Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 10, 1913, Image 3

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    ZlmvarmenMft.
Roma» von E. von Winterfell»-
(7. Fortsetzung.)
Jeder hing seinen Gedanken nach.
Da klopfte Bruno an sein Glas. Es
tlang lxll u:>d lussig. und mit fri
sch«! Stimme begann er:
.Auf, füllet die Gläser, der Mai ist
. d' L
die'Gläser, der Lenz ist da.
Er sprengt« der Erde Bande.
So Hort war der Winter, so rauh
und lang,
Der Lenz braucht all seine Gaben,
Er machte dem bösen Winter nicht
bc.ng.
Doch wollt er die Herrschaft haben.
Wir Jungen freuten des Winters uns
frei.
Wir rodelten froh um die Wette,
Die Allen kla?teu, wie lang er sei.
Da trieb er zar manchen in's Bette.
Doch ob wir dem Winter auch nie
mals gram.
D«r uns Fest- brachte und Tänze.
Wir jubeln dem Mai doch, der jetzo
kam,
Und winden dem Holden nun Kränze.
Wir sind von dem Leben noch Glück
geirohnt.
Und suchen uns überall Freuden,
Doch schöner ist nichts all der Won
ne-Mond,
Nichts süßer als Lenzluft und-freu
den!
Stoßt an drum alle und jubelt frei,
Ein Hoch dei- Maitranl, ein Hoch
dem Mann!
Die Gläser Hangen aneinander.
Gertrud war jetzt endlich auch aus
ihrem Schmollwinkel gekommen und
stieß wie die andern mit Doltor
Jenssen an. Die Gesichter lachten
sich an, und die Augen glänzten,
Mai! Hier fand sich Lenz und
Scherzende Worte und Neckerei
gingen noch eine ganze Weile hin und
her. Die Geister des Weins hatten
die Zungen gelöst. Auch Doltor
Jenssen wurde munter und lebhaft
Und als jemand meinte: „Wenn wir
nun vergessen wollen, das dies hier
unser prosaischer, der Arbeit gewid
meter Kanal ist, so können wir den
die Weser. Und das Wehr rauschte
trinkt.'
Statt dessen intonierte Doktor
Jenssen mit schont, weicher Bari
tonstimme das gMLied von der We
ser: .Hier haMMA «Manches liebe
- Mal mit
Und unten rauschte das ferne
Wehr, wie «s im Liede heißt. Und
in den letzten Worten:
.Fahrt wohl.
ihr Träume der Liebe"
mer abschließen wollte.
Rieke war in ihrer Jugend nicht
gerade ein Engel gewesen. Sie war
aucki just k-ine verträgliche Natur.
Mit den anderen Mägden des Brach
mannschen Hauses lag sie oft im Ha
geaen aber wogen ihre guten Seiten
dcch sehr schwer" ihre unbestechliche
Treue und Anhänglichkeit an die Fa-
Diirum hatte sie auch so lange auf
einer Stelle ausaekialten. Und diesen,
in heutiger Zeit seltenen halte
der Vaterländische Frauenverein mit
einer Brosche und einem hükschen
Erinnerunasblatt geehrt, das unter
Glas und Rahmen in Riekes Stube
hing.
Jetzt war die Alte Gilse nachge
folgt. Seit kurzer Zeit führte sie
ihr mit gewohnter Pflichttreue den
kleinen Hauskalt. Besonders für die
leiblichen Bedürfnisse sorgte sie, wie
immer, tadellos.
Früher batte sie es verstanden, auch
für ein bedrücktes Gemüt mit ihrem
zu Halen. Das fehlte Gilse jetzt
sehr. Niete schien ihr bedrückt zu sein.
Sie war still, und wenn Gilfe ihre
alte Niel« nicht so genau gekannt
Aber das gab es bei Nieke nicht.
I'.nd so macht: sich Gilfe schon im
stillen Gedanlen darüber. Taugte es
verpflanzen? Die Ziegelei lag ja so
ländlich. Vielleicht konnt« die Alte
sich nicht an das Stadtleben gewöh
nen.
Gilse hätte ein ausheiterndes Wort
jetzt so nötig gehabt! Sie fand sich
selbst fo schwer zurecht. In Berlin
hatte sie dcch e-nige Menschen gehabt.
wahrer Kunst betätigen.
Der Tirettor ließ sie «instweilen
zähliges Mitglied. Und der .alte
zu setzen. Sie s.ind es gräs-Nch,
dasj alle sich duzten. So sie für
hochmütig und stand bald ganz iso-
und suchte sie doppell fern zu ballen
Dos Schlimmste war, daß Gilfe gar
leine Bühnenroulinc besaß. Als sie
mal geben und sieben lönnte. lind
doch fühlte Gilie, daß sie in leiden
schaftlichen, großen Rollen auch spie^
sobald die Leidenscbasl, das Gesühl
sie mit sich fortgerissen. Aber solche
Rollen vertraut« man ihr nicht an.
Statt dessen hatte man ihr das
Bärbchen in „Figaros Hochzeit" zu
erteilt. Sie sollte die Arie von der
unglückseligen, lleinen Nadel singen.
l.nd sie hatte doch, solange sie sie
kannte, diese Arie selbst für ein sehr
unglückseliges Machwerl gehalten.
taS einzig Mißlungene in dem sonst
Sie hatte stets dieses Jammern
um die verlorene kleine Nadel un
glaublich gesunden und die ganze Rol
le des Bärbchen sür komisch und lin
disch. Sie paßte auch nicht dazu mit
viel zu groß sür die lleine Arie.
So machte sie in der Rolle eine
geradezu lächerliche «sigur, und keine
h' h tt Z h"
Der Direktor war wütend.
Nicht mal die lleine Rolle lonnte
sie geben! Da hatte ihm der Professor
eine- Schmierenbühne engagieren las
sen," hieß es dc>. »Unser Theater ist
dazu ocnn doch zu gut,wenn es auch
b-It sienicht auftrat.
Tie bilr ziemlich lurze Sommer
pause ba!te Gilfe allein in einem
lleinen Ä.beerte an der Ostseeküste
verbracht, wo sie nur der Erholung
hebt. Das ging so nicht weiter.
Endlich faßte sie sich ein Herz und
ließ sich bei dem Direltor melden.
Klemme. Er saß da und wußte nicht,
waz 'r machen sollte. Klaußner hatte
zusagt. Er lonnte den berühmten
der n!'de>.ellen! Und noch eine Gast-
dazu lominen zu lassen
wurde !ü» zu teuer. Das brachte
die Vorstc! ung nichl ein.
te sich teilten. Die lam ihm gerade
lich die Mcbrheit sagen! Und so pol
iert- er i» seinem Aerger alles heraus.
treten."
Das Wort war heraus! Gilfe stand
fast erschrocken vor dem erzürnten
Gewalthaber, der sie ganz verbliisst
anstarrte.
.Sie?"
grenzenloses Erstaunen, Mitleid,
Aber Gilfe hatte nun Mut ge
faßt. Jetzt hielt sie fest.
.Ich hab« die Pailii geübt ich
.Sie können Sie?"
Weiter lonnte er ncch nichts sa
gen.
.Soll ich Ihnen etwas zur Probe
daraus singen? Da liegt ja die Par
titur."
Der Direktor griff mechanisch da
nach. Er war nock so verblüfkt von
dem unerhörten Vorschlag, daß er
fast willenlos Gilles Bestimmungen
folgte. Und sie fühlte, jetzt kämvkte
sie um ihre Existenz, um ihre Stel
lung.
Sie schlug die letzten Seiten auf:
„Jsoldens LiebeStod".
Allmählich belcklick ein Gefühl der
Neugierde den Direktor. Sehen woll
würde. Er präludierte.
Gilfe trat an den Flügel, wie sie
war, in Hut und Mantel. Nur die
Sandschuhe hatte sie ausgezogen. Und
sie setzte ein. Es würde gehen, sie
fühlte es mit Freuden.
Und wie ging es!
Der Direktor spielte wie Im
Traum. Er laulchte mit allen Sln
hvb. wie sie erstarb im letzten Hauch!
Die Hände des Direktors laaen
noch auf den Tasten. Er blickte
Gilfe ins Gesicht. Sie lächelte em
berückend machte.
„Kann ick, das?"
Jetzt raffte er sich auf. .Freilich,
freilich, liebes Kind, das können
Sie! Aber—!'
.Aber?" fraate sie.
„Jg. mein Gott, platzte er heraus,
.Sie können doch nickt spielen! Sie
der Stelle."
.Herr Direktor" Gilfe legte bit
auch svielen! Versuchen Sie es!"
„Mein G?tt, ja ick wollte sckon,
aber mit Klausner?! Das geht dock
Partnerin ge
Trauer, aber das Sckwarz setzte ihre
blonde Sckönheit erst ins rechte Licht
Da ging ibm auck zum ersten Male
dos Verständnis abf, wie prachtvoll
sie als Jloli't wirken müßte, frei
lich ein Värbchen war sie nicht! Aber
Nack lanaem Sckweigen erhob er
sich, rückte sich den Kragen zureckt,
lockerte ibn. als lei er zu ena, und
sagte endlick: .In Gottes Namen!
verfucken wir'»! Aber wenn's nicht
geht?"
Fräulein Lindenau hatte sehr höh
nisch gelacht, als sie von diesem Ar
rangement hörte.
.Na, das wird 'ne schöne Isolde
werden! Du meinst, sckön sei sie wirk
ten.
in der Hand.
Auf der Probe hatte Klaußner heu
te nur markiert, er war müde von
der Reise gewesen, deutete das Spiel
kaum an, und so hatte sie auch nicht
auch noch hübsch zurückaehalten. Nun
sollte sich alles entscheiden.
Von der Bühne schallte die Jntrv-
Fest und freundlich nahm sie jetzt
auch Gilses Hand und sagte: .Es
ist Zeit!"
das SeemannSlied: „Wehe, wehe, du
Wind, weh, ach wehe, mein Kind!"
Nun fand sie sich zurecht, und bald
hotte sie alles um sich vergessen. Sie
spielte nicht nur die Isolde, nein, sie
war sie. Hchr und keusch, mit allem
Zauber ihrer stolzen, reinen Persön
lichkeit. Wie ein Aufatmen ging eS
durch das ganze Theater. DaS war
Musik! Wie sie sang, so spielte sie;
wie sie spielte, so sah es auS, Es
war ein Ganzes, Zusammengehören
des!
AIS der Vorhang fiel, wurde sie
freudig gerufen. Aber das war nur
der Ansang gewesen. Erst das große
Duett.zwischen ihr und Tristan, da«
seurig hingebende LiebeSwerben in
dem Zusammenspiel mit dem bedeu
tenden Sänger, erst das wurde ein
Genuß, wie ihn das hiesige Publi
lum noch nicht gelannt hatte. Und
so stieg ihre Leistung von Szene zu
Szene bis zum LiebeStod. ihrem
herrlichen, großen Weihegesang aus
den herrlichsten Mann:
.Lind und leise, wie er lächelt,
Wie daS Auge hold er össnet
Seht ihr's, Freunde, seht ihr's
nicht?"
Atemlose Stille nach dem Schluß.
höchste Lust!"
Aber dann brach ein Beifallssturm
IoS, Klatschen und Jubeln, Bravo
rufen und Fiißelrampeln.
Gilfe schwindelte eS. Klaußner
mußte ihre Hand ganz fest fassen,
damit sie nicht umsank.
Als endlich der Verhäng zum letz
ten Mal gefallen war, sagte er endlich
mit einem Händedruck:
gen wir wieder zusammen?"
Diese Frage des großen Kollegen
war die höchste Anerl-nnung. die er
stolzes Gefühl schwellt- Gilses Brust.
hiergewesen wäre! Jetzt wünschte sie
es! Vorher hatte sie es gefürchtet!
Ihre Anwesenhei! hätte sie unsicher
und ängstlich gemacht.
Der Direktor, der sehr zufrieden
schmunzelte, vereinbarte mit Klauß
da die Nachfrage nach einer Wieder
holung der „Tristan"-Ausführung
sehr groß war, setzte er einfach noch
Diesmal teilte Gilfe es d«n
Schnxstern mit.
Aber Klara konnte augenblicklich
unmöglich fort, und Gertrud sollte
nicht allein reisen. Nur Prosessor
Hansen kam, um seine Schülerin in
ihrer ersten großen Rolle zu lehen.
Gilses Austreten gestaltete sich
wi«d«r zu einem glänzenden Er
folge für si«. Prosessor Hansen tri
umphierte. „Hab' ich es nicht ge
wußt? So viel versiebe ich denn doch
von meinem Fach, daß ich weiß, aus
welchem Hol, die großen Heldinnen
geschnitzt werden!"
Aber in einer Beziehung war er
unzufrieden mit Gilfe.
Er tadelte ihr Verhältnis zu den
anderen Schauspielerinnen. Ginz
ernhast nahm er sie vor und redete
ihr in's Gewissen.
„Sehen Sie mal. «Fräulein Brach-
Sie müssen sich nicht auf einen
Piedestal stellen wollen. Sie leben
halb müssen Sie auch mit ,den Wölsen
heulen. Das Du-Nennen ist Ihnen
gräßlich? Und die Anrede mit dem
Vatersnamen? Lieber Himmel, wenn
es weiter nichts ist! Da denken Sie
doch zurück an die Biedermeierzeit,
eitern. Wie harmlos gemüt
lich ging es da zu! Damit müssen
Sie den Ton in der Kuliisenwelt
vergleichen. Sehen Sie mal. ich hab«
dg «in alt«? Tagebuch meines Groß
vaters gefunden. Da schreibt er zum
Beispiel: „Der Abend war schön, der
Mondschein lag auf den hellen Kies
wegen des Gartens, die Nachtigallen
flöteten im Fliedergesträuch. Wir
promenierten im Garten und „das
Frauenzimmer würd« zärtlich", ist
das nicht entzückend? Da nannten
sie sich auch du, und es galt das
alte Sprichwort: Ein Küßchen in Eh
ren darf niemand verwehren. Und
wenn ich nicht meine, daß Sie sich ein
Küßchen gefallen lassen sollen, so
meine ich doch, daß Sie inst dem
„Du" sich nichts von Ihrer Frauen
würde preisgeben. Und nun kommen
Sie heute abend mit zu dem gemein
schaftlichen Abendessen in der „Roten
Sonne" und feien Sie hübsch gemüt
lich, gelt, Frauenzininierchen?"
Er machte Miene, ihren Arm zärt
lich in den seinen zu ziehen. Aber
Gilfe trat scheu zurück.
„Na. denn nicht", lachte er gut
mütig. „Eine stachliche Rose sind
Sie allemal, meine schöne Isolde!
Aber mitkommen werden Sie?"
„Ja. Herr Professor, aber nur.
weil Sie heute abend hier sind.
Sonst passe ich wirklich nicht in den
Kreis."
„Sie müssen es lernen, müssen,
müssen, müssen! Sonst werden Sie
nie zufrieden sein und stets eine iso
lierte Stellung haben. Meinen Sie.
daß es hübsch ist, auf dem Mokier
stuhl zu sitzen? Hab' ich schon bei
den Pfänderspielen meiner Jugend
nicht gemocht! Und wenn Sie nicht
mit den andern riehen, werden die
Sie nicht ininimer hier. Im Gegen
teil, dessen Protektion ist noch «in
Stein des Anstoßes mehr. Na. Sie
wissen nun Bescheid, und ich Hesse,
Sie werden'S begreifen, daß ich Ih
nen gut rate. Nun zu etwas an
singen? Hat der Direktor schon et
was gesagt? Wi, will er es denn
nun mit der Lindenau machen? Die
von. Wir solle» oen „Lohengrin"
zusammen spielen. Tos Fräulein
Lindenau die Ortrud und ich di«
Elsa, dann tommen wir uns nicht ins
Gehege."
„Gut, gut, die könn«n Si«! Wiss«n
Tuet! geübt Und Herböld
! säuselt« d«i! Lohengrin, bis ich Ihn
gesungen!"
„Nein, die würde auch die Lindenau
nicht abgeben. DaS ist ihre Glanz
rolle."
„Wie ist's denn mit der „Wal
küre"?"
„Da würde ich die Sieglinde sin
gen."
„Na ja. für den Ansang! Sväter
dürfen Sie sich die Wallüre nicht ent
gehen lassen. Doch nun kommen
Sie, die Drosch»« wartet. Wir müs
se» zur „Roten Sonne", und hübsch
sein heute aben oren
Professor!"
miitlich und nett. Heute gefiel Vtilse
di« etwas freiere Art deS Verkehrs
sogar ganz nett. Sie hatten doch
In der Fola«eit aber häuften lich
wieder die Unannehmlichkeiten. Die
Lindenau legte ibr, wo sie konnte.
Steine in den Weg. Und die „Lo
benorin"-?lufsllbrung wurde sür
Gilfe trotz des großen persönlichen
Erfolges, den sie dabei erzi«lte. zu
einer Marter. Die Lindenau konnte
trok ihrer aroßen Stimme neben
Gilkes keuscher, reiner Elsa nicht
aufkam.
Das Publikum ist ja auch wankel
mütig. Die Lindenau war ikm et
was Altes. Bekanntes. Gilfe war der
neue Intern, und als nun gar au>s
die Wut der Lindenau keine Gren
zen. Sie konnte sich in hämischen
Neinerkunacn aar nicht genua tun.
Bald hatte hier ein Ton nicht ge
stimmt. bald war Gilfe schuld, wenn
in ihrem Duett etwas nicht aan,
klavpte, bald halte sie an ihrer Toi
lette und an ihrem Sviel zu tadeln.
Und da sie hier die ältere war. auch
viel unumwundener ihre Meinung
sagte, hatte sie die Kollegen auf ihrer
Seit«, und Gilse stand allein.
Ach, daß doch Klaußner hier wä
re? Daß seine sichere, überlegene
Persönlichkeit ihr wieder den Halt ge
geben hätte, ohne den sie nicht f«r
tig werden konnte!
Macht über sie gewonnen.
W«nn si« sang, dacht« si«: „Würd«
Klaußner damit zufrieden sein?"
Noch niemals hatte «in Mensch so
viel in ihrem Leben bedeutet.
Aber sie lieble ihn doch nicht?
Und sehnte sich nach ihm. Je
Rieke war krank, die alte, treue
Riete, die so treu sür ihr Fräulnn
gesorgt und dann ihr« Triumphe
hotte,
los.
gewöhnen können. Jetzt hörte man
von verschiedenen in der
Stadt, und Gilse hatte streng drauf
gehalten, daß keine ungekochte Milch
bei ihr genossen würde. Sollte es nun
doch Typhus bei Rieke sein?
Mise worein großer Sorge und
kam di« Mitteilung des Direktors,
> daß er Klaußner noch zu einem zwei
ten Gastspiel verpflichtet habe, und.
> ?war für .Lohengrin" und .Tann
! Häuser".
..Im „Lohengrin" waren ja die
Rcllen schon sc weit verleilt, daß rie
Lindenau die Ortrud, Gilfe die Elsa
sang Nun wurde für „Tannhäu
gung fS
Klaußner kam, kam wirklich, und
sie sollte wieder mit ihm singen! Oh,
es würde gehen! Besonders die Ella
würde ihr gelingen. Wie oft hatte
sie das Duett der HochzeilS»ackit ge
sungen. Und auch die große Szene
mit der Ortrud würde glücken
Und die Lindenau war hier selbst
zu sehr beteiligt, um ihr diesmal
Irgendwelche Sieine in den Weg zu
legen.
Und Klaußner kam.
Als er ihr im Halbdunkel der ikul
l-ssen bei der Prcbe zum ersten Mal
entgegentrat, bebte sie am ganzen
Körper. Er fühlte es, und ein strah
lendes Siegerlächeln glitt über sein«
Züge.
Auch ihm w>:r da« schöne Mädchen
nicht gleichgiltig. Der keusche Hauch
der Unberiihrtbeit, der sie umschwebt»,
bezauberte auch den Mann, der schon
so manche Elsa, so manche Isolde in
seinen Armen geHallen hatte Und
als er am Abend der Ausführung,
in seiner Lohengrin-Rüstung, blitzend
von Silber, mit dem Schwanenhelm
auf dem blonden Kopfe, vor ihr
stand, und schön wie ein junger Gott,
!"'ll'"l die Arme schloß, da lag sie
Kuß, den er auf ihre Clirn drückte,
war nicht der übliche, vorgeschriebene
Bühntnluß. er war heiß lind echt, er
war berauschend« Wirklichkeit.
Auch die Lindenau fpielt« ihr«
Rolle nicht nur. Auch sie «mpsand
heute echt und wirklich. Auch bei ihr
wuchs der Neid und der Haß und die
Mißgunst riesenarcß. wie bei Wag
ners Ortrud. Sie sah den Tri
umph. den die junge Kollegin f«i«rt«,
sie sah mit ihrem durch den Haß
geschärften Blicken da? Zusammen
fiel der beiden.
„Warle, das tränk' ich ihr ein!"
Und selbst der sonst so vorsichtige
Klaußner war heute blind gegen
alles andere. Er sah nur, daß die
Ortrud eine glänzende Vertreterin
hatte, und daß feine Elsa ein süßes,
wonniges, ininnialiche» Weib war.
Der Jubel des Publikums iiber
„Tristan"-Aussührung«n.
Man rief sie alle: die Lindenau,
Klaußner und Gisf«!
Aber am meisten doch stets die Ek»
so. Und duftende Bliitengewinde
wurden ihr auf die Bühne gereich«
Auch Klaußner erhielt Lorbeerkränze,
und selbst die Lindenau bekam ihren
Blumenstrauß.
Nachdem sich endlich der Jubel ge
legt. das Publikum sich verlaufen
hatte, konnten auch die Sänaer an
die Heimfahrt denken. Als Gilse an
gezogen aus der Garderobe trat, stand
Klaußner schon wartend an der Tür.
Ganz wie selbstverständlich reiitte
er ihr den Arm und führte sie die
winkligen Trevven hinunter Dann
rief «r einen Wagen, half ihr beim
EinNeigen und sprang selbst nach
Erschrocken wollte sie rulen, sich
eng in die Ecke drücken, aber er riß
sie in die Arme. Da lag sie willen
loslos. selig in seinen Armen, duldete
und erwiderte leine heißen Kü^e.
Aber als gleich darauf der Waaen
vor ihrer Haustür hielt und er Mie
ne machte, ihr auch in das Haus zu
folgen, da sagte sie änstlich: „Nein,
nein, ich habe eine Kranke hier! Meine
alte Dienerin ist krank!"
Er wollte sie umfassen. Aber der
Rausch war verflogen, sie dachle jetzt
wirklich nur an R>ele. die den ganzen
Abend über so einlam hatte liegen
müssen. hatte die Nach
„Nein, nein!"
Sie schob ihn fast heftig, von lich.
„Nun denn, auf morgen! Leb'
wohl, du Süße, du, meine Elsa!"
Die Tür fiel zu, Gilse drehte den
Schlüssel herum und eilte nach oben.
Gilse sznd Nieke in den wiüdeslen
Fieberphaniasien. DaS Gelickit d«r
Alten war dunlelrot. di« spärlichen
grauen Haare, die sonst, in zwei
dünnen, aber veinlich geordnete«
Zöpfchen am Hinterkopfe aufgesteckt
saßen, hingen wirr um die Stirn
Die gutmütige Nachbarin saß an
ihrem Bett. Sie scbüttelte betrübt
der. Kopf, als Gilf« «intrat.
„Das lieht bös' aus, Fräulein, das
ist wie bei meine Nichte, aIS die den
Tyvbus hatte. Wenn die man wieder
wird."
Erschrocken beugte sich Gilse über
Rieke. Die Alle erkannte sie nicht.
„Ja, aber woher sollte sie Typhus
haben? Si« ist mit ni«mand zu
vor der jetzt so gewarnt wird, bat sie
auch nicht getrunken. Sie holt- sie'sich
immer selber und sagte zu mir sel
ber! „Was das wohl schaden sclls
Hab' ich doch in Seeseld all mein
Lebtag getrunken. Ohn« dem kann
.ich nicht leben!"
(Fortsetzung folgt.)
Hür dir ><liiche
Kartoffel - Suppe au»
Brühl g r t o s s«l n. Man gießt
zuvor die Brüh< von den Kartoffeln
schloss. Die Brühe locht man zuerst
man etwas Wassel dazu, bestreicht oen
Braten mit saurer -Sahne und gibt
auch an die Sauce später etwas saure
nicht dick genug ist, mit etwas in sau»
rer Sahne verquirltem Mehl verlocht.
Nach Belieben wird sie vor dem Ver
lochen mit Mehl durch ein Sieb ge
rührt.
Nieren auf Toast. Man
locht die Nieren gar, entfernt alle
Sehnen und schneidet die Nieren in
Würfel, aber nicht zu fein. Man
schwitzt einen großen Eßlöffel Mehl,
schlicht gemessen, und gibt zur Hülste
Fleischbrühe und süßen Rahm oaer
Milch, oder auch Tomatensast hinzu/
bis die Sauce eben und flüssig ist.
Die Niere wird darin wieder recht
Gericht aiif geröstete Schnitten Weiß
brot, die mit Butter bestrichen unt»
gut heiß sind.
Hochseejisch-Suppe. AuS
lleinen billigen Seefischen, die acer
gan, krisch sein müssen, wird diese
wohlschmeckende Suppe bereitet. Tie
Fische reinigt man sorglich und löst sie
aus den Gräten. Die HM« von
ihnen setzt man mit einem Zwiebel,
allerhand Suppengrün, rerschiedenen
Suppenwurzeln, einem Lorbeerblatt,,
einigen Pfefferkörnern und zwei bis
zweieinhalb Quart Wasser nebst dem
nötigen Salz aufs Feuer und locht sie
weich, worauf man die Suppe durch
streicht. Man bereitet ein Helles But
termehl, verlocht damit die durchge
strichen« Suppe, so daß sie leicht ge
bunden ist, und gibt ihr als Zujah
zuletzt noch einen halben Teelöffel
Suppenwürze. Aus der
Hälfte des FifchfleifcheS wird auf k<>
kannte Weise eine gute Farce bereitet,
aus ihr Klößchen geformt und die
Hälfte davon in Fett gebraten, d!e an»
Suppe.
Tomaten - Nudeln. Die
Nudeln werden fast weich gelocht, ab
tropft. Sechs bis acht schöne Toma
ten werden gebrüht, geschält, zerfchnit
ten, von Marl und Kern befreit itn!»
hen.
Fl»ck«nklöß« mit Äbp.
Unzen Butter, 2 Un «n Zuker
Spinat mit Eierluche^
telstunde weich, drückt r s Wasser.aus
eineiy Siebe gut aus, wiegt ihn fein
und richtet ihn auf einer flachen
Schüssel an.