Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 12, 1912, Image 2

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    Rurelio Marthr.
Novellette von EI - Correi.
Als er am Morgen nach dem Ve
gräbnistage, da man seine Frau hin
ausgetragen hatte, die Wohnung ver
ließ, war es Signor Aurelio Passinc
recht sonderbar zumute gewesen ...
Er hatte ziemlich gut geschlafen wäh
rend b der Nacht, erschöpft von den
Aufregungen der letzten Zeiten. Dann
war er plötzlich mit einem Schrecken
erwacht und hätte sich allein in dem
großen, Von grünen Jalousien ver
dunkeltem Schlafgemach gefunden.
Das Atmen und Aechzen, das er
lange neben sich gehabt, war nicht
mehr. Und auch drüben im kleinen
Saal stand nicht mehr das letzte La
xer seiner Lebensgefährtin, die von
ren der Gemeinsamkeit.
Er hatte seinen ergrauten Kops
lauschend erhoben; langsaiN waren
ihm Tränen gekommen. Diese Trä
nen galten aber sowohl der Entfern
ten als auch seinem eigenen Leben.
danken und aufdämmernden Gefüh
len. So wie er diesem Innenleben,
immer gewehrt hatte immer. Denn
er war Beamter und Familienvater.
Und als solcher hatte er anderes zu
tun. als an die Decke zu starren und
neii zu grübeln.
Er erhob sich rasch, wusch und klei
dete sich mit jener Sorgfalt, die ihm
nun uiid auf sich selbst gestellt
wie sie sich stets gezankt, die Dienst
magd scheltend, der Art, wie sie
mit seiiiem kleinen, fast kokett wir
kenden, kultivierten Schritt die lie
derliche und zankerfüllte Wohnung.
Schon lag die Herbstsonne breit
Lauten erwachenden Straßengetriebes.
Gemüsehändler mit vollen Körben
riefen ihre nach Erde dustenden Wa
ren aus. Karren mit Fischen, die
silbergleißend, dichtgeschichtet den
Ueberfluß von Petris Fischzug vor-
Moscatto. Er nickte dem Händler zu:
„Eine vortreffliche Rebe!"
„Per bacco, Signor," lachte der
Mauern der engen Straße widerhal
te: „Uva uva ... Cö belln l'
uva ... Uva-Uva-Uva bella a
Aermste.
keit .
der flüchtigen Straßenlettllre. Die
ses allgemeine Mitleid eS berührt«
rig auszusehen, betrat Signor Au
relio das Bureau, wo er als erster
Buchhalter gar geehrt und wachtha
bend war. Die Kollegen und Un
tergebenen grüßten wie immer kurz
und höflich, aber Signor Aurelio
fühlte auch hier Teilnahme und Scho
ihm Arbeit ab, und sogar der Di
rektor bat sanft um Auskunft, an
statt wie sonst kurz und bündig Auf
schluß zu heischen. Allerseits achtele
man seinen Witwerschmerz.
leide.
Stillehalte er 24 Jahre lang s^in
Meinsamen Mahlzeiten geherrscht hat
te. Die Mädchen waren oft bestraft
worden und mußten im Dunkeln
ten.
yänge. Und als in Luzias Augen
ein Funke der Freude aufsprühte, lud
er die beiden Mädchen ein, jetzt gleich
mit ihm auszugehen. In einer Kon
tier Hand des VaterS und entgegnet?
maulend: „Und wer macht unser«!
Schulaufgaben?"
Und Luzia m«inte: „Wir wollen
morgen gehen und Eliza vorher
frag«,..."
fahren wir mit der Bahn nach San
Pietro und lassen uns einen guten
Risotto machen, in einem Gasthof,
Signor Aurelio erschrak wiederum
über sich selbst, weil er diesen Frieden
und dieses Ausruhen so intensiv ge
vergangenen Leiden des häuslichen
Streites und Haders ...
Endlich erhob er sich unbeging wie
beit sklavischer Pünktlichkeit. Nie-
Freunden, die ihn einluden, zu
Abend gegessen. Aber der Töchter
gedenkend, sagte er: „Morgen! Mor
dort sitze, zurückgekehrt wieder le-
Tochter ihrer Mutter glich ...
Das Essen war schlecht. Und Eliza
... Und als die Mahlzeit beendet
Uhr sah, begann die Predigt ...
Ob er die Mädchen wirklich heute in
die Konditorei hätte führen wollen?
mit teurem Obst zum Frühstück und
Abendessen im Restaurant. Mutter
hätte ja nur dafür ihr Geld hin
terlassen, damit man nach ihrem Tode
allej vertue ... An die Zukunft brau
che man ja nicht zu denken. Daran
wohl, und nur Mutters Pflichttreue
habe verhütet, daß sie jetzt nicht alle
der Armut preisgegeben seien ...
lind solange sie Eliza lebe,
werde sik im Sinne der Mutter Ord
was die Mutter selbstlos behütet habe.
Soldo. Alles habe sie die Mutter
die Schleusen waren aufgezogen, die
Kaskade entlud sich ... Man kannte
feinen Leichtsinn und feine Lieblosig
keit, unter der sie alle gelitten. Was
hatte denn die Mutter ins frühe Grab
gebracht, wenn nicht sein Egoismus?
boshaft geklungen, erhielt auf den
Lippen der Tochter eine Schärfe, die
Gift enthielt.
war. Seine große Geduld ward ihm
als Gefühllosigkeit verübelt. Seine
Tefcheidenheit galt ihnen als heimtük
kische Selbstsucht.
Vater! Willst du von nun ad alle
„Aber ich habe ja gar keinen an
deren Wunsch, als daß alles so
bleibt," erwiderte Signor Aurelio
verstört.
„Dio mio, Eliza, du machst dir
ja ein ganz falsches Bild von mir.
Ich will ja doch nur euer Bestes und
denke nur daran!"
Da lachte Eliza. Dieses Lachen!
Er hatte geglaubt, es nie mehr zu
es dir bequem gemacht und hast nie
bedacht, daß Mutter für andere Ver
hältnisse geboren war ... Aber mir
uung des Hauses verfechte ich ver
fechte ich wie sie. bis zum letzten
Bkütstropfen!" Signor Aurelio trat
ans Fenster und schwieg. Er starrte
durch die Fensterscheibe, wo sein
Atem anschlug, die Blankheit trü
ben. Und er hatte nicht gestrebt, da
er's für aussichtslos hielt, da er sich
auch so genügte, da er und jetzt
und verloren gab...
wußt Eliza verriet es jetzt. Sie
rächt, indem sie ihm das Leben ver
bitterte nach Möglichkeit ... WaS er
Herbstsonne über der Straße lag,
Fruchthändler rief: „C<>' bella l'
uva bella a —" Signor
Ter Ring »er «»»»parte
Wie manche andere große Männer
auch, glaubte Napoleon 1., was ihm
geschehe, sei ihm zuvor vom Schicksal
bestimmt worden, und um ihn außer
dem vor dem Tode zu feien, habe es
einen Ring in seine Hände gespielt.
Wie er zu diesem gekommen, hat er
Selbstmordversuch gemacht, ist in das
Reich der Fabel zu verweisen. Im
Gegenteil, zu dieser Zeit äußerte er
sich: „Ich sehe nichts Großes darin,
daß man sein Leben beschließt wie
einer, der sein Geld im Spiele ver
lor. Ein viel größerer Mut gehölt
dazu, unverschuldetes Unglück zu über-
Allerdings'war er infolge der Auf
regungen erkrankt, ehe er am 20.
April 1814 im Hofe mit der Hufei
flntreppe in Fontainebleau Abschied
von der alten Garde nahm, und Dok
tor Corvisart, sein Arzt, sah die
Krankheit anfangs durchaus nicht als
eine leichte an. Als er jedoch gene-
Ring mit den Worten: „Ich sollte
nen Talisman gedacht."
Nach seinem Tode sollte der Ring
seinem Sohne, dem König von Rom,
zufallen. Doch die Zustellung an die
niichmaligen Kaiser Napoleon 111.,
schenkte. Dieser trug nur zwei Rin
ge: den des Oheims und einen von
Hände auf den Rücken legte und mit
den Ringen spielte, so geschah es zu
weilen. daß sie, weil sie nicht fest an
Ringe trug der tote Kaiser noch in
der Gruft von Chislehurst. Man
wollte sie von seinen Händen abzie-
D e verbotene Zigarette.
km- lacu,v,esch>chtc von Paul
den jungen Mann kennen lernen
wirst."
Schmollen.
„Der Vetter schreibt, daß er ihn
in diesen Tagen, vielleicht heute schon,
vorerst nicht tun, nicht wahr?"
Der Vater nickte, küßte ihr das
es von neuem mit der Predigt los.
Lotte aber umhalste die Mutter,
tanzte mit ihr durchs Zimmer und
Aber, o Schreck! o Entsetzen! Die
seliges
Das sonst so lustige Mädel war
Plötzlich ertönte die Glocke im
Flur.
„Das ist er! Das ist er! Jetzt,
Himmel, steh' mir bei!" flüsterte sie
in namenloser Angst.
Der Atem stand ih: still.
Ich war so schein der Erregung, daß
ich nicht hinsah, wohin die Zigarette
fiel! Aber glauben Sie mir aus mein
Wort, daß es absichtslos geschah, und
daß ich lebhaft bedauere,. Ihnen den
Schoden zugefügt zu haben!"
Mit einem seinen Lächeln entgeg
nete er: „Ach so, Ihnen, gnädiges
Fräulein, verdanke ich dieses kleine
Luftloch!" wobei er seinen hellgrauen
Seidenfilz hochhob und das niedliche
kleine Loch zeigte, das die fallende
Zigarette eingebrannt hatte.
Errötend antwortete sie: „Wie ge
sagt, mein Herr, ich kann nur viel
mals um Verzeihung bitten! Und
übrigens bin ich auch gern bereit, den
Schaden sofort zu ersetzen!"
„Aber nein," wehrte er lächelnd
ab, „das ist ja gar nicht der Rede
wert! Nur möchte ich mir die er
gebenste Anfrage erlauben, weshalb
Sie die Zigarette denn gerade zum
Fenster hinauswarfen. Sonst benutzt
man dazu doch meist einen Aschen
becher."
Immer mehr errötend, antwortete
sie nun: „Ich will Ihnen die reine
Wahrheit gestehen, mein Herr ich
rauchte gegen den Willen Papas, und
um mich nicht abfassen zu lassen,
warf ich die Zigarette zum Fenster
hinaus."
„Ah, Sie selber, gnädiges Fräu
lein, sind eine so leidenschaftliche
Raucherin? Das ist mir ja sehr in
teressant zu erfahren!" Bewun
dernd sah er sie an.
Sie aber, immer verlegener in der
Angst, daß der Papa jeden Augen
blick kommen könne, oat nur: „Und
nicht wahr, mein Herr, Sie werden
mich nun nicht bei Papa verraten?"
„Gewiß nicht, gnädiges Fräu
lein!" versicherte er glückstrahlend und
schlug die Hacken stramm militärisch
zusammen.
„Dafür danke ich Ihnen, mein
Herr!" rief sie freudig und reichte
ihm offenherzig die Hand hin.
Sofort ergriff er diese weiche,
kleine, zarte Hand und küßte sie so
herzhaft, daß Lotte mit leisem
angstvoll zurückzog.
,Jn diesem Augenblick trat der
Herr Rat ein.
„Was seh' ich!" rief er freudig.
„Herr von Bestersels, Sie erweisen
uns die Ehre so bald! Mein Vetter
„Ganz recht, Herr Rat, mein Kom
men ist verfrüht, ich war durch ein
Telegramm hergerufen, und da ich
nun einmal hier war, wollte ich mir
die Gelegenheit nicht entgehen lassen,
meine Aufwartung bei Ihnen zu
machen!"
„Sehr liebenswürdig! Seien Sie
uns herzlich willkommen!"
Lotte aber stand dabei und wurde
bald blaß, bald rot, denn erst jetzt
erfuhr sie, wem sie da die Zigarette
Als nun der alte Herr seinen jun
gen Gast zum Sitzen einlud und ihm
den Hut abnahm, bekam Lotte einen
neuen Schreck, denn Papachen besah
das Loch im Filz und fragte heiter:
„Was haben Sie denn damit ge
macht?"
glückstrahlend: „J?, Herr Rat, dieses
unscheinbare kleine Löchelchen ist für
mich eine sehr, sehr liebe Erinne
rung!"
Und da atmete wieder auf
und danlte ihm dann durch einen zu«
Später kam dann auch das Ma
machen, das yon Lotte herbeige
schleppt wurde, und als nach einer
schnell vergangenen Plauderstunde
der junge Herr sich empfahl, da sagte
die kleine, sonst so wilde Lotte nicht«
mehr von Opposition.
Am anderen Morgen brachte ihr
ein Dienstmann einen Strauß und
sie dies aufwickelte, kam ein reizen
der silberner Aschenbecher zum Er
schein, und auf dem Billett standen
die paar Worte: „Meine kleine Frau
darf immer rauchen, wenn sie nu»
will."
Da lachte die kleine Lotte ganz
heimlich und küßte das Billett voll
Glückseligkeit.
In einer Statt am schönen Ufer
des Bodensees bekannt als Markt
platz besonders durch ihre großen
statt. Wie man eben solche Feste
ten, die Worte:
Aus Schwaben und Baden,
Euch allen Heil'"
Ter Tintenklex.
Der Franzerl war ein hübsch«
Bursch,
deut't,
„Mein lieber, guter Vetter!
Denn herrlich ist das Wetter.
Hol' bitte mich vom Bahnhof ab.
Und . als beim Schluß sie aus Ver-
T' t kl "cht
Der Vetter hatte sein Gesicht
„Glaubst du, ich laß mir da- Gesicht
Ter findige Tacke!
Wie Herr Dickert
seinen
Aha! EM: „Wenn Du nicht
Baue r: „Wie kommst Du auf
meine Apselbäum', Du Lausbub!"
Sepperl (weinerlich): „Ich hab
mi z'erscht a wenig Verlaufs und nach
—-Die Uhreltern. Der Va-