Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 01, 1912, Image 2

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    Taö TueZ.
Von Kurt Mauer - Leiden.
Er war so seelenruhig, der kleine
Leutnant Scharff, als ginge es hin
aus zur Pirsch auf den braven Bock
oder zur Morgenarbcit aus den tau
frischen grünen Rasen.
Die Sekundanten wunderten sich!
selbst der lang« Salt«rn. der doch
s«in v«rirautcster Freund war, tat
das.
Er war ja ein schneidiger, schnitti
ger Kerl sein ganzes Wes«n hatt«
etwas Sehnig-Drahtiges wie bei ei
n«m Vollblüter war ein vorzüg
licher R«it«r, Schwimmer, Turner --
und worauf es ankam: er schoß bril
lant. Des zum Zeichen paradierte
bereits der Ehrenpallasch im „Arse
nal", wie er den Erker seines Ar
beitszimmer nannte, in dem ein
Sammelsurium von Waffen aus den
verschiedensten Epoch«» bis in di«
neueste Zeit durcheinanderstarrte, in
stumpfem Vergessensein, in störriger
Gegenwartsverachtung, in blitzblanker
Gefechtsbereitschaft. Sie hatten
keineswegs erwart«!, den Freund und
Kameraden apathisch zu finden oder
gar im mit d«r Kognak
pulle, immerhin aber war es doch
nichts elxn G«wöhnlich«s. nxnn man
aufstand und sich fragt«: „Kommst
noch mal warm in dein Bett?" oder
„Heut' richtest du das Visier aus de»
Brudermenschen." Das letzt«« al
l«rdings n«in, das hätte ihm ganz
können. Denn schließlich, wer «in«m
das Weib von der Seite stahl und
und die Ehre. . .! Nun also,
gleichviel. Ein bißchen bleich, über
nächtig vielleicht, mit dem kleinen ver
zerrten Lächeln im G«sicht, das zu
gleich h«ls«n und verdecken soll, Bewe
gungen, die ein nxnig g«bunden, abge
zirkelt erscheinen —: so eigentlich hat
ten si« sich den Kleinen an di«s«m
Morgen vorgestellt.
Nein! Er lehnte behaglich im Ses
sel, die Zigarette, lässig zwischen den
Lippen, durch die er leise vor sich
hinpsiss es war der „liebe Augu
stin', dem „alles hin" ist und seine
Rechte spielte in harmlos vertrauter
Bewegung mit dem schwarz-weißen
Ohr des Foxterriers, der unter der
Schoßklapp« des Attilas die gestört«
Nachtruhe nachschmurkste. Dann
sah er die Eintretenden und nickt,
„Guter Kerl", meinte der langt
Saltern, „ich denke, das ist schon ge
schehen recht iiberslüssig«rweise.
wünsche ich herzlich. Dazu wäre auch
wirklich k«in« Zeit mehr."
„Nein, bon, denn nicht". Er schüt
telte den Hund ab und stand auf.
„Wünschen die Herren eine Erfri
schung? Ich habe bereits fürstlich ge
frühstückt." Er wies aus den Tisch,
auf dem die Reste eines üppigen Früh
versuchte Saltern zu lachen tief
beruhigt: wer solchen Hunger ent
wickelte, des Hand würde nicht zit
keit. ,
beugte sich nieder, hob den Hund am
Genickfell zu sich herauf und sukr
ihm mit «in«r zärtlich«» Bewegung
wußte Saltern im Blitzlicht der Se
meisten für leichtsinnig, oberflächlich,
vielleicht frivol galt, dem er selbst nie
so ins innerste Herz zu schauen ver
mocht hatte, eine tiesverborg«n«, sest
verschanzte Innigkeit lag, und daß
dies«r Innigkeit eine klassende Wu^e
sich tat.
Scharff drehte sich kurz ab. „Gehen
Ritt in Karlshorst durchkreuzt. Und
dann freut« «r sich in tiefem Atmen
und niit weiten Augen an der Schön
in den Sonnenaufgang hineinzugon
deln, was! Kinde:, das wär ein
Pirschmorgen! Da seht mal da
hin den roten Punlt den muh
ich beäugen. Halt!" ri«f er den
Manteltasche den Feldstecher. „Ohne
richtete er das Glas auf den Wald
rand. „Wahrhaftigen Gotts, ein ganz
braver Sechser handbreit über die
Lauser auf. weißgesegt, brillant, ge
perlt Donner ja!" Die Passion
die Hände d i e waren unruhig.
Als sie dann weiterfuhren, meinte
er mit einem frohwarmen Blick, wie
am Ende einer Gedank«nk«tte: „Nee,
Kinder, laßt man, das Leben ist
doch noch schön. Aber gepackt will
es sein nicht losgelassen, nicht reu
befleckt das wird der kleine
Scharff schon besorgen, verlaht euch
Dom des Hochwaldes. Weithin hall
ten die Huf« der Pferde auf dem
harten Damm der Straß«, ratterten
Lack, seinem livrierten Kutscher im
schwarzen Zylinder auf dem Bock in
dieser grünen frischerwachten Wald
wie Kiichenpseiler, allerhand Unierge
strllpp, der Wald verdichtete sich. Der
Fahrer bekam eine Weisung, die
moosigen Boden strass an. Wenige
hundert Meter, und das Stelldichein
war erreicht.
Fast zur selben Zeit traf von der
entgegengesetzten Seit« der andere
Wagen «in. Auch hier stiegen vier
Herren aus, der Gegner zuletzt. Es
ficht, in dem die vielen roten, wie fri
schen Schmisse etwas Unzugehöriges,
gleichsam gewaltsam Aufgedrängtes
hatten. In den blauen, großen Au
gen flackerte die Nervosität, die Arm«
mit förmlichen Bärentatzen hingen
den Gegner, die Sekundanten, die
Aerzte standen auf ihr«n Post«n. Der
klein« Husar hielt die Pistole in d«r
Hand, als wöge «r si« spielend ab
aus «in« Schlägerei mit Knütteln an.
Jeden Augenblick tonnte das Kom
mando des Leiters erfolgen.
Da heiter fast, als sei ihm ein
der Husar den Kops: „Halt! Ich hab«
Was war das? Scharff, der forsche
Scharff, der Beleidigt«, der Forde
hätte, di« mir von vornherein wenig
stens nicht gelegen gewesen wäre. Ich
erkläre hiermit, daß meine persönliche
ich in Wirklichkeit nichts besaß, über
den Haufen zu schießen. Das wollte
ich sagen."
„Herr Leutnant Scharff!" versuch!«
der Leiter, ein pustiger Assessor, die
Situation zu beherrschen.
„Das geht nicht, das kann ich nicht
zulassen!" keuchte ver Assessor, krebs
dort am Strauche zu unterst in
Mannshöhe das kleine herzförmig?
rote Blatt. Es hängt ganz vereinzelt
Äut —Ächtung!" '
zitiert« das Blait am Stengel.
~Si« sehen, ich bin meiner Sache
sicher."
Das war zuviel. Der Assessor riß
all« Energie zusammen: „Ich sor
gescheitert" Ich bitte die Herren Se
protokollieren."
Die Rückfahrt verljes stumm wie
ein Leichenbegängnis. Di« Kamera
du hast dich verrannt, du bist krank,
nicht du selbst es hat dir doch
mehr zugesetzt, als du zugeben
willst."
„Was?" Es klang abweisend,
ich."
„Das glaubst du?" Der Klein«
zuckte die Achseln und wandt« sich ab.
draußen?"
„K«in M«nsch hat dich verstan-
Farc«?"
schenkt,"
„Warum tatest du das?"
sitzt? Der Mann, der auf d«r Stra
„Auf der Straße, sagst du?"
Beistehst du nun?"
lichc G«fllhlssache ist. Ihr habt mir
Li«bstes halten. Na, und den hat
„Ja aber du selbst, lieber Kerl
mert den Kopf hängen.
Der Kleine pfiff durch die Zähn:
„So! Bin drauf gefaßt schad't
nischt „contre coeur" machte ich so
Freund „die eine Frage auf dein
Wort: Glaubst du, daß der Blatt
schuß beim lebenden Objekt ganz eben
sogut gesessen hätte?"
D«r Lang« hatte ein trübes Lä-
Wort."
Scharff: „Night", mehr verlang ich
Auch in der Ballonfahrt des Le-
MiezeS Erdbeeren.
Der Regen, der die Leute feit
Wochen txrdrießlich und unzufrieden
macht«, beeinflußte nicht das Idyll
der Waldschule. Er wischte vielm«hr
den Staub aus der Luft und befruch
tet« di« Pflänzchen und Samenspröß
linge auf den vielen kleinen Beeten
d«s umzäunten Gart«nlandes, dem
sich der freigelegene Spielplatz der
Schüler und Schülerinnen anschloß.
Die Quintaner Max und Paul, die
sich gern als Gymnasiasten aufspiel
ten, saßen auf einer Zaunlatte beim
Spielplatz und ergingen sich in Aeu
daS von der Herrscherhand des
„Direx" unter sie gemischte „Weib
liche" — unewig, wie es in seinem
wie ein Paar aufgeblähte Hummeln.
„Sone Biester!" sagte Max und
spuckte aus, wie er es d«n Arbeitern
beim Bcm der Untergrundbahn abge
sehen hatte: durch die Zähne zischend,
mit mächtigem Schwung.
„Ich kann die Mächens »ich lei
den!" stellte Paul fest. Er wurde
dabei rot an den Ohren; denn gestern
hatte er mit d«r wilden Röse gerauft
und war von ihren derben, flinken
Fäusten tüchtig bearb«it«t worden.
„'ne gräßlich« Sorte!" sagt« Max,
wieder mit seinem kunstvollen Aus
spucken glänzend; aber er sah sich um,
ob auch nicht «in« Respektperson wie
der junge Lehrer und die sanfte
„Schwester" in der Nähe waren.
„Wenn se nich frech sind wie die
Amanda un rüpelig wie di« Röse,
sind's olle Zierpuppen undH eulmeiers
wie die inückerige Mieze."
„Ja, inückerige is se man", sagte
Max und vergaß das Ausspucken.
„Ich helf ihr nich mehr Wasser tra
ge," beteuerte Paul.
„Ich kann di« Mäch«ns nich lei
den !"
„Ich auch nich" stimmte Max
dem Gesinnungsgenossen bei, wenn
auch zögernd und mit wandernden
Gefühlen. Ihm schwebten die seinen
Händchen und das blasse Gesichtchen
der Mieze vor, als sie die Gießkann«
voll Wasser heranschkppte, um ihr
Beet zu begießen. Da hatten die
Wängl«in sich unter der Anstrengung
gerötet, und zweimal mußte sie unter
! Wegs die hinsetzen, um sich
zu verpusten.
rig hatte er es getan, daß di« Mieze
kaum so schnell das Wasser, das er
ihr in seiner eigenen, viel größeren
ausspritzen konnte. „Danke!" sagte
sie nachher mit ihrem silbernen
Stimmchen und einem schönen, blauen
Blick. „Danke, lieber Wa^!"
kam, um der mückerigen kleinen Mieze
das erforderliche Wass«r für ihr Be«t
zu holen.
Freund Paul breitbeinig bei d«r
Miez« und begoß ihr Beet, »aß es
schwamm.
sten Mann."
Mieze, weil der Paul ihr das Was-
Jn Miezes blau« Blicke fuhr ein
sagt«, zappelnd vor Vergnügen über
die Einfalt der kleinen Mieze: „Die
weiß nich mal, was 'ne taube Blüte
is!^
und Mannigfaltigkeit auf den Beeten
freute, hatte es gehört. Er legte
Mieze d>e Hand auf das Blondköpf
chen und sagte tröstlich: „Sie sind
der Erde lagen und ihre Aufgaben
verglichen. Ihre Bäckchen schimmer
ten rötlich, und ihr« Klugen leuchteten.
„Bitte, schnell!" drängt« Miez«,
der.
zwei kleine. Das hat di« Sonne ge
tan. Die wußte, daß sie nicht taub
waren."
sagte Paul grob.
„Memme!" rief Röse ihm ins Ge
während sein« Öhren feuerrot wur
den.
„Die werden nun bald reif," sagte
Max zu Mieze. Der Hohn d«r fre
chen Amanda war glatt an ihm abge
ren hatte Pflanzen lassen, um etwas
Junq«s und Freundliches in den
alten, etwas grämlichen Waldbestand
mit ihren krausen Köpfen lauter
Miezen und Rosen und Amanden!
Höchstens, daß die roten und blauen
dem „lateinischen Tempel", in dem
ihm den Morgen d«r klassische Unter
richt erteilt worden war, seine Fahne
gehißt, während Max das Banner
der Waldschule am Eingang der Gar
geblüht war.
Da kam Mieze durch di« weißen,
jungen Birken getrippelt. Sie trug
Wald. Ihre kleine Enkelin hielt sich
l und trank still ihren Becher Milch.
„Je, Mieze hat sich sein gemachN"
„Nun sind sie reif. Wollt ihr sie
Wieder schüttelte Miez« den Kopf.
Regung von Mildh«rzigkeit vor.
Mieze senkte das Köpfchen; ihre
Blicke gingen zu Boden. D«nnoch
i i -
sie Mieze zirpen.
„Ach n«e!" sagt« die freche Amanda
ungewöhnlich zutraulich, während ihr
zärtlich: „Wem?"
Mi«z« straffte das Häls'ch«ni ihr«
Blickt wurden wie tropfende Him
gernsten mag."
„Liebsten heißt es!" verbesserte
Mar sie und hopste von der Zaunlatte.
„Selbstverständlich: liebsten!" schrie
Etwns verängstigt sah Mieze sich
um. Plötzlich strahlte sie über und
getriebene Libelle, in seinen Armen
auf. „Aber Mieze, was ist los? Du
haft dich ja ganz auß«r Atem gelau
und g«rner als di« Welt hat"
„Lieber, Miezchen!" verbesserte d«r
Lehrer sr«undlich.
scheu in den initg«bracht«n Kuchen.
Max und Paul hatten sich bei der
B«grüßung der nicht lange
gestillt hatten, strichen sie abseits
beeten stießen si« aus«inander.
„Sie is nich da!" sagte Max ent
täuscht.
jedes ein freundliches Wort, und auf
dem ernsten Gesicht des Direktors lag
das Lächeln innerer Freude an seinem
Bilder besah.
zierlichen Knicks. Ihr Gesichtchen
strahlte.
„Komm nur, Mieze!" rief die Frau
Direktor. „Du sollst heut unser Gast
sein. Ich habe Schokolade für dich
bestellt."
Aufbruch gerüstet. An der Pforte der
Umzäunung stand der junge Lehre,
und ließ die Kinder vorbeiziehen zu
zweien und zu dreien, erst die Mäd
chen, dann die Knaben. Di« Klein
sten kgmen zuerst.
Als allerletzter kam der junge Leh
rer geangen. Er lächelte über die sich
verlassende Schar der Kleinen hin,
als ob er sie liebkoste. Durch die
d?s Abendhimmels müde Bläue. Ein
Flimmern ging vom Stamm zu
Stamm, und das wurde immer stär-
roten Erdbeeren, die Kl«in-Mieze
ihm zum Strauß gebunden hatte.
Ein Gemütsmensch. „Herr
Doktor, ich will Ihnen für Ihre wert
volle Medizin danken."
„„Hat Sie Ihnen g«nützt?""
fragt« d«r Arzt sehr befriedig.
Erfolg." .
Wi« viele Flaschen mußten Sie
denn nehmen?""
Zch schrieb eS gern in jedes „Album
Ich trat es gern i» jede» Pflaster-
In jedem „Blättchen" möcht ich s inse-
Und möcht aus eS
sä n auf jedes Feld als Same'.i-
Wer's Dichten nicht der laß c»
Treiber: „Morjen, Herr Ba
ron!"
sen?"
Treiber: .Jn't Genick, Herr Ba
—lm Eifer. Rechtsanwalt:
„Dreißig Mark betragen die Kosten
für die Verteidigung!" Klient: „Biel
G«ld, Herr Doktor! Besonders, p»
ich an dem Diebstahl des Fünfzig
markscheins, der mir zur Last g«legt
wird, vollständig unschuldig bin ...
zwanzig Mark übrig!"
Frau: Können Sie wirklich gut
kochen?
Köchin: Bon mir können S' 'was
G«ist«sgegenwart. Der
Kinematograph versagt Plötzlich, und
die Leinwand erscheint völlig dunkel.
D«r Darsteller weiß sich aber zu hel
fen und erklärt: „Kampf zwischen
Negern in einem Tunnel!"
Gegensatz.
Ich muß gleich nach Haus«, das
Stubenmädchen ist ausgegangen und
allein.
Pech. Treiber: „So a Pech!
Für's erste Schmerzensgeld, welches