensaft .und einen Teelöffel
Evrrypulver an da» Gericht, fügt
auch die Chgmpigyons bei und stellt
daraus daS Hühucrragout noch W
Minuten ins Wasserbad. Man rich
tet es in einem Rad von Wasserreis
Tomate-n. Hat
man etwa 1 Tasse Reis gekocht, so
mistht man diesen mit 1 Ei, feiysr.
Petersilie und dem Mark der Tonia-'
lichst gleichmäßige, große, runde.
hBhlt sie'aus. ftNt sie'
»UN mit Reis und etwas Butter und
dämpft sie nettmlnaiider in 'ine
tiefe Pfanne iqjt heißem
>'nd Butter und damvfl sie im Back
> «st» bel.iisterem Beträufeln gar.