Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 24, 1913, Image 2

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    Gerettet.
Toni, der einzige Sohn de« Müh
lrnbesttzers und Bürgermeisters ton
M. lehnte am Gartenzaun und schaute
aufmerksam hinüber in d«n Nachbar
garten. Er stand hier seit einiger
Z«it oft, während er sich früher doch
gar nicht viel um die Nachbarn ge
tiimmert hatte. Aber freilich, feit die
Grethel den Haushalt des Lehrers
versorgte, sah es da drüben auch viel
freundlicher aus als vorher. Di«
Grethel war eine entfernte Verwandte
der Lehrerfrau; ihre Eltern waren
ziemlich schnell auseinander gestorben
und hatten dem armen Ding nichts
hinterlassen, und da die L«hrerfrau,
Mutter dreier unerzogener Kinder,
immer kränklich war und keine Magd
länger als vier Woche?, hatte, hatte
sie kurz entschlossen die Waise zu sich
genommen.
Grethe war ein neltes, anstelliges
Mädchen, da« schnell Ordnung in den
vernachlässigten Haushalt brachte.
Die Kinder liefen nicht mehr mit zer
rissenen, schmutzigen Kleidchen umher,
die Lehrerfrau mußte sich nicht mehr
halb tot ärgern über die dumme,
eigensinnige Magd, und der Garten
glich nicht mehr einer Wüstenei.
Man tonnte es dem Toni also gar
nicht verdenken, daß er jetzt fast >eden
Abe:>d an dem Gartenzaun stand U7.S
nalür'.'.ch auch mit der. blonden Nach
barin plauderte. Si« war wirl'il»
lü'.sch, wie sie da um die Ecke dcS
Hauses kam; In jeder Hand eine
Gießkanne, auf den rotblonden
„Guten Abend. Fräulein Grethe."
Toni halblaut „wollen Sie
wieder gießen? Es gedeiht ja pmch
tig bei Ihnen; natürlich, was solche
Gärtnerin pflanzt!"
Das frische Rot auf ihren Wangen
vertiefte sich noch, als sie ihm lächelnd
zvnickte. „O, Herr Hübner, auf d'e
Gärtnerin kommt« wohl niiht an,
sondern aufs G'eßen."
Er lachte. „Darf ich Ihnen bel?
fen, Grethel? Dann springe ich über
ten Zaun."
„Um Himmelswillen! Was läl'
denn da die Base sagen und erst Ihre
Frau Mutter?" wehrte Gretye
schrocken ab. „Ueberhaupt können Sie
ja gar nicht so hoch springen," neckte
s"
„Warten Si« nur, ich wecse eS
Jl'ien einmal zeigen," entgegne'- e>v
D"nn plauderten sie, während «Krcthe
ihre jungen Pslänzchen begoß, heiler
jiber alles Mögliche, bis das Mävche.i
mit der Behauptung, nun aiisolui
ie>n- Zeit mehr zu haben, ins Haus
ei":.
_
Eari-nzaun waren die-einzige Freu>
»er einzige Trost Ver armen Grethe,
den,: im Hause gab es wenig genug
Erfreuliches; nur Plage. Arbeit un»
'/.erger den ganzen Tag. Der Lehrer
war ein mürrischer, strenger Mann,
du Base hat« jene krittelige, grundlose
llekellaunigkelt kränklicher Me'ijch-n
und i'ie Kinder war!» kleine P.'agk
geiliir, die an Grethe all 'ihrer-, durch
den Vater gewaltsam unterdrückte»
l,ebermut ausließen. Man ver'angt:
von ihr, daß sie arbeitete, das Haus
in Ordnung hielt, aber nach ihrer
Liebe verlangte kein Mensch: man
eol' ihr für die Arbeit die Ko i !>nd,
i, zahlte sie, aber man gab ihr leine
Liebe, nach t«r sich das arme verwai
st« Mädchen so sehnte. Kein Wunder
also, daß sich ihr ganzes unbefriedig
tes Liebesbediirfnis, ihr ganzer unver
langter Liebesreichtum dem hübschen,
schen naht. Grethe hatte viel Arbeit
gehabt, erst spät am Abend, nachdem
olle schon zur Ruhe gegangen waren,
icnnte sie ein wenig in den Gane:>
Garten zu ixm murmelnden Vach
le-», welches Ihn begrenzte. Sie
schlang die Arme um einen der dort
lich auf das eilende, schimmernde
Wässerchen zu ihren Füßen.
Sie war traurig heute. Sie dachte
tie zarte, kränkliche Zwitter und an
den schönen, leichtsinnigen Jungen,
di'k Sorgenlind der Familie, den alle
der Tages verschwunden war,
binterlassend als Schulden, zu
deren Bezahlung da« kleine Vcrn' ig-n
deZ cllen Försters kaum ausrtlchi:.
?cr Vater hatte gewetttrt, daß Sa»
Häuschen gezittert hatte, die Mutter
legte sich hin und starb. ur>? der
Vale- in dessen rauhem Gemii: tie
Sor>und der Schmerz um il- der-
Zor-'i' Gefährtin größer« Verwüsten
de» ana«r > >ei hatten, als er s>ch .:«!
ien !it';, folgte ihr bald naiy. '.znd
sie. d!« c>me Grethel, war hierher ge
lammen und war nichts Besseie- ukid
nichl imhr geachtet als «ine Magd,
dos l'eßen sie alle merken, nur der
Tcn> nicht.
Aber war es recht, ihn zu lieben.
Verden seine geldstolzen Eltern er
huben. daß er das arm« Mädch-n Hei-
Heiraten? Ja, wollte er sie
den« überhaupt heiraten, halt« er
denn das je gefragt? Und so, durfte
sie ihn denn so lieben? Heiße Tränen
stiegen in ihre Augen. „Mut'«rle,
Mutterle, hilf mir," flüsterte sie leise,
Nie in flehendem Gebet.
Le.se Schritt« ertönten hinter ihr
rückwärts ihren schlanken Körper.
Mit einem Ton, der halb Schluchzen,
halb unterdrücktes Jauchzen war,
warf sie die Arme um feinen Hals
und er preßte sie an sich und erstickte
sie fast mit seinen Küssen. Plötzlich
ließ er sie ein wenig los und strich mit
der Hand prüfend über ihre glühenden
Wangen.
„Warum hast du geweint, Grethel?
Hat dir jemand was zu leid getan?"
fragte er.
„New, niemand; es ist nichts," ant
wortete sie unsicher.
Aber er gab nicht nach, bis sie ihm
sagte, warum sie geweint habe.
„Du Närrchen, du gut's, dumm's,"
glaubst, dich hab' ich lieb und heiraten
tu' ich eine andere? Nein, Schatzl, so
was tut der Hübner Toni nicht.
Aber du hast Recht, die Heimlichkeit
führt nichts Gutem und ich war'
ein Schuft, wenn ich noch länger
wartete. Du bist mein, mit Leib und
Seele, und ich lass' dich nicht, kann's
kommen wie's mag. Gleich morgen
red' ich mit der Mutter, denn der
Vater ist krank, das weißt ja."
i Grethel schmiegte sich voll inniger
Hingebung an ihn, aber sie zitterte
„Ich fürcht' mich, Toni," flüsterte
sie, „ich fürcht' mich vor deinen
Elt«rn."
„Ach geh', Schatzl, das mußt' nicht
sagen, meine Eltern sind gut mit mir
und sie werden es auch mit dir sein.
Sie kennen dich doch und wissen, was
für ein tüchtiges Mädel du bist, und
mir scheint, eine Frau, die nichts hat,
dafür aber ihren Mann liebt und
spinefam und fleißig wirtschaftet, ist
besser wie eine, di« einen Sack voll
Geld mitbringt und dann alles wieder
selber braucht und noch »bendrein den
Mann ärzert.. Aber jetzt ist's Zeit,
daß du schlafen gehst, damit du mor
gen helle Augen hast."
Er küßte sie noch einige Male herz
lich auf die brennenden Lippen, dann
schob er sie sanft von sich und sah ihr
«lach, bis sie im Haus verschwunden
war, ehe er auf dem Wege über den
Zaun sein Heim aufsuchte.
Am anderen Morgen begann der
Kampf. Die Frau Bürgermeisterin
starrte ihren Sohn an, als habe er
den Verstand verloren, als er ihr er
klärte. daß er die Grethel liebe und
sie heiraten wolle. Also hatte die
schlaue Person es wirklich verstanden,
ihn einzufangen, und er kroch auf d«n
Leim, ohne es zu merken. Er solle
lich nur nicht unterstehen, am Ende
vem kranken Bater mit solchem Ge
schwätz zu kommen. Die Lehrers
magd heiraten wollen, jetzt, wo der
Vater mit dem Löwenwirt einig ge
worden sei, daß ihre Kinder sich hei
raten sollen. Ob die Löwenwirts-
Fanny vielleicht nicht hundertmal
Jiigerstochter.
„Wenn du den Wert des Menschen
kaum, daß die Fanny so arbeiten
würde wie die Grethel ..."
„Hat sie auch nicht nötig." schrie
die alte Frau zornig, „die lann sich
sechs solche Mägde halten wie diese
Grethel!"
„Die Grethel ist achtbarer Leute
Kind, aber auch wenn sie ein Bettler
seine Frau geworden."
„Damals! Damals hatte der Vater
auch noch nicht so viel Geld; jetzt
tränkt das Zimmer und wich den gan
Bei dem Vater stellte Toni trotz des
mütterlichen Verbot«s einige vorsichtige
daß «In Mann mit einem
ven Mädchen, das Ihn liebe und das
er wiiderllibe, besser daran sei als
mit einer reichen, ungeliebten Frau,
hatte der Alte ihn erst mißtrauisch,
forschend angeblickt und dann kühl er
widert:
„Unsinn! Geld, viel Geld ist heut
zutage die Hauptsache; arme Mädchen
sind nicht dazu da, geheiratet zu wer
ben. Deine Mutt«r hat zwar auch
nicht viel gehabt, aber damals lagen
die Verhältnisse noch ander«; dir
würde ich nie erlauben, ein armes
Mädchen zu heiraten, und weil wir
gerade davon sprechen, will ich dir
gleich sayen, daß ich mit dem Löwen
wtrt einig bin. du wirst die Fanny
heiraten."
Toni wollte erwidern, daß er dies
nie tun werde, aber er hörte di« Mut
ter im Nebenzimmer und er wollte
auch dem kranken Vater keinen Aer
zer bereiten. So verließ er schwei
gend das Zimmer.
Am Abend sagte er seiner Liebsten,
sie müsse noch ein bischen Geduld
haben, bis der Vater wohler sei, daß
man solche Dinge mit ihm besprechen
könne,
„Und deine Mutter?" fragte Gre
the. „Du sagtest gestern, du würdest
erst mit deiner Mutter sprechen. Gelt,
sie will nichts von mir wissen?"
„Ach, was du alles denkst, Grethel.'
antwortete er ausweichend. „Die
Mutter weiß, daß du ein braves
Mädchen bist. Sie hat dich selbst oft
gelobt, aber jetzt hat sie den Kopf so
voll. Wir müssen warten, bis der
Vater wieder gesund ist."
Grethe drang we ter in ihn, aber
sie ahnte wohl, daß sich die Sache so
verhielt, daß die Mutier sie vielleicht
früher gelobt hatte als Magd, sie ab«r
nie als Schwiegertochter willkommen
harten Kampf mit den Eltern zu be
stehen halte. Sie erfuhr, daß die
Bürgermeisterin Ne Lehrerfrau zu
kennung ihres Verlöbnisses nicht zu
denken sei. Seine Eltern seien zu
sehr dagegen und er könne auch
Grethe verbrachte eine schlaflose
Nacht, aber als si« früh am Morgen
ihr Lager verließ, hatte sie ihren
Entschluß gefaßt. In M. konnte sie
nicht länger bleiben, das stand fest.
Toni litt unter dem Zwist mit den
Elt«rn und sie selbst litt noch mehr.
Es widerstrebte ihr. die unschuldige
Ursache einer Entfremdung zwischen
Eltern und Sohn zu sein und Stoff
fähig ist wie die Weibes. Er
heiraten, weil er dies, wie die Dinge
lagen, für seine Pflicht hielt, aber cr
würde es nie vergessen können, daß
Weib sich opfert, ist ja so selbstver-
Frleden, sein Glück zu erhalten.
Als sie gegen Abend an den Bach
kam, um Wasser zu holen, stand Ton!
gehen."
„Nein, nein, laß nur; es ist besser
so, leb' wohl."
„Na, ich g«h' doch nicht auf Reifen,
Toni blickte ihr kopfschüttelnd nach,
gestempelten Brief, in welchem Grethe
mit wenigen, schlichten Worten von
2 ini war wie verzweife't. Er
rannte zur Lehrerfrau, um sich zu
schauen, wann er wiederkäme, und
fuhr im Galopp zur Bahnstation.
Dort sagte man ihm auf sein Befra
gen, daß mit dem ersten Zuge ein
Mädchen, auf welches seine Beschrei
bung Paßte, ein Billet nach der Stadt
genommen hab«. Toni gab einem
Burschen den Auftrag, den Wagen
nach Haufe zu bringen und fuhr mit
kommende Person gemeldet werden
muß und hoff!« auch, Grethe vielleicht
zufällig zu sehen. Er wußte, daß sie
leine Verwandten und Bekannten dort
hatte, daß sie sich also jedenfalls eine
Stellung suche, und er ging deshalb
zu allen Stellenvermittlerinnen, er
fragte in allen einfachen Gasthöfen
nach und lief jeden Tag auf das
Meldeamt, aber alles umsonst, er fand
keine Spur von Grethe. Da sein
Geld bald zu End« war, hatte er sich
von einem Geschäftskunde des
Baters eine größere Summe lehen
lassen und nun besuchte er am Abend,
um sich zu zerstreuen, all« möglichen
Vergnügungen, während er tagsüber
nach Grethe suchte. Als auch das ge
liehene Geld verbraucht war, mußte er
sich doch «ndlich zur Heimkehr ent
schließen.
Aber lange hielt er's nicht mehr zu
Hause aus. Der früher so fleißige,
nüchterne Mensch war ganz verwan
delt. Um die Mühle kümmerte er sich
nicht mehr und allen Vorwürfen des
kranken Vaters zum Trotz fuhr er
entweder mit dem Wagcn bei allen
Kundschaften in der Gegend herum,
trank und spielte in den Wirtschaften,
oder er fuhr in die Stadt und blieb
dort, bis er sein letztes Geldstück aus
gegeben hatte. Auch der unerwartet
schnell erfolgte Tod des Vaters brachte
nur eine vorübergehende Aenderung in
seinem Lebenswandel, nachher trieb
er's nur um so toller.
Die Mutter sah mit Entsetzen das
zügellose Leben d«s Sohnes, dem sie
vollständig machtlos gegenüberstand.
Sie sah den Zeitpunkt immer näher
kommen, da er sich ruiniert habe, denn
seit dem Tod« des Vaters ging auch
das Geschäft, nur fremden Leuten an.
vertraut, immer mehr zurück. Si«
wußte nur ein Mittel, durch w«lches
sie ihn vielleicht wieder zum Guten
ändern könnte, aber sie zögert« noch
immer.
Endlich entschloß sie sich, den harten
Gang anzutreten und die Lehrerfrau
nach Grethes Adresse zu frng«n.
Diese, die dem Sohne nie Auskunft
gegeben hatte, sah keinen Grund, ge
gen die Mutt«r auch so zurückhaltend
zu sein, und sagte ihr, Grethe habe
sich damals nach ihrem Heimatsdorse
gewandt, wo sie wohl noch sei.
Nun einmal der erste, schwerste
Schritt getan war, entschloß sich die
Müllerein leicht zu den weiteren. Sie
bat den Sohn, der gerade von einem
Ausflug in die Stadt zurückkam, ein
paar Tage aus das Haus zu achten,
sie habe «ine wichtige Reise zu mach n.
Grethens Heimatsdorf lag inmitten
ausgedehnter Wälder und hatte weder
Bahn- noch Postverbindung. Als di«
Müllerin an der Endstation der Bahn
nach dem W«ge fragte, rbot sich ein
Bauer, mit ihr zu gehen, er fei von
E. Sie fragte, wie weit es sei.
„Zwei Stündle, Frau, immer
durch'n Wald," erwiderte der Bau«r.
Der Weg führte wirklich durch den
herrlichsten Buchenwald leicht bergan.
Es war ein unangenehmes Gehen in
dem grünen Waldesdamm und die
Müllerin hatte dabei Zeit, den Bauer
auszufragen. Ja, er kannte die Gre
the.
.Ein braves, liebes Mädel, so brav
wie die Eltern. So «in Förster kommt
nicht mehr, Frau", versicherte er, „und
sie, die Mutter, ein so brav«s Frauerl.
Gar so zart war sie halt, nur so ein
Pupperl, und drum hat >ie's auch net
aushalten können, da- Weh, das ihr
der Sohn an'tan hat", und er erzählte
die Geschichte von Grethes Bruder.
.Aber jetzt ist er auch tot, neulich ist
ein Brief kommen von ihm aus Ame-
Krnnkenhau«, wo er g'storben ist."
„Und die Tochter, die Grethe, wo
ist die jetzt?"
„Ja. in E., beim neuen Förster.
Wie di« Eltern tot waren, ist s' zu ei
ner Basen, da draußen, ich weiß nim
mer, wie der Ort heißt. Aber dort
mußt's ihr schlicht 'gangen sein, und
die Leute müssen ihr 'was an'tan
haben, denn ganz Naß und krank hat
s' ausg'fchaut, wie s' kommen ist, und
an ihre Augen sieht man's auch, daß
i sie viel weint im Stillen. So ein
lieb's, lustig's Dingl war's, und jetzl!
Den, wenn ich unter die Finger krie
get. der dadran schuld ist, gleich durch
prügln tät ich den," brummte der
> ehrliche Bauer.
Die Müllerin tat unwillkürlich
kaum mehr, was der Bauer in seiner
weitschweifigen Weise weiter erzählte,
daß eines Tages^wiedergelom
anders seien als die Allen, sie
arg still.
„Sind Sie mlld', Frau?" unier-
Schweigend gingen die beiden nun
ihres Weges, der sie an einer festen
Wand riesiger, düsterer Tannen ent
einlge bescheiden«, ins Grün der Öbst-
Wiesen huschendes Büchlein trieb di«
einzeln stehende Mühle; zu beiden
„Es ist schön hier, sagte die Mül
lerin.
net so viel, wie die draußen in der
Ebene."
„Schau'n S', da in dem Häusl hat
Hof und großem Oekonomi«gebäude.
Am gewaltigen Steintrog des Brun
nens stand ein Mädchen und beschäf
tigte sich, ohne aufzusehen, mit der
Wäsche. Das mußte sie sein.
„Grethel!" rief die Müllerin halb
laut.
trübe die ehemals leuchtenden Augen!
„Um Gottes willen, die Frau Hiib
n«r!" stieß Grethe endlich hervor.
„Ist etwas passiert? Der Toni?"
Stockend kam das letzte Wort über
ihre Lippen.
„Ja, Grethel, dem Toni ist was
passiert, er ist krank geworden, seit
dacht hab', du weißt doch, eine Mut
ter will immer das Glück des Kindes.
Gehst mit heim, Grethel?" fragte
die alte Frau fast bittend. Grethe
denn?" fragte sie angstvoll. „Ist's
„Nein, Grethel, es ist keine K'ank
b«n, aber du w'.rst ihn retten. Doch
w«ißt, Grethel, ich bin müde, der
Herr Förster wird wohl nichts da^e-
Gr«thes Gesichtchen färbte sich pur
purn bei diesen Worten: sie beeilte
sich, die alte Frau ins Haus zu füh
ren, wo sie von der jungen Förster!«
freundlich empfangen wurde.
sprachen; die F'irsterin bedauerte
zwar sehr, daß sie die fleißige Gr«!he,
die ihr eine liebe Freundin geworden
war, verlieren müsse, ab«r GretheS
Glück ging natürlich vor.
Ja dem freundlichen Giebelzimmer
des Forsthauses schlief die Müllerm
zum erstenmal s«it langem ruhig und
tief, in der Ueberzeugung, ihren Sohn
gerettet zu haben. Am andern Mor
gen verließ sie auf einem holperigen
linden Grethe das stille Dorf.
Je mehr sie sich M. näherten, desto
schweigsamer wurden die beiden
Frauen. Die Müllerin hatte das
Fuhrwerk an die Station bestellt und
der Kn«cht hatte auf die Frage nach
dem Herrn geantwortet, derselb» sei
erst gegen Morgen nach Hause gekom-
Dies bedrückte die beiden, sie fürch
teten sich vor dem Empfana. Kretbe >
g»b auch «ndlich dieser Furcht AuS
d.uck.
„O, Mutter, wenn er aber nichts
mehr von mir wissen will?"
Die Alte schüttelte nur stumm den
Kops und drückte fest Grethe« Hand.
Der Wagen hielt; die beiden
Frauen traten in das Wohnzimmer.
Toni saß, ihnen den Rücken kehrend,
um Tisch und wandte sich auch bei
ihrem Eintritt nicht um. Die Mut
ter machte Grethe ein Zeichen.
„Toni!" rief diese mit zitternder
Stimme.
Er fuhr auf und stieß einen Schrei
aus. .Du, du!" rief er.
Laut aufschluchzend warf sich Gre
the an seine Brust.
„Verzeih' mir, Toni, daß ich sort
ier ist «s recht."
Er schaute lange stumm auf die
Weinende; «ndlich strich er zagend
über ihren Scheitel.
„Aber ich bin nicht mehr der alte
Toni, weißt du das?" fragt« er.
Sie weinte noch heft ger.
„Ich weiß alles, die Mutte: hat m'r
alles erzählt; aber du wirst wieder
der alte werden, nicht xleich, aber so
langsam, nach und nach, gelt. Ich
will dir helfen dazu."
„Ja, Grethel, wir wollen's ver
suchen, ab«r Geduld mußt du haben,
vielleicht geyts dann."
Und es ging wirklich. Nicht plötz
lich, o nein; er ließ noch oft sein jun
ges Frauchen zwei, drei Tage vergeb
lich warten, wenn er zu den Kund
schaften fuhr. Al>cr Grethe hatte nie
ein herbes Wort für ihn, sie einpsilig
ihn nach solchen Touren ebenso lie'«-
voll wie immer, und sie verstand ihm
sein Heim so angenehm zu machen,
daß diese Ausflug« immer seltener
und kürzer wurden. Das Geschäft
ging durch Tonis Tüchtigkeit und
Grethes Fleiß i nd Sparsamkeit im
mer mehr in die Höhe und Toni war
bald ebenso anges. »n wie sein Vater.
Er war gerettet.
«„» »er Mappe «ine» «»chtir».
Ein Wiener Rechtsanwalt erzählt
ein paar spaßhafte Geschichten aus
der Gerichtspraxis. Wir geben da
raus die folgenden wieder:
Ein Möbelpacker war zur Auszieh
zeit als Zeuge vorgeladen. Nach Be
endigung de« Verhörs verlangt er ei
ne Zeugengebühr von 24 Kronen.
„Ja, verdienen Sie denn 24 Kro
nen täglich?" fragte ihn der Unter
suchungsrichter. «Das ist ja kaum
glaublich, da haben Sie ja mehr als
ich per Tag!" Daraus antwortete
der Zeuge: .I muaß mi aber a mehr
plagen als wia Sö, kaiserlicher Herr
Rat."
Bei der Hauptverhandlung wird
dem Angeklagten vorgeholten, daß er
alljährlich nach Karlsbad ging und
den Rest de« Sommer« bei seiner
Familie in Aufsee zubrachte. „Da«
Gesundheit schuldig," antwortete er.
Worauf ihm der Vorsitzende erwider
te: „Sehen Sie, und jetzt sind Sie es
Ihren Gläubigern schuldig."
Eine Diebstahlsaffäre steht zur
Verhandlung. Der Angeklagte leug
net, sich an dem Diebstahl beteiligt
reden."
Angeklagter: „Nein. Herr Rat, ich
kann ihn ganz genau beschreiben!"
Vorsitzender: „Na. also, da krm
men wir ja vielleicht darauf, wer es
es ist. Wie hat erden» ausgeschaut?"
Der Angeklagte zögert mit der
Antwort.
Borsitzender: „Na, fürchten Sie
vielleicht vor ihm? Sagen Sie '«
iti. Wie hat er denn ausqeschaut?"
Angeklagter: „Entschuldigen S'.
Herr Vorsitzender, sind S' nicht bös',
er hat grad so ausgeschaut wia Sö!"
Ein Zeuge erzählt in einer anderen
Sache: „Der Angeklagte schlief am
Tische ein; da ich das in meinem Lo
kale nicht dulde, versuchte ich ihn
zweimal zu wecken, er aber schlief in
der frechsten Weise weiter."
r«r «xper»«.
Ein Arzt war zu einem Kranken
„lhr Gatte liegi in den letzten
ist gekommen; Ihr Gatte ist tot."
„Pst flüsterte die Frau reg'
muß das doch besser wissen."
Gco b. Gatte (zu feiner
Gattin): „Mir ging es wie dem
Sohn des Kis, der auszog, seines
Katers Eselin zu suchen. Nur daß
ich nicht wie dieser eine Krone, son
v»u seinem „Staudpunkt".
! !! den! S ii fs e l die
Ferien beim Onk«I auf dem Lande
verlebt und jede Nacht bezecht vom
Wirtshaus heimkehrt): „Keine La
ternenpfähle hier das sind ja ganz
unhaltbare Zustände!"
Au« Schlesien. Sommer
frischler zu einem Knirps von etwa
vier Jahren: „Du, Kleiner, wie heißt
Du denn?"
„Karl."
„Was ist Dein Vater?"
„Briefträger!"
.Wo ist er denn jetzt?"
,Ei Landeck."
(10 Stunden später.)
„Nu. Karle, ist Dein Bater jetzt
„Jnu^"
„Jnu!"
„A Stückla Wurscht."
„Hast Du sie schon gegessen?"
(Vergnügt:) „Die Wurscht ar,
ich'« Lader!"
Verkehrte Welt.
»Wie viel Glas Bier trinken Sie
Die Eisenbahn (Schü
lirauffatz). Bei uns ist eine Eisen
dahn. Man kennt sie an den Schie
ren. Auf den Schienen sMI >ste.
W«r nicht heruntergeht, wird über
fahren. Wenn die Eisenbahn
kommt, dann läutet es. Sie pfeift
immer. Sie ist lang, schwarz und
schnell. Es gehen viele Menschen
darauf. Wenn man mit der Eisen
hinein. Die Eisenbahn Hai »iele
Fenster. Vorne ist Dampf, hinten
ein Schaffner. Die Kinder, die mit
Sommerfrische dick werden.
Moder».
Mein Fräulein, darf ich hoffen, in
Ihrem Herzen als erste Hypothek
Ka se rnen ho fbliite.
Unteroffizier (zu einem Einjähri
gen. welchen er in der Jnstruktion«-
stunde dabei überrascht, wie er ein
Gedicht macht): „Einjähriger Kän
necke, daS müssen wir uns hier ernst
lich verbitten. Man kann nicht in
der einen Hand den Säbel und in
der anderen den Pegasus halten . .
Oder denken Sie vielleicht, daß
Ihr Homer als Einjähriger seine
Achillesverse gedichtet hat?"
Variante.
Zwei Kehlen und kein Gedanke,
Zwei Märzbock und ein Durst!