Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 06, 1912, Image 2

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    Tie ffiStantt.
von ?Ile?orc ?anner.
Jeder in dem Städtchen kannte das
alce Fräulein mit den wunderlich alt
modischen, grauen Hängelöckche» und
dem eigentümlich wippenden Gang.
.Die Bachstelze" wurde sie hie und
da wohl genannt, aber regelrecht
bekannt und berühmt war sie doch
Linter dem Namen: „Die Eistant«."
Man konnte nämlich, sobald di«
Eisbahn auf dem See eröffnet war,
je", immer ging das kleine, zierliche
Persönchen mit dem blassen, freund
lichen Gesicht, das an ein verblichenes
Daguerroiyp erinnert«, am User auf
lind ab, aufm«rksam die Schlittschuh
läufer beobachtend. Okt stieg sie auch
di« Treppe zum See hinunter und
ging dann kreuz und quer über das
Eis mit kleinen, trippelnden, wip
penden und doch sicheren Schritten.
Es kamen wenig Fremde in die
Nein« Stadt? war aber gerade zur
Winterszeit ein Besuch oder ein Ur
lauber da, so hielten sie sicher kopf
schüttelnd im Laufen «in und sahen
„Bei der scheint was nicht in Ord
nung zu s«in," meint«» die Einheimi
schen.
Das bekam auch Jls« Br«nner zu
l)öre». als si« ihren Partner, den Dok
tor Hans-Heinz Buchwald, nach ihr
fragte.
„Ich kenne sie schon aus meiner
Primanerzeit, und komischerweist hat
sie immer ein besonderes Auge aus
alle angeblichen Liebespaare", meinte
«r und wurde dann sehr rot. und seine
Verlegenheit teilte sich der Partnerin
mit. die aber sofort mit der dem weib
lichen Geschlecht in kritischen Augen
blicken eigenen Geistesgegenwart auf
«in anderes Thema übersprang.
Und dabei war «s doch stadtbe
lannt, daß Doktor Hans-H«inz Buch
wald und die hübsche Ilse Brenner
aus Berlin, die seit einigen Wo
schickt warni, daS war einzig und
allein die Schuld des Fräuleins Ilse
Brenner, das jetzt mit «inem allerliebst
I» eine der kleinen Ausbuchtungen
zwischen verschneiten Tannen führt«
Buck wald sie, so daß sie von nengieri
ben Sie mich !ieb, Ilse?"
„Wirklich nicht, fragte
wissen Sie: wenn Ihre Liebe gleich
fest und tief ist, dann wird es Ihnen
auch nicht sch!v«r fallen, für immer
„Mit demselben Rechte" und
ihre braunen Augen blitzten ihn da-
Wenn Sie mich wirklich lieben, so
di« Frau folgt, nicht umgekehrt."
Sie zuckt« ungeduldig di' Achseln:
»Das ist mir ganz gleich! Was frü
her Sitte war, paßt nicht immer auf
moderne Verhältnisse,"
„Verstehen Sie unter „modernen
Verhältnissen", daß der Mann um
der Laune einer Frau willen seinen
Berus, der ihm Freude und Zufrie
denheit und sicheres Brot gibt, aufge
ben soll, um unter Umständen als
Nichtstuer von ihrem Gelde zu le
ben?", fragte er eisig.
„Soviel ich weiß, kann man ge
.rade den ärztlichen Berus überall aus
üben, und Berlin dürfte doch weit
mehr Fortbildungs- und Entwick
lungsmöglichteiten bieten als Bans
berg", antwortet« sie spitzig. „Im
allgemeinen Pflegt es auch nicht als
Schande betrachtet zu werden, wenn
«ine Frau vermögend genug ist, um
ihrem Mann den Erwerbskampf er
leichtern zu können."
Er wurde dunkelrot: „Nein, eine
Schande ist es nur, wenn ein Mann
so wenig Charakter besitzt, daß er
ein Tätigkeitsfeld, das er sich in Jah
ren harter Arbeit und heißen Stre
bens bebaut hat, aufgibt, um den
unvernünftigen Wunsch einer Frau zu
erfüllen, die nicht zu ahnen scheint,
was sie eigentlich verlangt. Es wäre
anders, wenn ich ein junger Anfän
ger wäre, der erst irgendwo festen
Fuß fasse» muß. Ich bin stolz dar
auf, aus eigener Kraft etwas gewor
den zu sein, gerade hier in meiner
Vaterstadt mir Ansehen und Ver
trauen erworben zu haben. Ich darf
wohl von einer Frau, die mich liebt,
erwarten, daß sie gern mein Leben,
wie ich es mir ausgebaut habe, mit
mir teilen wird. Ilse, sehen Sie
denn wirklich nicht ei», daß ich kein
Mann, sondern ein Schwächling wä
re. wollte ich davon abgehen," fragt«
er bittend, ihre Hand noch einmal
mit innigen, Druck in seine beiden
Heftig machte sie sich los: „Ich sek^
nicht an Ihr« Li«be."
Damit drehte sie sich um und fuhr
in großem Bogen, ohn« sich noch ein
mal umzusehen, dem Ufer zu.
Es folgten böse Tage für Ilse
Bvenner. Sie hatt« sich g«irrt, wenn
sie meinte, sie würde gleich am näch
sten Tage einen Brief mit Bitten und
Beschwörungen von Doktor Buchwald
erhallen. Er ließ nichts von sich hö
ren; auf dem kleinen Tanzfest, das
fehlte er, und llse sich nach
Da überkam sie ein« heiße Angst:
Sollte nun.wirklich alles zu Ende
sein, Würde er nie mehr versuchen,
schließlich »ach reisen müssen,
mit der Aussicht kür immer von
ihm getrennt zu ein? Ihr Herz
zog sich schmerzhaft zusammen, und
sie weinte des Nachts in ihr« Kis
sen, am Tage aber gab sie sich Mühe,
lustiger und ausgelassene? zu s«!n
denn je.
Durch das Städtchen aber ging be
reits ein Zischeln und Tuscheln. Jene.
Ivelche es nicht besonders gut mit
d:m Doktor meinten, sagten: „Der
Eoldfifch scheint doch nicht angebissen
zu haben", und andere, die Ilse Bren
„Ja, ja. der gute Doktor hat eingese-
Zn Verzweiflung trat auch
schwand ihre Hoffnung, den Doktor
doch noch einmal ungestört zu spre
chen.
Endlich aber, drei Tage, bevor sie
abreisen sollte, gab «s wieder Frost,
und trotz des KopsschllttelnS der Tan
te. die da meinte, daß nach einer einzi
binten ist's noch nicht sicher!"
Das war auch sowieso Ilses Ab
sicht, denn falls das Herz des Dok
sunken, achtete sie nicht auf das leise
knisternde und knackende Eis und fuhr
in weiten Bogen jener Stelle zu, wo
gefunden hatte.
Da ein scharfer. Heller, gläserner
Knack, ein tödlich erschrecktes Stutzen
der schlanken Mädch«ng«stalt, und
dann ein schriller, kurzer Schrei des
Entsetzens, als Ilse Br«nner spürt«,
daß das Eis unter ihrem rechten Fuß
Tiefe. Mit raschem Instinkt, den di«
Todesangst ihr eingab, warf sie den
kurze Gestrüpp des Users zü fassen.
Noch hatte sie nicht um Hilfe gerufen.
entgegen, und eine Frauenstimme sag
te: „Fassen Si« an. ich helfe Ihnen
einander beißend, sucht« si« mit allen
Kräften, sich auf dem hinter ihr s«st
g«bliebenen Eise dem Ufer zuzuschie
ben. und kräftig zog und lplf unter
leisem Keuchen die ihr hinter dein
Gestrüpp, gegen das sie sich wohl
stemmte, noch halb verborgen bleibende
ser befreit und lag dicht am Rande
des Sees: ihr« Retterin schlang beide
Arme um Ilses Schultern: „So. nun
wie abgestorben", stöhnte Jls«.
Sofort kniete die H«lferin neben
ihr, und mit den nassen, eisigen Klei
dern rieb und knete sie die Verunglück
te, daß das gestockte Blut wieder an
fing, lebenbringend durch die Glieder
zu strömen, und dabei konnte Ilse sie
erst richtig sehen: „Ach, Sie, die Eis
stotterte sie.
„Sprechen Sie nur ruhig aus, die
Eistant«. Ich weiß Wohl, daß man
Wirklichkeit bin ich Fräul«in Mllll«r.
Fräulein Paulin« Müller. So, und
nun versuchen Sie's noch mal mit dem
Aufstehen, es muß jetzt gehen, und
ich nehme Si« erst einmal mit zu mir;
ich wohn« nur w«n!ge Schritt« von
hier." .. .
auf die zierliche, um «inen Kopf klei
nere Gestalt des alten Fräuleins
stützte, aber in dem wohnte mehr
Kraft und Energie, als ihr anzu
sehen war. Sie wankt« nicht um
Haaresbreite, und, ihr«n Arm s«st
um Ilses Taill« gelegt, schob sie sie
mung in den Beinen wich, und di«
Zähne, dje ihr vor Frost zusammen
schlugen, fest aufeinanderbeißend, ging
Ilse die wenigen Schritte durch das
Gehölz und bog mit ihrer Retterin in
eine der schmalen, stillen Gäßchen der
„Altstadt", ein, in die si« noch nie ge
kommen.
Ilse wußte kaum, wie sie die schma
le. steile Treppe zur Wohnung d«s
alten Fräuleins in die Höhe gekom
m«n, sie fand sich plötzlich in einem
behaglich durchwärmten Zimmer aus
dem Sofa. Fräulein Müller löste
mit großer Geschicklichkeit die Knöpfe
und Bänder ihrer Kleidung, hüllte
Jls« fest in ein« dicke Deck«, warf
noch ein« zweite darüber, schob ihr
ein riesiges, weiches, nach Lavendel
duftendes Seidenlissen unter den
Kopf und verschwand dann, um nach
unglaublich kurzer Zelt mit einem
großen, dampfenden Glase wiederzu
kommen. Geschickt wie eine gelernt«
Krankenpflegerin, schob sie den Arm
unter Ilses Kops und hielt das wür
zig duftende Getränk an ihre Lippen:
„Glühwein! Sie müssen das ganze
Glas austrinken, und so heiß wie
möglich, sonst werden Sie krank", sag-
Gehorsam schluckt« Ilse die heiße
Flüssigkeit und spürt« nach wenigen
Augenblicken bereits eine behagliche
Wärme ihren Körver durchrinnen, und
mit dem Wohlgefühl kam auch ihr«
Mit einem en«rgischen Ruck segte sie
sich ganz ausrecht und saßt« nach bei
den Händen ihrer Retterin. „Ich dank«
Ihnen tausend-, tausendmal. Fräulein
Das alte Fräulein schüttelte abweh
rend den Kopf: „I wo denn, dann
hätte Sie ein anderer gerettet, aber so
solideres Aufsehen gemacht, und das
ist auch etwas w«rt. und für mich ist's
eine groß« Freude, daß gerade ich
Ihnen Helsen durfte."
Aber Ilse ließ sich nicht so schnell
abspeise», und die Eistante mußte
noch einen Dankeserguß über sich er
g-hen lassen, aber dann drückte si« das
jung« Mädchen sanft in die Kissen zu
rück: .Nu» liegen Sie mal erst eine
Weile ganz still und wärmen sich
durch: ich werd« Ihnen jetzt noch ein
Glas Wein bringen und dann müssen
Sie ein paar Z«!l«n an Ihre Ver
wandten schreiben, damit sie Ihnen
trockene Kleider schicken. Meine Auf
wartung wird gleich tommen, die kann
den Brief mitnehmen."
Sie brachte mit diesen Worten
schuh gelaufen sei. und er hatte ja
recht und plötzlich legte Ilse ven
Kopf auf die Seite und brach in fas-
Decke lag. !
Als das Weinen etwas nachließ,
sagte Fräulein Müller leise und zärt
lich: „Das ist kein Wunder, daß Ihre
Nerven nachgeben, Kindchen, da
kommt wohl außer dem Schreck noch
so allerlei zusammen ich kenn« das.
Weinen Si« sich nur ruhig aus. ich
schreibe schon selbst ein paar Worte an
die Ihrigen." j
Das alte Fräulein ging auS dem
Zimmer, und als es nach einer Weile
wieder hereinkam, fand es das junge
Mädchen aufrecht auf dem Sofa und
mit großen, verweinten Augen im
„Es ist merkwürdig, es Ist mir, als
sehen", erwiderte Fräulein Müller lä
chelnd und setzte sich neben sie. „Ich
weiß, daß man mich für sonderbar
ich so geworden bin, danach fragt kein
Mensch" ganz leise sagte sie dies
„wollen Si- meine Geschichte hö
ren?"
Und als Ilse nickte und bittend
nach ihrer Hand faßte, fuhr sie fort:
„Vor fünfzig Jahren etwa spielte ich
ein« Rolle hier in Bansberg. Mein
Vater war der Bürgermeister, und ich
galt für hübsch und eine gute Partie.
Ich war als einziges Kind verwöhnt
«on klein an: von meinen Eltern, von i
einem halben Dutzend alter Tanten, >
von allen möglichen guten Bekannten -
kein Wunder vielleicht, daß ich!
eingebildet und eigenwillig war und
mich mehr dünkte als andere. Mit!
fünfzehn Jahren wurde ich konfir-!
mi«rt, und ein halbes Jahr daraus
ging ich in die Tanzstunde und war
dort die Gefeiertste unter den vier- !
zehn- bis sechzehnjährigen Mädels und !
den nicht viel älteren Jungens. Be-
sonderen Neid aber erregte es, daß >
der einzige wirkliche „Herr" des Krei
ses mich vor allen anderen auszeich
nete. Das war Ernst Wolter"
die Stimme des alten Fräuleins zit
terte leicht, als sie den Namen aus
sprach. „Er war der Sohn des da-
Student. Er «kam auch nur im An
sang in unseren Unterricht, solange
die Universitätsferien dauerten, über
zu Weihnachten war er wieder da,
und wir waren unzertrennlich aus
dem Eise und beim Tanze. Selbst
sten Art, die so ganz verschieden war
von meinem flatterhaften Wesen. Jede
Ferien kam er nach Haus, trotzdem
in der ersten Gesellschaft Baiisbergs.
mit denen zn tanzen mich ganz beson
ders schön dünkte aus Eitelkeit, und
weil die anderen jungen Mädchen sich
ärgerten. Und ich setzte meinen Wil
len durch, und Ernst bekam auf dem
gewährte ich dem hübschen Jägerleut
nant von Schmieden auch den Kotil-
I?n. Ernst stand still und verdrossen
in einer Ecke, während ich mit glü
henden Wangen und trotzigen Herzen
an ihm vorbeitanzte und ihn mit
scheuen Blicken streifte. Am nächsten
Tage aus der Eisbahn hatten wir
unser» ersten und letzten wirklichen
Streit. Ernst verlangte mit aller.
Festigkeit, daß ich nicht mit anderen
kokettieren solle wie er's mit Recht
nannte und ich war empört üb«r
sein« „Eifersucht", über seine „Pedan
terie" und „Engherzigkeit". Zum er
stenmal trennten wir uns im Zorn,
das heißt, ich ließ Ernst mit d«m
letzten Trumpf: „Ich lasse mir mein«
Jugend nicht verbittern, ich werde
mir's doch sehr überlegen, ob ich dich
heirate!", «insach stehen, schnallt« mir
selbst die Schlittschuhe ab und ging
nach Hause. Ich sah noch voller
Empörung, daß er nicht daran dachte,
mir zu folgen, sondern Hand in Hand
mit meiner Freundin Lotte Baumann
in graziösen Bogen über den See
fuhr. Ich habe beide niemals wie
dergesehen. Am Nachmittag desselben
Tages brachte man uns die Schrek
kenSbotschast ins Haus, daß Herr
dem See eingebrochen und ertrunken
sei«n. Ich sank ohnmächtig zu Bo
den, und als man mich nach Stunden
wieder zur Besinnung bracht«, schlug
ich um mich und erkannt« ni«mand.
Wochenlang habe ich dann an einem
hitzigen Nervenfieber gekgen, und di«
Aerzte dachten kaum, daß si« mich
durchbringen würden. Langsam nur
erholt« ich mich, und die Leute sagten,
es sei seitdem nicht mehr ganz mit
mir, wie es sein muß. Vielleicht hat
ten sie recht. Ich weiß nur, daß ich
ich schuld sei an Einsts Tode. Ich zog
mich von allem zurück, und als nach
einigen Jahren kurz nacheinander
meine Eltern starben, war ich bald
ganz vereinsamt, und allmählich bin
ich zur alten „Eistant«" geworden,
die's noch immer, sobald die ersten
Schlittschuhläufer sich auf dem See
zeigen, hinunter treibt, und die es
nicht lassen kann, die jung«n glückli
chen Paare zu beobachten, und die
ihnen am liebst«» allen ihre kleine
traurige Geschichte erzähle» und sie
warnen möchte vor Streit und Trotz
und M!ßverst«hen. Und, daß ich Ih
nen heute helfen konnte, Sie vielleicht
vor dem Tode bewahrte, ich, die ich
nach meiner eigenen f«st«n Ueberzeu
gung schuld am Tod« eines Menschen
bin, dafür kann ich dem Schicksal gar
nicht genug danken", schloß das alt«
Fräul«in, und langsam tropften ein
paar Tränen aus ihren Augen und
sielen auf Ilses Hand, die sie noch in
der ihren hielt.
„Mein liebes, armes Fräulein
Müller", flüstert« Ilse und drückte
scheu und zärtlich ihren Kops an die
Schulter ihrer Retterin.
„Und wie ist's mit Ihnen, Kind
chen? Ich sah Sie doch stets mit dem
netten Dokter Buchwald zusammen
und jetzt nie mehr. Wollen Sie mir
nicht Ihr Herz ausschütten?", bat die.
alte Dame fast schüchtern.
Und Ilse Brenner erzählte von ih
rem Kummer und ihren Kämpfen
und ihre neue Freundin schüttelte
ernst und erstaunt den Kopf: „Dann
lieben Sie den Doktor Buchwald
nicht richtig, Kind. Denn mit dem
Mann«, den man li«bt, geht man doch
zu den Botokuden, und nun gar erst
in ein behagliches Heim, wie er's
sicher hier für seine Frau bereiten
wird."
~J«tzt, wo alles aus ist zwischen
uns, nxiß ich ja erst, daß ich auch
überall mit ihm hingehen würde, wo
er nur will", schluchzte Ilse verzwei
felt. „Jetzt aber glaubt er gewiß
auch, ich liebe ihn nicht, und wird
ni« mehr etwas von mir wissen wol
len."
Fräulein Müller strich beruhigend
über die tränennasse, rosige Wanze,
und dab«i lächelte sie fein und ein
wenig schelmisch, aber das konnte Ilse
nicht sehen,da sie den Kopf gesenkt hielt:
„Können Sie Ihre Abreise nicht noch
ein wenig aufschieben? Wer weiß,
was sich dann noch alles ereignet?",
fragte si«.
Da richtete ihr junger Gast sich mit
einem Ruck in die Höhe und faßte
ihre Hände mit fast schmerzhast festem
Druck. „Si« wollen ihm doch nicht
etwa schreiben? Versprechen Sie mir,
daß Sie das nie, nie thun,", bat sie
„Nein, nein. Herzchen, ängstigen
Sie sich nur nicht", beschwichtigte die
alte Dam« sie und stand aus; d«nn
draußen hatte «S geklingelt, und dann
erschienen Frau Gymnasialdirektor
Brenner und ihr Mädchen, bepackt
mit Garderob« für di« Nichte, auf
der Schwelle des Zimmers, und es
gab ein« aufgeregte und gerührt« Sze
ne.
Ilse Br«nn«r wurde nicht viel ge
fragt, ob sie noch in BanSberg blei
ben wolle oder nicht, sie bekam trotz
Fräulein Müllers Glühwein ein«
starke Erkältung und mußte mehrere
Tage zu Bett liegen. Frau Direktor
Brenner wollte ihren HauSarzt Dok
tor Buchwald holen lassen, aber weil
ihre Nichte entschieden erklärte, sie
N,ürde dann aus dem Fenster sprin
gen, schickte sie zu d«m altten Doktor
Meier.
Für die Patientin, die ihm in
Ilse «ntaana«» war, j«lai» Doktor
lendem Gesicht selbst die Thür. „Ge
tinem der großen Lehnstühle Dok
sie ein Gespenst, blieb das jung« Mäd-
Mit dem Kassee beeilte sie sich nicht
saß-
(yruhworte.
! In Deutschland giebt «s eine Un
menge Grußformeln, die nach Pro^
voll, Gott" oder das „Glück
abgeschmackt, wie das kurze „Mahl
zeit!" Am häufigsten begrüßt man
sich, wie auch bei den Franzosen,
Nennen der Tageszeit, „Guten Tag".
Schöner waren jedenfalls die Nru
ße der klassischen Nationen. Di« Rö
mer gebrauchten av« und vale, die
dich). Im modernen Griechenland
wird chäre, chiirete als Abschiedsgruß
gebraucht, Fremden gegenüber auch
wohl Kdlin patrida (glückliche Heim
kehr, wörtlich „gutes Vaterland")^
rines (Sei willkommen).
Mohammedanische Völker bieten
einander den Friedensgruß Salem
aleikum. In Brasilien heißt es zum
Abschied logo (Bis nachher!) auf
cha oe (Ich liebe dich), indes die Ein
geborenen Neuseelands, di« Maori,
während sie Nase an Nase reiben,
Tenakoe sagen, d. i. „Du bist du".
Der Araber wünscht „Buid el bela
alik" (Jedes Uebel sei dir ferne).
Höchst charakteristisch sind einzeln«
afrikanische Grußformeln. Der stol
ku bona" (Wir sehen dich), der Be
tschuane bittet „Tumella" (Sei mein
Freund); am sonderbarsten aber be
rührt der Gruß der Wahehe. Sie
ien Angesehenen mit den Worten grü»
Ken „Aze zenga" („Sei gegrüßt, du
Rindvieh").
Eine lustige Geschichte hat sich ein
Admiral unserer Marine gestattet,
während seiner Abwesenheit sprach
ihm ein sehr korrekter europäi
sch«! Diplomat, der streng auf For
nen hielt, vor, traf den Admiral
nicht zu Haufe und ließ seine Karte
zurück. In der Ecke der Karte prang
'en die Buchstaben <>. ». Als der Di
plomat ein paar Tage später den
Admiral zufällig trifft, fragt er wäh
end des Gesprächs: „Ich hoffe. Si«
baben neulich meine Kart« bekom
men?" „Ja, ich habe sie bekommen",
rklärte der in Fragen der Etikette
nicht sehr beschlagene Seebär, „aber
z propos, was soll das eigentlich be
deuten, diese beidc-n Buchstaben: >».
».?" „Nun natürlich „en personne","
-rklärt mit überlegener Nachsicht der
Diplomat: „Sie haben wohl gar nicht
q«wußt, daß ich di« Karte persönlich
',ei Ihnen abgegeben habe?" Der Ad
miral nickte, dankte für die Aufklä
rung, man wechselte noch ein paar
höfliche Wort« und verabschiedete sich.
Als ein paar Tage später der Diplo
nat von einem Morgenritt nach Hau
se zurückgekehrt, übergibt man ihm
die Karte des Admirals. Der Ken
ner des guten Tones schüttelte ein
wenig verblüfft den Kopf: die Karte
trägt in der unteren Ecke die rätfel
lMe kurze Inschrift: «. l>. n. Lange
beißen könnte, aber alle seine Kennt
nisse der Etikette lassen ihn hier im
Stich. Als er ein paar Tage später
dann freundlich dem Herrn Diploma
ten: „Nun ja, «. k. »., sen.t hy
nigger", „durch Neger geschickt."
In der Naturge
schich tsstu n d e. Lehrer: „Das
Pferd ist ein nützliches Tier. Franz.
was sagte ich?"
Schüler: .Das Pferd ist ein kitzli
ches Tier,"
Richtig. „So ein Inserat
ist doch ein innerer Widerspruch."
„Wieso?"
„Wenn es in der Zeitung stehen
Gerichtsverhandlung.
In einem Prozeß sragt der Verthei
diger einen vereidigten Zeugen: „Ha
der Verhandlung, dem Kläger
Besuch gemacht?"
Der Staatsanwalt springt auf und
bestreitet dem Vertheidiger das Recht,
oiefe Frage zu stellen. Es entspinnt
und Staatsanwalt, und schließlich
zieht sich der Gerichtshof zurück, um
über die strittige Frage zu berathen.
„Aha! Und was hat er zu
Ihnen gesagt?"
„Nichts!"
„Wieso?"
Dann allerdings!
ZNe ne r ein e s Bar o »S „O.
Herr wird wohl verlo
viel mit —"
Einteilung. «Jetzt seid
ihr ja zu Vieren auf dem Kontor;
Gemütlich. Richter: Sie
tes; wenn das Ihr Vater erfährt?
Angeklagter: Der erfährt's nicht
. . . Der sitzt auch grad!
Auslegung.
„Die Hauptsach' hat der Herr
Pfarrer g'sagt dös is die innere
Befriedigung. Dös glaab i: sechs
Maßl und zwölf Weißwürscht'
a tal. Mann (zu seiner
da hat der K«rl mein« Goldplomben
—lm Dusel. Herr (nach meh
reren Versuchen, resigniert): Kleben
Sie doch 'mal die Marke auf die
Ansichtskarte, Rest, ich lieb« sie immer