Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 06, 1913, Image 3

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    ZmwarmenMst.
Roman von E. von Winterfeld-
Wlirnow.
(2. Fortsetzung.)
„Gilke", flehte Klara, „höre mich
doch, ou tust mir i nrecht. Ich habe
keine Ahnung von dem Testament ge
habt. Ich war genau so erschrocken
darüber wi« du! Ich hätte dich ja
kommen lassen, aber Vater wollte dcch
nichts davon hören. Er wurde auf-
Klara trat der Schwester wieder
näher.
„Und du mußt mir glauben!" sagte
Gilse lachte abermals höhnisch. „Ich
N<st sitzen ha, ha, ha! Mich friert,
wenn ich an die Langew«il« und die
Oede dieses , warmen Nestes denke!"
Sie lachte schrill auf lachte wie
das harte Holz des Flügels, der Kopf
Ein Weinkrampf, wie ihn Eberhard
gefürchtet und vorausgesehen hatte!
Klara wollte sie sanft umfassen.
Aber Gilfe schlug nach ihr, und das
Schreien wr»de stärker.
Da wukle sich Klara keinen Rat
Mhl "Ilv?"zirr -Atwgrl' ilnd läu
tete heftig.
Dem eintretenden Mädchen rief sie
nur zu: „Holen Sie meinen Bru
der!"
Doch Eberhard hatte schon in
Sorge gewartet, daß die lange Unter
redung der Schwestern enden möchte
Er hatte das Klingeln gehört und
dann auch die lauten Schreie. Er war
körper der Schwester.
»In Gilfes Zimmer", sagte er nur
über die Schrillern z» Klara.
kurz: .F'ilf mir!"
aufs Bett und entkleidete sie mit
Klaras Hilfe.
„Olivas Wasser."
Klara brlte ein Glas. Der junge
Arzt krittelte «in Pulver, das er mit
gebracht hatte, hinein und sagte nur
wieder kurz und ernst zu Gilfe:
„Trink!"
Sie wrllte ihm das Glas aus der
Hand klagen,
„Bist Tu ein Kind. Gilfe? Trink,"
Er hielt ibr das Glas an die Lip
mit seiner freien Hand ein wenig und
flößte ibr die ersten Tropfen ein.
Plö«>lich faßte sie zu und trank
gierig das aanze Glas aus.
Befriedigt nickte er der Schwester
zu, sagte aber nur wieder fest und
«rnst: „Jetzt wirst Du schlafen!" Sie
zuckle empor. Cs war, als wolle
sie sich noch einmal gegen ihn auf
lehnen. Doch der Kopf sank zurück,
die Augen schloffen sich in halber Be
iäubung. So lag sie eine W«ile
Eberhard beobachtete sie scharf. Die
zuckenden Atemzüge wurden gleich
mäßiger, die Brust hob sich ruhiger,
dic venerrten Gesichtszuge glätteten
sich. Sie schlief,
Klara stand mit ängstlich gefalte
ten Händen daneben. Beruhigend strich
er über diese zitternden Finger. Er
lächelte.
„Schwcsterlein. bist du wieder
ganz die sorgende Mutter für uns
alle? Tu brauchst Dich nicht mehr
zu ängstigen. Der Anfall ist vor
über, wenigstens für heute. Setze
ietzt Trudel hierher als Wache und
später unsere alte Rieke. Dich darf
sie vorläufig nicht sehen, daS ist bef
vorüber zu fein."
„Vorüber? Ja, aber wie soll es
werden, Eberhard? Ach, Vater, Vater,
daß Du uns so allein gelassen hast!"
Bitterlich schluchzend, barg sie ihr
Antlitz in den Händen. Er zog sie
liebevoll an sich und ließ sie wei
nen. Dann hob er ihren Kopf, so
daß sie ihn ansehen mußte, und sagt«:
„So verzagt, liebe Schwester? Ist
das Vaters tapfere Aeltestc? Mut,
Klara, Vaters Segen wird Dir hel
fen."
Die Heftigkeit des Anfalles hatte
den Körper erschöpft, und das Mor
phiumpulver tat das Seine. So lag
Gilfe jetzt wirklich für Stunden in
tiefem Schlaf. Manchmal zuckte sie
noch zusammen, aber der Paroris
mus hatte ausgetobt, seine Kraft
war für den Äugenblick gebrochen.
Aber Klara fürchtete das Erwa
chen,
Und si« hatte recht gehabt. Als
.lufschlug, sah sie die alte Rieke, die
verständnislos an. Für die gute Al
te waren die Ereignisse der jüngsten
Zeit ein bischen zu viel gewesen.
Der Tod ihres geliebten Herrn, bei
dem sie 27 Jahre In Dienst gestanden
hatte, dic Beerdigung und die Un
ruhe, die die Versorgung der Logier
gäste mit sich gebracht hatte, das
alles hatte sie müde gemacht. Jetzt
fuhr sie aber mit einem Blick in die
Höhe und setzte sich ausrecht hin.
Sie nannte offiziell ihre Pflege
befohlene natürlich Sie und Fräd
lein Gilfe. Aber wenn sie allein
waren, und wenn sie. wie jetzt, keine
stolz«, schöne Dame, sondern eine
Kranke vor sich hatte, dann veraaß
sie, daß diese das Fräulein Gilke
war. Dann war Gilfe wieder das
Kind, das sie einst auf dem Arm ge
tragen hatte, dessen Pflege ihr be
sonders anvertraut gewesen war.
Sie strich liebkosend über die wei
ßen, nervösen Finger, di« auf der
Bettdecke hin und her griffen.
„Gilfechen, bist D» nun wieder zu
frieden mein Herz? Ist Dir nun wie
der gut?"
„Gut? Was war denn mit mir?
Mein Kopf ist so schwer! Rieke,
wo bin ich denn gewesen?"
„Na, wo sollst du d«nn gewesen
fein? In deinem Zimmer, Herzchen,
in deinem eigenen Bett!"
„Und vorher?"
Das junge Mädchen sucht« sichtlich
in ihrem Gedächtnis. Es wollte -ihr
nicht gelingen, Klarheit in ihr Denken
zu bringen. Sie schüttelte den Kops.
Dann sagte sie: „Rieke, ich möchte
trinken."
Die Alle reichte ihr ein bereitstehen
des Glas und sagte: „Willst Du nicht
W-md'-wssMnz M und schien IvirMr'
einzuschlafen. In Wirklichkeit schlief
sie nicht, sie grübelte und mühte sich.
Was war denn gefckxhen? Weshalb
Weshalb hielt die alte Rieke Wache
r,n ihrem Bett? Weshalb war ihr
heiß? Und die Hände zuckt«n immer
fort. War sie Iranl? Sie wollte
doch morgen Elizabeth im „Tann
len! e u ,e i,e i
der."
Entsetzt horchte Rieke auf.
Mein Gott, sie sang ihr Fräu
lein sang?
Gilse ab.
liegt das Kostüm. Ist es nicht schön?
Alles blau mit Silberstickerei. Und
das Diadem! Gib her die Krone
>o gibt doch!"
doch mal gerade ich muß doch
l'inaus auf die Bühne. Hörst Du?
Es sängt schon an!"
Der Gesang brach ab.
„Rieke," flehte die müde Stimme,
„Riele, ich kann doch nicht weiter.
So sag' es doch, wie es weiter geht.
Sie werden mich auspfeifen, ich falle
durch. Horch, sie zischen schon, und
nun Pfeife» sie auch noch. Klara,
Klara," schrie sie plötzlich g«llend auf,
~ich fürchte mich vor den Menschen,
ich wollte Dir doch zeigen, was ich
kann! So hilf Du mir doch weiter:
Dich, teure Halle . . . Klara!"
sie starrte mit völlig glanzlosen
„Du sagst. Vater will es nicht.
Aber wenn du ihn bittest! Klara,
wirst Du ihn bitten? Aber du meinst,
ich kann es nicht ich würde doch
ausgelacht?!"
L«is« ging di« Tür auf. und Ger
trud trat herein.
„Was ist denn. Rieke, schläft Gilfe
nicht? Ich hörte fortwährend spre
chen!" l
Die Alte stand auf und trat zu
„Trudelchen, ach Gott, ich glaube,
die Gilfe ist krank, Sie muß wohl
Fieber sie ist so heiß
Es klingt gräßlich. Geh' doch und
wecke den Eberhard,"
Gertrud blieb lauschend stehen.
Da hörte sie Gilse wieder sprechen:
„Rieke, wo bleibst du denn? Mit
wem redest du da? Ist der Reaisseur
lchon da? Horch, wie sie im Publi
aus ihm h«rum und das grelle
Licht von der Bühne blendet so!
Gib acht, ich werde fallen, wenn ich
hinaustrete. Ach, nun falle ich doch,
halte mich!"
Rieke trat rasch an das Bett und
schlang schützend ihre alten Arme
um den jungen, bebenden Körper.
Gertrud warf noch einen scheuen
Blick hinüber und lief dann wie
gejagt aus dem Zimmer davon, um
den Bruder zu wecken.
» » »
Schwere Wochen folgten. Die ver
heirateten Geschwister konnten nicht
länger bleiben, auch Eberhard mußte
wieder fort. Sein Schiff sollte in
acht Tagen in See gehen. Sein Ur
laub war zu Ende. Er mußte des
halb den jungen Seefelder Arzt, der
seit kurzem in die Praxis des alten
Doktor Ewald eingetreten war, di«
Behandlung seiner Schwester über
lassen. Gilse litt an einer schweren
Gehirnhautentzündung, die durch die
Aufregungen der letzten Tagen her
vorgerufen worden war. Sie lag
tagelang ohne Besinnung, und Klara
wußte kaum, wie sie alle Anforde
rungen, di« an sie herantraten: die
Pflege, die Ordnung des Nachlasses
und die Uebernahme der Ziegelei
bewältigen sollte.
Aber es ging besser, als sie gefürch
tet, hatte. Sie fand gar keine Zeit
zum Denken und Grübeln, so drängte
die Arbeit. Und sie tat immer das,
was der Augenblick von ihr forderte.
Das half ihr, den schweren Verlust
des Vat«rs leichter zu ertragen. Das
Gefühl der Einsamkeit, das sie so
sehr gefürchtet hatte, konnte sich bei
der Fülle der Pflichten, di« auf ihr
lagen, gar nicht einstellen.
Sie hatte Besprechungen mit
Justizrat Salburg. Sie ließ sich
vom allen Ziegler Thieme in der Zie
gelei herumführen. Und ihr war. als
ob sie heule zum ersten Male sähe.
Die Plätze, an denen sie schon als
Kind mit den Geschwistern ihre
Spiele getrieben hatte,erschienen ihr
neu und fremd, weil sie sie nun mit
den Augen der verantwortlichen
Herrin ansah.
hatte landwirtschaftliche Be
ratungen mit Statthalter Willens,
der wohl allein hätte fertig werden
en Bescheid zu geben.
Dazwischen «ilte sie an Gilses
Krankenbett, hatte Konsultationen
mit Doktor Jenssen und Doktor
Ewald, der seinen jungen Kollegin
auf dessen Wunsch begleitet hatte.
Die Pflege selbst besorgte in der
ersten Zeit Ricke mit Gertruds Hil
hin hatt« sie gesagt. Gilfes Krank
heit könne ebensogut Typhus sein,
und sie müsse sich vor Ansteckung
ihres Kindes wegen hüten. Die schöne,
rerwöhnt« Frau haßte und fürchtete
nichts mehr wie Krankheiten und
Kranlenpslege. Ihr Mann hatte
es zwar für seine Pflicht gehalten, sich
:äglich nach Gilfes Befinden zu er
t> »digen. Aber bei diesen Pflicht
besucken war es geblieben. Irgend
eine Hilfe waren Bruder und Schwä
gerin für die Schwester nicht gewesen.
Allerdings hatte Wilhelm ja auch
Ordnung des väterlichen Nachlasses
nahm seine Kräfte in Anspruch. Er
mußte die Gelder flüssig machen zur
Auszahlung an die verheirateten
Schwestern. Auch hatte er es über-
G«ld für seinen Bru-
Für Hennings Erbe sorgte Justiz
rat Salburg.
Einmal hatte Wilhelni bei seinem
Besuch Klara gefragt, ob sie wiss«.
was wohl die Ursache zu Gilfes plötz
licher Erkrankung gewesen sei.
Klara blickte verwirrt vor sich
nieder. Sie hatt« immer ei» drücken
des Gefühl der Schwester gegenüber.
Ihr war. als sei sie schuld an deren
Krankheit, Hatt« doch Gilse es ihr
an jenem Tage hart und grausam
in s Gesicht geschrien: ,T" bist schuld,
daß ich nicht kommen sollte, du bist
schuld, daß das Testament so lau
tete, und daß ich jetzt hier g-fesselt
Nein, sie sollte hier nicht gefesselt
, sein. Das hatte sich Klara in den
angstvollen Stunden an Gilses Kran
, kenbett gelobt. Gilfe sollte Freiheit
I haben, zu tun, was sie wollte. Sie scll?
j in Berlin leben, Musik studieren und
> zur Bühne gel?» können. Klara woll
t te die Mittel flüssig machen. Und
. es würde schon möglich zu machen
> sein.
Da? halte sie auch Wilhelm ge
. sagt.
' Aber der war anderer Meinung,
t „Weshalb willst du gleich zu an
' sang deiner Gefchältsübernahme. ge
' wissermaßen in dein« Lehrlinqsjahre
> hinein, dir dies« besondere Schwierig
> keit bereiten? Vater hat es nun mal
' so gewünscht. Ob es mir lieb war.
! daß er es so bestimmt hat, das ist
> eine andere Sach«, Das hat nichts
> damit zu tun, wenn ich jetzt sage: Wir
alle haben uns Vaters Bestimmun
> gen zu fügen gehabt, Folglich hat
: auch Gilfe sich zu fügen. Dieser
Wunsch, zur Bühne zu gehen, ist
l überhaupt kindisch von ihr. Laß sie
' doch hier so viel singen, wie sie will,
i Zur Bühne braucht sie nicht! Abge
sehen davon, dah ich meine Schwester
gar nicht gern auf der Biikm« sehe,
nimmt sie nur armen Mädchen die
Stellung und das Brot fort. Außer
dem bezweifle ich noch, daß sie wirk
lich die Begabung hat."
„Aber wenn es sie so unglücklich
macht, hier zu leben?!"
„Pah, unglücklich?! Ueberspannt ist
sie! Und du. meine lieb« Klara, bist
noch viel zu weich und viel zu gefühl
toll, um dem großen Betrieb und dem
großen Vermögen vorstehen zu kön- >
nen, das mit Vaters Testament in
deine Hände gelegt worden ist. Na,
ich begreife ja d«n Vater überhaupt
nicht! Er war doch bei Lebzeiten l
auch nicht gerade solch' ein schwär
merischer Anhänger d«r Frauen
bewegung."
i „Frauenemanzipation? Was hat
die mit meiner Arbeit zu tun? Für
tüchtige Frauenarbeit ist Vater alle
zeit gewesen. Und ich hosfe, dir zu be
weisen, daß ich es lernen werde, mein
Amt auszufüllen, wenn ich es auch
jetzt noch nicht verstehe. Ich hoffe, dir
zu zeigen, daß Frauenarbeit eurer
Männerarbeit nicht nachsteht, trotz
dem mein Herz vielleicht noch zu weib
lich und zu weich denkt. Härte ist
aber auch nicht nötig dabei nur
! Zielbewußtsein und Selbstbehersckung
Ob ich sie haben werde? Ich hoffe es.
Gerade aber deshalb will ick Gilse
keinen Zwang antun. Ist sie fest ge
> nug, um nach dieser Krankheit ibrem
! Wunsch treu zu bleiben, und vor al-
!«m hat ihre Stimme nicht gelitten,
so werde ich sie nicht zurückbalten,
nach Berlin zu gehen. Im Gegen
teil, ich werde versuchen, ihr die
Wege zu ebnen. Glückt es ihr nicht,
so bleibt ihr immer noch das Heim,
in das sie zuriickkthrrn kann/ "
„Und du willst dich hier allein
Ein wehmütiges Lächeln glitt über
Klaras stille Züge.
„Vielleicht wird Gilse im Gegen
teil sagen: Und Klara wird allein
herrschen! Aber ich will das Beste!
sich als Mittelpunkt fühlt! Man
nicht stolz. Im Gegenteil: sie halt?
so oft Anwandlungen tiefsten Ver
-agens, wenn sie bedachte, was jetzt
ne Ahnung gehott hatte. Denn sie
Mußte sie ihre Gelder von dem Bru
lei bringen würde. -
Der zweite Mensch, der Klara jetzt ,
genau kennen lernte und durchschaute, '
das war Gertrud.
Das lindliche Mädchen, das in !
manchen Dingen noch ein richtiger
ihr ja stets die Mutter ersetzt hatte. !
Und sie empfand mit dem seinen Ge- <
iühl der Liebe, wie schwer es ihrer I
bescheidenen Schwester wurde, sich in !
l stand ihres Bruders und seiner fchö- >
»en. stolzen Frau. >
verzieh sie Klara nie. Sie sagte, wie
Gilse gesagt hatte: „Tas glaube ick
nie, daß Klara nicht um das Testa
ment gewußt hat. Das hat sie ge
wollt, und das ist ihretwegen so ge
sie den Alten zu nehmen wußte."
Daß ihr Mann außer der Glas
hütte, die allerdings erst eine neuere
Schöpfung ihres Schwiegervaters
war, auch die Sägemühle geerbt hat
te, das vergaß sie ganz. Und das
Sägewerk war doch das erste und
bedeutendste der Brachmannschen
Werke, Es war das uralte Geschäft,
dem Jahre 1640 befand es sich nach
weislick in den Händen eines Zim
mermeisters und Bürgermeisters Kon-
in der kleinen Stadt
fache Zimmerei, die aber beständig
vergrößert wurde.
Jetzt hatte es Dampfmaschinen
für Holzbearbeitung, doppelt« Boll
gatter, die die stärksten Baumstämme
in wenigen Minuten zersägten, und
Hobelmaschinen und Fräsemasckinen
zum Glätten der Bretter. Alle diese
Maschinen bearbeiteten das Holz,
das, zu Flößen vereint, den Kanal
herunterkam, und das, in großen
Kähnen sauber geschichtet, auf dem
Wasserwege wieder seiner Bestimmung
zufuhr.
Neben der Sägemühle war der
große Holzhof, auf dem Massen ge
schnittenen Holzes lagerten, das me
terweise bezahlt wurde. Dieses Säge
i werk hätte den jungen Brachmnnns
allein ein mehr als reichliches Aus-
kommen gewährt. Es schuf ihnen
eine sichere Einnahm« und trug so
gut wie gar kein eigenes Risiko. Das
war alles sehr klar geordnet.
Dazu bot die Clarahllte ihnen ein
hiibsckes Heim, geräumig genug für
sie beide und das einzige Töchtcrlein
Elfe. Und doch dachte Frau Eva
nur daran, daß sie das große, elter
liche Haus nicht geerbt hatten, nicht
di« Eauipage und den alten, vorneh
men Park. Das konnte sie dem
Schwiegervater nicht verzeihen. Um
01l ihre stolzen Träume hatte er sie
betrogen.
So war die eine erzürnt, daß ihr
die Ziegelei samt Haus und Hof ent
gangen war, und die andere Gilfe
war außer sich, daß sie «in verhaß
tes Erbe antreten sollte.
Die arme Klara aber stand zwi
schen beiden und mußte die Verant
wortung für alle tragen.
Das fühlte sogar Gertruds kind
liches Gemüt. Und sie gab sich Mü
he, der Schwester zu Helsen, wo sie
konnte, ihr die schwere Zeit zu er
leichtern dunch Fröhiichleit und Lie
be, ihr zu zeigen: eine versteht dich
und dankt dir für alle», was du für
uns tust.
Und Klara merkte es wohl, was
Gertrud empfand, und es erfüllte
sie mit Freude, daß sie wenigstens
dies Herz ganz b«faß. Sie wollte es
hüten als ihren kostbarsten Schatz.
Aber sie lag etwas tiefer ins Land
Scksisal für ein so stolzes, edles
Bahn dahiiiiagen. Hier aber trugen
sie die Köpfe gebeugt, schwer traten
die, sufe in den harten Boden, und
als ob man sie auch so in die Sielen
gespannt hätte. Würde sie nun so
an ihrer Last ziehen müssen, Tag für
Tag, jahrein, jahraus?
Nein, es mußt« auch wieder anders
kommen.
Wenn sie- sich nur erst eingelebt
hatte, dann würde auch so manches
wieder von selbst gehen, wie es zu
Vaters Zeiten auch gegangen war.
Sie konnte sich gar nicht erinnern,
daß Vater auch täglich angeschrieben
hatte, wieviel Ziegel gebrannt, wie
viel verladen worden, daß Willens
von jeder Fuhre Heu und von jedem
Liter Milch berichtet hatt«. War da»
Eben le'n>- 'n ter
"er grrften 'inda, die auf de»
ncni aütt ein Lächeln über ih
re ernsten ?i!ie. Auf dem Schiffe
lief ein kleiner <?n,ibe im Hemdchen
lang. Er hatte keine Ahnnnq von
der Gel,ihr, di« ihm auf dem schma
len Steia konnte.
In dems?!s-n "luaenblick kam der
Hund des ein kleiner Svitz,
und zerrte den Kl-inen am Hemdchea
von dem aef'hrl'-''en Spazierweg«
herunter. ?er Kleine machte ein
ärgerliches Gel-chtchen wollte
und man las von seinem klugen
Svikgesicht den GeHanken ab:
„Schimpf du nur ich habe meine
Pflicht getan!"
Da kam aus der Kajüte die Frau
des Schiffers aelaufen und nahm den
Kleinen, der ibr beim Ankleiden ent
wischt war. beim Sckwps. Dem Spitz
klopfte sie dankbar den Kopf.l
Klara hatte schon oft mit stillem
Veranüaen diese häuslichen Szenen
teobzchtet, die sich auf den Booten
abspielten. Beim Durchschleusen,
wenn der Mann mit dem Abstoßen
beschäftigt war, stand meistens di«
Frau am Steuerruder, hoch aufge
richtet, frei in Wind und Wetter.
Man sah prachtvolle Gestalten danin
t«r. Die Leute lebten ja ganz >uif
neten Wäsche, sie kochten und zogen
sogar Blumen in künstlichen Blu
menkästen. Es war eb«n ihr alles,
dieses schwimmende Heim.
Und hatte ihr der Anblick der ge
plagten Treidelpferd« das Herz
schwer gemacht, so heiterte dies tlel^-
auch die andern schelten!
Zu einem Besuch in der Klarahütte
war kzine der Schwestern s«it des
jetzt fand Klara noch keine Zeit da
zu, Seit Gilfe in der Besserung war,
konnte sie ihre Tcge ganz d«m gro-
Vater hinterlassen hatte, und das so
viel Umsicht und Kenntmsse erforderte.
Und es war gut, daß wenigstens die
h bt /si
Sie kam aus dem anstoßenden
Eßsaal, sorglich geführt von ihrer
alten Rieke, zum ersten Mal« an die
frische Lust. Zum ersten Male war
sie weiter gegangen als auS ihrem
Die Krankheit hatt« si« schmal«»
blickten wieder klar, wenn auch sehr
Das alte vertraute Verhältnis
zwischen den Schwestern war immer
noch nicht wieder hergestellt. Gilse
bewahrte eine gewisse Reserve Klara
damalige Anfall Gilfes bereitet hatte.
Miene, sich zu entfernen. Aber GNfe
hielt sie zurück,
„Bleib ncch ein paar Augenblicke,
w«nn du Zeit hast, Klara".
sie sigte noch'nichts,
„Tu weicksi mir aus, Klara", hob
Gilfe wieder an. „Ich fühle «s
wohl. Und du bleibst auch jetzt nn
aern hier. Ich kann es dir kaum
verdenken. Ich weiß, daß heftig
„Nein, Gilfe, du warst krank. Ich
leicht auch nicht willst. Innerlich
trägst d". mir es nach, Soll ich dich
nun aber um Verzeihung bitten?
Das kann ich auch nicht. Ich will
dir ja alles glauben, was du mi»
die Talsache nickt für mich. Ich bin
und bleibe gefesselt." -
„Nein, Gilfe, ich sprach schon mit
Wilhelm darüber. Das sollst -du
nicht sein. Ich will dich nicht hakten.
Geh nach Berlin, studiere und werde
„Ja, aber Vaters Will«? Ich kann
coch nicht gegen seinen Willen han
deln. Er hat aewünscht, daß wir hier
(Fortsetzung folgt.)
Splitter. Wenn sich zwei
Todfeind« in einer ÄefeSschaft begeg
nen, s» ignorieren fle sich, aber zw«,
Todfondinnen küssen sich auf das
Zärtlichste.
ffür die >K!ic,e.
Hammelriicken mit Rot
wein und Kräutern. Ein
Haut und Fett befreit und mit Salz,
Pfeffer und einigen feingefwß nen
Wacholderbeere» eingerielen, Dann
legt man ihn sür 36 bis 4<? Stunden
in eine Beiz« von sehr mildem Essig
und leichtem Rotwein nebst 2—3
Stielchen Majoran, Salb«! und Basi
likum. Das Fleisch wird jeden Tag
zweimal gewendet. Vor dem Braten
wird der Rücke» gut abgetrolnet, in
steigende Butter gelegt und im Of«n
bei mäßiger Hitze langsam unter flei
ßigem Begießen gar gebra'ei. Hin
und wieder füllt man einen Löf» visn
der. d.urch ein Sieb gegossenen Beile
dazu, aber nicht zu viel, damit die
Sauce eben nur sein pikant i°n
schmack wird. Man kann sie nach Be
darf mit etwas in Wasser venuiesl
tem Kartoffelmehl seimig kochen und
muß sie gut abschmecken.
Griesst r u d e l. Ein Strudel
teig, der ohne Fett vorbereitet wird,
wird wie folgt bestrichen: 3 Eier,
.Quart Rahm, 1-3' Quart Gries, nuß
groß Butter, «inen Eßlöffel Milch,
dann zusammengerollt und mit dem
mehligen Kochlöffels«!«! in fingerlange
Polsterchen geteilt, mit dem Messer
abgeschnitten, in Salzwasser 3—W
Minuten gekocht! mit in Bulter gero
steten Bröseln ganz servieren,
Rhabarbarkuchen, Von' 7
Unzen Mehl, 5 Unzen Butter. 2 Un-
Schale einer halben Zitrone und emer
Messerspitze voll Zimmt arbeite man
einen feinen Teig und siel'e hn kalt
in der Röhre nochmals gelb werden
Guß: Von 4 Eiweiß schlägt mm
ftsten Schnee und gibt 2 Unzen Zucke
und etwas gestoßene Vanille dazu..
Schinkenbeefsteaks. Di
Reste eines rohen Schinkens, oder yi
sich zum Aufschnitt nicht gut eignen
den Stück« werden, nachdem man di -
Schwarte und härtlichen Ränder ajb
geschnitten hat, einen Tag in Mili!
geweicht, dann gut abgewaschen, sei
gehackt und mit Pfeffer gewürzt
Nach etwa zugebendem Salz mu«
sorgfältig abgeschmeckt werden. Dan»
vermischt man eine halbe geweichtf
und wieder ausgedrückte Semmel, «i»
Ei und geriebine Semmel mit d«n
Schinkengebäck, formt flache Beefsteait
davon, wendet sie in Ei und geneb?-
ner Semmel, giebt sie in dic Stiel
pfanne in gelb gemachte Butter und
läßt sic auf gelindem Feuer auf bei
den Seiten hellbraun backen.
fest, wenn man der Lake etwas dop
pelkohlensaures Natron beigefügt.
Speisezettel für Fett
süchtige. Frühstück: Tasse
schwarzen Tees ohne Zucker oder
Milch und 2 Unzen Zucker Milch
und 2 Unzen gebutterten Zwiebacks.
Mittags: Fleischbrühe, 4—6 j Unzen
gekochtes oder gebratenes fetletz Beef
steak mit nicht zu dicker Salt», fri
sche Gemüse in mäßiger und
als Nachtisch Salat und srisck es oder
getrocknetes Obst, Außerdem ist ein
wenig leichter Wein und eine Tasse
schwarzen Tees ohne Zucke« oder
Milch erlaubt. Abends: Tasse
''chwarzen Tees ohne Zucket oder
Milch, ein weichqetrchtes Ei, ein
wenig Fleisch. Schinken oder kaltes,
fettes Fleisch, 1 Unze gebutterten
Brotes oder Zwieback und frisches
Obst,
Tomaten fleisch, I'/> Pf»,
mageres Schweinefleisch schneidet
man in fingerbreite, halbfingerlange
Streifen, die man in Mehl wendet
ünd in einer feuerfesten Kasserolle
in der man das Fleisch su Tisch
bringen kenn, nebst einer großen ge
hackten Zwiebel in 4 Unzen Butter
oder Fett von allen Seiten anbrät.
Dann gibt man Quart schönen
Tomatenbrei, sowie 6 Unzen vorher
abgebrühten Reis zu dem Fleisch
und so viel lochendes Wasser biinu,
daß das Gericht genügend
hat, um weich dünsten zu können.
Man schmeckt das Tomatenskisch vor
dem Anrichten sorgfältig mit Pfef
fer und Salz ab.
Spanisch Frier o. Rind
fleisch aus der Kluft, da» gut abge
legen sein muß, klopft man, schnei
det es in große Würfel und bestreut
es mit Pfesse« und Salz. Auf 2
Pfund Rindfleisch rechnet man 4
Vfund geschält« Kartoffeln, di« man
nebst drei Zwiebeln in Scheiben
schneidet. Eine Puddingform wird
Hck mit Butler ausgestrichen iinv
schichtweise mit Fleisch, Kartoffeln
und Zwiebeln gefüllt. Obcnauf-legt
man kleine Butterstücke, gießt eine
Tasse brauye . Sauce (Lratensarcen
7estk stivigut zu darüber
und kocht die Hprm offen, nur init
einem Autteiipapier bedeckt, 1 >/z
Stunden inr Wassersiebe, Wair