Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 24, 1912, Image 3

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    Ein puritanischer Heide.
(17. Fortsetzung.)
Die Herzogin empfing Frau Nor
wood sehr freundlich und stillte ihr
verschiedene Herren und Damen vor
Bis man zu Tisch ging, waren die
Kinder im Salon; der Abbe saß in
seinem Priesterkleid mit den Knaben
unier einer mächtigen Palme, wäh
rend die Erzieherin die Mädchen
unter ihren Fittichen hatte Als man
sich aufstellte, um in den Binkett
saa! zu gehen, blieb nur der junge
Herzog. Er flüsterte «inen Augen
blick mit seiner Mama und kam
zu Paulas Ueberrasckung auf sie zu
und Hot ihr den Arm. Er saß seiner
Mutter am Tisch gegenüber, und
Paula entdeckte, daß sie somit den
Ehrenplatz inne hatte. Zu ihrer
Rechten saß Herr von Freysne, der
ihr sofort mitteilte, daß er eine Ame
rikca«rin zur Frau habe, und ihrem
Scharfblick die Aufgabe stellte, sie
von den andern Damen zu unter
scheiden. Paula tat es ohn: Zö
gern; der Typus war nicht zu ver
kennen, aber Frau von Freysne be
saß die berühmte Anmut und Leb
haftigkeit der Amerikanerinnen durch
aus nickt. Sie schien geistesabwesend
und einsilbig zu sein, ihr Mann aber !
redete für zwei, Frau Heathcote hcitte
Paula erzählt, die Frau stamme aus
den: Westen und sei ungeheuer reich.
Sie selbst habe sie noch nie getroffen,
aber von Franzosen gehört, daß sie
unb-deutend und langweilig sei Man
vermutete, daß ihre Ehe nickt be
sonders glücklich sei, da der Gatte
wohl ihr Vermögen genieße, sie selbst
aber einigermaßen vernachlässigt.
Wie sehr Paula sich auch in die
Vorstellung hineingearbeitet hatte, daß
sie einer unsreundlicken Beuneilunq
preisgegeben sein werde, sie fühlte stch
sofort von einer solchen Atmosphäre
gesellschaftlicher Bildung, seiner Sitte
und Ritterlichkeit umgeben, daß ihre
Befangenheit wie weggeblasen war
Der junge Herzog, ein artiger, auf
merksamer Junge, sprach fließend
englisch und war wirklich em an
ziehendes Menschenkind, und Herr
vo-, Freysne mochte ja als Lebens
gefährte einiges zu wünschen übrig
lassen, aber die Natur hatte ihn
reichlich mit den Gaben bedacht, die
einen angenehmen Tischnachba-' und
Kol'.llontänzer ausmachen. Paula
fand die Unterhaltung, die häufig zu
einer allgemeinen wurde, hervorra
gend fesselnd und geistvoll, sie mußte
sich gestehen, daß sie dergleichen nie
zu hören bekommen hatte. Die Herren
übtrließen die Leitung des Gesprächs
in der Hauptsache den Damen und
warben nur gelegentlich, wenn es zu
sam und achtungsvoll dem leichten
Fluß der weiblichen Beredsamkeit,
und Paula machte die Beobachtung,
daß sie sich den einzelnen Frauen we
der mit zu ausschließender oder zu
anmaßender Aufmerksamkeit widme
ten noch sich verpflichtet hielten, 'ine
unhöfliche Gleichgültigkeit zur Schau
zu tragen, ja dieser Eindruck ver-
Untei solchen Vorbedingungen wird
die Geselligkeit zur Kunst. So belebt
ja mitunter erregt das Wortgefecht
Gegenstand: ein »euer würd: aus
gespielt, der Ball slog ein paar Au
genblicke hin und her und wtirde
sie daran dachte, wie ost sie be- ame
rikanischen Diners das Giihn'n ,:n
-terrrückt batte, so mußte sie sick la-
Unter anderm war man auch aus
das Maß von Freiheit zu sprechen
gekommen, das Männer und Frauen
sie sich geschmeichelt fühlte.
„Ach, unsere Wirtin ist von Eis,"
bemerkte ein schnurrbärtiger, mit Or
den behängen» Herr. „Sie setzten
sich mit der Prophezeiung, daß Sit die
Schicklichkeit verletzen würden, keiner
groscn Gefahr aus."
„Ja, ja. die Herzogin ist ein G'et
,Sie sieht aber nicht kalt aus,"
wagte Paula einzuwenden.
,Hört! Hört!" rief die Herzogin
mit schriller Stimme. „Diese hüb
sche Frau kommt mir zu Hilfe! B'tt«,
Frai. Norwood, sagen Sie den Ver
kält halten."
„Ihr Gesicht ist nicht kalt." ver
letzt Paula. „Ich möchte behaupten,
Der breite Mund der Herzogin
der in der Tat nichts ireniger als
kalt war, verzog sich zu einem ver
gnüglichen Schmunzeln: sie sah Pau
la durch ihre Lorgnette an und nickte
nen stehende Schale mit Rosen zu
„Sie haben recht. Sie haben nnck
verstanden und vom Blatt gelesen,
während diese allen Freund? mich
nicht kennen. Es leben die Amerika
nerinnen!" sagte sie lachend, „Sie
Der Abbe, der sich bis jetzt ganz
rubig verhalten hatte, vertraute der
leeren Luft eine Bemerkung <>n, die
aber von der Hausfrau im Flug auf
„Der Herr Abbe bewundert Ih
ren Fächer, Frau Norwood! Dllvfen
wir ihn nicht ansehen?"
i Ter Fächer machte die Runde am
Tisch, und Paula freute sich, sagen
zu können, daß er in New Jork ver-
sei.
lich.' Pfaffe meinen Tiffannfäck«r
witurn würde, hätte ich mir auch
nich: träumen lassen!" dachte sie da
bei „Es ist köstlich! Der würde
sicher auch das Barthaar eines Mär
tyrers gegen einen amerikanischen
Schaukelstuhl umtauschen, wie es
kürzlich in Floren, ein dunkler Ehren
mann vom geistlichen Stand getan
hat"
„Ich habe gar nicht gewußt, daß
in New Dork so hübsche Sachen ge
macht >v«rden," bemerkte die Herzo
„New Dork wird in kürzester Zeit
der Mittelpunkt der Welt sein," ver
sicherte Herr von Freysne.
„Ja, möglich ist alles," stimmte
di« Herzogin ohne Begeisterung für
dies? Aussicht bei.
Als man sich wieder in den Salon
begeben hatte, suchte Paula unwill
kürlich in die Nähe der jungen Ame
rikanerin zu kommen und bat, ihr
vorgestellt zu werden. Frau von
Frcysne, die deutlich merken ließ, wie
sehr sie sich langweilte, begrüßte sie
mit kameradschaftlicher Herzlichieit.
„Ich bin wahrhaftig froh, wieder
einmal ein amerikanisches Gesicht zu
sehen."
„Ich hätt« gedacht, das würde Ih
nen öfter begegnen, als vielleicht
wünschenswert ist," bemerkte Paula
lächelnd.
„Nein, gar nicht: >ck verkehre ja
fast nur in diesem Kreise Mein
M.lnn und seine Mutter wollen «s
jo haben, und etwas Einsaitigeres
kann man sich gar nicht denken. Au
ßer Frau Heathcote sind Sie die erste
Amerikanerin, die ich in der Gesell
schaft treffe."
„Eine Gesellschaft, die mir ent
zückend vorkommt."
wenn Sie hinein geheiratet hätten!"
Paula konnte sich des Lachen!
nicht enthalten: langweilig fand
„Lieben Sie denn Paris nickt?"
„Ick hasse es und," setzte die
verpflanzte Tochter einer hnßcren
Zone hinzu, „ich hasse alle Menschen.
d>e darin sind!" ,
daran, keine Freude habe.
„Nicht im geringsten," versetzte sie,
„ick habe mir gleich nach meiner
hoch-eit den Magen damit überladen
Meii Mann hat mich übera!l liin
gelch!eppt, und er geht so langsam
wählend ich gern durch solche Aus
stellungen husche. Ich sehe nickt ein,
weshalb man überall stehen bleiben
Na'> an jeder allen Kleckserei platt
zudrücken. Diese dummen H'iligen.
die nichts als Stirne und Füße sind,
Paula hörte schweigend zu, und die
jung.' Frau suhr sort: „Ich I?be hier
wi» eine Gefangene. Meine Schwie
germutter ist eine richtige Megäre
die mit Argilsaugen über meine .Hal
tung', wie sie zu sagen pflegt, wacht
Sie täte besser, ihren eigenen Töch
tern auf die Finger zu d-nn
die lügen, wie unsereins iß: und
trinlt Sie schwimmen sörmiick in
Lügen; Lügen ist ihr höchster Ge
nuß und ich glaube si« könnten die
Wahrheit nicht sagen, und wenn sie
sich dadurch vom Strick retten jollten.
Von morgens bis abends mackt sie
Landsleute schlecht ich werde
noch ganz °krank davon."
„Das finde ich unfreundlich von
ihr " bemerkte Paula mitfühlend.
> „Unfreundlich! Das ist eine sehr
! milte Bezeichnung. Ich bin eine
!Gans gewesen! Als ich hierher kam,
war ich mit einem sehr netten jun
' niei.r bei der G. G. P. L. und D.
R. R, Linie die kennen Si: dcch?
und ich könnte dort die erstc Violine
spie-en. Aber n:in... ich habe ihn
fahren lassen ... es war nieder
gestvaft dafür. habe mir's so
„Wirklich?" fragte Paula.
„Gewiß nickt. Sie halten mich fiir
dumm, weil ich den Mund nicht auf
tue. aber wenn ich einmal zu reden
anfange, werden sie ihr blaues Wun
der erleben. Ick will ihnen einhei
zen! Ich werde die große Glocke läu
ten. daß es eine Art hat! Das
Schlimmste ist, daß sie mich gezwun
gen haben, mein? Religion zu wech
seln sie haben mich umtauken
lassen. Ach, ich bin so verrückt ge
wesen, und es wurde ihnen n^ht
mein lebenlang auf dem Leib haben!
mich; st« ist schlimmer als die Ma
laria. aber ich warte nur meine Zeit
ab! Mein Plan ist fix und fertig.
Paula emvfand einiges Unbehagen
bei der Aussicht, in diesen Plan ein
geweiht zu werden, und versuchte
da? Gespräch abzulenken, aber Frau
von Freysne ließ sich nicht aus dem
Konzept bringen.
Sie sind so schlecht, so verdorben,
als ein Mensch nur sein kann,' sna^e
Brühe keinen Groschen
merkte Paula. !
„Freiheit! Da muß ich lachen I
dies Ding kennen sie nicht einmal
dem Namen nach! Ihr Gesichtskreis
ist so weit* sie besckrieb auf dem
Nagel ihres kleinen Fingers einen
winzigen Kreis „den ganzen T^ag
„Wo ist denn Ihr Mann?" fragte
di« Rebellin plötzlich.
„In Amerika," erwiderte Paula
kurz? sie hatte nicht den Sinn, sichaus
eine Erörterung einzulassen.
„Ist er jung?"
„J°."
noch einmal so alt als ich."
„Herr von Freysne sieht nicht alt
aus," wandte Paula ein.
„Weil er geschminkt ist."
„Ich habe gesehen, wie er's macht,"
versetzte die pflichtgetreue Gattin,
„und ich er trinkt mehr als
chen in Europa für ungebildet gel
ten, und doch nahm sie wider Willen
einen gewissen Anteil an diesem un
„Si« müssen sehr unglücklich sein!"
„Ach! Es wird die längste Zeit
derhand halte ichs noch aus, um ei
nem kleinen Spielchen zuzusehen
sie bilden sich ein, ich merke nichts
davon! Aber ich sehe gut und merke
. . . alles."
stin, aber eine vortreffliche Katho
likin. Danken SieJhrem Schöpfer
auf den Knien, daß Sie einen Ame
die einzigen fittenreineu Männer dir
Welt. Glauben Sie das nicht auch?"
Paula zuckte zusammen.
! „Ich sagte eben zu Frau Norwood "
'erwiderte Frau von Freysne und sah
mit einem leisen Schnauben ihrer
kriegslustig zitternden Nasenflügel zu
ihr auf, „daß die amerikanischen
Statt aller Antwort starrte die
Herzogin ihr verblüfft ins Gesicht
und wandte sich dann Paula zu.
eine neue Base zeigen, die ich gestern
gekauft habe," sagte sie. „Sie bringt
einen zur Verzweiflung ihren
Bende Ziemer führte. ,D«r arme
Freysne! Sie ist so beschränkt und
nicht einmal hübsch. Aber was will
und es mußte sein. Sie habe ich
jetzt erlöst, aber für den Aermsten gibt
„Ich habe sie in Bon Marche ge
kauft," erklärte sie. „Das wird Ih
chen, und da fuhr ich hin. Sie war
sehr billig. Die amerikanischen Da
men haben eine solche Leidenschaft,
das Geld zum Fenster hinauszuwer
fen. daß Sie sich wohl gar nicht vor
i stellen können, welch ein Genuß solch
«in Handel sür uns ist."
Sie kehrten in den Salon zurück:
die Abendgäste hatten angefangen zu
erscheinen.
„Der Fürst von Montreuil!" mel
dete der Diener.
Paula blickte aus. Ihre Augen
ZweiiindzwanzigsteS Kapitel.
Nachdem er der Herzogin eine tiefe
Verbeugung gemacht hatte, wurde er
in der Nähe der Türe durch eine klei
ne Gruppe von Bekannten festgehal
ten, machte sich aber mit einer raschen
Bewegung los und kam, Paula zu
begrüßen. Für die Dauer eines
Augenblicks verklärte echte Herzens
freude seine finsteren Züge und machte
> sie nahezu schön.
I »Ich finde Sie wieder! Ist es
! „Ja," erwiderte Paula, „das Meer,
das wir in East Bronipton mit ein
ander im Abtndschimmer betrachtet
haben, hat mich in Ihre herrliche
„Ich habe Ihnen von Japan aus
geschrieben," sagte Montreuil. „Da
ich leine Antwort erhielt, nahm ich
> an, Sie wünschen nicht, daß ich das
Wagnis wiederhole."
„Außer einigen Abschiedszeilen vom
Tag Ihrer Abreise, habe ich nie einen
Brief von Ihnen erhalten."
! „Ach! Hätte ichs nur gewußt!
Aber wie schön Sie geworden sind!
Das kleine klassische Köpfchen und
die wunderbaren Augen sind sich ja
gleich geblieben, aber etwas anderes
> imm«r so zauberisch fesselnd erschie
nen, wie die von Ihnen geliebte See
I und manchmal, wenn ich an Sie
dachte, habe ich mich gefragt, ob Si«
l wohl ebenso trügerisch sein könnten."
! „Lug und Trug hat mir mein
> schlimmster Feind noch nie zugetraut,"
versetzte Paula lächelnd. „Mein Feh
ler ist, daß ich zu ehrlich, zu gerade
aus bin."
l „Ich will es Ihnen glauben." er
widerte Montreuil mit dem Blick ei
nes Mannes, der bereit ist, für Liebe
in den Tod zu gehen. „Ach! Was
habe ich nicht seither gelitten! Ich
habe so oft an Sie gedacht! Haben
Sie sich meiner auch nur je erinnert?"
Sie stand schon wieder unter dem
Bann jenes Zaubers, dem seine Per
sönlichleit einst drei Tage lang auf
sie ausgeübt hatte, und es wäre
schwierig gewesen, ihm zu sagen, daß
räumte sie denn leider, wenn auch
etwas zaghast, ein, daß sie sich seiner
manchmal erinnert habe.
ich so müde und verlebt," fuhr er
fort. „Es ist mir, als ob ick kein
Recht hätte, mich von neuem in Ihre
reine Nähe zu drängen."
„Weshalb sagen Sie mir das?
Was sür schrecklich« Dinge haben Sie
denn aus dem Gewissen?"
schreckliche D.nge begangen hatte?
.Dann ist es nicht geschehen."
„Ach! Das ist alles, was Sie vor
bringen können?"
„Ja. Ich könnte noch sagen, daß
ich schlecht erzogen worden bin, daß
ich kein Glück gehabt habe, daß ich,
wenn ich Frauen wie Sie begegnet
hätte, ein« besserer Mensch geblieben
wäre, aber daß ich versucht habe, ein
anständiger Mensch zu werden, und
zwar . . . seit ich Sie kenne . . .
einer Erinnerung zu liebe."
Paula war es zu Mut, als ob sie
in Tränen ausbrechen müßte, und
sie entsann sich, daß Montreuil schon
einmal diese seltsam« Wirkung auf
sie aus geübt hatte. Sie war gleich
zeitig schmerzhaft und wohltuend, je
denfalls aber eigenartig. Di«fer Mann
sehr unterhaltend gefunden, aber sie
fand den Abend bei der Herzogin
ungliich interessanter. Er hatte ihre
Phantasie angeregt.
„Also Montreuil schmachtet in den
alten Fesseln?" sagte Frau Heathcote
am Tag darauf zu ihr. „Nehmen
Sie sich sehr in Acht."
„Weshalb warnen Sie mich immer
vor diesem Mann?" fragte Paula
„Weil er nicht zu den ,nttten Men
schen' gehört, die keiner Frau etwas
zuleide tun. Montreuil kann Frauen
gefährlich werden, und Ihnen ins
besondere. Ich habe es lieber, wenn
Tad Ihnen den Hof macht."
„Sehr verbunden! Aber wissen Sie
itwas Ernstliches gegen ihn zu sagen?
Ich glaube, Sie sind ungerecht."
„Ach nein, ich habe eigentlich nichts
gegen ihn," erwiderte die Prinzessin
ausweichend.
Sie kamen jetzt auf Frau von
Freysne zu sprechen.
„Wie sollte ein kleines wildes Ding
sen haben? Die Heirat war eine Ge
schmacksverirrung! Was Si« mir er
zählen macht mir die ganze Sachlage
klar. Ich habe auch gehört, seine
Mutter sei ein gehöriger Drache, der
das Kind eingefangen habe, um den
zerrütteten Vermögensverhältnissen
der Freysneschen Familie auszuhelfen
Sie sollten nur einmal Reginald
raten' predigen hören! Da wird er
ordentlich feurig; wie alle Männer
die der Wissenschaft der Liebe nich!
viel Zeit gewidmet haben, ist er voll
a nti^s che?lnschauun^e n: sinde^
weichere, biegsamere. Da es mein
Beruf im Leben zu sein scheint,
Wracke zu retten und wieder zusam
men zu leimen, so möchte ich wirklich
wissen, ob ich sür diese Ehe nicht auch
den Flickschneider abgeben könnte."
„Ich weiß nicht offenbar traut
die jung« Frau der Herzogin das
„Das ist sehr einfältig. Die^Her
ist di« liebe Eitelkeit. Freysne schmei
chelt ihr. und deshalb hat sie ihn
gern, aber ich bin überzeugt, daß
weiter nichts dabei ist. Natürlich
entsetzt die junge Frau sich llb«r ihre
Verwandtschaft, und die Verwandt
schaft über sie. Die Leute reden hier
zulande so, daß man sich anfangs
einbildet, sie seien alle verderbt und
lebt«n in einem Sündenpsuhl, ober
ihre Handlungen sind besser als ihre
Worte, das lernt man nach und
nach einsehen. Ich glaube, daß dieses
arme Kind noch etwas auS ihrem
Leben machen könnte. Freysne ist kei
neswegs ein schlechter Mensch, und
ich bin überzeugt, daß er nie roh oder
unfreundlich gegen sie ist, er vernach
lässigt sie nur ein wenig und denkt
nicht viel an sie."
„Ist das nicht unfreundlich?"
„Man kann schlimmere Dinge aus
halten müssen."
„Zum Beispiel?"
„Unberechtigte Ansprüche auf un
sere Zärtlichkeit," erwiderte Frau
Heathcote lachend, setzte aber dann
ernster hinzu: „Ich will sie kennen
lernen und ihr ein wenig raten/'
„Ach. daran werde ich mich nicht
stoßen, ich habe itwas Reibung mit
Leuten aller Art nicht ungern. Ei
gentlich bin ich wie geschossen sür
meine hiesige Aufgabe, wenn ich auch
mitunter einen Widerwillen dagegen
fühle und rebellisch werde. Ihre Rei
segefährtinnen aus Connecticut zum
Beispiel, die alle Gemeinheit besitzen
ohne die malerische Beigabe eines West
lichen Ursprungs und einer Unglück
lichen Ehe, können derartige Stim
„Haben Sie «inen Besuch gemacht?"
„Versteht sich, und der Doktor eben
falls. Ich habe unseren Sekretär mit
Sonnabendsjahrmarkt werden sie ohne
Zweifel nicht fehlen."
„Ich bin überzeugt, herzli«be Frau.
Diener iibrig«ns ein altes Erbstück,
vor dem man keine Geheimnisse hat.
Französische Dienstboten werden aber
Jahre in Amerika gewesen sind, was
auf alle Welt eine aufblähende Wir
kung zu baben scheint."
„Gefällt sich der Oberst Heathcote
hier?"
„Ja. Sein Amt ist sür ihn ein
gewisses Ausruhen, und di« politische
sckaftlich und politisch daS Gescheitere
wäre, oder zu den Waffen greisen."
„Würde der Posten in England
seinem Wesen nicht mehr entsprochen
haben?"
„Nein: mein Mann hat ein ties
wurzelndes Vorurteil gegen die Bri-
Gesinnungen kür dieses Land ins
Gegenteil verkehrt."
„Und was für ein Erlebnis war
das?"
„Als junger Menfck fuhr er wäh
rend unsers Bürgerkriegs nach Lon
don, um dort einen kurzen Urlaub
zuzubringen. Er war verwundet ge
wesen, und sein Arzt verordnete ihm
diese Reise er hat ja, wie Sie
wissen, den Krieg als Freiwilliger
noch fast im Knabenalter mitgemacht
Kunde von Lincolns Ermordung er
hielt. Er las sie in einem mit Reiß
nägeln an di« Türe gehefteten Ertra
blatt. Natürlich war er furchtbar
erschüttert: sein Empfinden war
stark und jung, und er brach voll
ständig zusammen. Irgend ein un
glaublicher Mensch hatte unter die
Todesnachricht geschrieben: ,Ja, tot
und zur Hölle gefahren, wo er hinge
hört!' Es sollte wohl Humor in die
ser Bemerkung stecken, aber Reginald
war nicht in der Stimmung dafür:
Schrift mit Blut auswischen, aber
der Missetäter war nicht zu entdecken
obwohl dieses schöne Zeugnis sei
nes feinen Sinnes mehrere Tage an
der Wand hängen blieb. Die Worte
brannten in seinem Soldatenherzen
aber er wurde von den andern nur
ausgelacht, und das hatte er nie ver
geben können."
deutende Begebenheit?"
„Ach, was will die Niederträch
tigkeit eines einzelnen besagen?"
„Ich glaube, sie haben alle über
Lincolns Tod frohlockt," sagte Pau
la mit vor Erregung glühenden Wan
gen.
„Alle doch nicht, liebe Paula."
„Ach, Sie mit Ihrer Ruhe sind
manchmal."
„Solche Weisheit, wie ich sie besitze,
Paula, ist teuer erworben," erwiderte
ihr schönes Gesicht. Glauben Sie mir,
auszähle, so halte ich oft plötzlich
inne, um meiner Niederlagen zu ge
denken. Es sind ihrer nicht wenige
und recht ernstliche, aber ich spreche nie
. davon."
necticut Paris um seiner Läden wil
len liebten, so war Paulas Kauflust
sehr vorübergehend und kurzlebig;
nachdem sie sich anfangs durch di
triigerische fremde Münze zu Aus
gaben hatte verleiten lassen, die ihre
Tante als Berschwendungsorgien be
zeichnete, fand sie jetzt vollauf Muße
zu anderer Unterhaltung. Wie all«
Frauen, die viel allein gelebt haben,
hatte sie das Bedürfnis nach Ein
samkeit und entschlüpfte gern Frau
Sorchans zärtlicher Wachsamleit, um
in den entlegeneren Stadtteilen von
de daran, manchmal unter den alten
Bäumen des Tuileriengartens zu ver
weilen und dem Orchester zuzuhören,
das seine Weisen einer im Schatten
gab. Sie ergötzt« sich an den schrillen
Stimmen der ihre Waren ausru
fenden Verkäufer, an den sich im
dem nie sehlenden Soldaten und dem
Kindermädchen, die sich an der Ecke
trafen. Auch den Priester beobachtete
sie gern, wenn er, seine Gebete vor sich
hinmurmelnd, eilig an ihr vorüber-
PsNcht zu genügen, und den Schul
jungen in Bluse und Kappe, der von
einer Kinderfrau sorgsam durch das
hende Sehnsucht, dieser Aussicht z«
entwischen, aus den Augen leuchtete
D«r freigeborene Amerikaner seines
Alters würde die Flucht ohne viel
Federlesen bewerkstelligt haben. Das
Straßenleben ermüdet uns nicht, weis
Paula bildete dieses Treiben einen
erwünschten Gegensatz zu den glän
zenden Festen im Haus ihres Ge
lchäftsträgers und den Fahrten auf
spann der Herzogin von Portes, die
Paula sofort ins Herz geschlossen
und in ihren engercn Kreis ausge
— Kaserne nweishelt. Fetd-
Was Ihr dabei lernt, könnt Ibr ein
mal in der Ehe gut verwerten!"
Mißverständnis. Back
fisch: „Heute suhr vor unserm Hause
ein Radfahrer in eine Ganseherde hin.
Herr: Wa.vn Sie auch dabei?"
Aür die Küche.
Legierte Suppe mit Nu
deln. Bon gut gewaschenen Kno
feines Sieb gegossen wird, damit kein
Knochensplitter mit in die Suppe
kommt. 2 Löffel Mehl läßt man in
zerlassener Butter gelb dünsten, ver
kocht diese Elnbren»« mit der Kno
chenbrühe und gibt eine kleine Por
tton für sich allein in schwachgrsalze
nem Wasser gekochte feine Fadennu
noch einmal in der Suppe auskochen
müssen. Dann schmeckt man nach
Salz ab und gießt di« Suppe in die
Geflilgelfrikadellen mtt
flügelrest (es kann gekochtes oder ge
bratenes Geflügel fein) wird alles
Fleisch zierlich abgelöst, von Haut
und Sehnen befreit und fein gehackt.
Dann mischt man ein Ei, Pfeffer,
Salz und geriebene Semmel, sowie
ein paar Löfs«! gute steife Tomaten
marmelade dazu, kann auch, wenn die
Masse noch nicht recht steif genug er
scheint, ein paar Blätter aufgelöste
Gelatin« dazufllgen, beliebig auch noch
'/> Teelöffel Würze. Die Maffr
flache, mit geriebener Semmel be
streute Schüssel: sie muß vollständig
erkalten und erstarren, ehe man an
das Formen der Frikadellen geht,
weil sie, sobald sie noch warm sind,
nicht hallen und auseinandersallen.
Man formt mit Hilfe von recht fein--
gesiebter geriebener Semmel flache
Frikandellen, wendet sie in Ei und
in geriebener Semmel um und bäckt
aus oder brät sie auf der Pfanne in
zerlassener Butter auf beiden Seiten
goldgelb.
Treffliches SPinatge
richt. Der Spinat wird sauber ge
putzt und mit einer kleinen Zugabe
von Wasser gar gekocht. Unterdessen
kocht man auch 6 Kartoffeln ganz
weich und zerstampft si«, nachdem sie
abgegossen wurden, ganz fein. Ist ser
Spinat fertig, wird er gehackt, und
der Menge des Gerichts auf 2 Tassen
Spinal 1 großen Eßlöffel But'er
oder Abfüllfeit leicht zum
es darf aber nicht zu dunkel werden?
gibt ebenso viel Mehl dazu, läßt eS
gelb werden, gießt das Spinatwasser
und etwas Fleischbrühe daran, gibt
di« gestampften Kartoffeln hinzu.,
rührt alles gut mit Salz, Pfeffer und
einer Prif« Muskatblüte Mace
—durch und serviert das Gericht heiß.
Wenn man den Spinat und die Kar-
SNsoNo. In 1 Eßlöffel Bu^t
si« zu bräunen, gebe drei Tassen ko
chendes Wasser und dreiviertel Tee
löffel Fleischextrakt dazu, sowie eine
Tasse Reis, Salz und Paprika. Man
deckt das Gesäß fest zu und läßt deir
Reis gar dünsten. Er darf nicht
stark kochen, sondern nur simmerw
benen Parmesankäse und einen Tee
löffel Butter hinzu. Die Reiskörne?
Nudeln. In einem Pint Milch
ein Viertel Pfund Zuck«r und 2 Un
einige Händ« voll fein geschnittene?
Nudeln aus schwimmendem Fett ge
backen und sie zum Abtropfen auf ein
Fruchtfauce aufgetragen.
Kartoffelsuppe mit Ei
ern und Farceresten, .^n
Fleischpudding, Bouiet
nen Kartoffeln kocht man in Wasser
nebst Salz, einem Löffel Butter, zer
schnittenem Porree, etwas zersckniite
ner Sellerieknolle und einer geputzt-n.
in Stifte oder Scheiben geschnittenen
Mohrrübe eine gute dickflüssige Sup
pe, die man nach Gefallen durch einc
Sieb rühren, aber auch undurchge
rührt lassen kann. Sie wird abge--
Pseffer und gehackter Petersilie ge
würzt und kochend heiß über die E>r
und Farcestücke gegossen. T'se
Suppe gibt ein gutes, sättigendes Gc»
richt für den Familientisch.