Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, February 13, 1913, Image 2

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    Der anfersiandcnr Telinqorut.
Die Hinrichtung ist bekanntlich ein:
Operation, bei der man nur in den
seltensten Fällen mit dem Leben da
vonkommt. Die Amputation eine?
so wichtigen Organes wie der Kops,
die so ganz und gar nicht antisepti
sche Behandlung, die bei dieser Ope
ration in Anwendung kommt, alle
diese Faktoren bewirken, daß sie so
gut wie niemand übersteht. In de?
Tat ist denn auch der Prozentsah der
Fälle, in denen ein also Behandelter
von den Empfindungen, die ihn wäh
rend dieser Operation beherrschen,
nachher noch erzählen konnte, gleich
Null.
Ich weiß aber doch von einem
Manne, einem wegen Raubmordes
Hingerichteten Verbrecher, der nicht
nur wenige Tage, nachdem sein Kops
fidel spazieren ging, sondern sogar
den Staatsanwalt, der ihn zum Tode
verknart hatte, anpumpte und sich
vielleicht noch heute vom Licht der
lieben Sonne bescheinen läßt.
Dieser Mann hieß Thomas Kniep
vogel. Auch der größte Optimist
kann von ihm nicht behaupten, daß
körperliche Schönheit seine hervor
stechendste Eigenschaft gewesen sei. In
seiner Jugend war er bei einer Schlä
gerei übel zugerichtet worden und
einem wuchtigen Hieb ausgeschlagen.
Mir ist unbekannt, ob sich Kniepvo
gel das sehr zu Herfen genommen
hat, bot ihm doch der Verlust diese?
Auges immerhin den Borteil, daß er
von all dem Schlechten, das sich aus
dieser Welt ereignete, immer nur die
dem Rentier Karl August Weikert,
gleiche Schuld trug, wie der Mörder.
Wie sich bei der Obduktion heraus
stellte, hatte der Ermordete einen or
ten Hleck gehabt hat.
eben nicht so aus Etikette. Rücksicht?
Dietrichs Eintritt in dessen °Woh
sen.
Gericht mit ganz besonderer Sorgfalt
zu. und da er wußte, was sich ge
hörte, ließ er eine große Schüssel
Sauerkraut nicht fehlen. Der Delin
quent speiste mit gutem Appetit, der
durch die immerhin unangenehme
Nähe der kommenden Ereignisse nicht
im geringsten beeinträchtigt wurde.
Nur das Sauerkraut rührte er nicht
an. Als der Aufseher abräumte,
schenkte er es diesem, wie er witzig
bemerkte, zur bleibenden Erinnerung.
Er erklärte, nach dem Essen von
Sauerkraut habe er stets noch nach
Wochen äußerst schmerzhafte Ver
dauungsstörungen, daher wolle er sich
den Genuß lieber verkneifen. Nach
dem Essen steckte er sich eine Zigarre
an und später legte er sich schlafen.
Am anderen Morgen, ein paar erste
Sonnenstrahlen lugten kraftlos durch
schwere graue Wolken, führte man den
Delinquenten auf den Gefängnishof.
Er gähnte und fluchte innerlich, daß
im wahrsten Sinne des Wortes einem
so wichtigen Abschnitt seines Lebens
entgegenging, nicht einmal habe aus
schlafen lassen. Müde ließ er das
ihm übriggebliebene Auge umher
schweifen. Da war ein niedriger
Holzblock aufgestellt, an den ein in
schwarzes Tuch eingeschlagener Ge
genstand lehnte. In einiger Entfer
nung davon stand der Staatsanwalt
in schwarzer Amtsrobe und unterhielt
sich mit einem Herrn in Gehrock und
Zylinder. Eine Kompagnie Solda
ten stand da mit geschultertem Ge
wehr, und dahinter sah man ein paar
Zuschauer, die das blutige Schauspiel
angelockt hatte. Bei seinem Erschei
nen reckten sie neugierig die Hälse.
Der Staatsanwalt trat auf ihn zu
und fragte ihn. ob er wüßte, was
das alles zu bedeuten hätte. Er
schien das Ueberslüssige dieser Frage
selbst einzusehen, denn ohne eine Ant
wort abzuwarten, entnahm er einer
Aktenmappe ein Schriftstück und las
daraus Dinge vor, die allen Anwe
senden längst bekannt waren, nämlich
daß Thomas Kniepvogel rechtsgültig
zum Tode verurteilt, ein Gnadenge
such abgelehnt worden war, und daß
das Urteil jetzt vollstreckt werden
sollte.
Während der Verlesung blinzelte
der Delinquent mit verschlafenem
Auge auf den schwarz verhüllten Ge
genstand neben dem Block. Der
Staatsanwalt forderte ihn auf, einen
letzten Wunsch auszusprechen. Kniep
vogel erwiderte, er möchte gern der
Hochzeit seiner kleinen Nichte, die er
vor »venigen Wochen aus der Taufe
gehoben hatte, beiwohnen. Obwohl
dieser Wunsch von großer verwandt
schaftlicher Liebe zeugte, mußte er aus
begreiflichen Gründen abgeschlagen
schwarz behandschuhte Hand, und so
fort stürzten sich zwei herkulisch ge
baute Männer auf den Delinquenten
vorbeigelungen, das heißt für den De-
Bis zu diesem Punkt hat die Ge-
eiligst das Weite.
versprach, bei Geleaenheit Gleiches mit
Gleichem zu vergelten. Mit Hilf» ge
liehener Kleidungsstücke kleidete er sich
„Pardon, Herr Staatsanwalt, über
legen Sie sich doch einmal die Sache."
ist wahr, ich habe einen Men-
Tat gesühnt, ich bin hingerichtet wor
den. Daß ich wieder auferstanden
bin, geht das Gericht nichts an. Die
Auferstehung ist kein Verbrechen."
Der Staatsanwalt war im Straf
gesetzbuch zu Hause. Im Geiste durch
flog er es, aber er konnte sich an kei
nen Paragraphen erinnern, der das
Wiederaufleben eines Toten mit
Strafe bedrohte. Auch ein Präze
denzfall, der ihm in diesem schwieri
gen Fall eine Handhabe bieten konnte,
war nicht vorhanden.
Kniepvogel las seinem Gegenüber
die Verlegenheit vom Gesicht ab.
„Wenn Sie logisch denken", sagte er,
Der Staatsanwalt dachte aber ju
ristisch und bei seiner Mei
nung, daß der Verbrecher noch einmal,
und diesmal gründlich, hingerichtet
werden müsse.
„Gut", meinte Kniepvogel, „tun
Sie das immerhin, bcingen Sie die
Sache vor die Öffentlichkeit. Aber
meinen Sie, daß auch nur drei Leute
meine Erzählung, ich fei vom Tode
wieder auferstanden, glauben werden?
Ein Falscher, ein Unschuldiger ist der
größten Fahrlässiakeit zum Opfer ge
fallen. Ein Justizirrtum der fürch
terlichsten Art ist geschehen, wird es
allgemein heißen. Die Presse der ge
samten Welt wird in einen ungebeu
babe die ein anderer V?-„fch
mittel dazu, lieben Sie mir
°w!lliardä? bätte, diese mir
Seitdem sind M Jahre Verslossen.
Außer einer Ansichtskarte, die seine
glückliche Ankimkt in New Bork mel.
dele, hat der Staatsanwalt leider nie
der elektrische zu >?ina-Sing
das zu sagen. beschichte ist
große Nolle spielt "»d dessen
nicht Glaube«, z» dir'kt
anwalt selbst.
Er feierte damals den Tag, an
floß, wie man so zu sagen pflegt in
Strömen. Der Staatsanwalt selbst
hatte bereits sechs Flaschen, vermischt
Sie geht zur Luhne.
„Also, Mama, weiß ich's gan.'
sicher ich gehe zur Bühne —"
„Aber, Kind —"
einem Jahr kznns dann losgehen"
„Aber Tilly was wird bloß
„Mir furchtbar gleichgültig. Hit
„Aber Tilly. Und Dein seliger
Vvter —"
gehen —-
„Zu Wesselhöfer? Zu solch
einer Berühmtheit gleich? ... Aber
Kind, Kind ..
„Ja, wenn fchon, denn schon, Ma
dns alles werden kann —" stürmisch
umhalste und küßt« sie die kleine
Frau, bis ihr selber der Atem ver
ging.
Am folgenden Nachmittag trafen
sich Tilly Herward und Frida Elgers
fast eine Viertelstunde vor der verad
redeten Zeit. Bnde in ihren elegan
testen Strcchenlojlumen und mit
Brrr .
„Du bist eben unnormal,
Tilly," ereifert« sich Frida gekränkt.
„Du warst immer so. Wir alle fin-
Tilly wie um ihre Verachtung zu be
weisen, die Achsel zuckte. Uebrigens,
hör mal sieh mal" sie eme
„Mit Deinen ewigen persönlichen
Interessen," scha't Tilly böse.
Da öffnete sich Ue Tür. Wie elek
dem er sich knapp verbeugte.
„Ich >ch —" rafsie sich Tilly
„Hm." Das des Kunsl.ers
habt?"" r ch
„So Hm. Und Sopran?"
„Jawohl. Ich .ächte gern zur
Bühne, furchtbar kern ..Nun
„Also zur <Zühne Hm. Ja...
Tilly war überglücklich. Pflicht
ihmeines Tages sehr fch'ichteri eincn
Brief der Mutt.r überreich!», !n dem
diese nach d«m Hcnorar fragte, sagte
„Bitte, empfehlen Sie mich besttns
Ihrer werten Frau Mutter und sagen
Sie bitte, ich täte das -u meinen
Vergnügen Sie interessieren mich
nämlich," und als Tll.y ganz^bescharnt
und gar terwirrt machte
Seit diesem Tage war er nicht mehr
so streng und sachlich. Er moch'e
Wehl so stark b-schästigt sein; oenn
ost ertappte sie ihn dabei, wie er s.e
ganz gedankenlos immer wieder die
selbe Uebung singen ließ, und sie da
bei offenbar gänzlich geistesabwesend
anstarrte Und sie wollte dcch so gern
recht bald mit ihren dramatische >
Studien beginnen Ja, und die
Frida war auch zu komisch? immer
holte sie sie Vvn Weffelhöser ab. DKS
aber schien ihm nicht zu gefallen;
denn eines Tages war er plötzlich in
Hut und Mantel ins Zimmer geko.n
men, wo sie noch ihre Noten zusam
menkramte, und hatte gesagt:
„Ich komme ein Stündchen mit,
w.nn Sie gestatten —" Aber ehe sie
eine Antwort geben konnte, war er zu
„Ah, so .. Entschuldigen Sie, ich
wußte nicht, daß Ihre Freundin L. >
ständig abholi."
Trotz seines kühlen Tones hörte sie
den verhaltenen heraus und
einmal üb:r Kunst plaudern. Hm.!
Allerdings s-hien:s, als ob er
seii einiger ?eit gar nicht mehr so
liebte. Er war überhaupt etwas selt-
sum geworbn, und ertappte sich
plötzlich fchne Grund dunkelrot; ehe sie
aber die Zrwägunaen ließ, kam sie zu
dem Schluß, daß ihm »in Bart gar
Male fand .e, »aß er auc-, durchaus
nicht eingebildet und geckenhaft fei.
Langsam stieg sie wieder :inmul zu
seiner Wohnung ei..por. Ter Sanger
öffnete ihr sei.st:
sckloß er fast „Du abe? hast
seine Arme: „Du —Du Liebstes "
' bitte Dich, betone daZ recht vor
Mama und Onkel. Ja? Ich um
sonst zu sehr blasiert " , >
»lache ist süij.
Förster: „Na, Sie alte Vettel
auf dem Waldweg rumzulungern!"
Frau: „Warte, alter Grobian
Gut, daß ich noch einen Taler im
Strumpf habe!"
„Da schaut's, den blanken Taler
hat mir der Herr Förster geschenkt,
als ich ihm heute früh, „Weidmanns
heil" gewünscht habt."» ' '
s«n/' zz dsw h D
General: „Wenn der Schiller Recht
ren diese Rekruten wahrhaftig fehl
brauchbare Soldaten! Jede Schlacht
Im Tufel.